Phobia (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
400 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-08717-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Phobia -  Wulf Dorn
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Angst hat ein Zuhause
Eine Dezembernacht im Londoner Stadtteil Forest Hill. Sarah Bridgewater erwacht, als sie ihren Mann überraschend früh von einer Geschäftsreise nach Hause kommen hört. Doch der Mann, den sie in der Küche antrifft, ist nicht Stephen. Er trägt jedoch den Anzug ihres Mannes, hat dessen Koffer bei sich und ist mit Stephens Auto nach Hause gekommen. Der Fremde behauptet, Stephen zu sein, und weiß Dinge, die nur Sarahs Mann wissen kann.

Für Sarah und ihren sechsjährigen Sohn Harvey beginnt der schlimmste Alptraum ihres Lebens. Denn der Unbekannte verschwindet ebenso plötzlich wieder, wie er bei ihr aufgetaucht ist, und niemand will ihr glauben. Nur ihr Jugendfreund, der Psychiater Mark Behrendt, kann ihr jetzt noch helfen. Ein psychologisches Duell mit dem Unbekannten beginnt. Und von Stephen Bridgewater fehlt weiterhin jede Spur ...



Wulf Dorn (*1969) war zwanzig Jahre in einer psychiatrischen Klinik tätig, ehe er sich ganz dem Schreiben widmete. Mit seinem 2009 erschienenen Debütroman 'Trigger' gelang ihm ein internationaler Bestseller, dem weitere folgten. Dorns Bücher werden in zahlreiche Sprachen übersetzt und begeistern eine weltweite Leserschaft. Für seine Storys und Romane wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem französischen Prix Polar, dem ELLE Readers Award und dem Glauser Preis.

 

2.

Sehr viel später, als alles vorüber war, schrieb Sarah Bridge­water in ihr Tagebuch: Das Schicksal ist ein lau­nischer Weichensteller. Es führt Menschen zusammen, nur um sie wieder zu trennen. Und wenn es ihm gefällt, begegnen sie sich wieder – auf Wegen, die man sich in seiner wildesten Fantasie nicht vorstellen kann.

Ihre Hände zitterten, während sie diese Zeilen schrieb und sich an alles erinnerte.

Die Angst war aus der Stille gekommen. Als habe sie auf den richtigen Moment gelauert, um dann mit aller Macht über sie und ihre Familie hereinzubrechen.

Rückblickend wusste sie, dass es kleine Vorzeichen gegeben hatte. Erste leise Warnungen, die ihr jedoch entgangen waren.

So hatte das Unheil seinen Lauf genommen, ohne dass jemand es aufhalten konnte. Es hatte sich aus der Dunkelheit angeschlichen und unvermittelt zugeschlagen.

Alles hatte mit Harveys Albtraum von einem großen schwarzen Hund begonnen. Der Rest war eine unglaub­liche Geschichte.

3.

In der Nacht zum 4. Dezember wehte ein frostiger Wind durch die Straßen von Forest Hill. Das Thermometer war in den letzten Tagen auf den Gefrierpunkt gesunken, doch entgegen der Wetterprognosen blieb der erhoffte Schnee zur Adventszeit aus.

Das Haus der Familie Bridgewater befand sich in einem der besseren Wohnviertel Südlondons. Es war von einer hohen Hecke umgeben, die nur durch die breite Zufahrt zum Eingang unterbrochen wurde. Wenn man in dieser Zufahrt stand, fiel einem die außergewöhnliche Bauweise des zweistöckigen Gebäudes auf. Elemente aus Glas und Beton fügten sich in georgianische Backsteinwände, sodass traditioneller britischer Klassizismus und Modernismus aufeinandertrafen, jedoch ohne disharmonisch zu wirken.

Stephen Bridgewater hatte das Haus selbst entworfen und dafür sowohl einen Architektur- als auch einen Umweltpreis erhalten. Für den Bau hatte er ein neuartiges Wärmedämmungskonzept angewandt, das sich als überaus wirkungsvoll und zudem noch kostengünstig erwies. Eine bessere Werbung für seine Arbeit hätte er sich nicht wünschen können. Bald schon waren sein Design und das Konzept derart gefragt gewesen, dass er seine Anstellung in einem Londoner Architekturbüro hatte kündigen und ein eigenes Ein-Mann-Unternehmen gründen können.

Seine anfänglichen Bedenken, das Bridgewater-Modell könne eventuell nur ein vorübergehender Trend sein, der wieder abflaute, noch ehe sein Unternehmen vollends Fuß in der Branche gefasst hatte, erwiesen sich als unbegründet. Inzwischen erhielt Stephen Anfragen von Privat- und Geschäftsleuten aus dem ganzen Land. Dementsprechend häufig war er zu Kundenterminen unterwegs.

So auch in dieser Nacht.

4.

Es war bereits gegen halb eins, und das Haus lag im Dunkeln. Nur hinter einem der Fenster im ersten Stock brannte noch Licht.

Wie immer in den letzten Monaten, wenn Stephen nicht zu Hause war, fand Sarah keinen Schlaf. Sie kam sich deswegen ein wenig albern vor, schließlich war die Abwesenheit ihres Mannes früher nie ein Problem für sie gewesen. Im Lauf ihrer fünfzehnjährigen Ehe hatte Stephen natürlich schon öfter die eine oder andere Nacht außer Haus verbracht. Und auch wenn Sarah selbst hatte geschäftlich verreisen müssen, hatte sie immer gut schlafen können, selbst in einem noch so hellhörigen Hotelzimmer.

Doch dann hatte sich etwas verändert. Ganz allmählich und zunächst unmerklich. Eine namenlose Angst, ein entsetzliches Grauen war aus den Tiefen ihres Unterbewusstseins zur Oberfläche gestiegen. Zum ersten Mal war diese Angst vor etwas mehr als einem Jahr aufgetaucht. Seither war sie zu ihrem stetigen Begleiter geworden und trat immer dann in Erscheinung, wenn sie allein war.

Ihr Arzt hatte diese irrationale Angst als eine phobische Störung bezeichnet und ihr einen Therapeuten empfohlen, mit dem sie gemeinsam die Ursache ergründen sollte. Doch die Therapie hatte nicht so angeschlagen, wie sie es sich erhofft hatte, und Sarah musste immer häufiger an eine Formulierung denken, die sie einmal in einem Roman von Shirley Jackson gelesen hatte: Was auch immer dort umgehen mochte, ging allein um.

Auch jetzt war die Angst wieder hier bei ihr im Schlafzimmer.

Wie ein eisiger Windhauch.

Schnell schüttelte sie diesen Gedanken ab, sah kurz zur Uhr und vertiefte sich dann wieder in das Manuskript, das Nora ihr geschickt hatte.

Das ist der Vorteil, wenn man von Zuhause aus arbeitet, dachte sie. Man ist Herr seiner Zeit und kann in schlaflosen Nächten die Arbeit sogar mit ins Bett nehmen.

Sie überflog die ersten Seiten und las dann noch einmal das kurze Anschreiben, das Nora dem Manuskript beigelegt hatte.

Sorry, Liebes,

es wird Dir bestimmt wieder nicht gefallen. Aber so etwas verkauft sich nun einmal. Wenigstens stammt es diesmal von unserem Goldjungen. Du wirst es an Deinem Honorar merken.

Lass mich wissen, falls Du es trotzdem nicht machen willst. Keine Sorge, ich würde es verstehen.

Wir vermissen Dich hier!

Alles erdenklich Liebe und Gute für Dich,

Nora

Sarah lächelte. Ja, auch sie vermisste die Zeit, in der sie noch Tür an Tür gearbeitet hatten. Ihr fehlten Noras trockener Humor und ihre erfrischend jugendliche Art, die sie sich beibehalten hatte, auch wenn ihr fünfzigster Geburtstag schon ein gutes Stück hinter ihr lag.

Aber es gab Gründe, warum Sarah nicht mehr in den Verlag zurückkehren wollte. Triftige Gründe. Zum Beispiel die Türklinke zu ihrem Büro, die sie plötzlich nicht mehr hatte berühren können, ohne von Panikattacken heimgesucht zu werden. Oder Konferenzräume, in denen ihr scheinbar ohne jeden ersichtlichen Grund der kalte Schweiß ausgebrochen war und sie geglaubt hatte, sie müsse sich jeden Moment übergeben, wenn sie nicht sofort ins Freie lief.

Es waren Gründe, die jedem Außenstehenden verrückt erscheinen mussten und die deshalb nur schwer erklärbar waren. Immerhin hatte nicht einmal ihr Therapeut sie verstanden, auch wenn er ihr mit seinem einfühlsamen Blick zugenickt hatte.

Also blieb sie hier, in vertrauter heimischer Umgebung, und las, was auch immer Nora ihrem literarischen Urteil anvertraute. Sie hatte noch nie die Arbeit an einem Manuskript abgelehnt und würde es auch diesmal nicht tun. Dafür schätzte sie Noras freundschaftliche Unterstützung viel zu sehr. Ganz besonders, weil Nora nie nach den Gründen für Sarahs plötzliche Kündigung gefragt hatte. Es war ihr sichtlich schwergefallen, aber sie hatte Sarahs Entscheidung respektiert und ihr angeboten, sie auch weiterhin zu unterstützen, wo immer sie konnte.

»Sofern du das möchtest«, hatte sie hinzugefügt, und Sarah hatte ihr dankbar versichert, dass sie es möchte.

Deshalb widmete sie sich weiter dem neuesten Werk des jungen Autors, den die einschlägige Presse als den »Großmeister des Horrors« titulierte.

Es war eine der üblichen Serienkiller-Storys, die sich derzeit in den Buchläden türmten und reißenden Absatz erfuhren. Diesmal hatte es ein Psychopath auf schwangere Frauen abgesehen, denen er die Embryonen aus dem Körper schnitt, um seine Opfer anschließend damit zu ersticken.

Großmeister des Ekels wäre zutreffender, dachte sie und schüttelte missmutig den Kopf. Vor ihr lag eine weitere, über vierhundertseitige Aneinanderreihung realitätsferner Gewaltfantasien, die mit den Grausamkeiten ihrer Konkurrenz wetteiferte, um den Blutdurst der Leser zu befriedigen. Rasant heruntergeschrieben, ohne jeden Tiefgang.

Aber sie würde es durchstehen und sich einfach auf die sprachliche Überarbeitung konzentrieren, wie immer in solchen Fällen. Nora zuliebe, und auch für sich selbst. Denn solange sie von zu Hause aus arbeiten konnte, kam sie sich nicht völlig unnütz vor – trotz des zwangsweisen Abbruchs ihrer Karriere, und auch wenn Stephen immer wieder beteuerte, dass sie nicht arbeiten müsse, schließlich verdiene er genug.

Er schien sie nicht zu verstehen. Oder vielleicht wollte er auch einfach nicht verstehen, wollte nicht riskieren, einen Blick hinter die Fassade ihrer Ehe zu werfen. Dorthin, wo sich etwas Unbekanntes hinter allem Glück und vorgeblicher Zufriedenheit eingenistet hatte. Etwas, vor dem man sich vielleicht fürchten musste.

Und dass dieses Etwas existierte, wusste sie tief in ihrem Innern nur zu gut. Sie wollte nur nicht daran denken.

Nicht jetzt und erst recht nicht allein.

Also würde sie eine weitere schlaflose Nacht im Bett verbringen und Manuskripte lesen, die sie eigentlich nicht mochte.

Etwa eine Viertelstunde und etliche Grausamkeiten später – sie hatte gerade erfahren, was man mit Batteriesäure an weiblichen Genitalien anrichten konnte – hörte sie das leise Trappeln nackter Füße auf dem Gang.

»Mummy!«

Harvey kam ins Schlafzimmer gelaufen, und Sarah fuhr beim Anblick ihres sechsjährigen Sohnes erschrocken hoch. Sein Gesicht, auf dem sich eine Schlaffalte über die linke Wange zog, glänzte vor Schweiß, und das feine blonde Haar klebte ihm an der Stirn. Tränen standen in seinen Augen.

»Harvey, Schatz, was ist denn los?«

Er kam zu ihr, kroch unter die Decke und schmiegte sich an seine Mutter.

»Da ist jemand im Garten.«

Sie hob erstaunt die Brauen. »Wie? Wer um alles in der Welt sollte denn mitten in der Nacht in unserem Garten sein?«

»Ein Mann.«

»Ein Mann? Liebling, das war bestimmt nur wieder so ein Traum, wie der von dem schwarzen...

Erscheint lt. Verlag 9.9.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Angst • Ängste / Phobien • eBooks • London • Mark Behrendt • Psychiatrie • Psycho • Psychothriller • Psychothriller, Spannung, Ängste / Phobien, London, Thriller, Trigger, Mark Behrendt, Puppen, "Angst", Psycho • Puppen • Spannung • Thriller • Trigger
ISBN-10 3-641-08717-1 / 3641087171
ISBN-13 978-3-641-08717-3 / 9783641087173
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