Die Geschichte der Belagerung von Lissabon (eBook)
432 Seiten
Hoffmann und Campe (Verlag)
978-3-455-81282-4 (ISBN)
José Saramago (1922-2010) wurde in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo geboren. Er entstammt einer Landarbeiterfamilie und arbeitete als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist, bevor er Schriftsteller wurde. Während der Salazar-Diktatur gehörte er zur Opposition.1998 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
José Saramago (1922-2010) wurde in Azinhaga in der portugiesischen Provinz Ribatejo geboren. Er entstammt einer Landarbeiterfamilie und arbeitete als Maschinenschlosser, technischer Zeichner und Angestellter. Später war er Mitarbeiter eines Verlags und Journalist, bevor er Schriftsteller wurde. Während der Salazar-Diktatur gehörte er zur Opposition.1998 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.
Cover
Titelseite
Widmung
Motto
Der Korrektor sagt, Jawohl, [...]
Zum Zeitpunkt, wenn erst [...]
Der Korrektor hat einen [...]
Es war noch nicht [...]
Dreizehn lang sich hinziehende [...]
Der Brief, den Raimundo [...]
Gewissen Autoren ist es, [...]
Es vermeldet die Geschichte [...]
Der König hatte einen [...]
Hätte der Muezzin, in [...]
Ohne Weg da noch [...]
In den ersten Tagen [...]
Der Grund, weshalb Raimundo [...]
Falls wir die Tatsachen, [...]
Gemeinhin gilt es als [...]
Maria Sara verbrachte die [...]
Bruder Rogeiro schreibt, zu [...]
Über zwei Monate sind [...]
Über José Saramago
Impressum
Der Korrektor sagt, Jawohl, dieses Zeichen heißt Deleatur, wir verwenden es, wenn es etwas zu streichen und zu tilgen gilt, das Wort selbst drückt es aus, und es gilt sowohl für einzelne Buchstaben als auch für ganze Wörter, Mutet mich wie eine Schlange an, die, im Begriff, sich in den Schwanz zu beißen, im letzten Augenblick davor zurückschreckt, Gut beobachtet, Herr Doktor, o ja, wir hängen sehr am Leben, sogar eine Schlange würde im Angesicht der Ewigkeit zaudern, Malen Sie mir das Zeichen auf, aber langsamer, Ist kinderleicht, es langt, die Bewegung zu verfolgen, wer unachtsam schaut, wird meinen, die Hand zieht einen schrecklichen Kreis, aber nein, sehen Sie, mein Schwung führte nicht zum Ausgangspunkt, sondern dran vorbei, einwärts, und nun fahre ich weiter hinab, bis ich den unteren Teil der Kurve schneide, und was da schließlich zustande kommt, ähnelt nur dem Großbuchstaben Q, sonst nichts, Schade, die Zeichnung versprach so viel, Begnügen wir uns mit der Illusion von Ähnlichkeit, doch, wahrlich, ich sage Ihnen, Herr Doktor, mit Verlaub der prophetische Stil, das Besondere des Lebens bestand schon immer in den Unterschieden, Was hat das mit typographischer Korrektur zu tun, Die Herren Schriftsteller leben in den oberen Sphären, sie vergeuden ihr kostbares Wissen nicht an so läppische, unerhebliche Dinge, als da wären unreine Buchstaben, Fische oder Fliegenköpfe, so klassifizierten wir die Fehler zu Zeiten, als noch mit Hand gesetzt wurde, Unterschied und Fehlerhaftigkeit, das war damals eins, Ich gestehe, meine Deleaturs geraten mir weniger entschieden, allemal krähenfüßig, da verlasse ich mich auf das geübte Auge der Setzer, denn diese Sippschaft steht gleich neben der im Rätsellösen versierten Familie der Apotheker, die gar noch das Ungeschriebene entziffern können, Und dann mögen die Korrektoren kommen und die Probleme lösen, Ihr seid unsere Schutzengel, bei euch geben wir uns in Obhut, Sie, beispielsweise, erinnern mich an meine peinlich genaue Mutter, die mir den Haarscheitel so lange bearbeitete, bis er wie mit dem Lineal gezogen wirkte, Besten Dank für diesen Vergleich, doch, sofern Ihre liebe Mutter schon gestorben ist, sollten Sie sich nun höchstselbst perfektionieren, es kommt allemal der Tag, da ernsthaftere Korrektur vonnöten ist, Korrigieren, das tue ich ja, größere Schwierigkeiten aber behebe ich mit leichter Hand, indem ich ein Wort über das andere schreibe, Das habe ich gemerkt, Sagen Sie es nicht in diesem Ton, ich gebe mein mögliches, und wer sein Bestes gibt, Der ist zu mehr nicht verpflichtet, jawohl, vor allem wenn er, wie in Ihrem Falle, nicht gern ändert, wenn ihm die Lust am Austauschen, das Gespür für das Verbessern, abgeht, Wir Autoren bessern immerzu, wir sind mit dem Erreichten nie zufrieden, kann auch nicht anders sein, die Vollkommenheit hat Heimstatt nur in Himmelsgefilden, allerdings ist ein Verbessern seitens der Autoren von anderer Natur, ist problemhaft, weicht sehr ab von unserem Korrigieren, Sie wollen sagen, die Korrektorengilde hat Gefallen an ihrem Tun, So weit wage ich nicht zu gehen, es ist eine Frage von Berufung, und Korrektor aus Berufung, so etwas gibt es nicht, bewiesen aber scheint, wir Korrektoren sind in tiefster Seele Wollüstlinge, Das höre ich zum erstenmal, Jeder Tag beschert Freuden und auch Kummer, obendrein nutzbringende Lektionen, Aus Ihnen spricht die Erfahrung, Sie beziehen sich auf die Lektionen, ich auf die Wollust, Freilich spricht aus mir persönliche Erfahrung, und die werden Sie mir ja nicht absprechen wollen, doch hat mir auch die Beobachtung von fremder Leute Betragen, die in nicht geringerem Maße erbauliche Moralunterweisung ist, Nutzen gebracht, Unter Ihrem Kriterium könnte man manche Autoren der Vergangenheit als Männer Ihrer Gilde bezeichnen, als bewundernswerte Korrektoren, ich denke da nur an Balzacs Korrekturbögen, die ein sprühendes Feuerwerk an Verbesserungen und Hinzufügungen sind, So auch unser einheimischer Eça, damit das Vaterland nicht unerwähnt bleibe. Fürwahr, Eça und auch Balzac würden sich heute die glücklichsten Menschen wähnen, wenn sie so vor einem Computer säßen, interpolierend, transponierend, Zeilen überfliegend, Kapitel austauschend, Und wir, die Leser, würden erfahren, welche Wege und Irrwege sie gingen, bis sie zur Endfassung gelangten, sofern es so etwas gibt, Aber, aber, entscheidend ist nicht das Ergebnis, was nutzte es, die tastenden, zögerlichen Versuche eines Camões oder Dante zu kennen, Der Herr Doktor sind ein praktischer Mensch, und leben bereits im zweiundzwanzigsten Jahrhundert, Sagen Sie, die anderen Zeichen, haben auch die lateinische Namen, wie das Deleatur, Ob sie haben, oder hatten, weiß ich nicht, entzieht sich meiner Kenntnis, vielleicht waren die so schwer auszusprechen, daß sie untergegangen sind, In der Nacht der Zeiten, Verzeihen Sie, wenn ich dagegenhalte, diesen Ausdruck würde ich nicht verwenden, Wohl weil er ein Gemeinplatz, Keineswegs deshalb, die Gemeinplätze, die gestanzten Sätze, die Floskeln, die Salbadereien, die Almanachsentenzen, die stehenden Wendungen und Sprichwörter, all das kann auch den Eindruck von etwas Neuem erwecken, sofern man das vorausgehende und das folgende Wortgut richtig handhabt, Und warum würden Sie nicht Nacht der Zeiten sagen, Weil die Zeiten von sich aus aufhörten Nacht zu sein, als die Menschen zu schreiben anfingen, oder, wie gesagt, zu korrigieren, was von anderer Quintessenz ist, und andere Transfiguration, Der Satz gefällt mir, Mir auch, besonders weil ich ihn grad’ eben zum erstenmal vorgebracht habe, beim zweitenmal wirkt er gewiß weniger originell, Ist dann wohl bereits Gemeinplatz, Oder Topos, das ist der wissenschaftliche Ausdruck, Ich meine, aus Ihren Worten eine gewisse skeptische Bitterkeit herauszuhören, Ich nenne es eher bitteren Skeptizismus, Wer das eine sagt, meint auch das andere, Oder doch nicht, die Schriftsteller pflegen eigentlich ein gutes Ohr zu haben für diese Unterschiede, Vielleicht sind meine Trommelfelle hart geworden, Verzeihung, es war nicht Absicht, Ich bin nicht empfindlich, also sagen Sie mir erst einmal, warum Sie so verbittert sind, oder skeptisch, wie auch immer, Nun, Herr Doktor, führen Sie sich das Tagwerk des Korrektors vor Augen, bedenken Sie die Tragödie, daß er einmal, zweimal, dreimal, oder vier- oder fünfmal Bücher lesen muß, die, Die nicht einmal eine einzige Lektüre verdienten, Mit Verlaub, diese harten Worte stammen nicht aus meinem Munde, ich weiß sehr gut, wo mein Platz in der Gesellschaft des gedruckten Wortes ist, wollüstig zwar, o ja, eingestandenermaßen, doch auch achtungsvoll, Was sollte daran so schrecklich sein, im übrigen schien mir dies die einleuchtende Folgerung Ihres Satzes, jene beredte Unterbrechung da, auch wenn die Gedankenstriche nicht erkennbar waren, Falls Sie es genau wissen wollen, wenden Sie sich an die Schriftsteller, reizen Sie sie halb mit dem, was ich, und halb mit dem, was Sie da sagten, und Sie werden erleben, wie Ihnen Bescheid getan wird mit der berühmten Anekdote von dem Maler Apelles und dem Schuster, der zufolge letzterer den Künstler auf einen Fehler an der Sandale einer Figur hinwies und sich hernach, als der Künstler diesen erkennbar beseitigt hatte, dazu verstieg, Urteile über die Anatomie des Knies abzugeben, worauf Apelles den Dreistling ergrimmt zurechtwies, Schuster bleib bei deinem Leisten, ein historischer Ausspruch, Niemand läßt sich gern in seinen Garten spähen, In diesem Falle hat Apelles recht, Mag sein, doch nur solange kein Gelehrter der Anatomie die Prüfung des Gemäldes vornimmt, Sie sind bis ins Mark ein Skeptiker, Jeder Autor ein Apelles, doch die Versuchung des Schusters ist sehr menschengemäß, und nur ein Korrektor hat gelernt, daß die verbessernde Arbeit als einziges auf der Welt nie aufhört, Des Schusters Versuchung mögen Sie beim Korrekturlesen meines Buches oft gespürt haben, Das Alter beschert uns ein Gutes, das ein Schlechtes ist, es besänftigt uns, und die Versuchungen, wiewohl unabweislich, sind dann weniger drängend, Mit anderen Worten, Sie sehen den Fehler an der Sandale, schweigen aber, Nein, ich übersehe den Fehler am Knie, Gefällt Ihnen das Buch, Es gefällt mir, Klingt aber gar nicht begeistert, Von Begeisterung habe ich in Ihrer Frage ebensowenig verspürt, Das ist Taktik, der Verfasser, so schwer es ihm auch fällt, hat doch ein bißchen bescheiden zu tun, Bescheiden sein ist dem Korrektor stetes Gebot, und sollte er eines Tages unbescheiden sein, so zwingt er sich, als Mensch, dennoch höchst vollkommen zu sein, Sie haben den Satz unkorrigiert gesprochen, haben in einem Atemzug das Verbum sein dreimal verwendet, gestehen Sie nur, das ist unverzeihlich, Bleiben Sie mir fort mit dem Leisten, beim freien Reden ist alles erlaubt, Aber unverziehen ist Ihnen, daß Sie mit Ihrem Urteil so zurückhaltend sind, Ich erinnere Sie, Korrektoren sind nüchtern besonnene Menschen, sie haben viel erlebt an Literatur und an Leben, Mein Buch, erinnere ich Sie, ist ein Geschichtswerk, So, in der Tat, würde ich es bezeichnen, gemäß klassischer Einteilung der Gattungen, jedoch, und weitere Gegensätzlichkeiten, Herr Doktor, möchte ich, bei meiner Zurückhaltung, nicht hervorkehren, alles was nicht Leben ist, ist eben Literatur, Etwa auch die Geschichte, Die vor allem, ohne Sie beleidigen zu wollen, Und die Malerei, und die Musik, Die Musik widerstrebt, seit es sie gibt, mal so, mal so, sie möchte sich vom Wort befreien, wohl aus Neid, und fügt sich doch immer wieder, Und die Malerei, Nun, die Malerei, ist weiter nichts als mit Pinseln verfaßte Literatur, Ihnen ist hoffentlich bewußt, daß die Menschheit, lange bevor sie des Schreibens kundig war, bereits malte. Sie kennen die Redensart, Hast keinen Hund du, jag mit der Katz, anders gesagt, wer nicht schreiben kann, der malt, oder zeichnet, eben das tun...
Erscheint lt. Verlag | 8.9.2014 |
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Übersetzer | Andreas Klotsch |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Liebesroman • Literatur • Nobelpreisträger • Phantasie • Portugal |
ISBN-10 | 3-455-81282-1 / 3455812821 |
ISBN-13 | 978-3-455-81282-4 / 9783455812824 |
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