Gorki Park (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
416 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-12770-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gorki Park -  Martin Cruz Smith
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Arkadi Renkos erster Fall
Moskau, 1980: Im verschneiten Gorki Park werden zwei Männer und eine Frau erschossen aufgefunden. Die Identifizierung der Toten ist schwierig. Chefinspektor Arkadi Renko, ranghöchster Ermittler in der Sowjetmetropole, übernimmt den Fall - und ahnt noch nicht, in welche Lage ihn seine Ermittlungen zwingen werden. Denn je näher er der Wahrheit hinter den grausigen Morden kommt, desto heikler wird seine eigene Position.
Was hat die geheimnisvolle Irina mit den Toten im Gorki Park zu tun? Obwohl Arkadi weiß, dass er seine Objektivität wahren muss, gibt er seinen Gefühlen nach und lässt sich auf eine Affäre mit Irina ein. Als er ihr schließlich zur Flucht außer Landes verhilft , riskiert er sogar seine eigene Karriere - und gelangt dabei selbst ins Ausland: Im Dschungel der New Yorker Großstadt wird der Jäger zum Gejagten.

Martin Cruz Smith, 1942 in Philadelphia geboren, gelang mit dem Thriller 'Gorki Park' ein Welterfolg, der auch in der Verfilmung mit William Hurt und Lee Marvin ein Millionenpublikum begeisterte. Seither hat der russische Ermittler Arkadi Renko eine große Fan-Gemeinde. Martin Cruz Smiths Romane wurden bereits in 14 Sprachen übersetzt.

2

Sonja stand nackt in der Küche und schälte sich eine Orange. Sie hatte ein breites Kindergesicht, unschuldige blaue Augen, eine schmale Taille und kleine Brüste mit winzigen Warzen, kaum größer als Impfnarben. Da sie viel Gymnastik trieb, hatte sie sehr muskulöse Beine. Ihre Stimme war hoch und kräftig.

»Nach Überzeugung berufener Fachleute sind Individualität und Originalität von entscheidender Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der sowjetischen Wissenschaft. Eltern müssen die neuen Lehrpläne und die neue Mathematik akzeptieren, denn sie verkörpern Fortschritte beim Aufbau einer noch besseren Gesellschaft.« Sonja machte eine Pause und sah zu Arkadi hinüber, der seinen Kaffee auf der Fensterbank sitzend trank und sie beobachtete. »Du könntest wenigstens deine Morgengymnastik machen.«

»Ich spare meine Kräfte für eine noch größere zukünftige Gesellschaft.«

Sie beugte sich über den Tisch, um einige Zeilen zu überfliegen, die sie in einem Artikel in der Lehrerzeitung unterstrichen hatte, und spuckte dabei Orangenkerne in die Hand.

»Aber Individualismus darf nicht in Egoismus oder Karrieresucht ausarten.« Sonja warf Arkadi einen fragenden Blick zu.

»Wie klingt das?«

»An deiner Stelle würde ich die Karrieresucht auslassen. In einem Moskauer Publikum sitzen zu viele Karrieremacher.«

Als sie sich stirnrunzelnd abwandte, ließ Arkadi spielerisch seine Hand über ihren Rücken gleiten.

»Lass das! Ich muss zusehen, dass ich mit meiner Rede fertig werde.«

»Wann hältst du sie?«, erkundigte er sich.

»Heute Abend. Der Bezirksausschuss bestimmt ein Mitglied, das nächste Woche auf der Sitzung des Stadtkomitees das Hauptreferat halten soll. Außerdem hast ausgerechnet du ganz sicher kein Recht, Karrieremacher zu kritisieren.«

»Solche wie Schmidt?«

»Ja«, antwortete sie nach kurzer Pause. »Solche wie Schmidt.« Sonja verschwand im Bad, und Arkadi verließ seinen Platz, um zu sehen, welchen Artikel sie unterstrichen hatte. Die Überschrift lautete: »Weshalb wir größere Familien brauchen«. Im Bad schluckte Sonja ihre Antibabypille. Eine polnische Pille. Sie wollte sich keine Spirale einsetzen lassen.

Sonja ging ins Schlafzimmer und übte an der Sprossenwand. An der anderen Wand, hinter dem Bett, hing ein schon oft geklebtes Plakat mit drei Kindern – aus Afrika, Russland und China – mit der Losung: »Ein Pionier ist der Freund der Kinder aller Nationen!« Sonja war die kleine Russin auf dem Plakat und mit ihm berühmt geworden. Auf der Universität hatte Arkadi sie als »das Mädchen auf dem Pionierplakat« kennengelernt. Sie sah noch immer wie auf dem Plakat aus.

»Warum willst du unbedingt ein Referat halten?«, fragte er durch die Tür.

»Einer von uns beiden muss schließlich an die Zukunft denken.«

»Gefällt’s dir hier so schlecht?« Arkadi kam ins Schlafzimmer.

»Du verdienst hundertachzig Rubel im Monat, und ich bekomme hundertzwanzig. Ein Vorarbeiter in der Fabrik bringt das Doppelte nach Hause. Ein Handwerker verdient mit Schwarzarbeit das Dreifache. Wir haben keinen Fernseher, keine Waschmaschine, keine neuen Sachen für mich. Wir hätten einen ausgemusterten KGB-Dienstwagen kaufen können – das hätte sich arrangieren lassen.«

»Das Modell hat mir nicht gefallen.«

»Wenn du deine Parteiarbeit ernsthafter betreiben würdest, könntest du längst fürs Zentralkomitee tätig sein.«

Als er ihre Hüfte berührte, spannten die Muskeln sich unter der glatten Haut. Die Kombination von Sex und Parteiarbeit war charakteristisch für ihre Ehe.

»Warum nimmst du eigentlich noch die Pille? Du hast seit Monaten nicht mehr mit mir geschlafen.«

Sonja umklammerte sein Handgelenk mit aller Kraft und schob es von sich fort. »Für den Fall, dass ich vergewaltigt werde«, antwortete sie. Im Hof spielten Kinder in Schneeanzügen und warmen Mützen und starrten Arkadi und Sonja an, als sie in den Moskwitsch stiegen. Der Motor sprang beim dritten Versuch an. Arkadi fuhr auf die Taganskaja-Straße hinaus.

»Natascha hat uns für morgen aufs Land eingeladen.« Sonja starrte angestrengt geradeaus. »Ich hab die Einladung angenommen.«

»Als ich dir vor einer Woche von dieser Einladung erzählt habe, wolltest du nicht hin«, stellte Arkadi fest.

Sonja zog ihren Schal bis zur Nasenspitze hoch. Im Wagen war es kälter als draußen, aber sie konnte keine offenen Fenster vertragen. Sie saß in Wintermantel, Pelzmütze, Schal, Stiefel und Schweigen gehüllt neben ihm. An einer Ampel wischte er die beschlagene Windschutzscheibe ab. »Tut mir leid, dass wir uns gestern nicht zum Mittagessen treffen konnten«, sagte Arkadi. »Heute?«

Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben eine Besprechung.«

»Alle Lehrer? Den ganzen Tag lang?«

»Dr. Schmidt und ich. Wir müssen festlegen, womit die Turner sich am Aufmarsch beteiligen werden.«

Ah, Schmidt! Die beiden hatten so vieles gemeinsam … Er war Sekretär des Bezirksausschusses der Partei. Berater in Sonjas Komsomolrat, Turner. Gemeinsame Arbeit musste gegenseitige Zuneigung erzeugen. Arkadi unterdrückte seinen Drang nach einer Zigarette, weil das allzu gut dem Bild des nervösen, eifersüchtigen Ehemannes entsprochen hätte.

Schüler strömten durch den Haupteingang, als Arkadi vor der Schule 457 hielt. Obwohl sie theoretisch eine Schuluniform tragen mussten, hatten die meisten abgelegte Kleidungsstücke älterer Geschwister an; einheitlich waren lediglich ihre roten Pionierhalstücher. »Ich muss mich beeilen!« Sonja stieg rasch aus.

»Schon gut.«

Sie blieb noch einen Augenblick an der Tür stehen. »Schmidt sagte, dass ich mich scheiden lassen soll, solange ich kann«, fügte sie hinzu und schloss die Autotür.

Am Haupteingang riefen Schüler ihren Namen. Sonja sah sich kurz nach dem Auto um, in dem Arkadi sich eine Zigarette anzündete.

Ljudin erwartete ihn hinter einem mit Glasplättchen, Fotos und Laborprotokollen übersäten Schreibtisch und lächelte so selbstgefällig wie ein Zauberkünstler, der gleich verblüffende Tricks vorführen wird.

»Mein Labor hat sich allergrößte Mühe für Sie gegeben, Genosse Ermittler. Die Einzelheiten sind faszinierend.«

»Ich kann’s kaum noch erwarten, sie zu hören.«

»Sie wissen natürlich, wie die Gaschromatografie funktioniert, bei der …«

»Entschuldigen Sie, das ist mein Ernst gewesen«, wandte Arkadi ein. »Ich kann’s wirklich kaum erwarten.«

»Nun ja«, meinte der Labordirektor seufzend, »um es kurz zu machen, kann ich Ihnen mitteilen, dass der Chromatograf an den Kleidungsstücken der drei Toten winzige Mengen von Gips und Sägemehl und an der Hose von GP2 einen Hauch von Gold gefunden hat. Wir haben die Kleidungsstücke mit Luminol besprüht und in der Dunkelkammer Fluoreszenz beobachtet, die auf Blut schließen ließ. Das meiste Blut stammte natürlich von den Ermordeten, aber die kleinsten Flecken waren kein Menschenblut, sondern stammten von Hühnern und Fischen. Außerdem haben wir etwas sehr Interessantes an den Kleidungsstücken festgestellt.«

Ljudin hielt eine Tatortskizze mit den eingezeichneten Positionen der drei Leichen hoch. »Auf den hier schraffierten Körperoberflächen haben wir Spuren von Kohlenstoff, tierischen Fetten und Gerbsäuren entdeckt. Mit anderen Worten: Nachdem die Toten teilweise eingeschneit waren, sind sie noch – wahrscheinlich innerhalb von achtundvierzig Stunden – mit einer dünnen Ascheschicht von einem in der Nähe brennenden Feuer zugedeckt worden.«

»Der Brand in der Gorki-Gerberei!«, rief Arkadi aus.

»Ganz recht.« Ljudin lächelte zufrieden. »Am dritten Februar ist über dem Oktjabrskaja-Bezirk bei einem Brand in der Gorki-Gerberei ein Ascheregen niedergegangen. Am ersten und zweiten Februar sind dreißig Zentimeter Schnee gefallen. Vom dritten bis fünften Februar waren es zwanzig Zentimeter. Wäre der Schnee auf der Lichtung nicht umgeschaufelt worden, hätten wir den Tattag genau bestimmen können. Aber auch so steht ziemlich sicher fest, wann das Verbrechen verübt worden ist.«

»Ausgezeichnet!«, bestätigte Arkadi. »Jetzt brauchen wir den Schnee nicht mehr eigens zu untersuchen.«

»Wir haben uns außerdem mit den Kugeln befasst. An allen Kugeln lassen sich mikroskopisch kleine Stoff- und Körpergewebeteilchen nachweisen. An der Kugel GP1-A haben wir außerdem Lederpartikel gefunden, die nicht von den Kleidungsstücken der Mordopfer stammen.«

»Pulverspuren?«

»Nicht an der Kleidung von GP1, aber schwache Spuren bei GP2 und GP3, was darauf schließen lässt, dass sie aus geringerer Entfernung erschossen worden sind.«

»Nein, das beweist, dass sie nach GP1 erschossen worden sind«, stellte Arkadi fest. »Was ist mit den Schlittschuhen?«

»Weder Blut, Gips noch Sägemehl. Keine sehr hochwertigen Schlittschuhe.«

»Ich meine Namen. Manche Leute schreiben ihren Namen auf ihre Schlittschuhe, Genosse Oberst. Haben Sie die Schlittschuhe sauber...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2013
Übersetzer Wulf Bergner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Gorky Park
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Arkadi Renko • eBooks • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Moskau • Moskau, Arkadi Renko, Russland 20. Jahrhundert • New York • Russland, 20. Jahrhundert • Thriller • Tobias Gohlis
ISBN-10 3-641-12770-X / 364112770X
ISBN-13 978-3-641-12770-1 / 9783641127701
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