Spießgesellen (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
256 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-49131-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spießgesellen -  Hiltrud Leenders,  Michael Bay,  Artur Leenders
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Zurück an vorderster Front: Kommissar Toppe Das Boot Europa ist voll! So lautet eine der Parolen der erst kürzlich gegründeten «Deutschen Humanistischen Mitte». Die will ihren Landesparteitag ausgerechnet in Kleve abhalten. Dort kocht die Stimmung hoch: Die neue Universität hat in kürzester Zeit Hunderte von Studenten in die Stadt gespült, darunter viele Ausländer. Ein bekannter Rechtspopulist hat seinen Auftritt angekündigt, große Protestveranstaltungen stehen bevor - Staatsschutz und Klever Polizei arbeiten fieberhaft an einem Sicherheitskonzept. Mit unterschiedlichsten Mitteln und Absichten, wie sich bald herausstellt. Und dann geschieht ein Mord ...

Hiltrud Leenders, geboren 1955 am Niederrhein, arbeitete zunächst als Übersetzerin und machte sich später einen Namen als Lyrikerin. Sie war Mutter von zwei Söhnen und seit 1990 hauptberuflich Schriftstellerin. 2018 ist Hiltrud Leenders gestorben.

Hiltrud Leenders, geboren 1955 am Niederrhein, arbeitete zunächst als Übersetzerin und machte sich später einen Namen als Lyrikerin. Sie war Mutter von zwei Söhnen und seit 1990 hauptberuflich Schriftstellerin. 2018 ist Hiltrud Leenders gestorben. Michael Bay, geboren 1955 in Rheine, arbeitet als Diplompsychologe und Psychotherapeut. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Artur Leenders, geboren 1954 in Merrbusch, arbeitet als Unfallchirurg in Kalkar. Seit über zwanzig Jahren ist er mit Hiltrud Leenders verheiratet und Vater der beiden Jungen.

Vier


Toppe war im vergangenen Jahr so einiges an Klatsch über Marie Beauchamps zu Ohren gekommen. Sie sei ein Wirbelwind, immer auf der Überholspur, hektisch, man könne kaum mit ihr Schritt halten, und der arme Bernie – ob der wohl jemals seine Ruhe hatte mit so einer Frau?

Bei ihrer Arbeit heute hatte Toppe sie ganz anders erlebt. Sie war besonnen und zielstrebig gewesen und, soweit er das beurteilen konnte, genauso gründlich wie Arend.

Und sie hatte ihm in einer Plastikdose das Geschoss mitgegeben, das Ludger Evers getötet hatte.

Als er jetzt die Tür zum Labor öffnete, bot sich ihm ein vertrauter Anblick: Klaus van Gemmern, grau und gebeugt und so vertieft in seine Arbeit, dass er es vermutlich nicht einmal bemerkt hätte, wenn eine Schützenkapelle vorbeimarschiert wäre.

Offensichtlich hatte er sich Evers’ Handy vorgenommen.

«Ich bringe dir die Kugel, oder was davon übrig ist», sagte Toppe. «Sie ist unter der Achsel in den Körper eingedrungen und hat die Herzspitze zerfetzt.»

Erst als er mit der Plastikdose rappelte, hob van Gemmern den Kopf.

«Ist gut. Ich nehme sie mir vor, sobald ich hiermit fertig bin.»

Toppe fragte sich, was wohl so wichtig an dem Handy sein mochte, aber er hielt den Mund. In der Regel wusste van Gemmern, was er tat.

 

Auf dem Flur der Kripo war es still, außer Bernie Schnittges und ihm schien heute keiner im Büro zu sein.

Bernie saß am Bildschirm und sah Toppe gespannt an. «Hast du Norbert erwischt?»

«Er hat mich angerufen, als ich gerade zu ihm fahren wollte», antwortete Toppe schmallippig.

Dann zog er seine Jacke aus, setzte sich an van Appeldorns Schreibtisch und erzählte die leidige Geschichte.

Ein Grinsen huschte Schnittges übers Gesicht. «Dem ist wohl der Rummel um sein Supertor beim Benefizspiel zu Kopf gestiegen.» Aber dann wurde er gleich wieder ernst. «Ein Kreuzbandriss ist eine schlimme Geschichte.»

«Und vor allem so langwierig», fügte Toppe gallig hinzu, musste dann aber lachen. «Ist schon manchmal ein bisschen peinlich, wenn wir Männer in die Jahre kommen. Na ja, vielleicht ist er jetzt endlich gescheit geworden.»

Er merkte gar nicht, dass er dabei den Bildschirm, die Tastatur, den Aktenkorb und das Telefon herumschob, bis alles so stand wie früher, als dies noch sein Platz gewesen war.

Er schaute zum Fenster hinaus.

Die ganzen Jahre hatte er hier auf die Brache des ehemaligen Klever Hafens geblickt.

Jetzt gruppierten sich dort auf dem Gelände rechts und links des Kanals die strahlend weißen Gebäude der neuen «Hochschule Rhein-Waal».

Vor drei Jahren war Kleve Hochschulstadt geworden und hatte es geschafft, in null Komma nichts den Campus aus dem Boden zu stampfen, einen sehr ansprechenden Campus, wie Toppe fand.

Die Hochschule war international aufgestellt, in vielen Fachbereichen war die Unterrichtssprache Englisch, und so kamen die Studenten von überall her.

In wenigen Jahren schon würden zehn Prozent der Innenstadtbewohner zwischen 18 und 25 Jahre alt sein, eine Altersgruppe, die in der Stadt immer gefehlt hatte.

Er wandte sich wieder Bernie zu. «Was hast du über Evers herausgefunden?», fragte er.

«Herzlich wenig.» Schnittges schaute auf seine Notizen. «Ludger Gerhard Evers, geboren in Kleve, ledig, keine Geschwister. Nicht vorbestraft. Ich hab ihn durch die ganzen Dateien laufen lassen, er ist nie auffällig geworden. Was uns angeht, also ein unbeschriebenes Blatt. Seit dem 1. April ist er in der Nassauer Allee gemeldet. Davor hat er am Opschlag gewohnt, und zwar seit seiner Geburt. Offenbar bei seinen Eltern, Gerhard und Maria Evers, die kurz nacheinander, 2007 und 2008, verstorben sind.»

«Der hat in seinem Alter noch bei den Eltern gewohnt?»

«Ich find’s auch seltsam. Vielleicht war er irgendwie behindert.»

Toppe schüttelte den Kopf. «Körperlich war bei der Obduktion nichts auffällig, und geistig muss es ja zumindest für den Führerschein gereicht haben. Was hat er denn beruflich gemacht?»

«Darüber habe ich nichts gefunden.» Bernie hielt einen Schlüssel in die Höhe. «Der müsste zu seiner neuen Wohnung an der Nassauer Allee gehören; hab ich mir eben im Labor abgeholt. Wollen wir los?»

 

«Und du bist ganz sicher, dass du dir die richtige Hausnummer aufgeschrieben hast?» Toppe traute seinen Augen nicht.

Sie standen vor einem brandneuen, todschicken Gebäudekomplex, von dem er etliche Male in der Zeitung gelesen hatte: Eigentumswohnungen vom Feinsten mit Security, Hausmeisterservice, Wellnessbereich und Pool – keine unter 300000 Euro. Für Kleve ein gewagtes Projekt.

Er hatte gehört, dass das Bauunternehmen «Vestobuild», das die Häuser hochgezogen hatte, inzwischen in die Insolvenz gegangen war und die Handwerksfirmen, die dort gearbeitet hatten, bisher leer ausgegangen waren. Wie auch immer, wenn man der lokalen Presse glaubte, waren die Wohnungen weggegangen wie geschnitten Brot. Es schien doch genug Leute zu geben, die über das nötige Kleingeld verfügten. Und zu denen sollte dieser verlotterte, kränklich wirkende Mann mit dem Quadbike gehören?

«Ganz sicher, hier steht’s ja auch. ‹L. Evers›.» Schnittges deutete auf die Klingelschilder – alle Namen einheitlich in mattgebürsteten Edelstahl geprägt –, die neben einem schweren Metalltor angebracht waren. «Oberster Stock.»

«Videoüberwacht», bemerkte Toppe, holte seinen Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn probeweise in die Kamera.

Nichts passierte.

«Warte mal», sagte Bernie, «hier ist ein Eingabefeld. Vielleicht braucht man einen Zugangscode.»

Toppe wurde ungeduldig. «Irgendjemand muss uns doch hier stehen sehen. Oder glaubst du, die Überwachungskameras sind nur Attrappen?»

Er wollte gerade die Hand heben, um gegen das Tor zu bollern, als es summend zur Seite glitt und ein Mann vor ihnen stand. Er trug eine gestärkte graue Uniform und eine Baseballmütze, die ihn zum «Security Officer» machte.

«Polizei?», fragte er. «Wie kann ich helfen?»

Schnittges sagte es ihm.

Der Mann stellte sich noch ein wenig breitbeiniger auf und streckte die Hand aus. «Da bräuchte ich den Durchsuchungsbefehl.»

«Nein», entgegnete Toppe freundlich, «den bräuchten Sie nicht», und erklärte ihm geduldig die Sachlage.

Der Mann trat zur Seite.

Sie kamen in einen Innenhof – Oliven- und Zitronenbäume in Kübeln, Granitstelen mit Wasserspielen –, dann in einen raffiniert beleuchteten Eingangsbereich mit einer Glaskanzel, die allerdings unbesetzt war.

«Demnächst wird hier rund um die Uhr unser Concierge sitzen», sagte der «Security Officer» und grinste großspurig. «Der Schlüssel alleine nützt Ihnen übrigens nichts. Ins Penthouse kommen Sie nur mit dem Lift, und da brauchen Sie den Code.»

«Na, dann rücken Sie den mal raus», forderte Schnittges ihn munter auf.

Der flüsterleise Aufzug brachte sie in Sekundenschnelle ins Dachgeschoss.

Den Schlüssel brauchten sie nicht, die Tür zu Evers’ Wohnung stand offen.

Einen Augenblick lang sahen sie sich nur sprachlos um: ein riesiger Raum, an drei Seiten Fenster bis zum Boden, die auf eine umlaufende Dachterrasse hinausgingen, an der vierten Wand eine Designerküche mit freistehendem Kochblock.

«Was für ein Wahnsinns-Fußboden!», entfuhr es Bernie.

Im Wohnraum lag mattschimmerndes Eichenparkett, im Küchenbereich gegossener Zement mit kleinen verstreuten Mosaikelementen in leuchtenden Farben unter einer Hochglanzversiegelung.

Die wenigen Möbelstücke, die wahllos im Raum herumstanden, waren allerdings mehr als schäbig: ein durchgesessenes Sofa mit einem ausgeblichenen Plüschbezug, zwei Cocktailsessel aus den Fünfzigerjahren, ein zerkratzter Schreibtisch, darauf ein brandneuer PC mit Monitor und Tastatur, alles ausgepackt, aber noch nicht angeschlossen. Überall stapelten sich offene Obstkartons, darin ein wüstes Durcheinander von Büchern und Papierkram.

Bernie schaute seinen Chef unschlüssig an.

Die beiden Männer hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Toppe darauf brannte, sich Evers’ Sachen anzusehen und sich so ein Bild von ihm zu machen, hätte Schnittges am liebsten das Weite gesucht. Er hasste es, in anderer Leute Zeugs herumzuwühlen, was vermutlich an seiner Familie lag. Wenn man fünf Geschwister hatte, war Privatsphäre ein kostbares Gut.

Toppe ging zielstrebig zum ersten Karton, und Bernie schaute sich die restlichen Räume an: ein imposantes Bad, völlig unberührt, keine Handtücher, kein Waschzeug, ein Ankleideraum, ein Schlafzimmer ohne Bett, in einer Ecke ein paar graue Müllsäcke.

Er öffnete sie mit spitzen Fingern: zerschlissene Bettwäsche, Wolldecken, Kleidung, auf den ersten Blick in keinem besseren Zustand als die Sachen, die Evers getragen hatte.

Wie passte das alles zu diesem Nobelschuppen?

Er kehrte zum Küchenbereich zurück und öffnete den amerikanischen Kühlschrank – leer. Auch in den Küchenschränken war nichts. Auf dem sechsflammigen Gasherd stand eine blaue Plastikwanne, die ein paar Küchengeräte enthielt, einen Toaster, ein Bügeleisen, einen Handmixer, alles fast schon antik, sicher über dreißig Jahre alt und klebrig von Fett und Kochdunst.

«Gewohnt hat der hier nicht», sagte er. Seine Stimme hallte unangenehm. «Im Schlafzimmer gibt es nicht einmal eine Matratze und auch keine Handtücher im Bad.»

Toppe brummte zustimmend. «Hilf mir mal mit diesen Kisten. Hier scheint nur irgendwelcher Mist drin zu...

Erscheint lt. Verlag 2.9.2013
Reihe/Serie Hauptkommissar Toppe ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Hauptkommissar Toppe • KK 11 • Niederrhein
ISBN-10 3-644-49131-3 / 3644491313
ISBN-13 978-3-644-49131-1 / 9783644491311
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