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Eine Art Held (eBook)

Ein Smiley-Roman
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
603 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-0846-3 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
11,99 inkl. MwSt
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Alle Romane von John le Carré jetzt als E-Book! - Nach der Enttarnung eines Maulwurfs, eines sowjetischen Agenten im Londoner Geheimdienst, hat George Smiley die Leitung des Circus übernommen. Er soll die Abteilung zu alter Schlagkraft zurückführen. Dazu muss er »Karla« finden, den sowjetischen Einsatzleiter, der den Vernichtungsfeldzug gegen den Circus befehligt. Die entscheidende Spur führt nach Indochina; Smiley schickt seinen Agenten Jerry Westerby, als Journalisten getarnt, nach Hongkong, wo dieser auf Geheimkonten stößt - offenbar soll »Karla« für Moskau Informationen von gewaltigem Wert kaufen. Doch die Russen sind nicht Smileys einziger Gegner. »Geben Sie acht, Sie lesen einen historischen Roman ... «, schreibt John le Carré im Vorwort zur Neuausgabe dieses Buches. Doch auch wenn der Kalte Krieg längst vorbei ist - dieser Klassiker des Spionageromans ist fesselnd wie eh und je. Große TV-Doku 'Der Taubentunnel' ab 20. Oktober 2023 auf Apple TV+

John le Carré wurde 1931 in Poole, Dorset geboren. Nach einer kurzen Zeit als Lehrkraft in Eton schloss er sich dem britischen Geheimdienst an. 1963 veröffentlichte er Der Spion, der aus der Kälte kam. Der Roman wurde ein Welterfolg und legte den Grundstein für sein Leben als Schriftsteller. Die Veröffentlichung von Tinker, Tailor, Soldier, Spy markiert den nächsten Höhepunkt seiner Karriere. Seine Figur des Gentleman-Spions George Smiley ist legendär. Nach Ende des Kalten Krieges schrieb John le Carré über große internationale Themen wie Waffenhandel, die Machenschaften der Pharmaindustrie und den Kampf gegen den Terror. Der in Deutschland hochgeschätzte Autor wurde mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet. John le Carré verstarb am 12. Dezember 2020. johnlecarre.com

John le Carré, 1931 geboren, studierte in Bern und Oxford. Er war Lehrer in Eton und arbeitete während des Kalten Kriegs kurze Zeit für den britischen Geheimdienst. Seit nunmehr fünfzig Jahren ist das Schreiben sein Beruf. Er lebt in London und Cornwall.

1 Wie der Circus die Stadt verließ

Noch lang danach stritten sich Londons Geheimdienstler in ihren staubigen Stammkneipen um die Frage, wann denn genau der Beginn des Unternehmens Delphin anzusetzen sei. Die eine Partei, angeführt von einem dicklichen Burschen aus der Abteilung Abhörprotokollierung, ging so weit, zu behaupten, der Stichtag sei vor sechzig Jahren gewesen, als »dieser Erzlump Bill Haydon« unter einem verräterischen Stern das Licht der Welt erblickt hatte. Allein schon der Name Haydon jagte ihnen Schauder über den Rücken und tut es noch heute. Denn eben jener Haydon war noch während seiner Zeit in Oxford von dem Russen Karla als »Maulwurf« oder »Schläfer«, das heißt als Tiefenagent angeworben worden, um gegen sie zu arbeiten. Und hatte sich unter Karlas Weisung in ihre Mannschaft eingereiht und sie dreißig Jahre oder noch länger ausspioniert. Und seine endliche Entdeckung hatte die britische Mannschaft – so lautet die Lesart – in eine fatale Abhängigkeit vom amerikanischen Schwesterunternehmen gebracht, von den »Vettern«, wie es in ihrem Privatjargon hieß. Die Vettern modelten das Spiel völlig um, sagte der Dicke: im gleichen Ton, als bedauerte er die Entwicklung des Leistungssports zum Massensport. Und haben es dabei völlig verdorben, sagten seine Sekundanten.

Für weniger umschweifige Geister begann die Geschichte mit Haydons Entlarvung durch George Smiley und mit Smileys darauffolgender Ernennung zum amtierenden Chef der verratenen Dienststelle, so geschehen Ende November 1973. Nachdem George einmal Karlas Witterung aufgenommen hatte, so sagten sie, war er nicht mehr zu halten. Alles übrige sei nur die zwangsläufige Folge gewesen, sagten sie. Armer alter George: aber was für ein Kopf auf den schwachen Schultern!

Ein gelehrtes Haus, Ermittler seines Zeichens, im Jargon »Wühlmaus« genannt, wollte in seinem Suff sogar den 26. Januar 1841 ansetzen, den Tag, an dem ein gewisser Captain Elliot von der Royal Navy seine Mannschaft auf einen umnebelten Felsen Namens Hongkong an der Mündung des Perlflusses an Land setzte und den Ort wenige Tage später zur britischen Kolonie erklärte. Mit Elliots Landung, so das gelehrte Haus, wurde Hongkong zum Hauptquartier des britischen Opiumhandels mit China und in der Folge zu einer der wirtschaftlichen Säulen des Empire. Hätten die Briten nicht den Opiummarkt erfunden, sagte er – nicht unbedingt im Ernst –, dann hätte es auch keinen Fall, kein Unternehmen, kein Ergebnis und folglich auch keine Wiedergeburt des Circus nach Bill Haydons verheerendem Verrat gegeben.

Für die harten Burschen hingegen – die gelernten Außenagenten, die Instruktoren und die Einsatzleiter, die immer ihren eigenen Kommentar brummten – war das Ganze eine reine Verfahrensfrage. Sie erinnerten daran, wie zielsicher Smiley Karlas Zahlmeister in Vientiane aufgestöbert hatte, wie Smiley mit den Eltern des Mädchens umzugehen verstand und wie er mit den Whitehall-Baronen verfuhr, die den Daumen auf der Kasse hielten und in der Geheimwelt das Sagen und das Fragen hatten. Vor allem aber, wie er zu jenem grandiosen Zeitpunkt die ganze Operation um hundertachtzig Grad herumschwenkte. Für diese Profis war Unternehmen Delphin ein Triumph der Technik. Nichts weiter. Sie betrachteten die Muß-Ehe mit den Vettern lediglich als einen weiteren schlauen Trick in einem langen und heiklen Pokerspiel. Und was das Endresultat betraf : nebbich. Der König ist tot, lang lebe der nächste.

Die Debatte wird fortgeführt, wo immer alte Kameraden beieinandersitzen, der Name Jerry Westerby fällt dabei jedoch aus verständlichen Gründen nur selten. Gewiß, gelegentlich passiert es dennoch, irgendwer holt ihn aus der Versenkung hervor, aus Großsprecherei, aus Gefühlsduselei oder einfach aus Unbesonnenheit, und dann kommt Spannung auf: aber das geht vorbei. Erst unlängst hat ihn zum Beispiel ein junger Grünschnabel, frisch aus dem neueröffneten Trainingslager des Circus in Sarratt – im Jargon die »Nursery« genannt –, in der Kneipe der Unterdreißiger herausposaunt. Eine entschärfte Version von Unternehmen Delphin war vor einiger Zeit in Sarratt als Material für Roundtable-Diskussionen eingeführt worden, Teile davon hatte man sogar durchgespielt, und der arme, noch so recht grüne Junge schnappte fast über vor Aufregung, als er entdeckte, daß er im Bilde war: »Mein Gott«, entrüstete er sich im Schutze jener Narrenfreiheit, wie sie manchmal junge Marineleutnants in der Offiziersmesse genießen, »mein Gott, warum will denn niemand Westerbys Rolle in dieser Sache würdigen ? Wenn hier einer das Risiko zu tragen hatte, dann war’s Jerry Westerby. Er war die Speerspitze gewesen. Oder etwa nicht? Ehrlich?« Nur daß er natürlich nicht den Namen »Westerby« aussprach, auch nicht den Namen »Jerry«, allein schon deshalb nicht, weil er sie nicht kannte; er bediente sich des Decknamens, der Jerry für die Dauer seines Einsatzes zugeteilt worden war.

Peter Guillam griff rettend ein. Guillam ist groß und drahtig und elegant, und Novizen, die auf ihren ersten Einsatz warten, blicken gern zu ihm auf, wie zu einer griechischen Gottheit.

»Westerby war der Stecken, der das Feuer schürte«, erklärte er brüsk und beendete damit das Schweigen. »Jeder Außenmann hätte es genausogut getan, mancher sogar verdammt viel besser.« Als der Junge noch immer nicht kapierte, stand der sehr blaß gewordene Guillam auf, ging zu ihm hinüber und schnauzte ihm ins Ohr, er solle sich noch einen Drink holen, wenn er ihn vertragen könne, und danach ein paar Tage oder besser ein paar Wochen lang die Klappe halten. Worauf das Gespräch sich wiederum dem lieben alten George Smiley zuwandte, dem gewiß letzten der wahrhaft Großen, und was er wohl jetzt, da er wieder in den Ruhestand zurückgekehrt war, mit sich anfangen mochte? Er hatte so viele Leben gelebt; so vieles am stillen Herd zu überdenken, meinten sie einhellig.

»George hat fünfmal soviel geleistet wie wir«, erklärte jemand ritterlich – eine Frau.

Zehnmal, fanden sie alle. Zwanzigmal ! Fünfzigmal! Über diesem massiven Lob geriet Westerbys Schatten in gnädige Vergessenheit. Und in gewissem Sinn auch George Smileys Schatten. Schließlich hatte George ein erfülltes Leben gehabt, sagten sie. Was konnte man in seinem Alter noch erwarten?

Vielleicht ist es realistischer, als Ausgangspunkt einen Sonnabend in der Mitte des Jahres 1974 anzunehmen, als ein Taifun über Hongkong hinwegfegte und die Stadt gegen drei Uhr nachmittags wie ausgestorben dalag und auf den nächsten Sturmangriff wartete. In der Bar des Auslandskorrespondenten-Clubs lungerten eine Handvoll Journalisten, in der Mehrzahl aus ehemaligen britischen Kolonien – Australien, Kanada, Amerika –, herum, alberten und tranken in einer Art aggressiver Untätigkeit: eine Truppe ohne Hauptdarsteller. Dreizehn Stockwerke unter ihnen schoben sich die alten Straßenbahnen und Doppeldeckerbusse durch die schmutzigbraunen Ausdünstungen der Häuser und den Ruß der Fabriken von Kaulun. Die winzigen Teiche vor den hochaufragenden Hotels wurden vom langsamen, penetranten Regen punktiert. Und in »Herren«, von wo aus man den schönsten Blick über den Hafen hatte, tauchte der junge Kalifornier Luke das Gesicht ins Becken und wusch sich das Blut vom Mund.

Luke war ein eigenwilliger, hochaufgeschossener Tennisspieler, ein Greis von siebenundzwanzig Jahren, der bis zum Abzug der Amerikaner das beste Pferd im Saigoner Stall der Kriegsberichterstatter seiner Zeitschrift gewesen war. Wer ihn als Tennisspieler kannte, konnte sich kaum vorstellen, daß er auch noch etwas anderes tat, und wäre es nur trinken. Man sah ihn am Netz, wie er unbeirrbar alles, was da kommen mochte, zum Teufel schmetterte; oder zwischen Doppelfehlern Asse servierte. Während er saugte und spuckte, war sein Denken durch Alkohol und eine gelinde Gehirnerschütterung in mehrere luzide Teile gespalten. Der eine Teil beschäftigte sich mit einer Barmaid in Wanchai namens Ella, der zuliebe er dem neuseeländischen Polizisten einen Kinnhaken versetzt und die unvermeidlichen Folgen erlitten hatte: mit einem Minimum an Kraftaufwand hatte ihn Superintendent Rockhurst, alias der Rocker, der sich jetzt in einer Ecke der Bar von seinem Tun ausruhte, auf die Bretter geschickt und ihm einen herzhaften Tritt in die Rippen verpaßt. Ein weiterer Teil von Lukes Denken beschäftigte sich mit einem Ausspruch seines chinesischen Hauswirts, der sich an diesem Morgen wegen des Grammophonlärms bei ihm beschwert hatte und auf ein Bierchen geblieben war.

Irgendein Knüller, soviel stand fest, aber was für einer?

Er erbrach sich nochmals, dann linste er aus dem Fenster. Die Dschunken waren hinter den Schutzmauern vertäut, und die Star Ferry hatte den Betrieb eingestellt. Eine altgediente britische Fregatte dümpelte vor Anker, und im Club ging das Gerücht, Whitehall wolle sie verkaufen.

»Sollte in See stechen«, brabbelte Luke wirr, denn er entsann sich einigen Seemannsgarns, das er auf seinen Reisen aufgeschnappt hatte. »Fregatten stechen auch bei Taifun in See. Yes Sir.«

Die Hügel waren schiefergrau unter den schwarzen Wolkenschichten. Vor einem halben Jahr hätte Luke bei diesem Anblick vor Wonne geschnurrt. Den Hafen, das Getöse, sogar die Hochhausschuppen, die vom Strand bis zum Peak, zur Hügelspitze, hinaufklommen: nach Saigon hatte er die ganze Szenerie jubelnd begrüßt. Aber heute sah er nur noch einen satten, reichen, britischen Felsen in den Händen einiger feister Krämer, die nicht über die eigenen Wänste hinaussahen. Die Kolonie war daher für ihn genau das geworden, was sie für die übrigen...

Erscheint lt. Verlag 27.12.2013
Reihe/Serie Ein George-Smiley-Roman
Ein Smiley-Roman
Übersetzer Rolf Soellner, Hedda Soellner
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agent • Antiheld • Britisch • Der Nachtmanager • die Libelle • England • Federball • Geheimdienst • Großbritannien • Krimi • London • MI5 • MI6 • Smiley • Spion • Spionage • Spionageroman • Spionagethriller • Taubentunnel • Verrat
ISBN-10 3-8437-0846-0 / 3843708460
ISBN-13 978-3-8437-0846-3 / 9783843708463
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