Friesische Rache (eBook)

Rieke Bernsteins erster Fall
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
397 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-8387-5939-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Friesische Rache -  Wolf S. Dietrich
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Moin Mord: Nirgendwo wird so spannend gestorben wie im Norden

Sie suchen ihre Opfer unter Borkums Feriengästen. 25 Jahre bleiben ihre Taten ungesühnt. Dann jedoch erscheint eine Frau auf der Nordseeinsel, ein Opfer von damals, um jenen Männern den Tod zu bringen, die ihr Leben zerstört haben. Einen der Täter erwischt sie. Das ruft Kommissarin Rieke Bernstein vom LKA auf den Plan, denn der Tote ist der Bruder eines einflussreichen Politikers. Bald gerät sie selbst in das perfide Katz-und-Maus-Spiel von Opfer und Täter - und damit in höchste Gefahr ...

Prolog


Ihr letzter Tag auf der Insel sollte unvergesslich werden. Romantisch. Mit einem Picknick in den Dünen, auf einer Decke, im Schutz von Strandhafer und Sanddornbüschen. Vor ihnen würde sich die Nordsee ausbreiten, auf deren Wellen sich die Strahlen der untergehenden Sonne in allen Farben brachen. Sie würden Krabben und Wein und die Wärme des aufgeheizten Sandes genießen. Später würden sie näher zusammenrücken, Zärtlichkeiten austauschen und schließlich – ja, wenn es so sein sollte, würden sie miteinander schlafen. Sie war jedenfalls vorbereitet. Lars war ein attraktiver Junge, der sich seit Tagen um sie bemüht, ihr die Insel gezeigt und ihr das Gefühl gegeben hatte, begehrenswert zu sein. Zwar hatte sie einen Freund, doch der war weit weg und ohnehin noch nicht der Richtige für eine dauerhafte Beziehung. Auch deshalb hatte sie den Vorschlag ihrer Eltern angenommen, noch einmal gemeinsam mit ihnen in den Urlaub zu fahren. Schon bei der Ankunft, auf dem Weg von der Fähre zur Inselbahn, war ihr Lars aufgefallen. Ein sportlicher, braun gebrannter großer Junge in ihrem Alter, vielleicht auch ein, zwei Jahre älter, mit dunkelblondem Haar und braunen Augen. Er hatte offenbar den gleichen Weg gehabt, war mit in den Waggon gestiegen, hatte ihr zugelächelt und gewinkt, als sie mit ihren Eltern die Bahn verlassen, die Straße überquert und das Hotel betreten hatte. Zwei Tage später war sie ihm auf der überfüllten Promenade begegnet, er hatte sie angesprochen, sich vorgestellt, sie zu einem Eisbecher eingeladen. Anschließend hatten sie sich verabredet.

Seitdem waren sie ein paar Mal miteinander ausgegangen. Dabei hatte Lars die Stadt gemieden und war mit ihr zum Strand und durch die Dünen gewandert. Anfangs hatten sie sich nur zum Abschied geküsst, später heftig geknutscht. Einmal wäre es beinahe schon so weit gewesen. Die Küsse waren leidenschaftlicher, dringender und fordernder geworden, sie hatte seine und ihre eigene Erregung gespürt, doch dann war er unerwartet hastig aufgebrochen.

Aber nun hatten sie alle Zeit der Welt. Lars hatte eine Flasche Weißwein und eine große Tüte Krabben mitgebracht. Außerdem – darauf hatte sie bestanden – Gläser, ein Tischtuch und Servietten. Sie hatte einen Korb mit geschnittenem Weißbrot, etwas Käse und zwei Portionen Mousse au Chocolat, die sie dem Hotelkoch abgeschwatzt hatte, vorbereitet.

Anfangs war alles so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Auf der Haut spürte sie noch die Hitze des sommerlichen Tages. Der Wind hatte sich gelegt, das Meer war ungewohnt ruhig, seine Wasseroberfläche flach wie sonst nur an südlichen Küsten. Über dem Horizont breitete sich eine dünne Wolkenschicht aus, sie wurde von der Abendsonne in leuchtende Rot-, Orange- und Gelbtöne getaucht, die sich grandios vom Blau des Himmels abhoben. Als sie die Decke ausbreitete, fühlte sich der Sand nicht mehr so warm an, wie sie erwartet hatte, aber das registrierte sie nur am Rande. Noch wärmte die Luft ausreichend, und das leichte Sommerkleid, für das sie sich entschieden hatte, war keineswegs zu dünn. Später würde sie es vielleicht sogar ausziehen. Die Decke war groß genug, um sich zu zweit darin einhüllen zu können.

Lars füllte die Gläser, sie stießen an, und dann zeigte er ihr, wie man die kleinen Garnelen aus der Schale pulte. Der Wein stieg ihr zu Kopf, denn sie trank zu rasch und kam mit dem Essen nur langsam voran, das Fleisch ließ sich nur mühsam herausziehen.

»Was machst du eigentlich«, fragte sie, »wenn du nicht mit Touristinnen über die Insel wanderst und ihnen zeigst, wie man Krabben pult?«

Er zögerte kurz. »Bis vor einiger Zeit bin ich noch zur Schule gegangen. Jetzt studiere ich in Oldenburg.«

»Lehramt?«

»Sport und Mathe.«

»Und was machst du jetzt? Du hast gesagt, du hast wenig Zeit.«

»Ich helfe meinen Eltern im – in der Firma.«

»Bist du auf Borkum geboren?«

»In Emden. Aber ich bin hier aufgewachsen.«

»Beneidenswert.« Sie seufzte. »Das ganze Jahr auf dieser schönen Insel. Das ist ja wie – dauernd Urlaub.«

Er schüttelte den Kopf. »Im Winter kann es ganz schön öde sein. Dann ist hier überhaupt nichts los. Und wenn die Gäste kommen, haben wir alle Hände voll zu tun. Nix Urlaub, nur Arbeit. Von O bis O. Ostern bis Oktober.«

»Was für eine Firma haben deine Eltern?«

»Ein – Bauunternehmen.« Er hatte wieder gezögert, und seine Antwort klang etwas unwillig.

»Entschuldige! Ich frage dich einfach so aus. Aber es interessiert mich schon. Du interessierst mich. Ich frage mich auch, ob du eine Freundin hast. Wenn du hier – oder betrügst du sie?«

Er lachte. »Weder noch. Ich bin zurzeit solo. Aber was ist mit dir? Erzähl doch mal etwas über dich.«

Sie leerte ihr Glas und hielt es ihm hin. Lars schenkte nach. »Also?«

In dem Augenblick wurde ihr klar, dass sie nichts von sich preisgeben wollte. Gerade die Unverbindlichkeit ihres Zusammenseins machte den Reiz aus. Die Fragen hatte sie unbedacht und aus Neugier gestellt, aber genau genommen wollte sie gar nichts Näheres über ihn wissen. Sie nahm noch einen Schluck Wein.

»Vergiss, was ich gefragt habe. Und ich vergesse deine Antworten. Lass uns den Augenblick genießen, so wie er ist. Ohne an das zu denken, was unser Leben sonst bestimmt. Ich fühle mich so herrlich leicht. Ich weiß nichts über dich, du weißt nichts über mich. Niemand weiß, dass wir zusammen sind. Und wir sind niemandem Rechenschaft schuldig. Sie deutete zum Himmel. »Nur die Sterne sehen uns zu. Ist das nicht traumhaft?«

Lars lächelte sie an und nickte. »Du hast vollkommen recht.« Er hob sein Glas. »Auf uns. Ohne Vergangenheit und ohne Zukunft.«

»Bei der Zukunft bin ich nicht ganz sicher. Vielleicht komme ich ja bald wieder auf die Insel.« Sie schob ein paar Krabben in den Mund und schloss genießerisch die Augen. »Schmeckt wirklich lecker. Besonders in Verbindung mit diesem Wein. Aber ich muss aufpassen. Der steigt mir ganz schön zu Kopf. Nachher kann ich – hast du leichtes Spiel mit …«

»Wovon hängt das ab?«, fragte Lars.

»Was?«

»Ob du wiederkommst?«

Sie öffnete die Augen. »Von dir.«

»Wieso von mir?«

Irritiert sah sie ihn an. »Aber wir verstehen uns doch so gut. Und wenn wir nachher auch noch …«

»Dann wird das wohl eher nichts.«

Irritiert sah sie ihn an. »Wie meinst du das?«

»Ich bin zwei.«

Sie lachte. »Was soll das heißen – ich bin zwei? Du bist doch …« Sie brach ab, als sie eine Gestalt entdeckte, die plötzlich hinter ihm auftauchte. Der Junge war etwas kleiner, untersetzt, kräftig. Er trug einen blauen Jogginganzug und war ungefähr in Lars’ Alter. Es war schwer zu schätzen, denn er trug eine Kappe, die sein Haar verbarg und deren Schirm das Gesicht beschattete. »Hallo«, murmelte er und nickte Lars auf eine Art zu, die darauf schließen ließ, dass er ihn kannte.

Sie empfand den späten Besucher als störend und warf Lars einen fragenden Blick zu. Doch bevor sie ihren Unwillen artikulieren konnte, sprang der Ankömmling auf sie zu und stülpte ihr eine Plastiktüte über den Kopf. Gleichzeitig legte sich eine Schlinge um ihren Hals. Sie versuchte aufzustehen, sich gegen den Würgegriff zu wehren, doch ihrem benebelten Kopf gelang es nicht, Arme und Beine zu einer koordinierten Gegenwehr zu bringen. Sekunden später erlahmten ihre Kräfte vollends, und dann wurde es dunkel.

Als sie erwachte, zitterte sie am ganzen Körper. Ihr Kopf schmerzte dumpf, im Unterleib spürte sie ein scharfes Ziehen. Die Zunge klebte pelzig am Gaumen und schmeckte fischig. Sie musste aufstoßen, ein säuerlicher Geschmack kam hinzu.

Sie versuchte sich zu orientieren. Es war Nacht, doch der Mond gab ein wenig Licht. Sie hörte die Wellen rauschen, das Meer musste ganz in der Nähe sein. Über ihr der Himmel war voller Sterne. Unter sich fühlte sie Sand. Um sie herum warfen Dünen weiche Schatten. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Wo war Lars? Wo war die Decke? Die Gläser? Der Korb? Sie hatten Wein getrunken und Krabben gegessen. Und dann? Etwas Unerwartetes, Unheimliches war geschehen, aber warum weigerte sich ihr Gedächtnis, die Erinnerung freizugeben?

Mühsam richtete sie sich auf, tastete nach ihren Schuhen. Ein kühler Windhauch machte ihr bewusst, dass ihr Slip fehlte. Sie fand ihn schließlich am Rand der Mulde, schlüpfte hinein und wunderte sich über klebrige Spuren an den Oberschenkeln. Schließlich fand sie auch die Ballerinas und den Korb. Sie erklomm eine Düne, sah die Lichter der Stadt und machte sich auf den Weg.

Gegen Morgen hatte sie das Hotel erreicht, sich in ihr Zimmer geschlichen und wach gelegen, bis ihre Mutter sie hatte wecken und an die Abfahrtszeit der Fähre erinnern wollen. Stundenlang hatte sie sich zuvor den Kopf zermartert und versucht, die Erinnerung an das heraufzubeschwören, was in den Dünen geschehen war. Ahnungen und Spuren wiesen in eine undenkbare Richtung. Wir sind zwei, hatte Lars gesagt. Nein – ich bin zwei. Was hatte er damit sagen wollen? Und dann war dieser Typ aufgetaucht. Kurz darauf musste sie ohnmächtig geworden sein. Hatten Lars und der Junge mit der Mütze die Situation ausgenutzt? Das wäre – ein dunkles Wort kreiste in ihrem Kopf. Wie eine Drohung. Mit ihren Eltern konnte sie darüber nicht sprechen. Sie würden ihr Vorhaltungen machen, die Polizei rufen, sie zu einem Arzt schleppen. Sie musste versuchen, den Abend und die Nacht zu vergessen. Folgen würde das Ergebnis nicht haben, sie hatte vorgesorgt, weil sie damit gerechnet hatte, dass sie mit Lars – war es ein Fehler gewesen, sich mit ihm einzulassen? Aber er war all die Tage...

Erscheint lt. Verlag 12.2.2015
Reihe/Serie Kommissarin Bernstein
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Dedektiv • Detektiv • Deutsche Krimis • Ermittler • Komissar • Kommisar • Kommissar • Krimi • Krimi Bestseller • Kriminalroman • Krimis • Krimis; 20. - 21. Jahrhundert; Regional; Serienkrimi (Serienermittler) • Mord • Mörder • Polizei • Polizist • regional • Serienkrimi (Serienermittler) • Spannung • Spannungsroman • Tatort • Thriller • Verbrechen
ISBN-10 3-8387-5939-7 / 3838759397
ISBN-13 978-3-8387-5939-5 / 9783838759395
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Ohne DRM)

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99