Lokale Bildungsverantwortung (eBook)

Kommunale Koordinierung beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt
eBook Download: PDF | EPUB
2013 | 1. Auflage
408 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-023851-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lokale Bildungsverantwortung -  Arbeitsgemeinschaft Weinheimer
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Für Jugendliche ist der Übergang von der Schule in die Arbeitswelt und das Ankommen dort eine schwierige Herausforderung - und auch für Städte und Landkreise stellt das Gelingen ein wichtiges Anliegen dar, aus sozialer Verantwortung, aber v. a. auch, weil Bildung und gelingende Übergänge zu einer wichtigen Standortqualität werden. Ausgrenzung aus Bildung, Ausbildung und Erwerbstätigkeit zu verhindern und die beruflichen Lebensperspektiven aller Jugendlichen vor Ort zu fördern, ist zu einer wichtigen Aufgabe kommunaler Politik geworden. Das Buch zeigt, wie der 'Koordinierung vor Ort' und damit der Gestaltung lokaler Bildungslandschaften zunehmend Verantwortung zuwächst. Ein Schwerpunkt sind konkrete Informationen zu den Handlungsstrategien, den Erfahrungen und Schwierigkeiten der Kommunen und Landkreise. Beschrieben und analysiert werden praktizierte Steuerungsmodelle, ihre Stärken und der Bedarf an Weiterentwicklung. Das Buch zielt angesichts der wachsenden Aufgaben lokaler Bildungspolitik auf eine bessere Praxis vor Ort.

Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative ist ein Zusammenschluss von über 20 Städten und Landkreisen und zahlreichen weiteren Akteuren. Sie versteht sich als Anwältin für gemeinsame kommunalpolitische und bürgerschaftliche Verantwortungsübernahme.

Die Arbeitsgemeinschaft Weinheimer Initiative ist ein Zusammenschluss von über 20 Städten und Landkreisen und zahlreichen weiteren Akteuren. Sie versteht sich als Anwältin für gemeinsame kommunalpolitische und bürgerschaftliche Verantwortungsübernahme.

1 Ausgangspunkte und Grundlegungen


Vom Memorandum zur Arbeitsgemeinschaft, aber immer wieder: Schule


Christian Petry und Pia Gerber

Zur Freudenberg Stiftung

Seit ihrer Gründung 1984, also vor 25 Jahren, ist es für die Freudenberg Stiftung1 immer wieder die Schule, auf die sich Kritik und Verbesserungsvorschläge, zuweilen auch der Grundriss für ein ganzes Reformprogramm richten. Im sehr grundlegenden Sinne bildet nämlich das bildungspolitische Engagement des Ehepaars Freudenberg2 – im Ettlinger Kreis, im Hinblick auf die Idee der Gesamtschule, mit vielen anderen Initiativen – den einen Ausgangspunkt der Stiftung.

Durch die vorausgegangene Gründung des Ettlinger Kreises, die Mitwirkung beim Bildungsrat und die Initiierung der Stiftung Ettlinger Gespräche durch Unternehmensleiter der Firma Freudenberg wurde in die Freudenberg Stiftung die zentrale Erfahrung eingebracht, wie gesellschaftliche Neuordnungsmuster durch das an einem Strangziehen von zivilgesellschaftlich aktiver Wirtschaft, anwendungsorientierter Wissenschaft und kooperationsbereitem Staat vorangetrieben werden kann. So hatte der zwischen 1957 und 1977 aktive Ettlinger Kreis bildungspolitisch aktiver Unternehmensleiter in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Sachverständigen dazu beigetragen, dass in der Bundesrepublik das 9. Schuljahr eingeführt wurde. Der Bildungsrat hatte 1974 unter Beteiligung von Hermann Freudenberg die bundesweite Verbreitung von regionalen Schulunterstützungsagenturen nach dem Modell der Regionalen Pädagogischen Zentren empfohlen, während mit Spenden der Weinheimer Firma 1979 der Prototyp für die Regionalen Arbeitsstellen (RAA) vor Ort erprobt worden war.

Deren anderer Ausgangspunkt war, dass sich für Hermann Freudenberg ein solches – auch pointiertes – gesellschaftliches Engagement ganz selbstverständlich mit einem aufgeklärten Verständnis der Rolle und Aufgabe von Unternehmen und Unternehmern in der Gesellschaft verband. Nicht die karitative Orientierung, die durchaus im sozialpolitischen Traditionsbestand des 1849 gegründeten Familienunternehmens gleichermaßen vorhanden war, führte Mitte der 1980er Jahre zur Gründung der Freudenberg Stiftung. Diese war als professionelle Organisation von einzelnen Familiengesellschaftern und -gesellschafterinnen des international agierenden Mischkonzerns Freudenberg & Co. ins Leben gerufen worden, die »unabhängig von den Geldgebern, orientiert an klaren sozialen Zielen, unmittelbar wirksam und mit gesellschaftspolitischem Anspruch« agieren sollte (Stiftungsarchiv). Thematisch richtete sich die Weinheimer Stiftung von Beginn an auf die Behebung systematischer Innovationslücken im Feld der Bildung und Integration von Kindern mit Migrationshintergrund aus und nach 1990 auf die vernachlässigte Förderung demokratischer Kultur, insbesondere in Ostdeutschland.

Gesellschaftliche Aufgabe von Schule: Bildung für alle

Warum diese Zentralität von Schule in den Förderüberlegungen der Stiftung? Auch dies hat wohl viel mit dem Impuls von Gisela und Hermann Freudenberg zu tun, nämlich mit ihrer Überzeugung, dass Bildung als Bürgerinnen- und Bürgerrecht und dies nicht schon mit formaler Beteiligung an einer Mindestpflichtveranstaltung von Schule erledigt sei, sondern weitergehende Anforderungen stelle. Diese weitergehenden Anforderungen beziehen sich auf die Vermeidung von Ungleichheit durch Bildung und Ausschluss von Bildung und auf die zu legende Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und demokratische Verantwortungsübernahme durch Bildung.

Daraus folgt, dass der Staat weit über die Durchsetzung der Schulpflicht hinaus das Schulsystem demokratisch und humanitär gestalten muss, aber auch – konsequenter Weise – dass man die Schule, weil sie die einzige Pflichtbildungsveranstaltung ist – jedenfalls bis zum Zeitpunkt des obligatorischen Besuchs von »Vorschule« – nicht aus ihrer sozialstaatlichen Verpflichtung entlassen kann. Von Anfang an war das Engagement der Freudenberg Stiftung in diesem Feld darauf ausgerichtet, Schulen einerseits in ihrer Verantwortungsübernahme zu fordern, insbesondere indem sie mit neuen und erweiterten Aufgaben, die sich aus gesellschaftlichen Wandlungsprozessen ergaben, konfrontiert wurde. Andererseits galt es, die Schulen darin – modellhaft – zu fördern, mit den neuen und erweiterten oder auch alten und zeitweilig in Vergessenheit geratenen Herausforderungen produktiv umzugehen.

Von anderen lernen: Community Schools

Beim Ausschau nach Beispielen, wie man anders als in Deutschland üblich Schule machen kann, geriet im anglo-amerikanischen Raum die Community School3 in den Blick. Damit kommen zwei Bezüge ins Spiel, die nicht wieder verloren gehen sollten:

Erstens ist für die Community Schools ein Verhältnis wechselseitiger Verantwortlichkeit charakteristisch: der Gemeinde gegenüber »ihrer« Schule und der Schule gegenüber der Gemeinde, zu der sie gehört. Zweitens öffnet sich die Schule zur Gemeinde über die wechselseitige institutionelle Verantwortung hinaus im Sinne einer pädagogischen Herausforderung.

Sich zur Gemeinde öffnen und sich mit Projekten in der Gemeinde zu engagieren (Service Learning4) meint nicht, etwas Sinnvolles ergänzend zur Schule zu tun, sondern Engagement in der Gemeinde, praktisch werdender Gemeinsinn als unverzichtbares Element von Bildung in die Schule zu holen. Schule ist in diesem Sinne eben nicht eine vom Leben abgetrennte andere Welt (was angesichts der Lebenszeit, die Kinder und Jugendliche in der Schule verbringen, ohnehin eine aberwitzige, aber gern vertretende Idee ist), sondern Schule als Leben zu verstehen, auch eine Vergegenwärtigung von Lernresultaten zuzulassen (nicht nur für das Leben nach der Schule lernen, sondern für das Leben hier und jetzt), das außerschulische Leben »in die Schule zu holen«, auch, indem man das Schulgebäude verlässt und damit den pädagogischen Schulraum praktisch auszuweiten.

Schule und BürgerInnengesellschaft

Wenn sich die bewusste Beziehung der Schule zum Leben – gewissermaßen in einer anti-idealistischen Wendung – vervielfältigt, dann wird sofort klar: dies kann die Schule nicht allein bewerkstelligen, weil die Lehrenden keineswegs in allen wichtigen Lebensbereichen – der Gemeinde, der Arbeitswelt – Fachleute sein können und ihnen überdies hierfür jene Glaubwürdigkeit fehlt, die aus authentischen Haltungen entsteht. Eine enge Kooperation mit der BürgerInnengesellschaft in ihren verschiedensten Formen und Ausprägungen – als Paten, als Lotsen, als Lobby, als Experten, als Betriebsvertreter, als Mitglied einer Bürgerinitiative – wird unumgänglich. Das tut der Schule insofern gut, als sie ihre rein staatliche Prägung verliert, ohne dem Staat die Verantwortung abzunehmen, und in starke Bezüge zur lokalen zivilen Verantwortungsgemeinschaft eintritt, ohne diese auf die direkte Lobby der Elternvertretungen zu reduzieren.

Die Unterstützung der Schule durch die BürgerInnengesellschaft wird umso dringlicher, je mehr es darum geht zu verhindern, dass sich soziale Benachteilungen und Diskriminierungseffekte als Bildungsbenachteiligung reproduzieren oder sogar verstärken – ein Mechanismus, der nach allem, was wir wissen, in Deutschland besonders wirksam ist. Hier kommen insbesondere Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in den Blick, auf die sich die Aufmerksamkeit der Freudenberg Stiftung schon früh richtet5

Ein Beispiel: Die Regionalen Arbeitsstellen (RAAs)

Die Gründung und Ausweitung der RAAs, an der zunächst die Firma Freudenberg und dann die Stiftung einen starken Anteil trägt, verknüpft z. B. in ihrer speziellen Konstruktion das, was uns in Bezug auf Schule wichtig ist: Vereinbarungen mit den jeweiligen Schulministerien erlauben eine Abordnung von LehrerInnen in die lokalen RAAs, die ihrerseits »vor Ort« für entsprechende Netzwerke sorgen.

Das Leitbild der multikulturellen, für Eltern und Wohnumfeld geöffneten Schule steckte von Anfang an in Konzept und Praxis und war damit zugleich Wegbereiter veränderter mentaler Modelle zugunsten eines Selbstverständnisses von Deutschland als Einwanderungsland mit entsprechend zu organisierenden Bildungs- und Sozialaufgaben. Die Regionalen Arbeitsstellen haben ihrerseits zur Verbreitung hierzu wegweisender methodischer Handlungskonzepte beigetragen, sei es in Form von Community Education, interkultureller Bildung und sprachlicher Frühförderung und – nach ihrer Ausweitung auf Ostdeutschland – von Präventions- und Interventionsstrategien gegen Rechtsextremismus, z. B. in Gestalt der Mobilen Beratungsteams, des Trainings von Peer Leaders für Demokratie und interkulturelle Kompetenz oder der Demokratieerziehung im Elementarbereich.

Berufsnot der Jugendlichen als Herausforderung neuer Strategien

Nach dem Ende der Bildungsreformbewegung, die man durchaus als den Gründungshintergrund der Freudenberg Stiftung verstehen kann, differenzieren sich – wie oben angedeutet – die Ansätze weiter aus und isolieren sich z. T. auch in dem, was gemeinhin Modellversuche genannt wird. Erst einige Jahre später setzt der Skandal der lang anhaltenden und sozial ungleich verteilten, aber gesellschaftlich lastenden Berufsnot junger Menschen eine erneute schärfere bildungspolitische Fokussierung auf die Tagesordnung. Auf Initiative der Freudenberg Stiftung trifft sich eine große und pluralistisch zusammengesetzte Gruppe von Expertinnen und Experten und verabschiedet schließlich ein Memorandum6...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2013
Zusatzinfo 14 Abb., 13 Tab.
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Sozialwissenschaften Pädagogik Bildungstheorie
Schlagworte Bildungsarbeit • Bildungspolitik • Kommunen • Landkreis • Landkreise • Pädagogik • Soziale Arbeit
ISBN-10 3-17-023851-5 / 3170238515
ISBN-13 978-3-17-023851-0 / 9783170238510
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