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»Ein Proll mit Klasse« (eBook)

Mode, Popkultur und soziale Ungleichheiten unter jungen Männern in Berlin

(Autor)

eBook Download: PDF
2013 | 1. Auflage
532 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-42086-8 (ISBN)
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Die umgangssprachliche Rede vom 'Prolligen' verdeutlicht, wie im alltäglichen Kommentieren von Kleidung, Körperhaltung oder Frisur die wechselseitige Antipathie von sozialen Gruppen mitverhandelt wird. Wie hängen die eigenmächtige Stilisierung als 'Proll' und die feindselige oder spöttische Etikettierung von außen zusammen? Was bedeutet zum Beispiel die Aussage, man sei 'auch nur ein Proll, aber ein Proll mit Klasse'? Auf der Grundlage ethnografischer Forschung bietet Moritz Ege Einblicke in solche 'Klassifikationskämpfe' und in die Lebenswirklichkeit junger Männer, deren proletenhafte Stilpraxis als Bedrohung und Provokation wahrgenommen wird. Dadurch kommen erstmals junge Erwachsene selbst zu Wort, die sonst nur Gegenstand von Debatten um gesellschaftliche Entwicklungen sind.

Moritz Ege, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie an der LMU München.

Moritz Ege, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Volkskunde/Europäische Ethnologie an der LMU München.

Inhalt 6
I. Teil: Figuren ästhetischer Differenz und sozialer Ungleichheit: Ein Problemaufriss 10
1. »Prolls« überall: Alltägliche Semantiken einer Figur 12
Das Vorhaben: Eine Kulturanalyse von Figurierungsprozessen auf mehreren Ebenen 18
2. Kulturanalyse von Figurierungsprozessen: Zur Methodologie 27
Kulturanalyse: ein kritisch-realistischer Ansatz 27
Figuren, Figurierungen, Figurationen 37
Figuren in der kulturwissenschaftlichen Forschung 44
Thesen zur Theorie der kulturellen Figur 50
Zwischenfazit 74
3. Schlaglichter: Stationen einer Figurierungsgeschichte 76
Anfänge: Figuren-Benennungen in Deutschland 77
Der Hooligan 78
Eckensteher, Straßenjungen, Halbstarke 84
Das Proletariat 88
Zur sozialwissenschaftlichen Figurierung: die »focal concerns« der Unterschichtsjugendkultur 91
Die Realschullinie: Teenager und Halbstarke 94
Populäre Kultur und Figuren des Vulgären 98
Soziale, politische und symbolische Entproletarisierung 100
Zwischenfazit 104
Punk und die Schwelle zur Postmoderne 106
4. Forschungsstand: Jugend/sub/kulturen 110
Jugendsubkulturen heute 111
Stil: Kohärenz und Fragmentarität 115
»Double Articulation« 119
Sozialität/Vergemeinschaftung 122
»Techno-Tracys« und die Hipness-Ökonomie 125
»Chavs« als konsumgesellschaftliche Figur der Prekarität 127
II. Teil: Berliner Figuren:Ein jugendsubkulturelles Figurierungsfeld 132
1. Eine post-proletarische Stadt 134
Proll-Sein: Eine Stilfrage? 143
2. Methoden: Eine ethnografische Kulturanalyse 145
Bei/mit Picaldi 146
Eiertanz und Einverständnis 154
Informelle Gruppen: Tempelhof und Pankow 156
Stadt-, medien- und kleidungsethnografische Methoden 164
Gender-Fokus: junge Männer und Männlichkeiten 168
3. Picaldi-Style: kontroverse Hosenund Figuren 169
»Von Kreuzberg in die Charts: Die Picaldi-Story« 169
Karottenjeans und Männer-Körper 171
Picaldi und Prestige: Zwischen Kopie und Original 179
Relationen/Relationalität: Karotten vs. Baggies und »gerade Jeans« 188
Picaldi-Hass 198
»Authentische Kommodifizierung«: Bushido und die Frage der »Realness« 201
Von Zuckerfest bis Jugendweihe 209
Territoriale Wahrnehmungsästhetiken: Ort, Herkunft, Anspruch 210
Sozialstruktur der Picaldi-Kundschaft: Unterschicht oder vergessene Mitte? 223
»Früher eher baggy, jetzt normal Gangster« 226
Gangsters und Gangstas 228
Kanaken-Style 231
Player und Playboys 233
Styler 238
Atzen-Style 239
»Prollig« und »Prolls« 245
Berliner Figuren (Zwischenfazit) 249
Einschub: Methodenfragen 259
Transversale Diffusion und gespenstische Affinität 262
III. Teil: Proll-Figurenin gesellschaftlichen Diskursen 268
1. What is being made of some people 270
2. Figurierungs-Komplexe: Zeitungen und Popkultur 272
Zeitungen: Inhalts- und Diskursanalyse 273
Assoziationen/Sympathien 275
Einstellungen 283
Antonyme 289
Typologien 292
»Metaerzählungen« 297
Performativität und Antagonismen 299
3. »Der weite Kosmos des Proll-TV«: Die Knowingness der populären Kultur 305
Figuren, Formate und Personen: Homologien des Vulgären 308
Figurierungs-Reflexivität 312
Von den Proll-Figuren der »Unterschichtfernsehen«-Debatte zur Sozialdisziplinierung? 315
Der Deutsch-Rap-Komplex 319
Bushido und die »Proll-Schiene« 321
Sido: Der Straßenjunge als »asozialer Proll und Prolet« 324
Fazit: Deutsch-Rap-Komplex 327
IV. Teil:Stil und Selbst-Figurierung zwischen Eskalation und Reflexivität 332
1. Individuelle Stil-Praktiken und gemeinsame kulturelle Themen 334
Kleidung und Stil: Forschungsperspektiven 336
2. De-/Eskalation durch Stil: Figurierungsgeschichten und Kontexte 341
Mesut 341
Robbie 361
Territoriale Gesten und Ästhetiken 386
Tarek 392
Ein Recht auf Ambivalenz? 411
Zwischenfazit 414
Drei Arten von »Möchtegerns« 417
3. Reflexivität, Reflektiertheit und die Stilisierung des »Prolligen« 436
Yusuf 437
Jörg 443
Reflexive Prolls und reflektierte Proleten 448
Tim 450
Repertoirisierung und Distanzierung des »Prolligen« 459
Repertoirisierung: Formen, Funktionen, Politiken 462
Yusuf: Switching als Selbstbehauptung 466
Performative Repertoirisierung: Diskurs-Figuren 469
Repertoirisierung und Reflexivität: ethnografisch-kulturanalytisches Fazit 476
Resümee und Schlussbetrachtungen 484
Verkörperungen: Figuren von Prekarität,Gefährdung und Stärke 486
Die Proll-Figur: Benennungen und Figurierungen 489
Benennungen: Eine unabgeschlossene Resignifizierung 491
Anhang 494
Einige Macht- und Repräsentationsfragen 496
Nähe und Distanz: akzeptable Inkompetenzund das »Auto-Ethno-Kontinuum« 501
Literatur 507
Danksagung 533

1. 'Prolls' überall: Alltägliche Semantiken einer Figur

In einer Gesellschaft, die sich als demokratisch-egalitär orientiert versteht, sich aber auch als heterogen und sozial polarisiert beschreiben lässt, sind Unterschiede in der Stilisierung der alltäglichen Lebensführung, der Kleidung, den Körperhaltungen oder Frisuren in unübersichtlicher Art und Weise mit sozialen Ungleichheiten und ihren politisch-moralischen Überformungen verwoben. In der Figur des 'Prolls' und in der Rede über 'das Prollige' werden die Ambivalenzen des alltäglichen Umgangs mit sozialen Ungleichheiten und ästhetischen Differenzen in besonderer Weise sichtbar. Die Funktionsweisen solcher kultureller Verdichtungen, vor allem unter Jugendlichen, sind Gegenstand dieser Studie und werden an exemplarischen Fällen untersucht. Die folgenden Schlaglichter auf vier kurze Szenen und Sachverhalte führen in die Thematik ein, indem sie verschiedene Verwendungen dieser Figur und mit ihnen verbundene Ambivalenzen illustrieren.

Die erste Szene spielt bei Casa, einem kleinen Jugendmode-Geschäft in der Heinz-Galinski-Straße in Berlin-Wedding. 'Wir wollen mehr so das Prollige', sagt Cengiz, der Verkäufer, beim Erklären dessen, was die Eigenmarke ausmacht, und zeigt auf ein T-Shirt, auf dem 'Casa' steht. 'Casa, italienisch für Villa', erklärt der Mittdreißiger, der ein fein rasiertes O-Bärtchen trägt, einen glitzernden Ohrring und auf dem Kopf eine Base-Cap, die über und über mit dem Logo von Dolce & Gabbana bedruckt ist. 23 Euro kosten die Jeans hier. Nächste Woche, erzählt der Verkäufer, tritt der Weddinger Gangsta-Rapper 'Massiv' mit Casa-Sachen bei einer Livesendung auf MTV auf. Davon erhofft man sich einiges. Was Cengiz mit 'prollig' meint? Er zuckt mit den Schultern und zeigt auf den T-Shirt-Druck, 'Na, hier, so halt'. Er zeigt auf die großen, silbernen Lettern. 'Bei Hugo Boss oder so ist das Logo nur klein; hier ist es sehr groß. Das ist der Unterschied, das Prollige'. Sein eigener Look mit der Dolce & Gabbana-Cap (also von einer Marke, deren kulturelle Wertigkeit mir ein Modejournalist später als 'edel-prollig' erklärt) verkörpert selbstbewusst, was er verkauft. Mit dieser Kennzeichnung evoziert er eine kulturelle Figur. Konkret verweist er zunächst auf einen ästhetischen Gestus, der mit einem demonstrativen Ausstellen zu tun hat. In diesem Sinn geht es beim 'Prolligen' um eine Stilisierung, die bewusst mit der Verkörperung eines kulturellen Typus (des 'Prolls') spielt. 'Prollig' bezeichnet dann einen der Figur entsprechenden kulturellen Code beziehungsweise das Stereotyp eines solchen Codes oder Registers.

Zugleich stehen die Casa-Produkte nicht nur für eine Geste, sondern für einen ganz speziellen subkulturellen Stil, den Jugendliche 'Picaldi-Style' (nach einer lokalen Jeansmarke), 'Kanaken-Style', 'Ghetto-Style', 'Proll-Style' oder 'Gangsta-Style' nennen und der zu einer spezifisch Berliner jugendkulturellen Figuration gehört, die ich in dieser Arbeit beleuchten und auf verschiedenen Ebenen kontextualisieren werde. Bushido, der erfolgreichste deutsche Rapper und Inbegriff jenes Stils, nannte seine Ästhetik jedenfalls ganz in diesem Sinn die 'Proll-Schiene'. Während Cengiz mit dem 'Prolligen' primär einen ästhetischen Gestus bezeichnet, eine Stilisierungsabsicht, spielt das Wort 'Proll-Style' - die Bezeichnung 'Ghetto-Style' macht es noch deutlicher - mehr oder weniger indirekt auch auf eine soziale Position an, auf 'Unterschichten' im weiteren Sinn. Ihnen gehören auch die meisten von Cengiz' Kunden an, die im Berliner Bezirk Wedding leben, einem ehemaligen Arbeiterviertel in einer deindustrialisierten, multiethnischen Stadt. Die soziale Verortung des 'Prolligen' bleibt in Wortverwendungen wie der bei Cengiz jedoch in charakteristischer Weise vage und mehrdeutig, da die großen Logos und das in einem positiven Sinn als 'prollig' verstandene 'Prot­zen' mit der Marke auch unter wohlhabenden Berühmtheiten verbreitet ist, die gewiss keine 'Unterschicht' repräsentieren. Ohnehin macht Letzteres eine hochgradig problematische, von Wertungen überformte Kategorie aus. Trotzdem stellt sich angesichts solcher Ambivalenzen die Frage, ob 'das Prollige', wie es Cengiz präsentiert und verkauft, nur ein stilisierter Gestus ist, oder ob darunter nicht auch ein Habitus verstanden wird, der von den Akteuren selbst nur sehr schwer bewusst gesteuert werden, anderen aber als Anhaltspunkt für soziale Klassifikationen dienen kann.

Die zweite Szene findet im Internet unter Jugendlichen statt, die ihren eigenen Stil gerade nicht als 'prollig' bezeichnen. Hier geht es weniger um Stilisierung als um eine Etikettierung von außen. 'Ein Phänomen der aktuellen Jugendgeneration ist aber sicherlich die ?Verprollung?, die man imo (in my opinion, Anm.) durchaus besorgt betrachten muss', schreibt ein Jugendlicher auf der Diskussionsseite einer Tanzschule in Berlin-Reinickendorf, einem eher kleinbürgerlich geprägten Bezirk (30.8. 2006). 'Was bedeutet Kindheit heute?', hatte ein anderer Teilnehmer, ein Mittänzer und Student, für ein Uni-Referat ins Forum hinein gefragt. Darauf kamen vor allem kulturpessimistische Antworten, wie auch der Fragesteller bald bemerkt. 'In der schule kommen kleine prolls mit dem messer an und wollen dich abziehen', schreibt ein junger Mann in seiner Stichwortliste (Kleinschreibung aus dem Forum übernommen). Die Klage steht zwischen 'bei der schwester von nem freund rauchen welche in der dritten klasse' und dem Eintrag 'zerbrochene Familien' (31.8. 2006). Ein weiterer Jugendlicher stimmt zu, auch er konnte in seiner Schule 'eine ständig steigende Verprollung feststellen', die er unter anderem mit einem 'Trend zum Ausschalten des Gehirns' verbindet. Eine Forumsteilnehmerin beschreibt die 'Verprollung' unter sich exzessiv schminkenden Schülerinnen und setzt diesem neuen, nunmehr offenbar dominanten Typus den früheren 'alternativen' Charakter der Schule entgegen: früher war die Schule (links-)alternativ, heute ist sie 'verprollt'. Die sogenannten 'Prolls' geben hier also Anlass zu zeitdiagnostischen Klagen über bedrohliche oder doch zumindest bedauerliche Entwicklungen. Viele Beschwerden speisen sich aus wiederkehrenden städtischen Interaktionssituationen, vor allem im öffentlichen und halböffentlichen Raum, und häufig aus dem Hörensagen (was der 'Schwester von nem Freund' widerfuhr etc.): Die 'Prolls' belästigen nicht nur durch Anpöbeln und Abziehen, sondern auch durch lautes Musikhören auf dem Handy, bevorzugt Deutsch-Rap oder Hip-Hop: Im Bus 'kamen dann zwei Prolls (ca. 18 Jahre alt) an' und setzten sich neben ein älteres Ehepaar, das sie mit lauter Musik mit vulgären Texten provozierten, so zumindest der Autor, der beobachtete, dass die 'Prolls' 'mit den Händen quasi Trichter formten', um den Schall in Richtung des Ehepaars zu leiten. Als 'pervers', 'gehässig' und 'respektlos' und 'traurig' bezeichnete der Tänzer die Jugendlichen.

Hier sind die 'Prolls' eine kategorial andere, als sozial und moralisch unterlegen gekennzeichnete Gruppe, die zugleich offenkundig als bedrohlich empfunden wird. Wer die jugendkulturelle Szenerie ein wenig kennt, vermutet, dass hier vornehmlich von (post)migrantischen Jugendlichen die Rede ist, für die 'Prolls' nicht selten als gewissermaßen euphemistisches Codewort dient, auch wenn sich die Bedeutung darin nicht erschöpft. Das Wort verweist also nicht nur, wie in der ersten Szene, auf einen stilistischen Modus, sondern zugleich auf einen sozialen Typus, der mit absichtlicher 'Verblödung' und Bildungsabstinenz, aber auch mit Dominanz und Aggression verbunden wird. Gerade diese Konstellation verkörpert demnach das 'Prollige'. Bedrohlich ist dieser Typus nicht nur in konkreten Interaktionssituationen, sondern auch deshalb, weil er die Gegenwartskultur zunehmend zu prägen scheint. Die Proll-Figur, von der hier die Rede ist, wird nicht nur in der Schule beobachtet, man kennt Ähnliches auch aus Reality-Sendungen im Fernsehen, aus Rap-Texten, aus der Satire und vielen anderen Quellen.

Das dritte Schlaglicht liegt nicht auf einer einzelnen Szene, sondern richtet den Blick auf Wörterbücher, die den Anspruch haben, den dominanten gesellschaftlichen Sprachgebrauch abzubilden. In den Wörterbüchern - beispielhaft im Duden (2000) - werden (vorgeblich) klare Definitionen der fraglichen Vokabeln angeboten, die vorwiegend auf schlechtes Verhalten abheben.

Proll, der; -s, -s [zu Prolo] (salopp, bes. Jugendspr., abwertend): ungehobelter, ungebil­deter, ordinärer Mensch; Prolet (2): So muss der P. von Welt heute aussehen: lange Haa­re [...], blonde Strähnen, Goldkettchen und stets die Kippe in der Pranke (Hörzu 8, 1996, 29). prol|lig (salopp, bes. Jugendspr., abwertend): proletenhaft. prolo [indirekt Adj.] [zu Prolet] (salopp, bes. Jugendspr., abwertend): proletenhaft, unfein, ungehobelt, ordinär [Bsp. aus Spiegel, 1993]

Die Semantik ist an dieser Stelle eine behaviorale: Es geht vor allem um schlechtes Benehmen. Definitionen wie dieser Eintrag im Duden erwecken den Eindruck, als sei die soziale Zuordnung - die Herleitung vom 'Proletariat' - gänzlich verschwunden, als ginge es hier ausschließlich um Benehmensfragen. Stärker präsent sind die sozialen Resonanzen in solchen Quellen noch beim ebenfalls umgangssprachlich geprägten Wort 'Prolet'. Ihm weisen die Duden-Lexikographen zwei klar voneinander unterschiedene Bedeutungen zu, eine deskriptive, die sie als umgangssprachlich und veraltend kennzeichnen, und eine 'abwertende': den Menschen ohne Manieren.

Pro|let, der; -en, -en [rückgeb. aus Proletarier]: 1. (ugs. veraltend) Proletarier (1): Die alten Genossen hatten also Recht: Man kann etwas erreichen, auch wenn man nur ein kleiner P. war (Kühn, Zeit 158). 2. (abwertend) jmd., der keine Umgangsformen hat: er ist ein richtiger P.; wenn ich irgendjemand nett finde, wenn es nicht gerade ein P. ist, tanze ich gerne mit ihm (Fichte, Wolli 238); jmdn. als -en beschimpfen. (2000)

Mit den Adjektiven 'proletarisch' und 'proletenhaft' scheint eine säuberliche Trennung dieser Bedeutungen auf zwei unterschiedliche Worte gegeben: 'proletarisch' wird ohne abwertende Beispiele aufgeführt; zu 'proletenhaft' findet sich folgende Zuordnung: 'pro|le|ten|haft (abwertend): sich wie ein Prolet (2) verhaltend; ungebildet u. ungehobelt: ein -es Benehmen; sich p. aufführen'. Sich proletenhaft zu verhalten, erinnert demnach nur an den Menschen ohne Manieren, nicht aber an den Proletarier. Im Handwör­terbuch der deutschen Gegenwartssprache (Berlin: Akademie, 1984), dem größten lexikalischen Werk der DDR, findet sich dagegen folgender Eintrag, der den 'abwertenden' Aspekt unmittelbar nicht nur an das soziale Substrat - die Arbeiter - rückbindet, sondern auch eine weitere Einheit einführt, nämlich einen sozial charakterisierten typischen Sprecher: 'Prolet, der: Kurzw. f. Proletarier; in der Klassengesellschaft von der Bourgeoisie diskriminierend gebraucht'.

Erscheint lt. Verlag 10.9.2013
Zusatzinfo 17 Abb. s/w und in Farbe
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Deutschland • Europäische Ethnologie • Figurierungsprozess • Kulturanalyse • Migrationsforschung • Popkultur • Sozialpädagogik
ISBN-10 3-593-42086-4 / 3593420864
ISBN-13 978-3-593-42086-8 / 9783593420868
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