Tod bei Kilometer 512 (eBook)

Rheingau Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
240 Seiten
Emons Verlag
978-3-86358-342-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod bei Kilometer 512 -  Roland Stark
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Ein ehemaliger Polizist, zuletzt Hotelier in Eltville, treibt vor Rüdesheim erschlagen im Fluss. Wurde er Opfer eines Bauskandals? Wollte ihn seine Familie loswerden? Kann ein Tagebuch Licht in das Dunkel bringen? Eine junge Frau und ein Privatdetektiv machen sich auf die Suche nach der Wahrheit. Als eine weitere Leiche aus dem Rhein geborgen wird, gerät Robert Mayfeld, Kriminalkommissar und Nebenerwerbswinzer, in höchste Gefahr und muss seine Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit revidieren.

Roland Stark, geboren 1956, ist Arzt und Psychotherapeut. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt im Rheingau.

Roland Stark, geboren 1956, ist Arzt und Psychotherapeut. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt im Rheingau.

30. Juni 2003, vormittags

»Bei der Leiche, die gestern gegen siebzehn Uhr zwischen Lorch und Kaub aus dem Rhein geborgen wurde, handelt es sich um den achtundfünfzigjährigen Hotelier Kurt Mostmann aus Eltville. Wir konnten den Toten deswegen so schnell identifizieren, weil ihn ein Beamter der Wasserschutzpolizei erkannte. Kurt Mostmann war Kriminalkommissar in Wiesbaden, bevor er Ende der siebziger Jahre aus dem Dienst ausschied und ein Hotel eröffnete.«

Kriminalkommissarin Heike Winkler strich sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. Ihre Augen waren dunkel umschattet, ansonsten wirkte ihr Gesicht wach und konzentriert.

»Scheiße!«, zischte Paul Burkhard. Die muskulösen Schultern des Kriminaloberkommissars spannten sich unter dem T-Shirt, und er beugte sich nach vorn. »Schon wieder ein Polizistenmord.«

Im Besprechungszimmer des Kommissariats 10 herrschte für einen Moment völliges Schweigen. Vor drei Monaten war ein Streifenpolizist von einem Dealer niedergeschossen worden. Seither befand sich das Wiesbadener Polizeipräsidium in einer Art Ausnahmezustand. Der Ventilator an der Decke des Besprechungszimmers hechelte nach Luft. Ein Streichholz zischte auf: Hauptkommissar Robert Mayfeld zündete sich ein Zigarillo an, sein Blick wanderte durch den Raum. Ein Resopaltisch, zehn Stühle und zehn Polizisten. Die Wände kahl und leer. Ein einsames Plakat forderte: »Keine Macht den Drogen«. Mayfeld spitzte die Lippen und ließ mehrere kunstvoll geformte Rauchringe zur Decke steigen, wo sie der Ventilator gierig verschlang.

Heike Winkler fuhr fort. »Bei der ersten Untersuchung der Leiche hat der Arzt Tod durch Ertrinken ausgeschlossen. Die Leiche wies am Hinterkopf Verletzungen auf, die von einem heftigen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand herrühren könnten. Der Tod trat ein, bevor die Leiche ins Wasser geworfen wurde. Sie hat mindestens sechsunddreißig Stunden im Wasser getrieben. Man hat den Toten in die Leichenhalle am Südfriedhof gebracht.« Jetzt erst löste die junge Polizistin ihren Blick von dem Papier vor sich und sah in die Runde ihrer Kollegen. »Wir wurden gegen achtzehn Uhr informiert. Ich bin zu seiner Ehefrau nach Eltville hinausgefahren, sie hat den Toten noch gestern Abend identifiziert. Kurt Mostmann wurde zuletzt am Freitag gegen zwanzig Uhr dreißig in Rauenthal lebend gesehen, auf der Geburtstagsfeier seiner Mutter.«

»Robert, du übernimmst die Ermittlungen«, ergriff Kriminalrat Oskar Brandt das Wort. Er war am Morgen zum Dienst erschienen, obwohl er schon im Urlaub sein sollte. »Wir bilden eine Sonderkommission. Zur SOKO gehören neben dir Winkler, Burkhard und Meyer. Ich leite das in die Wege. Und dann hoffe ich, dass ich meinen Urlaub doch noch antreten kann.«

»Mach bloß, dass du wegkommst!« Robert Mayfeld lachte. Wegen seines jungenhaften Gesichts glaubte ihm kaum jemand sein Alter von vierzig Jahren, und an diesem Eindruck konnten auch die grauen Stoppeln in seinem Dreitagebart nichts ändern. Seit heute war der Hauptkommissar Leiter der Abteilung für Tötungsdelikte. Und nun gleich zum Anfang ein Mord an einem ehemaligen Polizisten! Es hätte ein leichterer Start sein können.

Brandt stand auf und verließ das Besprechungszimmer. Er versprach, später noch einmal bei Mayfeld vorbeizuschauen. Die Kriminalbeamten, die nicht zu der neuen SOKO gehörten, folgten ihm.

Mayfeld betrachtete seine unmittelbaren Mitarbeiter für die nächste Zeit: Burkhard, ein athletischer Typ in Lederjacke, durchtrainiert und stets braun gebrannt, war der beste Schütze im Polizeisportverein. Mayfeld schätzte seine Loyalität, Burkhard würde nie einen Kollegen hängen lassen. Aber seit ihn seine Frau vor einigen Monaten verlassen hatte, schien er ständig wie unter Strom zu stehen, war gereizt und verrannte sich schnell in etwas. Hartmut Meyer hatte allein sein Dienstalter zum Kriminaloberkommissar gemacht. Er kannte alle im Polizeidienst und war mit seinen zweieinhalb Zentner Lebendgewicht eine beeindruckende Verkörperung des Gesetzes von der Trägheit der Masse. Von Winkler, der Neuen mit den kornblumenblauen Augen, hatte sich Mayfeld noch kein rechtes Bild gemacht. Immerhin schien sie ehrgeizig zu sein.

Er seufzte. Die Personaldecke war dünn, die Urlaubszeit hatte begonnen, und es lagen noch mehrere ungelöste Fälle auf den Schreibtischen der Kollegen.

»Der Todeszeitpunkt liegt also irgendwann zwischen zwanzig Uhr dreißig am 27. Juni und circa fünf Uhr am darauffolgenden Tag. Eine recht kurze Spanne, nicht schlecht bei einer Wasserleiche. Wie hat die Ehefrau reagiert?«, fragte Mayfeld.

»Ihre Trauer schien sich in Grenzen zu halten. Frau Mostmann wusste nicht, wohin ihr Mann wollte, als er die Feier verließ. Gewundert hat sie sich nicht, als er am Samstag nicht zu Hause auftauchte. Das ist des Öfteren vorgekommen.«

Winkler hatte eine Liste aller Festgäste erstellt. Weitere Zeugen hatte sie am Sonntagabend nicht mehr vernommen. Das Auto des Ermordeten, ein silbergrauer Mercedes, war verschwunden.

»Wer könnte Mostmann noch aus seiner Dienstzeit bei uns kennen?«, fragte Mayfeld in die Runde und richtete seinen Blick auf Meyer. Dieser legte seinen Berliner auf die Papiertüte vor sich und kaute in aller Ruhe zu Ende. »Also, ich war ein ganz junger Kerl, noch auf Streife, als der damals den Dienst quittiert hat. Es wurde viel geredet über seinen Weggang. Er hat Geld geerbt, mit dem er sich das Hotel gekauft hat. Was für ein Glückspilz, hieß es damals. Jetzt hat ihn sein Glück wohl verlassen!« Meyer japste nach Luft und schaute missbilligend in die Richtung von Mayfelds Zigarillo. Er bewegte seinen runden Leib langsam auf dem Stuhl nach vorn und griff nach einem Taschentuch in seiner Hosentasche, mit dem er sich die Schweißperlen von der geröteten Stirn wischte. »Soll ich mal seine Personalakte besorgen?«

Mayfeld hielt das für eine gute Idee. Er war froh, wenn sich Meyer von selbst in Bewegung setzte, und es war klar, dass er das am liebsten innerhalb des Präsidiums tat.

»Er war mal einer von uns, und deswegen sollten wir das Schwein, das ihn erschlagen hat, so schnell wie möglich dingfest machen!«, brummte Burkhard.

Mayfeld hasste den Druck, möglichst schnell zu greifbaren Ergebnissen kommen zu müssen. Oft sah man die Wahrheit erst auf den zweiten Blick. Er wollte gerade etwas erwidern, als Oskar Brandt zurückkam.

»Die Staatsanwaltschaft hat gerade angerufen. Dr. Lackauf ist für den Fall zuständig. Ich habe ihn über den Stand der Dinge informiert, der Präsident weiß ebenfalls Bescheid.«

»Ich hoffe, man lässt uns in Ruhe unsere Arbeit machen«, entgegnete Mayfeld. Brandt verabschiedete sich, Mayfeld verteilte die Aufgaben, die anstanden. Er war froh, dass Brandt ihm das Telefonat mit Lackauf abgenommen hatte. Aber das war nur ein Aufschub.

* * *

Klaus Pieper tastete sich durch den grauen Dunst zu der Türklinke, die er schemenhaft vor sich sah. Sein Schädel dröhnte, als ob ein bösartiger Riese ihn mit einem Vorschlaghammer bearbeiten würde. Er schmeckte den faulen Geschmack von Moder und Tod und hatte das dringende Bedürfnis, den ganzen Rotz aus sich herauszuspucken. Aber sein Mund war trocken wie eine Sandwüste, und sein Magen behielt all das brodelnde Gift in sich. Endlich hatte die zitternde Hand, die wohl ihm gehörte, den Schlüssel in das Schloss gesteckt, sodass er die quietschende Tür aufstoßen und in das schäbige Büro stolpern konnte. Er ließ sich in einen Kunstledersessel fallen und stöhnte auf. Das letzte Glas war ganz klar eines zu viel gewesen.

Undeutlich erinnerte sich Pieper an Bruchstücke der letzten Tage und Nächte. Daran, wie er in der Nacht gegen drei aus der Kneipe zu der Kleinen ins Hotel gewankt war. Er erinnerte sich nicht mehr, was er dort noch zustande gebracht hatte, aber es war teuer gewesen, zu teuer für ihn. Den Tag zuvor hatte er komplett verschlafen, eine reife Leistung bei der Hitze. Und die Nacht davor war, soweit er das überblickte, ähnlich wie die letzte Nacht verlaufen, lediglich das Hotel und das Mädchen hatten gewechselt. Und genauso war es den Tag und die Nacht zuvor gewesen. Ein gelungenes Wochenende eben.

Als Erstes brauchte er einen starken Kaffee. Die Geschäfte gingen schlecht, und er hatte Mary entlassen müssen. Im Büro machte das keinen großen Unterschied. Bloß den Kaffee musste er sich jetzt selbst aufbrühen, dabei konnte das niemand so gut wie Mary. Lausige Zeiten für Privatdetektive. Er füllte den Filter randvoll mit Kaffeepulver, warf die Maschine an und hörte dumpf brütend auf das Zischen und Gurgeln des Automaten. Jetzt noch drei Esslöffel Zucker in die Tasse mit der schwarzen Brühe, und der Wiederbelebungsversuch konnte beginnen.

Nach dem zweiten Pott begannen sich seine kleinen grauen Zellen, oder was davon übrig geblieben war, wieder zu regen.

Die Geschäfte liefen mies, und die Nutten, die er sich leisten konnte, wurden immer billiger. Lausige Zeiten eben. Wenn da nicht die Sache mit Mostmann wäre. Dessen Auftrag war gerade zur rechten Zeit gekommen. Und in der Sache war noch mehr drin, dafür hatte er einen Riecher. Der Duft frischer Euroscheine lag in der Luft. Erst mal den Anrufbeantworter abhören, man soll ja die Hoffnung auf Kundschaft nie aufgeben. Fehlanzeige, ein Anrufer hatte gleich wieder aufgelegt. Wo war das verdammte Handy? Er hatte es schon das ganze Wochenende vermisst. Mit fahrigen Bewegungen beförderte er ein paar verstaubte Papierstapel auf seinem Schreibtisch von links nach rechts und anschließend von rechts nach links, öffnete einige klemmende Schubladen. Schließlich fand er das verdammte Ding in dem abgewetzten Jackett, das er am Freitag getragen...

Erscheint lt. Verlag 15.11.2013
Reihe/Serie Robert Mayfeld
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bauskandal • Krimi • Mord • Rheingau • Robert Mayfeld • Rüdesheim • Spannung
ISBN-10 3-86358-342-6 / 3863583426
ISBN-13 978-3-86358-342-2 / 9783863583422
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