Nachtschicht (eBook)

(Autor)

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2013 | 1. Auflage
448 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-8387-5204-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nachtschicht -  Stephen King
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Enthält die Erzählung KINDER DES MAIS, verfilmt unter dem Titel KINDER DES ZORNS

Die zwanzig Erzählungen in Nachtschicht sind Stephen Kings persönliche Auswahl vom Besten, was er je geschrieben hat: der Stoff, aus dem die Alpträume sind. Unter der Oberfläche unseres Alltags lauert der allnächtliche Wahnsinn.

Nachtschicht ist ein Stundenbuch des Grauens. Stephen King blättert es auf. Seite um Seite fällt den Leser das Entsetzen an.

Nachtschicht: kein Buch, um früh schlafen zu gehen!

Vorwort


Unterhalten wir uns, Sie und ich. Unterhalten wir uns über Angst.

Das Haus ist leer, während ich diese Zeilen schreibe. Draußen fällt ein kalter Februar-Regen. Wenn der Wind aus der Richtung weht, aus der er gerade weht, haben wir manchmal Stromausfall. Aber im Augenblick brennt das Licht noch, also reden wir ganz aufrichtig über Angst. Reden wir darüber, wie man an den Rand des Wahnsinns kommt … und vielleicht auch noch ein Stück darüber hinaus.

Ich heiße Stephen King. Ich bin ein erwachsener Mann mit einer Frau und drei Kindern. Ich liebe sie, und ich glaube, dass dieses Gefühl erwidert wird. Mein Job ist das Bücherschreiben, und dieser Job gefällt mir sehr gut. Zur Zeit bin ich körperlich in einigermaßen gesunder Verfassung. Während des letzten Jahres habe ich geschafft, mir statt des filterlosen Krauts, das ich seit meinem achtzehnten Geburtstag geraucht habe, leichte Filterzigaretten mit niedrigem Nikotin- und Teergehalt anzugewöhnen. Ich hoffe immer noch, dass ich es mir eines Tages ganz abgewöhne. Meine Familie und ich leben in einem hübschen Haus neben einem relativ sauberen See in Maine. Im letzten Herbst wachte ich eines Morgens auf und sah einen Hirsch auf dem Rasen hinter unserem Haus neben dem Gartentisch. Wir führen ein gutes Leben.

Trotzdem … reden wir über Angst. Wir wollen die Stimme dabei nicht heben, und wir werden nicht schreien. Wir unterhalten uns auf einer völlig rationalen Ebene, Sie und ich. Wir reden über die Art, auf die sich das schöne Gefüge der Dinge unserer Welt manchmal mit schockierender Plötzlichkeit auflöst.

Wenn ich abends ins Bett gehe, achte ich noch immer sorgfältig darauf, dass meine Beine schön unter der Decke liegen, sobald ich das Licht ausknipse. Ich bin kein kleiner Junge mehr, aber … ich schlafe nicht gerne mit einem aufgedeckten Bein. Denn wenn eine kalte Hand von unter dem Bett nach meinem Fußgelenk greift, dann würde ich laut kreischen. Ja, ich würde schreien, dass die Toten aufwachen. Natürlich passiert so etwas nicht, und wir alle wissen das. In den folgenden Geschichten werden Ihnen alle möglichen Arten von Nachtgeschöpfen begegnen: Vampire, Wiedergänger, das Ding, das im Kleiderschrank haust, jede Art von Horror. Nichts davon ist real. Das Ding, das unter dem Bett darauf lauert, meinen Fuß zu packen, ist nicht real. Ich weiß das, aber ich weiß auch, dass es mich nie erwischen wird, solange ich meinen Fuß gut unter der Decke halte.

Manchmal spreche ich vor Menschen, die an der Schriftstellerei oder an Literatur interessiert sind, und bevor das »Bitte stellen Sie jetzt dem Autor Ihre Frage« vorbei ist, steht immer jemand auf und stellt die Frage: »Warum haben Sie sich entschieden, über solche grauenvollen Dinge zu schreiben?«

Normalerweise antworte ich darauf mit der Gegenfrage: »Warum nehmen Sie an, ich hätte mir das frei aussuchen können?«

Das Schreiben ist eine Art »Catch-as-catch-can«. Wir alle scheinen bestimmte Sorten Filter im Kopf zu haben, und diese Filter haben ihre unterschiedlichen Größen und Dichten. Was in meinem hängen bleibt, kann bei Ihnen durchrutschen, und umgekehrt. Wir alle scheinen auch ein Bedürfnis eingebaut zu haben, uns das Zeug regelmäßig genauer anzusehen, das sich in unseren Wahrnehmungsfiltern ansammelt. In der Regel beschäftigen wir uns nebenher damit. Der Kassierer ist Hobbyphotograph. Der Astronom mag Münzen sammeln. Der Lehrer zeichnet in seiner Freizeit Grabsteine nach. Der Müll aus dem Filter im Kopf, was einem dort hängen bleibt, wird meist unsere private Leidenschaft – unser »Hobby«, wie wir uns in einer zivilisierten Gesellschaft geeinigt haben, die Sache zu nennen.

Manchmal kann dieses Hobby auch zu einer Vollzeitbeschäftigung werden. Der Kassierer stellt vielleicht fest, dass er mit seinen Photos genug Geld verdienen kann, um die Familie durchzubekommen. Und es gibt einige Beschäftigungen, die als Hobby beginnen und Hobbys bleiben, selbst wenn der Hobbyfreund damit längst seinen Lebensunterhalt verdient. Aber weil Hobby so ein gewöhnlich und alltäglich klingendes Wort ist, haben wir uns auch wortlos darauf geeinigt, dass wir unsere professionellen Hobbys »Kunst« nennen.

Malerei, Bildhauerei, Komposition, Gesang, Schauspielerei. Das Spielen eines Musikinstrumentes. Allein über diese sechs Beschäftigungen sind genug Bücher geschrieben worden, um damit eine ganze Flotte von Luxusdampfern zu versenken. Doch die einzige Sache, in der all diese Werke übereinstimmen, ist: Wer immer Kunst praktiziert und es ernst damit meint, wird mit seiner Kunst auch fortfahren, selbst wenn er für seine Anstrengungen von niemandem einen Pfennig bekommt, selbst wenn seine Anstrengungen kritisiert oder abgelehnt werden, ja selbst wenn man ihm seine Kunst bei Todesstrafe verbieten würde. Für mich scheint dies eine recht passende Beschreibung von etwas zu sein, das man obsessives Verhalten nennt. Es gilt genauso für die schlichteren Hobbys. Waffensammler in den Staaten haben Autoaufkleber mit der Aufschrift: Meine Pistole bekommt nur, wer sie mir aus den toten Fingern windet! Falls morgen das Münzensammeln verboten wird, würde unser Astronom mit Sicherheit seine Sammlung nicht abliefern, sondern sie, in Plastik gewickelt, im Wassertank der Toilette versenken, um nach Mitternacht heimlich seine Kupferpfennige auf dem Klo zu genießen.

Wir scheinen uns von unserem Thema Angst entfernt zu haben, aber wir sind nicht weit vom Weg abgekommen. Das Zeug, das sich in meinem Filter ansammelt, ist oft der Stoff, aus dem unsere Ängste gemacht sind. Meine Obsession gilt dem Makabren. Keine der folgenden Geschichten habe ich wegen des Geldes geschrieben, auch wenn ein paar davon vorher an Zeitschriften verkauft wurden, auch wenn ich nie einen Scheck zurückgeschickt habe. Ich mag eine Obsession haben, aber verrückt bin ich nicht. Doch ich wiederhole: keine Geschichte wurde wegen des Honorars geschrieben. Ich schrieb sie alle, weil mir danach war, solche Geschichten zu schreiben. Meine Obsession lässt sich vermarkten. Es gibt Verrückte in den Gummizellen überall auf der Welt, die solches Glück nicht haben.

Ich bin kein großer Künstler, aber ich habe immer einen Drang zum Schreiben gespürt. Also schütte ich jeden Tag meinen Filter aus, sehe mir die Erinnerungsfetzen und Beobachtungsstücke an und versuche, etwas aus dem Zeug zu machen, was nicht direkt durch den Filter hindurch in mein Unterbewusstsein sinken kann.

Louis L’Amour, der Westernautor, und ich könnten zusammen am Rand eines kleinen Teiches in Colorado stehen und wir könnten beide gleichzeitig die Idee zu einer Geschichte haben. Seine Story würde vom Krieg um Wasserrechte in der Trockenzeit handeln, meine wahrscheinlich von einem furchtbaren, lauernden Etwas, das aus dem stillen Wasser kriecht, um Schafe fortzuschleppen … und Pferde … und schließlich Menschen. Louis L’Amours Obsession ist die Zeit des »Wilden« Westens. Ich tendiere mehr zu den Dingen, die in mondlosen Nächten herumkriechen. Er schreibt Western, ich schreibe Gruselgeschichten. Beide haben wir nicht alle Tassen im Schrank.

Die Künste sind Leidenschaften, und Leidenschaften sind gefährlich. Sie sind wie ein Messer im Kopf. In einigen Fällen – Dylan Thomas fällt mir ein, oder Hart Crane und Sylvia Plath – kann das Messer den treffen, der es selbst führt. Kunst ist eine lokalisierte Krankheit, gewöhnlich gutartig-kreative Menschen werden oft sehr alt –, manchmal aber auch bösartig. Man benutzt das Messer vorsichtig, denn man weiß, es ist ihm gleich, wen es schneidet. Und wenn man klug ist, leert man auch seinen Filter im Kopf vorsichtig aus … denn von dem Zeug darin könnte einiges noch nicht ganz tot sein.

Die andere Frage, mit der ich bei Lesungen oder Signierstunden häufig konfrontiert werde, lautet: Warum lesen Leute so was? Warum verkaufen sich Ihre Geschichten?

Diese Frage impliziert eine unausgesprochene Vermutung – die Vermutung, dass die Lektüre einer Story der Angst und des Horrors irgendwie von einem ungesunden Geschmack zeugt. In Briefen von Lesern stoße ich oft auf Sätze wie: »Vielleicht bin ich ein wenig morbid, aber ich habe ›Shining‹ von der ersten bis zur letzten Seite genossen …«

Ich glaube, der Schlüssel zu dieser Einstellung lässt sich in einem Satz finden, den ich in einer Filmkritik in »Newsweek« zu einem nicht besonders guten Horrorfilm fand. Er lautete ungefähr: »… ein wunderschöner Film für Leute, die Spaß daran finden, wenn sie einen Autounfall bemerken, langsam daran vorbeizufahren und ihn sich genau anzusehen.« Das ist eine gute, treffende Bemerkung, aber wenn man genauer darüber nachdenkt, trifft sie auf alle Horrorfilme und -geschichten zu. George Romeros »Die Nacht der lebenden Toten« mit seinen grausamen Szenen von Kannibalismus und Muttermord war sicher ebenso ein Film für Leute, die sich gerne die Autounfälle genau ansehen; und wie war das wohl mit diesem kleinen Mädchen, das einen Priester mit Erbsensuppe bespuckte, in »Der Exorzist«? In Bram Stokers »Dracula«, den man oft als Muster des modernen Horrorromans heranzieht (zu Recht, denn es ist der erste Roman seiner Art mit offenkundigen Freudschen Obertönen), kommt ein Verrückter namens Renfeld vor, der Fliegen herunterschlingt, Spinnen und schließlich einen ganzen Vogel. Er würgt den Vogel wieder aus, nachdem er ihn mit Federn und allem geschluckt hat. Zum Roman gehört auch die Pfählung – die rituelle Penetration, kann man sagen – eines jungen und schönen weiblichen Vampirs und der Mord an einem Baby und seiner Mutter.

Auch die große Literatur des Übernatürlichen weist oft dasselbe »Lass uns den Unfall genauer ansehen«-Syndrom auf: Beowulf erschlägt Grendels Mutter; der...

Erscheint lt. Verlag 25.10.2013
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte blutig • Carrie • Christine • Clown • Der Rasenmähermann • Dr. Sleep • ES • Fairy tale • Fantastischer Roman • Friedhof der Kuscheltiere • Grusel • Gruselroman • Holly • Horror • Horror Bücher • Horror Bücher ab 18 • horror thriller • Jason Dark • Kinder des Mais • Kinder des zorns • Lovecraft • Manchmal kommen sie wieder • Nordamerika • Paranomal • Quitters Inc • Shining • Sinclair • Slasher • später • Spätschicht • Splatter • Stephen King • Steven King • The Green Mile • The Stand • Unheimlicher Roman • USA • Zombies
ISBN-10 3-8387-5204-X / 383875204X
ISBN-13 978-3-8387-5204-4 / 9783838752044
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