Heldenfabrik (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
464 Seiten
carl’s books (Verlag)
978-3-641-12362-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Heldenfabrik -  Christian Ditfurth
Systemvoraussetzungen
4,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der erste Fall des außergewöhnlichen Hauptkommissars de Bodt
Die Täter hinterlassen nichts außer den Kugeln ihrer Maschinenpistolen in den Leichen ihrer Opfer. Und einem Gedicht über den Tod. Nach dem Mordanschlag auf den Vorstand eines Berliner Chemiekonzerns zieht ein Killer eine Blutspur durch das Land. Hauptkommissar Eugen de Bodt steht vor einem unlösbaren Fall. So scheint es jedenfalls. Verlassen kann er sich nur auf seine Mitarbeiter: Silvia Salinger, die ihn stärker anzieht, als es seiner Ehe guttut. Und Ali Yussuf, der unter der Zappelphilippkrankheit ADHS leidet.

Ditfurths coole Mischung aus Härte und Esprit erzeugt atemlose Spannung.

Christian v. Ditfurth, geboren 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor in Berlin und in der Bretagne. Neben Sachbüchern und Thrillern wie »Der 21. Juli« und »Das Moskau-Spiel« hat er die Krimiserie um den Historiker Josef Maria Stachelmann und die Eugen-de-Bodt-Serie veröffentlicht. »Tanz mit dem Tod« ist der Auftakt einer historischen Krimiserie um den Polizeikommissar Karl Raben, die im Berlin der 1930er Jahre beginnt.

Prolog

Die Nacht begann wie die anderen zuvor. Er blickte auf die Uhr an der Wand. 22 Uhr 12. Jens Hüttmann gähnte. Knapp acht Stunden musste er noch im Glaskasten sitzen. In der riesigen Vorhalle der Berlin-Brandenburgischen Chemie AG an der Spree, zwischen Schilling- und Elsenbrücke in Friedrichshain. Auf die Grundstücke dort hatten sie sich nach der deutschen Vereinigung gestürzt wie die Aasgeier, die Musikkonzerne, Hotelketten, Immobilienhaie. Stahl und Glas. Licht, das sich im Fluss spiegelte. Reste der Mauer. Die Graffiti betonten das Grau des Verfalls.

Das Gebäude war leer. Nur der Vorstand war gekommen, wie jeden zweiten Montag. Die große Runde im Sitzungsraum. Diese Sitzungen fingen um halb acht an mit einem Imbiss und endeten spät in der Nacht, manchmal auch am Morgen.

Hüttmann saß mit gestreckten Beinen auf einem Schreibtischstuhl, einer Spezialanfertigung wegen seiner Bandscheiben. Vor ihm der Tresen aus gebeizter Eiche. Darauf Monitore. Sie zeigten die Bilder der Überwachungskameras. Das Zwielicht draußen verrauschte die Ansicht, aber bessere Kameras gab es nicht zu kaufen, und sie filmten alles, was er sehen musste. Das Pärchen, das auf dem Bürgersteig der Mühlenstraße nach Hause wankte. Das Taxi, das vorbeischoss, als würde es verfolgt. Männer, grölend, Flaschen in der Hand, Eisbären-Berlin-Schals um den Hals.

Er betrachtete das Bild auf dem Tisch. Der einzige persönliche Gegenstand an seinem Arbeitsplatz. Ein Frauenporträt. Sabine. Er spürte die Bitterkeit immer noch, obwohl es neun Jahre her war, dass er sie an einem sonnigen Herbstnachmittag auf dem Alten St.-Jacobi-Friedhof in Neukölln beerdigt hatte. Sie war sanft gewesen. Und melancholisch, seit sie ihren Sohn im Kreißsaal verloren hatte. Dann kam der Krebs. Bald nachdem sie tot war, ging er nachts arbeiten. Erst in einer Spedition in Wilmersdorf. Als die Schlepperei zu hart wurde und der Umgangston ruppiger, fand er den Job als Nachtwächter. Er erinnerte sich gut an das Einstellungsgespräch. »Sie müssen doch gar nicht mehr arbeiten«, hatte der Personalchef der BBC gesagt. Ich halte die Nächte nicht aus, hatte Hüttmann gedacht und von Langeweile geredet. Tagsüber konnte er schlafen, wenn auch nicht gut. Der Tran der Dauermüdigkeit half zu verdrängen.

Ein Lieferwagen rollte zum Haupteingang. ExpressNachtkurier in gelber Schrift auf dunklem Grund. Merkwürdige Schreibweise. Der Wagen bremste zwei Meter vor der Panzerglastür. Ein Mann stieg aus. Hüttmann beobachtete ihn auf dem Monitor, der die Bilder der beiden Kameras vom Eingang zeigte. Split Screen. Eine Kamera filmte ihn schräg von oben, aber das Gesicht erkannte Hüttmann gut. Es war breit, fast rund, mit kleinen Augen. Untersetzt, kräftig. Ein Ferkel, dachte Hüttmann und grinste in sich hinein. Das Ferkel trug einen Blaumann und eine Baseballkappe mit dem Firmennamen. Die andere Kamera saß an der Gebäudeecke und filmte den Mann von rechts. Stumpfe Nase, fliehendes Kinn. Auch der Lieferwagen war genau zu erkennen. Berliner Kennzeichen.

Der Kurierfahrer trug ein schmales Paket in der einen Hand. In der anderen den Strichcodescanner. Er stellte sich vor die Doppelschiebetür und klingelte. Dass das Ferkel auch zu blöd war, den Einwurfschlitz zu finden. Hüttmann drückte den Knopf der Gegensprechanlage. »Werfen Sie die Sendung bitte in den Briefkasten. Der Schlitz ist beleuchtet.«

»Ich brauch eine Unterschrift.« Der Typ hob entschuldigend die Arme.

Hüttmann legte den Türöffnungsschalter um und stand träge auf. Lautlos verschwanden die Türflügel in der Wand. Das Ferkel trug Schnürstiefel. Es legte den Scanner und das Päckchen auf den Tresen und zog eine Pistole. Hüttmann erkannte die Glock 17L. Mit Schalldämpfer. Er hatte die Pistole im Schützenverein Lichtenrade gesehen, wo er früher Kleinkaliber geschossen hatte, bis Sabine krank wurde. Als alles noch gut war.

Hüttmann sah, wie Männer aus dem Transporter stiegen. Vier. Masken über den Gesichtern. Bewaffnet mit Maschinenpistolen. Hüttmann erkannte die Heckler & Koch MP7. Das waren Profis, bewaffnet wie eine Spezialeinheit. Sie betraten den Vorraum und warteten fast provozierend gelassen.

»Schließ die Tür.« Eine ruhige Stimme.

Hüttmann drückte auf den Knopf. Butterweich schwebten die Türflügel zusammen.

»Wo werden die Aufnahmen gespeichert?«

Hüttmann führte den Anführer durch die Tür hinter dem Tresen. Merkwürdig, er spürte keine Angst. Sein Hirn war wie gelähmt. Ein kurzer Flur. Drei Türen, links, rechts, hinten. Er deutete auf die rechte Tür. Ein Wink mit dem Pistolenlauf. Hüttmann betrat den Technikraum. Der Typ trat einen Schritt zurück und zeigte zum Tresen. Ein Komplize löste sich von der Gruppe und kam in den Raum. Er war größer als der Boss und hager. Er zog den Computer nach vorn, dessen Festplatte die Kamerabilder speicherte. Routiniert zog er die Kabel und trug den PC in den Vorraum.

»Wo tagt der Vorstand?«, fragte der Boss in einem Tonfall, der Hüttmann verriet, dass der Mann die Antwort kannte.

»Ganz oben, neunter Stock, Sitzungsraum 908.«

Der Mann nickte und schoss Hüttmann in die Stirn. Blut und Hirn spritzten an die Wand. Hüttmann prallte dagegen und rutschte auf den Boden. Er hinterließ eine rote Spur auf dem Putz. Es ploppte noch einmal, als der Mann dem Nachtwächter ins Herz schoss.

Der Boss verließ den Technikraum und schloss die Tür. Zurück in der Vorhalle, zeigte er mit der Pistole zum Aufzug.

Wilhelm Wittstock schaute in die Runde. Fünf Männer, eine Frau. Er kannte sie alle seit Jahren. Es waren gute Leute. Jeder hatte seine Stärken. Und mancher offensichtliche Schwächen. Aber nicht so ausgeprägt, dass sie sich im Team nicht ausgleichen ließen. Der Vertriebschef Norbert Müller etwa brauste gern auf. Dazu passte es, dass er aussah wie ein Proll, schwitzig, auch wenn er nicht schwitzte. Den Schlips locker, das Jackett über der Stuhllehne, die Manschetten hochgekrempelt. Umso mehr hatte sich Wittstock gewundert, als er einmal bei Müllers zum Essen eingeladen war. Da war der Vertriebschef die Sanftheit in Person gewesen. Er lebte mit seiner Frau und den beiden Kindern in einem modern-puristisch eingerichteten Bungalow. Sie gab den Ton an, erzog den Sohn und die Tochter fast im Alleingang. Sie war stark und klug.

Wolfgang Böttcher sagte selten etwas auf Sitzungen, geschweige denn, dass er sich erregte. Aber niemand konnte Politiker und Ministerialbeamte geschickter umgarnen als er. Er fand die richtigen Worte. Er gehörte nicht zu diesen Plumppropagandisten. Er bestach durch seinen Witz, dem man ihm nicht ansah und der seine Gesprächspartner umso mehr überwältigte. Über sein Privatleben wusste Wittstock wenig, nur dass Böttcher allein mit ein paar tausend Büchern am Wannsee wohnte.

Julian Ahlfeld war meistens schlecht gelaunt, oder er tat so. Die Chemiker und Pharmazeuten in der Produktion zitterten nicht vor ihm, aber sie hatten einen Heidenrespekt vor seinem Fachwissen. Er war nicht nachtragend und setzte sich für seine Leute ein. Wittstock wusste, dass Ahlfeld früher ein ganz Linker gewesen war, aber das war schon ewig her. Vielleicht hatte er damals sein Talent als Organisator entdeckt. Wittstock war noch nie bei ihm zu Hause gewesen. Anbiederung wäre das Letzte gewesen, was er dem Produktionsvorstand hätte vorwerfen können.

Wolf-Dietrich Holter von der Forschung lebte in Scheidung. Von der Frau wusste Wittstock nur, dass sie eine Professur als Literaturwissenschaftlerin in Tübingen hatte. Holter liebte die Kunst und hatte eine kleine Sammlung von Minimalisten zusammengekauft, wie er einmal im Zwiegespräch verriet.

Otto Hübschers Frau und Tochter waren auf dem Berliner Ring gestorben, als ein Lastwagen ihr Auto zerquetschte, weil der Fahrer eingeschlafen war. Seitdem war Hübscher noch blasser. Wittstock gestand sich ein, dass der Finanzchef unersetzlich war, seit er sich nur noch mit seiner Aufgabe beschäftigte. Eine zynische Wahrheit.

Genauso wahr war Wittstocks Schwäche für Helene Schneider. Sie hatte nichts von der Seifigkeit der PR-Leute. Vielmehr beeindruckte sie alle, die mit ihr zu tun hatten, durch ihren Verstand und ihre Schnelligkeit. Sie hasste die üblichen Pressemitteilungsfloskeln und erzog ihre Mitarbeiter, gut zu schreiben. Vor allem aber besaß sie ein Gespür für Stimmungen in den Medien. Wittstock wusste längst, dass Entscheidungen des BBC-Vorstands nur die Hälfte bewirkten, wenn Helene Schneider sie nicht nach außen vertrat. Sie hatte lange gelitten unter ihrer Vorgängerin und wirkte wie befreit, seit Wittstock der Dame erklärt hatte, dass sie zwei Möglichkeiten habe, die BBC zu verlassen. Freiwillig oder unfreiwillig. Helene Schneider lebte mit einem Journalisten zusammen, den sie kaum wegen seines Erfolgs lieben konnte. Wittstock wusste, dass sie ihm Aufträge für Broschüren und Pressetexte zuschob. Er bedauerte nur, dass sie es mit dem Verlierer so lange aushielt. Er hätte vielleicht Frau und Sohn verlassen für sie.

Er warf ihr einen Blick zu. Sie schien es nicht zu merken. Doch manchmal schaute sie ihn ein paar Sekundenbruchteile länger an. Aber Wittstock würde nichts tun, das den Erfolg der Firma beeinträchtigen könnte. Es waren seine Leute. Jeden hatte er gefördert. Jeder verdankte seinen Job, die Anerkennung, den er einbrachte, das gute Gehalt, den Audi 8 auf die eine oder andere Weise Wittstock.

Wittstock konzentrierte sich wieder auf die Beschlussvorlagen. Der BBC-Vorstand bestand aus neun Mitgliedern, aber Köhler war...

Erscheint lt. Verlag 18.8.2014
Reihe/Serie Kommissar de Bodt ermittelt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Berlin • eBooks • Eugen de Bodt • Heimatkrimi • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Mann ohne Makel • Stachelmann • Thriller • Tod in Kreuzberg • Zwei Sekunden
ISBN-10 3-641-12362-3 / 3641123623
ISBN-13 978-3-641-12362-8 / 9783641123628
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
14,99
Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson

von Hallgrímur Helgason

eBook Download (2011)
Tropen (Verlag)
9,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49