Profitwahn (eBook)

Warum sich eine menschengerechtere Wirtschaft lohnt
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2013 | 1. Auflage
233 Seiten
Tectum-Wissenschaftsverlag
978-3-8288-5681-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Profitwahn -  Christian Kreiß
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Die Finanzwirtschaft ist längst mächtiger als die Politik, in unserer Demokratie entscheidet nicht mehr der Mensch, sondern das Geld. Christian Kreiß tritt an gegen die Diktatur der Finanzmärkte und gegen seine eigene Zunft - die Wirtschaftsexperten. Sie beraten die Regierungen der Welt und beeinflussen, was der Öffentlichkeit als wissenschaftliche Wahrheit verkauft wird. Mit historischen Fakten und aktuellen Zahlen entlarvt Kreiß das zu bitterem Ernst gewordene Monopoly-Spiel der Finanzindustrie. Er veranschaulicht, wie in der Vergangenheit jede wirtschaftliche Wachstumsphase in sozialen Unfrieden und Chaos umschlug. Seine erschreckende Bilanz: Wir selbst befinden uns am Ende einer solchen Periode. Es ist höchste Zeit für eine Gesellschaftsordnung, die Mensch und Umwelt gerecht wird. Auf dem Spiel stehen ein menschenwürdiges Dasein und echte Demokratie.

Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962, studierte Volkswirtschaftslehre und promovierte in München über die Große Depression 1929 bis 1932. Nach neun Jahren Berufstätigkeit als Bankier in verschiedenen Geschäftsbanken, davon sieben Jahre als Investment Banker, unterrichtet er seit 2002 als Professor an der Hochschule Aalen Finanzierung und Wirtschaftspolitik. 2004 und 2006 hielt er an der University of Maine (USA) Vorlesungen über Investment Banking. Zahlreiche Veröffentlichungen, Vorträge, Rundfunk- und Fernsehinterviews zur aktuellen Finanzkrise und zu den Wegen in eine menschengerechte Wirtschaft. Kreiß ist u.a. Erfolgsautor der aufsehenerregenden Studie "Geplante Obsoleszenz", die im März 2013 im Bundestag vorgestellt wurde und die ein breites Medienecho ausgelöst hat (u.a. Cover-Story der Bild-Zeitung und auf Seite Eins der Süddeutschen Zeitung.)

Prof. Dr. Christian Kreiß, Jahrgang 1962, studierte Volkswirtschaftslehre und promovierte in München über die Große Depression 1929 bis 1932. Nach neun Jahren Berufstätigkeit als Bankier in verschiedenen Geschäftsbanken, davon sieben Jahre als Investment Banker, unterrichtet er seit 2002 als Professor an der Hochschule Aalen Finanzierung und Wirtschaftspolitik. 2004 und 2006 hielt er an der University of Maine (USA) Vorlesungen über Investment Banking. Zahlreiche Veröffentlichungen, Vorträge, Rundfunk- und Fernsehinterviews zur aktuellen Finanzkrise und zu den Wegen in eine menschengerechte Wirtschaft. Kreiß ist u.a. Erfolgsautor der aufsehenerregenden Studie "Geplante Obsoleszenz", die im März 2013 im Bundestag vorgestellt wurde und die ein breites Medienecho ausgelöst hat (u.a. Cover-Story der Bild-Zeitung und auf Seite Eins der Süddeutschen Zeitung.)

2Der Grund für die Misere:
Unsere Eigentumsordnung


»Ich für meinen Teil glaube, dass es eine soziale und psychologische Rechtfertigung für die signifikante Ungleichverteilung von Einkommen und Wohlstand gibt – allerdings nicht für derart große Missverhältnisse, wie sie heute existieren.«

John Maynard Keynes, britischer Ökonom1

Ungehemmte Vermögenskonzentration ist ganz legal

Unsere Eigentumsordnung – sowie die fast aller anderen Länder – erlaubt mengenmäßig und zeitlich unbegrenztes Eigentum an den drei Hauptvermögensarten 1. Grund und Boden mit den darauf befindlichen Immobilien, 2. Produktionsvermögen (Eigentum an Unternehmen in Form von Aktien oder anderen Unternehmensanteilen) sowie 3. Geldvermögen.2

Dadurch können sogenannte Ultra High Net Worth (UHNW) Households entstehen, also superreiche Haushalte mit einem Nettovermögen von über 100 Mio. US-Dollar. Es gibt weltweit etwa 9.000 solcher Haushalte (entsprechend etwa 0,0005 % aller Menschen auf der Erde), auf die, global gesehen, etwa 8 % des Weltvermögens entfallen.3

Was bedeutet nun mengenmäßig und zeitlich unbeschränktes Eigentum?

39 % des weltweiten Vermögens befinden sich in den Händen von lediglich 0,9 % der Weltbevölkerung

Einzelne Bürger können Verfügungsgewalt über Ressourcen in Form von Geld, Produktionsanlagen, Grund und Boden in beliebiger Höhe und ohne jegliche Rechtsgrenzen anhäufen und dadurch beliebig große ökonomische Macht erringen. Und in der Tat ist die ökonomische Verfügungsgewalt über Ressourcen weltweit äußerst ungleich verteilt. Eine sehr kleine Gruppe von Menschen verfügt über die weitaus größten Teile der weltweiten Ressourcen.4

Der deutsche Boden ist in Händen von 11 % der Bevölkerung

Beispielsweise kann Grund und Boden mit den gegebenenfalls darauf befindlichen Immobilien – wie Wohnhäuser oder Gewerbeimmobilien – von einzelnen Menschen in beliebiger Höhe erworben werden. Es gibt keinerlei rechtliche Beschränkungen für Großgrundbesitz landwirtschaftlichen oder anderweitig genutzten Bodens. Einzelne Menschen können tausende Hektar Ackerboden oder zehntausende von Wohnungen besitzen. Tatsächlich befindet sich der größte Teil des deutschen Bodens in Händen von etwa einem Zehntel der Bevölkerung.5 Gleiches gilt für Unternehmensanteile: einzelne Menschen können Millionen, ja Milliarden von Aktien oder andere Anteile an verschiedenen Unternehmen besitzen. Die gesamten deutschen Unternehmen, soweit sie in Besitz von Inländern sind, gehören ebenfalls etwa einem Zehntel der deutschen Bevölkerung.6 Dasselbe gilt für Eigentum an Geldvermögen wie Staatsanleihen, Unternehmensanleihen oder Bankeinlagen, die ebenfalls sehr ungleich verteilt sind.7 Für alle Arten von Vermögen gibt es keinerlei rechtliche mengenmäßige Eigentumsbeschränkungen.

Die unentgeltliche Weitergabe von Eigentum an natürliche Personen, insbesondere die eigenen Kinder, in Form von Schenkungen oder Vererbung abzüglich Erbschafts- oder Schenkungssteuer, ist in fast allen Ländern der Erde in beliebiger Höhe rechtlich erlaubt,8 so dass auch zeitlich aus Familien- bzw. Sippensicht der Verfügungsgewalt über Eigentum keinerlei rechtliche Grenzen gesetzt sind.

2.1Zur Anschauung: Grund und Boden


Ein stark vereinfachtes Grundmodell kann aufzeigen, wie bei einer bestehenden anfänglichen Ungleichverteilung ein Trend zu immer stärkerer Ungleichverteilung existiert. Die unten stehende Tabelle soll als Ausgangsbasis für ein stark vereinfachtes Modell zu unserer Eigentumsordnung an Grund und Boden dienen:

Knapp 60 % der Deutschen wohnen zur Miete

Fünf Familien wohnen in fünf Häusern. Die Familien 3 bis 5 sind nicht Eigentümer ihrer Häuser, sondern bewohnen sie zur Miete. Die Häuser befinden sich im Eigentum der Familien 1 und 2, wobei Familie 1 vier Häuser besitzt und Familie 2 eines, dasjenige, das sie selbst bewohnt. Diese Eigentumsverteilung an Häusern gibt sehr grob die tatsächliche Eigentümerstruktur in Deutschland wieder: Bei uns wohnen ca. 60 % der Menschen zur Miete, die Eigenheimquote liegt bei etwa 40 %9 und damit deutlich unter dem Durchschnitt anderer OECD-Länder.

In der Tabelle wird stark vereinfacht unterstellt, dass alle fünf Familien ein Arbeitseinkommen von 1.000 Einheiten pro Jahr erzielen. Die Miete betrage 30 % des Einkommens, was für einen großen Teil der Haushalte tatsächlich zutrifft.10 Dadurch, dass die Familien 3 bis 5 in Wohnungen leben, die Familie 1 gehören, fließen die Mietzahlungen von diesen drei Familien an die Familie 1. Familien 3 bis 5 haben dadurch nur noch ein Nettoeinkommen von 700, Familie 1 dagegen ein Nettoeinkommen von 1.900.11

Unterstellt man, dass wohlhabendere Haushalte eine höhere Sparquote haben, wofür es zahlreiche empirische Belege gibt,12 so zeigt sich, dass Familie 1 im obigen Modell pro Zeiteinheit etwa 600 Geldeinheiten sparen kann. Familie 2, die weder vermietet noch selbst mietet, könnte demnach etwa 200 Geldeinheiten pro Jahr sparen, die Familien 3 bis 5 hingegen deutlich weniger, etwa zwischen 10 und 70 Geldeinheiten pro Jahr, obwohl für diese deutlich geringere Konsumausgaben angenommen werden. Durch die höhere Ersparnisbildung wird im Laufe der Zeit ein immer höheres Vermögen von Familie 1 kumuliert, die Ungleichverteilung nimmt strukturell zwingend immer mehr zu.

Natürlich gibt es individuelle menschliche Unterschiede, so dass die zunehmende Ungleichverteilung nicht zwangsweise auf alle einzelnen Familien zutreffen muss. Manche wohlhabenden Menschen verausgaben trotz hoher Einkommen möglicherweise mehr, als sie einnehmen, und verarmen. Manche sehr sparsam lebende Familie mit geringem Einkommen baut sich im Laufe ihres Lebens ein kleines oder größeres Vermögen auf. Aber strukturell wirken starke ökonomische Kräfte auf einen Trend hin zu ständig steigender Ungleichverteilung. Zahlungen für Bodeneigentum stellen ökonomisch betrachtet sogenannte „Renteneinkommen“ dar, das heißt Zahlungen, denen keine ökonomische Gegenleistung in Form von Arbeitsleistung gegenübersteht.13

2.2Vermögen kommt zu Vermögen


»Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt. So verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinigen.«

4. Armuts- und Reichtumsbericht der deutschen Bundesregierung15

Die unteren 50 % in Deutschland besitzen kein Vermögen

Obiges Schaubild16 zeigt die Vermögensverteilung in Deutschland in den Jahren 2002 und 2007. Demnach hatten die reichsten 10 % der deutschen Haushalte („10. Dezil“) 2007 etwa 61 % des deutschen Nettovermögens (Vermögen abzüglich Schulden). Die ärmsten 10 % der deutschen Haushalte hatten hingegen netto Schulden, die 1,6 % des Gesamtvermögens entsprechen. Die unteren 50 % der deutschen Haushalte zusammengenommen, also gut 40 Mio. Menschen, hatten demnach 2007 netto praktisch kein Vermögen. Die oberen 20 % der Deutschen, also knapp 8 Mio. Menschen, hatten gut 80 % des Gesamtvermögens. Die Ungleichverteilung hat sich dabei laut DIW von 2002 bis 2007 verstärkt.17

Im 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vom September 2012 heißt es zu der Vermögensverteilung wörtlich:

Die unteren 50 % der deutschen Bevölkerung besitzen 1 % des Vermögens

„Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt. So verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinigen. Der Anteil des obersten Dezils ist dabei im Zeitverlauf immer weiter angestiegen.“18

Das nachfolgende Schaubild19 zeigt diesen Tatbestand sowie die Entwicklung von 1998 bis 2008 auf.

Die Nicht-Arbeits-Einkommen in Deutschland betragen gut 500 Mrd. Euro pro Jahr

Praktisch alle Vermögensarten bringen Ertrag: Für Eigentum an Grund und Boden bzw. Immobilien erhält man Pachten oder Mieten, Unternehmensanteile erzielen Dividenden oder Ausschüttungen bzw. ermöglichen Entnahmen, Geldvermögen erzielt Zinserträge. Diese Einkünfte stellen Renten dar, also Einnahmen, denen keine Arbeitsleistung gegenübersteht. Der Sachverständigenrat der deutschen Wirtschaft (die „5 Weisen“) beziffert die bereinigte Höhe dieser „Nicht-Arbeits-Einkommenszuflüsse“ oder Rentiereinkommen für die Jahre 2006 bis 2008 auf durchschnittlich 27,9 % des Volkseinkommens bzw. € 518 Mrd. pro Jahr bei einem durchschnittlichen Volkseinkommen von € 1.860 Mrd. pro Jahr in diesen drei Jahren. Bezogen auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte von durchschnittlich 1.361 Mrd. Euro in diesen drei Jahren beträgt die Abgabenquote der privaten Haushalte an die Rentiers...

Erscheint lt. Verlag 17.10.2013
Verlagsort Baden-Baden
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Finanzierung
Schlagworte Armut • Banker • Banker-Boni • Börse • Demokratie • Eurokrise • EZB • Finanzdiktatur • Finanzkrise • Inflation • IWF • Mainstream-Ökonomie • Muße • Nachhaltigkeit • Rating • Reichtum • Schulden • Turbokapitalismus • Ungleichverteilung • Wachstum • Wachstumswahn • Weltwirtschaftskrise
ISBN-10 3-8288-5681-0 / 3828856810
ISBN-13 978-3-8288-5681-3 / 9783828856813
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