Die Frau, die in kein Schema passt (eBook)

Christa von Viebahn - Die Gründerin der Aidlinger Schwesternschaft
eBook Download: EPUB
2014 | 2. Auflage
288 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7233-2 (ISBN)

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Die Frau, die in kein Schema passt -  Heidemarie Führer
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Aufregung in Stettin! Mit 34 Jahren verlässt die Generalstochter Christa von Viebahn ihr Elternhaus, um mit einer Freundin nach Stuttgart zu ziehen. Völlig selbstständig organisiert sie dort eine seelsorgerliche und missionarische Arbeit unter Frauen und Mädchen. 1927, im Alter von 56 Jahren, gründet sie das Diakonissenmutterhaus in Aidlingen, obwohl sie finanziell am Rande des Bankrotts steht. Doch ihr Glaube wird belohnt. Inklusive 16-seitigem Bildteil. Stand: 2. Auflage 2014

Heidemarie Führer, Jg.1943, Diakonisse der Aidlinger Schwesternschaft, Krankenschwester und Musik- und Religionspädagogin, jetzt im Ruhestand aktiv für die Bibellese 'Zeit mit Gott'.

Heidemarie Führer, Jg.1943, Diakonisse der Aidlinger Schwesternschaft, Krankenschwester und Musik- und Religionspädagogin, jetzt im Ruhestand aktiv für die Bibellese "Zeit mit Gott".

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KAPITEL 2


Hannover 1878 –1883


Bald hieß es Koffer, Kisten und Kasten packen, ins Hotel ziehen, die Wohnung leer räumen. Georg von Viebahn war zum Major ernannt und nach Hannover versetzt worden. Dort musste die Familie wieder Zimmer in einem Hotel mieten, bis eine entsprechende Wohnung gefunden und eingerichtet war.

Nach Christas fünftem Geburtstag setzte ein langer, harter Winter ein. Die Schwestern vergnügten sich mit dem Schlitten, einem Weihnachtsgeschenk von Tante Mis (Marie Ankersmit), im Schnee: Elisabeth und Maria auf dem Sitz, Christa, mutig, ganz vorne als Lenkerin des Gefährts. Wie oft die Kinder dabei umkippten, im Graben landeten oder anderweitig die Orientierung verloren, ist nicht überliefert.

Hängelampe, Hühnerhof und Halsweh


Zum ersten Weihnachtsfest in Hannover bekamen die Schwestern einen SpielzeugschrankF9 und eine Hängelampe in ihr Zimmer. Außerdem hatte der Vater von einigen Soldaten eine Puppenstube aus Holz bauen lassen. Die Eltern tapezierten sie schön, Gardinen und Teppiche fehlten nicht. Großmama Viebahn spendierte die kleinen Möbel dazu.

Sonntags nahmen sich die Eltern viel Zeit für die Kinder. Es wurde gespielt, gebastelt und gesungen, man erzählte biblische Geschichten oder ging spazieren. Auf den Sonntag freuten sich die Kinder sehr, denn werktags hatten sie viele Pflichten zu erfüllen und Aufgaben pünktlich zu erledigen. Für die Tierfreunde in der Familie ließ der Vater im Laufe des Winters einen Hühnerhof anlegen, aus dem die Kinder später viele Eier einsammeln konnten.

Großmama von Viebahn war inzwischen von Oppeln zu ihrem Sohn Rudolf F10 nach Hildesheim gezogen. Eine willkommene, interessante Abwechslung war für Christa und Elisabeth die Eisenbahnfahrt mit den Eltern dorthin.

Bald stellten sich Kinderkrankheiten als ungebetene Gäste ein: Masern, Keuchhusten, Scharlach, auch die gefürchtete Diphterie befiel die Kinder.

Als Christa mit einer schweren Halsentzündung kämpfte, waren Arzt und Eltern sehr besorgt um sie. Während der ganzen Nacht wurde ihr entzündeter Rachen immer wieder mit einer Tinktur eingepinselt, was Christa sehr zum Lachen reizte. Sie musste Eisbrocken lutschen, inhalieren und Medizin in unaufhörlicher Reihenfolge schlucken. Diese Prozedur, die sie heldenhaft ertrug, vertrieb tatsächlich die Krankheit.

In Hannover feierte Christa ihren sechsten Geburtstag. Die Eltern schenkten ihrer Tochter ein eigenes Schränkchen. Ihre Mutter packte Christas kleine Besitztümer selbst hinein und zeigte ihr, wie sie alles in Ordnung halten konnte.

Reisefreuden und erste Verluste


Aus dem Jahr 1879 sind einige Tagebucheinträge von Christine von Viebahn erhalten, die ihren Aufenthalt mit den Töchtern Christa und Elisabeth (Lisa) in Amsterdam anschaulich beschreiben:

Juny 7. 1879 – Heute früh mit Christa und Elisabeth nach Amsterdam gereist. Wir fahren bis Osnabrück, wo wir dreißig Minuten Aufenthalt hatten. Weil das Wetter so herrlich ist, gehen wir auf dem Bahnsteig auf und ab. Bald kommt ein kleiner Extrazug an mit einem Königlichen Salon-Wagen, und es steigt die junge Witwe aus, die Prinzessin Heinrich der NiederlandeF11. Sie geht mit ihrer Hofdame auf und ab. Sie sieht noch ebenso einfach und mädchenhaft aus wie vor fünf Jahren, wie ich auf der Insel Sylt ihr vorgestellt wurde. Sie besteigt unseren Zug, und zwar ist ihr ein 1. Classe Coupé neben unsrem Coupé reserviert worden. Der Anblick der saftigen holländischen Wiesen mit dem schönsten Vieh bevölkert, unter blauem Himmel und bei hellem Sonnenschein, macht den Kindern unendlich viel Freude und auch mir. Abends glücklich angekommen, nachdem die Kinder schon lange vorher und bei jedem Anhalten des Zuges die Ankunft mit Ungeduld herbeigesehnt haben, fahren wir nach dem Elternhause und werden freudig von allen empfangen. Die Kinder sind sehr lieb und werden bald nach dem Essen zu Bett gebracht, wobei sie sich sehr über die Gardinenbettchen freuen. (…) Henri telegrafiert an Georg die glückliche Ankunft.

Sonntag. Morgens stehen wir zu spät auf, um zur Kirche zu gehen. Nachher gehe ich mit Papa und den Kindern spazieren. Koos (Jakobs) Haus, welches er vor zwei Jahren gekauft und nachher umgebaut und renoviert und wundervoll eingerichtet hat, deutet so zu sagen auf unbegrenzten Reichtum. Es ist mit dem größten Comfort und größter Harmonie ausgestattet.

Mittwoch. Henriette, Marie, die Kinder und ich fahren im offenen Wagen nach dem Zoologischen Garten, wo sich die Kinder über alles, was sie sehen, sehr freuen. Die Enten werden gefüttert. Die Onkels haben viel Freude an den Kindern. Henri läßt sich nachher von Elisabeth alles erzählen und amüsiert sich über ihre klugen Antworten.

Donnerstag. Wir gehen mit Christa zum Zahnarzt, weil sie wiederholt an zwei Backenzähnen Schmerzen gehabt hat. Wir verabreden mit dem Arzt, daß wir den nächsten Tag um 12 Uhr wiederkommen wollen, um die beiden Zähne ausziehen zu lassen.

Freitag. Christa ahnt nichts von dem, was ihr bevorsteht. Mis und ich fahren mit ihr zum Zahnarzt. Sie wird leicht chloroformiert, ich halte sie fest und der erste Zahn wird ausgezogen. Trotz der Betäubung wehrt sie sich beim zweiten Zahn, aber es ist schnell geschehen und die Besinnung kehrt gleich nachher wieder. Sie ist sehr nervös, aber sehr lieb, sie weint viel. Wir fahren schnell nach Hause. Ich halte sie auf dem Schoß. Sie fragt dann, ob der Arzt ihr einen Zahn ausgezogen habe, sie fühle ein tiefes Loch; sie hat es doch nicht gemerkt.

Sonnabend, 14. Juny. Ich sitze auf der Veranda und schreibe, die Kinder sitzen bei mir und spielen. Nachher gehen wir nach dem Zoologischen Garten, wo alle möglichen Tiere, ja sogar die Nilpferde mit kleinen Zwiebäcken gefüttert werden.

Sonntag, den 15. Ich schreibe auf der Veranda und die Kinder spielen im Garten. Um 11 Uhr erhalte ich einen lieben Brief von Georg. Nachher nehme ich die Kinder mit nach oben und erzähle ihnen aus der Schrift und bete mit ihnen. Ich spreche mit ihnen von dem Gleichnis des Schafes, was verloren ist, und den 99, die der Hirte verläßt, um das Verlorene zu suchen.

Montag. Die Kinder stellen sich morgens immer unter die Brause und lassen sich gern helfen. Sie sind beide voller Liebe und Zärtlichkeit zu mir. Wie ich nachmittags meinen besten Hut aufsetze, freuen sie sich sehr und Christa sagt: »O Mama, wie bist du so schön mit deinem Ballhut!«

Donnerstag. Heute sind meine Eltern fünfundvierzig Jahre verheiratet. Wir sind alle im Saal versammelt. Als die Eltern hereinkommen, gratulieren wir ihnen. Darauf setzen wir uns zum Frühstück und Papa schenkt jedem Kind ein Papier im Werte von 1000 Gulden. Jedem Enkelchen 45 Gulden in Anbetracht der fünfundvierzig Jahre. Jakob, Ernst und Pauline sind alle zu Tisch bei uns und wir sind sehr vergnügt. Jakob muss nachher zur Teevisite an dem kleinen Tisch mit den Kindern Milch trinken zu ihrem großen Vergnügen. Nachmittags hat Christa der Großmama die Melodie von »Müde bin ich, geh zur Ruh« vorgespielt.

Freitag, 20. Juny. Frühmorgens fühle ich mich nicht wohl und nachdem ich frisiert bin und gerade mit den Kindern nach dem Badezimmer gehen will, falle ich besinnungslos gegen das Bett, und wie ich wieder zu mir komme, hält mich Mis im Arm, und Christa weint und ruft: »Was ist denn mit Mama, wird Mama auch wieder gesund?« Lisa will mich gar nicht verlassen, wie ich mich zu Bett gelegt habe. Nachmittags streichelt und liebkost mich Christa immer und sagt u. a.: »Liebe kleine artige Mama, fällst du mir auch nicht wieder um?« Als die Kinderchen zu Bett gehen, sagt Lisa: »Mama, gehe nur recht früh zu Bett, daß du dich ausruhst und nicht wieder hinfällst.« Elisabeth betet alle Abende: »Behüte unseren lieben Papa und behüte die lieb Großmama und das kleine Brüderchen und Mariachen. Mache Henriette (die Erzieherin) und Dora (das Kindermädchen) fromm.« Heute Abend betet sie auch für August und Johann, die beiden Burschen.F12

Nach dem Herbstmanöver (1880), das immer eine mehrwöchige Abwesenheit des Vaters bedeutete, unternahmen die Eltern mit Christa und Elisabeth eine Reise nach Wiesbaden. Zunächst fuhren sie mit dem Zug nach Köln. Dort war einige Tage zuvor der Kölner Dom nach sechshundertjähriger Bauzeit vollendet worden. Die Familie besichtigte das gewaltige Bauwerk. Danach ging es weiter bis Koblenz. Am nächsten Morgen bestieg die Familie das Dampfschiff »Lorelei«. Die Kinder waren begeistert von der schönen Rheinfahrt bis Lahnstein. Mit der Bahn fuhren sie weiter bis Assmannshausen. Trotz Regen trug ein gemieteter Esel die Kinder hinauf zum Niederwald. Der Vater hielt diesen Eselsritt seiner Töchter in einer reizenden Zeichnung fest.

Noch am selben Abend erreichten sie mit dem Zug Wiesbaden, wo sie sechs Tage blieben und einige Besuche machten. Besonders lag ihnen die Begegnung mit dem befreundeten und inzwischen recht kränklichen Ehepaar von Röder am Herzen. In ihren Anfangsjahren in Wiesbaden hatten Röders der Familie Viebahn viel Liebe und Zuwendung geschenkt. Deshalb wollten sie noch einmal ausgiebig mit ihnen zusammen sein.

Am 4. November reiste die ganze Familie wieder nach Amsterdam. Inzwischen war die geliebte Großmama Ankersmit gestorben. Nach dem Besuch der Grabstätte schreibt der Vater in die Chronik seiner Tochter Christa:

Da hast Du nun zum ersten Male an dem Grabe eines lieben Menschen gestanden, der viel Liebe für Dich gehabt und Dir viel...

Erscheint lt. Verlag 15.12.2014
Verlagsort Holzgerlingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aidlingen • Diakonissen • Diakonissenmutterhaus • eBook • Frauen • Geschichte • Glaubensvorbild • Lebensbild • Missionarisch • missioniarisch • seelsorgerlich • Stettin
ISBN-10 3-7751-7233-5 / 3775172335
ISBN-13 978-3-7751-7233-2 / 9783775172332
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