Kosmologie für Fußgänger (eBook)

Eine Reise durch das Universum - Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe
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2014 | 1. Auflage
320 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-14967-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kosmologie für Fußgänger -  Harald Lesch,  Jörn Müller
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Wie entstand der Mond? Woher bezieht die Sonne ihre Energie? Was weiß man über unser Sonnensystem? Wie leben und sterben die Sterne? Was ist ein schwarzes Loch? Und wie weit ist es nach Andromeda? Das sind nur einige Fragen, die Harald Lesch und Jörn Müller auf ihrer unterhaltsamen Reise durch das Universum allgemein verständlich beantworten. Garantiert ohne mathematischen Formelballast!

Harald Lesch ist Professor für Theoretische Astrophysik am Institut für Astronomie und Astrophysik der Ludwig-Maximilians-Universität München und einer der bekanntesten Naturwissenschaftler in Deutschland. Seit vielen Jahren vermittelt er einer breiten Öffentlichkeit spannendes populärwissenschaftliches Wissen. Durch die Sendereihe »alpha-Centauri« bekannt geworden, moderiert er heute u. a. »Leschs Kosmos« im ZDF. Er hat, allein oder mit Co-Autoren, eine Vielzahl erfolgreicher Bücher veröffentlicht, zuletzt »Was hat das Universum mit mir zu tun?«, »Wenn nicht jetzt, wann dann?« und »Denkt mit!«.

Bildet man die 4,6 Milliarden Jahre lange Geschichte unseres Planeten auf ein Jahr ab, so sind gerade einmal 17 Sekunden vergangen, seit der griechische Dichter Homer vor über 2500 Jahren der Erde als einer Göttin huldigte. Gaia, die Erde – das war die allmächtige Mutter, die beschützt und ernährt, der wir alles zu verdanken haben. Noch heute feiern wir im christlichen Kulturkreis einmal im Jahr Erntedank. In den Erdwissenschaften, der Geologie, der Geografie und der Geophysik, hat sich der Name Gaia bis heute erhalten. Aber Menschen erleben die Erde auch als gewalttätig und erbarmungslos, wenn Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Fluten und Stürme über sie hereinbrechen. Trotz allen technischen Fortschritts – wenn der Urgrund aller Dinge sich auftut, der Boden unter unseren Füßen sich schüttelt oder der Himmel über uns seine Schleusen aufreißt – sind auch wir modernen Menschen den Naturgewalten hilflos ausgesetzt. Kaum eine Kultur hat deshalb die Erde nur verehrt und bewundert. Man hat sie immer auch gefürchtet.

Diesem Materieklumpen, der mit über 100000 Kilometern pro Stunde um die Sonne rast, verdanken wir unser Dasein. Wir sind die Erde. Unsere Knochen sind gebildet aus den Mineralien ihrer Gesteine, wir atmen ihre Luft, und wir bestehen zu großen Teilen aus ihrem Wasser. Was für ein Planet, der eine solche Vielfalt an Leben hervorgebracht hat! Für uns Erdlinge ist diese Lebensvielfalt der Normalfall. Doch auch in den eher lebensfeindlichen Nischen unseres Planeten, auf über 8000 Meter hohen Bergen, in Wüsten mit Spitzentemperaturen von über 70 Grad Celsius oder in den Polarregionen, den Gebieten des ewigen Eises mit Temperaturen um minus 50 Grad, hat sich Lebendiges angesiedelt. Auf die Spitze aber treiben es die Organismen tief im Meer, in der unmittelbaren Nachbarschaft von Vulkanschloten, den sogenannten Black Smokers, aus denen etliche hundert Grad heißes, mit Gasen und Mineralien gesättigtes Wasser austritt. Dort leben Einzeller ganz ohne Licht und Sauerstoff. Das Leben ist überall auf unserer Erdkugel. Möglicherweise »verdampft« unser Planet sogar Bakterien, die aus den höchsten Schichten der Atmosphäre in den Weltraum verschwinden.

Nun, was wissen wir denn von dem Boden, auf dem wir stehen, vom Wasser, das wir trinken, von der Luft, die wir atmen? Woher kommen die Bestandteile des Planeten? Wie entstand er denn, unser Planet? War er schon immer so? Nein, er war vielmehr – also, eigentlich war er … Ach was, bevor wir uns zu kurz fassen, erzählen wir lieber die ganze Geschichte (Abb. 1).

Abb. 1: Der Blaue Planet. Blick auf die westliche (links) und die östliche Hemisphäre der Erde.

Die Geburt der Erde

Wir wissen: Die Sonne, die Erde und die anderen sieben Planeten – ja sieben, da Pluto 2006 zum Zwergplaneten degradiert wurde – entstanden alle zur gleichen Zeit vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Entsprechend dem heutigen Stand der Forschung begann die Geschichte der Erde mit der gewaltigen Explosion eines massereichen Sterns, einer sogenannten Supernova. Woher man das weiß? Vom Studium der Meteoriten, die bei der Entstehung des Sonnensystems übrig blieben. Besondere Bedeutung kommt hier der Untersuchung von Isotopen zu. Von was? Na, von Isotopen eben. Ach, Sie wissen nicht, was das ist? Also gut, machen wir einen Abstecher in die Kernphysik. Will man nämlich verstehen, was sich aus diesen uralten Meteoritengesteinen ablesen lässt, muss man wissen, wie Atomkerne aufgebaut sind und wie sie zerfallen.

Atome bestehen aus einem Atomkern und negativ geladenen Elektronen, die den Kern umkreisen. Jedes chemische Element – zum Beispiel Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Eisen usw. – verfügt über eine bestimmte Anzahl von Elektronen. Da Atome nach außen elektrisch neutral sind, muss der Atomkern selbst eine positive Ladung haben, die der Summe der negativen Ladungen aller Elektronen im Atom entspricht. Der winzige Atomkern seinerseits besteht aus positiv geladenen Protonen und elektrisch neutralen, also ungeladenen Neutronen. Könnte man beispielsweise ein Atom so stark vergrößern, dass dessen Elektronen auf den äußersten Rängen des Münchner Olympiastadions kreisen würden, dann wäre der Atomkern so groß wie ein Reiskorn am Anstoßpunkt im Mittelkreis – so ein Atom ist also ziemlich leer.

Zurück zu den Elementen. Wie gesagt: Jedes Element hat eine genau festgelegte Zahl an Protonen und Elektronen. So verfügt Sauerstoff über acht Protonen im Kern und acht Elektronen, die den Kern auf verschiedenen Bahnen umkreisen. Normalerweise sind auch acht Neutronen im Kern, die dem Atom zwar eine größere Masse verleihen, aber an der elektrischen Ladung des Kerns nichts ändern. Ab und zu gibt es aber auch Sauerstoffkerne mit neun oder zehn Neutronen. Diese Abarten bezeichnet man als Isotope des Sauerstoffs. Die Isotope unterscheiden sich vom »normalen« Element nur durch ihre Masse, jedoch nicht in ihren chemischen Eigenschaften. Der »normale« Sauerstoff mit acht Neutronen im Kern wird mit dem Symbol 16O (im folgenden Text immer O-16 geschrieben) gekennzeichnet, wobei die vor- beziehungsweise nachgestellte Zahl 16, die sogenannte Massenzahl, die Summe von Protonen und Neutronen angibt. Die massereicheren Isotope des Sauerstoffs mit einem oder zwei zusätzlichen Kernneutronen haben demnach die Bezeichnungen O-17 beziehungsweise O-18.

Im Allgemeinen findet man im Wasser der Ozeane pro 2600 O-16-Atomen je ein Atom O-17 und fünf Atome O-18. Untersuchungen an primitiven Meteoriten, sogenannten kohligen Chondriten, die als kleinteilige Überreste bei der Entstehung des Sonnensystems zeitgleich mit den Planeten aus derselben Gas- und Staubscheibe auskondensierten, zeigen jedoch ein anderes Bild. Da sich diese Körper seit ihrer Entstehung immer im kalten Weltraum aufgehalten haben, geht man davon aus, dass sich ihre ursprüngliche Zusammensetzung bis heute unverändert erhalten hat. In Einschlüssen dieser Meteoriten hat man nun Sauerstoff gefunden, der ausschließlich aus O-16-Atomen besteht. Für diesen Befund gibt es keine chemische Erklärung, weil wie gesagt alle Isotope das gleiche chemische Verhalten aufweisen. Erklären lässt sich das nur mit der Explosion einer Supernova, denn nur bei einer solchen entsteht reines O-16 ohne Beimischung anderer Sauerstoffisotope.

Da in unserer Milchstraße pro Jahrhundert etwa drei Supernovae explodieren, ist das zunächst keine Überraschung. Irgendein massereicher Stern, der irgendwann explodierte, war der Ursprungsort des Meteoritenmaterials. Wir kennen zwar nicht den Stern, der für den Sauerstoff in den Meteoriten verantwortlich war, denn der hinterlässt, wenn überhaupt, nur einen sehr kleinen, ungefähr zehn Kilometer großen sogenannten Neutronenstern, der von einer sich rasend schnell ausdehnenden Gaswolke umgeben und nur für einige Millionen Jahre beobachtbar ist. Davon an anderer Stelle mehr. Aber wir wissen, dass der Stern mindestens 25 Sonnenmassen gehabt haben muss, da nur derart massereiche Sterne ausreichende Mengen an O-16 hervorbringen. Und wir wissen ebenfalls, wie lange vor der Entstehung des Sonnensystems dieser Stern explodiert ist: nur einige hunderttausend Jahre zuvor!

Woher wir das wissen? Ebenfalls von Isotopen, diesmal von Isotopen der Elemente Aluminium und Magnesium. Magnesium hat normalerweise 12 Protonen und 12 Neutronen im Kern. Viel seltener ist das Isotop Mg-26 mit 14 Neutronen. In etlichen Meteoriten fand man mehr Mg-26 als erwartet. Der Überschuss könnte vom radioaktiven Zerfall des Aluminiumisotops Al-26 herrühren, das nur bei einer Supernovaexplosion entstehen kann und mit einer Halbwertszeit von rund 720000 Jahren zu Mg-26 zerfällt. Damit ergibt sich als theoretisches Modell folgendes Bild: Weniger als 100000 Jahre vor der Entstehung des Sonnensystems fand in der Nähe eine Supernova statt, bei der Staubteilchen, die Al-26 enthielten, in die Gaswolke, aus der später das Sonnensystem hervorging, hineingeschleudert wurden. Das Aluminium wurde eingeschlossen in mineralische Gesteinsklümpchen, die sich zu kleinen Asteroiden vereinigten, und zerfiel dort zu Magnesium. Irgendwann prallte dann einer dieser Asteroiden mit einem anderen zusammen und zerbrach. 1969 fiel eines dieser Bruchstücke, der berühmte Allende-Meteorit, auf die Erde und damit Wissenschaftlern in die Hände, die dem außerirdischen Stein diese Geschichte entlocken konnten.

Tja, so ist das mit der Astrophysik – winzige Atomkerne können eine wahrlich kosmische Geschichte erzählen, weil die Naturgesetze im Universum überall dieselben sind. Für einen Sauerstoff- oder einen Aluminiumkern gelten die Gesetze der Kernphysik überall in gleicher Weise. Dabei ist es völlig egal, ob diese Elemente auf der Erde oder irgendwo im Universum vorkommen.

Zurück zu unserer Gaswolke, aus der einmal die Sonne mit ihren Begleitern, den Planeten, werden sollte. Wir wissen nun, dass die Druckwelle, die von der Explosion der Supernova ausging, einige hunderttausend Jahre später an anderer Stelle auf eine riesige Gas- und Staubwolke traf und sie gehörig zusammenstauchte. Die bis dahin auf ein großes Volumen verteilten Wasserstoff- und Heliumatome der Wolke durchmischten sich mit all den schwereren Elementen, zum Beispiel dem lebenswichtigen Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Eisen, die in der Supernova erbrütet und bei deren Explosion in den Weltraum hinausgeschleudert wurden. Gleichzeitig zog sich die Wolke unter ihrer eigenen Gravitation mehr und mehr zusammen. Verwirbelungen innerhalb der Wolke sorgten für kleinere rotierende Fragmente, die losgelöst von der Umgebung weiter kollabierten und sich dabei wie ein Eiskunstläufer, der bei der Drehung...

Erscheint lt. Verlag 18.8.2014
Zusatzinfo durchgehend farb. Abbildungen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Astrophysik für Anfänger • Bundesverdienstkreuz • eBooks • Einführung • erweiterte Neuausgabe • illustriert • Kosmos • Kosmos, Populärwissenschaft, Astrophysik für Anfänger, Einführung, Sterne, Planeten, Wissen mit Witz, erweiterte Neuausgabe, illustriert, Standardwerk • Planeten • Populärwissenschaft • Standardwerk • Sterne • Wissen mit Witz
ISBN-10 3-641-14967-3 / 3641149673
ISBN-13 978-3-641-14967-3 / 9783641149673
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