Und Gott sprach: Der Teufel ist auch nur ein Mensch! (eBook)
304 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-21791-1 (ISBN)
Hans Rath, geboren 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie in Bonn. Er lebt mit seiner Familie in Berlin, wo er unter anderem als Drehbuchautor tätig ist. Zwei Bände seiner Romantrilogie um den Mittvierziger Paul Schubert wurden fürs Kino adaptiert. Seine aktuellen Bücher aus der Reihe «Und Gott sprach» sind ebenfalls Bestseller.
Hans Rath, geboren 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie in Bonn. Er lebt mit seiner Familie in Berlin, wo er unter anderem als Drehbuchautor tätig ist. Zwei Bände seiner Romantrilogie um den Mittvierziger Paul Schubert wurden fürs Kino adaptiert. Seine aktuellen Bücher aus der Reihe «Und Gott sprach» sind ebenfalls Bestseller.
1
«Glauben Sie eigentlich an den Teufel, Dr. Jakobi?»
Gute Frage. Mal überlegen. An einen feuerroten Superschurken mit Hörnern und einem Dreizack glaube ich schon mal nicht. Und dass man seiner Sünden wegen über dem Fegefeuer gegrillt wird, halte ich auch für ein Ammenmärchen. Gut möglich aber, dass es eine Hölle gibt. Vielleicht habe ich sogar schon mal einen Blick reingeworfen, und zwar vor etwas mehr als drei Jahren, als mein Leben seinen vorläufigen Tiefpunkt erreichte. Daran war aber nicht der Teufel schuld, sondern meine Exfrau.
«Nein. Eigentlich nicht», antworte ich. «Warum fragen Sie?»
Moosmann überlegt einen Moment. «Das klingt, als wären Sie sich nicht ganz sicher.»
«Verraten Sie mir, was das mit Ihrer Ehe zu tun hat?», erwidere ich und werfe einen Blick zur Uhr. Unsere Sitzung neigt sich dem Ende zu.
«Ich glaube, dass der Teufel bei meiner Ehe seine Finger im Spiel hat.» Moosmann strafft sich. Scheint so, als wäre ihm die Theorie selbst nicht ganz geheuer.
«Welches Interesse sollte der Teufel daran haben, Ihre Ehe zu zerstören?»
«Er will nicht meine Ehe zerstören, er will mich zerstören», erwidert Moosmann mit verschwörerischem Unterton.
«Herr Moosmann, warum sollte der Teufel ausgerechnet Sie zerstören wollen?»
«Keine Ahnung», erwidert Moosmann. «Aber er will mir doch ganz offensichtlich das Leben versauen. Sonst hätte er mir ja nicht meine Frau geschickt.»
Erneut blicke ich zur Uhr und überlege. Eigentlich ist unsere Sitzungszeit jetzt abgelaufen, aber ich möchte Moosmann nicht mit apokalyptischen Hirngespinsten nach Hause schicken. Zumal ich ahne, was passiert ist.
«Wir kennen uns nun schon seit ein paar Monaten, Herr Moosmann. Und ich stelle fest, dass Sie immer dann geglaubt haben, ein Opfer dunkler Mächte zu sein, wenn Ihre Frau gerade ein Verhältnis begonnen hatte.»
Regungslos schaut Moosmann mich an. Dann lehnt er sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. «Ach ja? Wirklich?»
Ich nicke. «Erinnern Sie sich an die Sache mit dem Tanzlehrer? Als die Affäre begann, dachten Sie, jemand hätte Ihnen einen Voodoo-Zauber angehängt.»
Moosmann schweigt. Ich sehe aber, dass es in ihm arbeitet.
«Und als Ihre Frau mit diesem Straßenkünstler anbändelte, da haben Sie mir erzählt, Sie wären von einer bösen Hexe verflucht worden. Erinnern Sie sich, dass wir eine ganze Sitzung damit verbracht haben, alle Verdachtsmomente gegen Ihre Schwiegermutter zu entkräften?»
Moosmann schweigt. Ich lasse ihm Zeit zum Nachdenken. Es klopft.
«Jetzt nicht!», rufe ich.
Die Tür wird geöffnet, und Frau Kretzer, meine Sprechstundenhilfe, schaut ins Zimmer. «Eben wollte Sie ein gewisser Auerbach sprechen. Er hat gesagt, er ruft noch mal an. Und ich soll Sie daran erinnern, dass Sie heute zum Abendessen verabredet sind.»
«Haben Sie gehört, was ich gerade gerufen habe?», frage ich konsterniert.
«Was haben Sie denn gerufen?»
«Jetzt nicht!», wiederhole ich.
«Ach so … das! Ja, hab ich gehört», sagt sie. «Aber ich bin in Eile und muss los.»
Bevor ich etwas erwidern kann, schließt sie die Tür. Damit ist das Gespräch beendet.
Moosmann schaut ihr anerkennend hinterher. «Springt die immer so mit Ihnen um?»
«Nein, nein. Ich hatte nur ganz vergessen, dass sie heute eine Familienfeier hat», lüge ich schamlos. Die Wahrheit ist, dass Frau Kretzer mich ständig behandelt, als wäre ich ihr Lakai. Da sie mit ihrer rüden Art meinen Laden jedoch im Griff hat wie keine Sprechstundenhilfe vor ihr, sehe ich großzügig darüber hinweg. Wobei ich diese Strategie wohl mal überdenken muss, wenn sie jetzt beginnt, mich vor meinen Patienten zur Schnecke zu machen.
Wieder wird die Tür geöffnet. Frau Kretzer hat inzwischen den Mantel angezogen. «So. Ich bin dann mal weg. Denken Sie daran, die Kaffeemaschine auszuschalten?»
«Mach ich», erwidere ich. «Und Ihnen einen schönen Abend …»
«Danke. Den werde ich haben. Ich nehme ein Fußbad, bimse mir die Hühneraugen weg und sehe mir dabei den Bridget-Jones-Marathon im Fernsehen an. Kann übrigens sein, dass ich deshalb morgen ein bisschen später komme.»
Ich hüstele verlegen. Ein Lächeln huscht über Moosmanns Gesicht.
«Gut. Bis morgen, Frau Kretzer», sage ich und komplimentiere sie damit hinaus. Dann tue ich so, als würde ich mich in meine Aufzeichnungen vertiefen.
Man hört, dass die Tür zum Treppenhaus ins Schloss gezogen wird.
Moosmann räuspert sich. «Es ist bitter, wenn ein Mann nicht nur von seiner Frau, sondern obendrein noch von seinem Psychotherapeuten angelogen wird.»
«Ja. Tut mir leid», sage ich schuldbewusst. «Wäre schön, wenn das unter uns bliebe. Ich glaube, es ist nur eine Phase. Frau Kretzer ist im Grunde …»
Moosmann winkt ab. «Schon gut. Sie brauchen mir nichts zu erklären. Ich weiß, wie das ist, wenn man sich mit einer heiklen Situation arrangieren muss.»
«Apropos», hake ich nach. «Hatte ich eben mit meiner Vermutung recht? Hat Ihre Frau sich noch einmal zu einer Affäre … hinreißen lassen?»
«Oh. Das haben Sie sehr freundlich formuliert, Doktor. Es klingt, als hätte Susann irgendwelche Skrupel, mich zu betrügen. Aber wenn sie nur einen einzigen Gedanken an mich oder unsere Ehe verschwendet hätte, wäre sie doch wenigstens zu einer unserer Sitzungen gekommen, oder etwa nicht?»
«Ja. Da ist was dran», sage ich. «Andererseits hätte sie sich längst von Ihnen trennen oder die Scheidung einreichen können. Wenn es nichts gibt, was sie beide verbindet, warum zieht dann nicht einer von Ihnen den Schlussstrich?»
«Ich für meinen Teil warte nur auf den Moment, wo mir die Sache unerträglich wird. Dann bin ich weg», erwidert Moosmann. «Könnte bald so weit sein. Bisher hat sie mich ja nur mit jüngeren Männern gedemütigt. Irgendwelche Szenetypen. Musiker, Yogalehrer, Barkeeper. Das war zwar nicht nett, aber immerhin einigermaßen diskret. Diesmal …» Moosmann zögert einen kurzen Moment, dann strafft er sich. «Diesmal hat sich diese kaltherzige …» Er schluckt die Beleidigung, die ihm gerade auf der Zunge liegt, hinunter und seufzt. «Ich glaube, sie hat was mit meinem Chef angefangen.»
«Bringt das für Sie berufliche Probleme mit sich?», will ich wissen.
«Noch nicht, aber er kann mir natürlich die Karriere versauen, wenn er es darauf anlegt. Und ich befürchte, das wird auch passieren.»
«Warum?»
«Ich bin Autoverkäufer, Dr. Jakobi. Schon vergessen? In unserem Laden arbeiten fast nur Männer. Die Spielregeln sind entsprechend simpel. Es gilt das Recht des Stärkeren. Er ist der Stärkere, also wird er mich das spüren lassen. Bestimmt dauert es nicht lange, und ich verkaufe Autopolitur statt Mittelklassewagen.»
«Und wäre das sehr schlimm für Sie?»
Er zieht die Schultern hoch. «Ja und nein. Ich wollte eigentlich nie Verkäufer werden. Ich bin da reingerutscht. Aber wenn Schäfer mich feuert …»
«Er heißt Schäfer?»
«Machen Sie jetzt bitte keine Witze, in denen das Wort Schäferstündchen vorkommt», sagt Moosmann. «Die kenne ich nämlich alle schon.»
«Okay. Erzählen Sie weiter.»
«Wie gesagt, wenn Schäfer mich feuert, dann habe ich ein Problem. Ich bin ein mittelmäßiger Autoverkäufer, der keinen Spaß an seinem Beruf hat und bald seinen fünfundvierzigsten Geburtstag feiern wird. Ich werde also auf dem Arbeitsmarkt ähnlich schlecht dastehen wie in meiner Ehe.»
«Sie sehen die Dinge im Moment zu pessimistisch», behaupte ich.
«Wie soll ich sie sonst sehen? Aller Wahrscheinlichkeit nach ziehe ich in jedem Fall den Kürzeren. Wenn das Verhältnis der beiden von Dauer ist, wird er mich feuern, damit ich ihm nicht irgendwann doch noch in die Quere komme. Trennen sie sich, wird er mich feuern, damit ich ihn nicht ständig an sie erinnere.»
«Ist dieser Schäfer denn auch verheiratet?», frage ich.
Moosmann grinst. «Sie meinen, ob ich ihn erpressen könnte?»
«Nein. Ich wollte nur wissen, wie kompliziert die Situation insgesamt ist.»
«Er ist zwar verheiratet, aber seine Ehe ist genauso im Arsch wie meine. In seinem Fall haben das aber beide akzeptiert. Der Kinder wegen, glaube ich. Ihm droht jedenfalls kein Ärger von einer eifersüchtigen Ehefrau, falls Sie das meinen.»
Ich klappe meinen Notizblock zu. «Das klingt alles sehr unerfreulich, Herr Moosmann, aber dass der Teufel seine Hand im Spiel hat, kann ich beim besten Willen nicht erkennen.»
«Einen Mann, dem seine Frau und der Job flöten gehen, würde man aber auch nicht gerade als Glückspilz bezeichnen, oder?»
«Warum nicht? Es könnte doch sein, dass diese radikale Veränderung Ihrem Leben eine ganz neue, glückliche Wendung gibt.»
«Ach ja? Welche denn? Ich sitze geschieden und arbeitslos in einer billigen Pension und besaufe mich mit billigem Fusel, weil ich mir teuren nicht mehr leisten kann?»
«Keine Ahnung. Ist das denn Ihre Vorstellung von Glück?»
«Nein. Natürlich nicht», antwortet Moosmann unwirsch.
«Und was, Herr Moosmann, wäre ihre Vorstellung von Glück, wenn Sie sich ein Leben ohne ihre Frau und ohne den Job, den Sie sowieso nicht machen wollen, ausmalen würden?»
Er sieht mich erstaunt an. Dann zuckt er ratlos mit den Schultern. «Ich glaube, da müsste ich mal drüber nachdenken.»
«Sehr gut. Tun Sie das. Dann machen wir mal für heute Schluss.»
Er nickt. «Okay … Kann ich Sie vielleicht irgendwo absetzen? Ich möchte nicht, dass Sie zu spät zu Ihrer Verabredung kommen, nur...
Erscheint lt. Verlag | 26.9.2014 |
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Reihe/Serie | Die Jakob-Jakobi-Bücher |
Die Jakob-Jakobi-Bücher | |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Abel Baumann • Antipoden • Anton Auerbach • Berlin • Christliche Welt • Die Jakob Jakobi Bücher • Fegefeuer • Freundschaft • Fürst der Finsternis • Gott • Handelsvertreter • Himmel • Hölle • Humor • Jakob Jakobi • Leibhaftige • Nächstenliebe • Pater Roberto • Philosophie • Psychotherapeut • Seele • Sinn • Therapie • Toni • Und Gott sprach: Wir müssen reden • Weihnachten • Wunder |
ISBN-10 | 3-644-21791-2 / 3644217912 |
ISBN-13 | 978-3-644-21791-1 / 9783644217911 |
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