Unsterblich - Tor der Nacht (eBook)

Band 2 - Roman

(Autor)

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2014 | 1. Auflage
544 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-12271-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Unsterblich - Tor der Nacht -  Julie Kagawa
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Im Herzen der Dunkelheit bist du auf dich allein gestellt
In einer Welt, in der die Menschen von den Vampiren wie Sklaven gehalten werden, hat die siebzehnjährige Allison die einzig richtige Entscheidung getroffen: Sie hat die Unsterblichkeit gewählt und genießt nun die Vorzüge eines sorgenfreien Lebens unter den Vampiren. Doch ihre Vergangenheit lässt sie nicht los, und als Allie an den Ort zurückkehrt, der einst ihre Heimat war, macht sie eine furchtbare Entdeckung: Die Rote Schwindsucht, die den Menschen vor Allies Geburt zum Verhängnis wurde, ist zurückgekehrt. Und diesmal sind auch die Vampire gefährdet, sich anzustecken. Nur einer kann vielleicht Abhilfe schaffen: Kanin, Allies »Schöpfer«. Unter den Vampiren gilt er jedoch als abtrünnig, und niemand weiß, wo er sich aufh ält. Wird es Allie rechtzeitiggelingen, ihn zu finden?

Schon in ihrer Kindheit galt Julie Kagawas große Leidenschaft dem Schreiben. Nach Stationen als Buchhändlerin und Hundetrainerin machte sie ihr Interesse zum Beruf. Mit ihren Fantasy-Serien »Plötzlich Fee« und »Plötzlich Prinz« wurde sie rasch zur internationalen Bestsellerautorin. In ihrer neuesten Erfolgsserie »Plötzlich Rebell« erzählt sie von einer magischen Liebe, die nicht sein darf. Julie Kagawa lebt mit ihrem Mann in Louisville, Kentucky.

 

1

Sobald ich den Raum betrat, roch ich das Blut.

Mit mir fegte ein kalter Windstoß herein und ließ Schneeflocken um meinen schwarzen Mantel tanzen, die sich auf meinen Haaren und meiner Kleidung niederließen, während ich die Tür wieder zuschob. Drinnen war es eng und schmutzig, einige morsche Tische standen herum, und in den Ecken waren alte Metallfässer aufgestellt worden, aus denen dicker Qualm bis zur Decke aufstieg, wo er dichte Wolken bildete. Dort drehte sich träge ein uralter Ventilator, dessen Blätter entweder kaputt waren oder ganz fehlten, sodass er kaum dazu beitrug, die stickige Luft zu erfrischen.

Als ich durch die Tür trat, richteten sich sämtliche Blicke auf mich und ließen mich nicht mehr los. Harte, gefährliche, zerstörte Gesichter beobachteten aufmerksam, wie ich mir einen Weg zwischen den Tischen hindurch suchte; sie waren wie wilde Hunde, die Blut wittern. Ohne mein Publikum zu beachten, ging ich gelassen über die ächzenden Holzbohlen. Bei jedem Schritt spürte ich alte Nägel und Glasscherben unter meinen Sohlen. Ich musste nicht extra atmen, um zu wissen, dass die Luft nach Schweiß, Alkohol und menschlichen Ausdünstungen stank.

Und Blut. Sein Geruch hing in den Wänden und im Boden, es durchtränkte die modrigen Tische und klebte in dunklen Flecken auf den Holzdielen. Heiß und berauschend floss es durch die Adern jedes Einzelnen hier. Ich hörte, wie sich bei einigen der Herzschlag beschleunigte, während ich Richtung Bar ging, spürte, wie sich Lust und Gier in ihnen regten, aber auch leise Angst, ein leichtes Unbehagen. Zumindest ein paar von ihnen waren also noch nüchtern genug, um die Wahrheit zu erkennen.

Hinter dem Tresen stand ein angegrauter Riese, über dessen Kehle sich ein dickes Geflecht aus Narbengewebe zog. Es erstreckte sich vom Hals bis zum linken Mundwinkel, der dadurch in einer verzerrten Grimasse erstarrt war. Mit ausdrucksloser Miene beobachtete er, wie ich mich auf einem der schmutzigen Barhocker niederließ und mich mit beiden Armen auf den ziemlich ramponierten Tresen stützte. Kurz huschte sein Blick zu dem Schwertgriff, der hinter meinem Rücken aufragte, und eines seiner Lider zuckte.

»Tut mir leid, aber die Art von Drink, nach der Sie suchen, führen wir nicht«, sagte er leise und ließ die Hände unter die Bar gleiten. Mir war klar, dass sie nicht leer sein würden, wenn er sie wieder hervorzog. Wahrscheinlich ein Gewehr, überlegte ich. Oder vielleicht ein Baseballschläger. »Zumindest nicht frisch gezapft.«

Ohne aufzublicken, lächelte ich. »Sie wissen also, was ich bin.«

»War ja nicht schwer zu erraten. Wenn ein hübsches Mädchen sich an solche Orte wagt, hat es entweder Todessehnsucht oder ist bereits tot.« Er schnaubte abfällig und ließ den Blick über seine Gäste schweifen. Selbst jetzt spürte ich noch ihre verstohlenen Blicke im Rücken. »Ich weiß, was Sie vorhaben, und ich werde Sie nicht daran hindern. Diese Idioten wird niemand vermissen. Nehmen Sie sich, was Sie brauchen, aber demolieren Sie dabei nicht meine Bar, verstanden?«

»Eigentlich bin ich auf der Suche nach jemandem«, erklärte ich schnell, da ich wusste, dass mir nicht viel Zeit blieb. Die Hunde hinter mir regten sich bereits. »Einer wie ich, kahlköpfig, groß, total vernarbtes Gesicht.« Erst jetzt sah ich auf und begegnete seinem reglosen Blick. »Ist hier so jemand aufgetaucht?«

An seinem Unterkiefer zuckte ein Muskel. Der Puls unter dem schmierigen Hemd beschleunigte sich, und auf seiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Eine Sekunde lang schien er versucht zu sein, das Gewehr oder was auch immer er unter dem Tresen versteckte hervorzuziehen. Ich setzte eine bewusst neutrale und möglichst harmlose Miene auf und behielt beide Hände auf der Bar.

»Sie haben ihn also gesehen«, half ich ihm vorsichtig auf die Sprünge. Der Mann schüttelte sich kurz, dann starrte er mich ausdruckslos an.

»Nein.« Die Antwort schien er sich mühsam abringen zu müssen. »Ich habe ihn nicht gesehen. Aber …« Mit einem schnellen Blick zu den Männern hinter mir schien er abschätzen zu wollen, wie viel Zeit wir noch hatten. Dann schüttelte er den Kopf. »Vor ungefähr einem Monat ist hier ein Fremder durchgekommen. Niemand hat gesehen, wie er kam, niemand hat gesehen, wie er ging. Aber wir haben entdeckt, was er zurückgelassen hat.«

»Zurückgelassen?«

»Rickson und seine Jungs. In ihrem eigenen Haus. Überall verteilt. Sie haben gesagt, es wären so viele Leichenteile gewesen, dass sie nicht einmal alle gefunden haben.«

Unwillkürlich biss ich mir auf die Lippe. »Hat jemand gesehen, wer das getan hat?«

»Ricksons Frau. Sie hat überlebt. Zumindest, bis sie sich drei Tage später das Hirn weggeblasen hat. Aber sie meinte, der Killer sei groß gewesen, ein bleicher Mann mit einer vernarbten Teufelsfratze.«

»War jemand bei ihm?«

Stirnrunzelnd schüttelte der Barkeeper den Kopf. »Nein, laut ihrer Aussage war er allein. Aber er hatte einen großen Sack dabei, sah wohl aus wie ein Leichensack. Mehr haben wir auch nicht aus ihr rausbekommen. Sie hat sich nicht besonders klar ausgedrückt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

Nickend lehnte ich mich zurück, obwohl mir bei dem Wort Leichensack ganz anders geworden war. Wenigstens komme ich immer näher. »Danke«, murmelte ich und rutschte vom Barhocker. »Ich gehe dann mal.«

Da spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.

»Oh nein, du gehst bestimmt noch nicht, Kleines«, hauchte jemand. Heißer, stinkender Atem streifte mein Ohr. Dicke Finger schlossen sich um mein Handgelenk, so fest, dass ich blaue Flecken bekommen hätte, wenn das noch möglich gewesen wäre. »Verdammt kalt da draußen. Komm rüber und wärme uns ein bisschen.«

Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Na endlich. Hast ja ziemlich lange gebraucht.

Mein Blick wanderte zum Barkeeper. Der sah mich kurz an, dann wandte er sich demonstrativ ab und ging Richtung Hinterzimmer. Dem Mann neben mir schien das nicht aufzufallen, er ließ den Arm über meinen Rücken gleiten, packte mich an der Taille und wollte mich mit sich fortziehen. Als ich mich nicht rührte, runzelte er irritiert die Stirn, doch er war zu betrunken, um zu begreifen, was gerade passierte.

Ich wartete ab, bis der Barkeeper verschwunden und die Schwingtür hinter ihm zugefallen war, dann drehte ich mich zu dem Kerl um.

Der zog mich quasi mit den Augen aus, während der Alkoholgestank in wahren Wolken von ihm aufstieg. »Ganz recht, Kleines. Das kannst du alles haben.« Hinter ihm erhoben sich noch weitere Gäste von ihren Stühlen. Entweder wollten sie den Spaß nicht verpassen, oder sie waren der Meinung, dass sie mich gemeinsam schon überwältigen könnten. Die restlichen Männer verschanzten sich angespannt und wachsam hinter ihren Gläsern. Sie stanken nach Angst.

»Komm schon, du kleines Flittchen«, grunzte der Kerl neben mir. In seinem brutalen Gesicht spiegelte sich die Gier. »Los geht’s. Ich kann die ganze Nacht.«

Ich grinste breit. »Tatsächlich?«, erwiderte ich leise.

Dann stürzte ich mich brüllend auf ihn und schlug ihm meine Fangzähne in den Hals.

Als der Barkeeper zurückkam, war ich schon weg. Er würde die Körper derjenigen, die dumm genug zum Bleiben und Kämpfen gewesen waren, dort vorfinden, wo sie zu Boden gegangen waren – einige zerfetzt, aber die meisten noch lebendig. Ich hatte bekommen, was ich gesucht hatte. Der Hunger war gestillt, und es war besser, dass es hier in diesem Außenposten voll Krimineller passiert war als irgendwo anders. Besser solche Typen als eine unschuldige Familie oder irgendein altes Ehepaar, das sich in einer einsamen, verfallenen Hütte gegenseitig Wärme spendete. Ja, ich war ein Monster, das tötete und darauf aus war, Menschen das Leben zu nehmen. Dieser Tatsache konnte ich mich nicht entziehen, aber wenigstens konnte ich mir aussuchen, wessen Leben ich beendete.

Draußen schneite es inzwischen wieder. Die dicken Flocken hängten sich an meine Wimpern und Wangen und verfingen sich in meinen glatten schwarzen Haaren, doch ich spürte sie nicht. Jemandem, der bereits tot war, konnte die eisige Kälte nichts anhaben.

Ich schüttelte kurz mein Katana-Schwert, sodass sich auf dem Boden eine blutrote Linie ausbreitete. Anschließend schob ich die Waffe in die Scheide auf meinem Rücken und setzte mich in Bewegung. Meine Stiefel knirschten in dem gefrorenen Schlamm. Aus den Hütten aus Holz und Well­blech ringsum kam kein Laut, lediglich dunkler Rauch drang aus den Fenstern und den improvisierten Schornsteinen. Nachts war niemand draußen unterwegs: Die Menschen blieben alle in ihren Behausungen, drängten sich um ihre Stahlfässer und Flaschen und hielten die Kälte mit Feuer und Alkohol auf Abstand. So würde auch niemand den einsamen Teenager in dem langen schwarzen Mantel bemerken, der zwischen ihren Hütten herumschlich. Genau wie der andere Besucher war ich gekommen, hatte mir genommen, was ich brauchte, und verschwand nun wieder in der Dunkelheit. Und hinterließ ein Gemetzel.

Knapp hundert Meter weiter ragte eine dunkle Mauer aus rostigen Stahlplatten und Stacheldraht auf – eine un­ebene Konstruktion mit Lücken und Löchern, die immer wieder ausgebessert und dann irgendwann vergessen worden war. Eine schwächliche Barriere, um die Monster fernzuhalten, die jenseits der Mauer lauerten. Wenn das hier so weiterging, würde dieser kleine Außenposten über kurz oder lang von der Erdoberfläche verschwinden.

Nicht mein Problem.

Ich sprang auf das Dach...

Erscheint lt. Verlag 12.5.2014
Reihe/Serie Unsterblich
Übersetzer Charlotte Lungstrass-Kapfer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Eternity Cure - Blood Of Eden, Book 2
Themenwelt Literatur
Kinder- / Jugendbuch Kinderbücher bis 11 Jahre
Schlagworte ab 14 • Abenteuer • Dystopie • Dystopie, Abenteuer, starke Kämpferin • eBooks • Jugendbuch • starke Kämpferin • Young Adult
ISBN-10 3-641-12271-6 / 3641122716
ISBN-13 978-3-641-12271-3 / 9783641122713
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