Kein Platz für Idioten (eBook)

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2013 | 1. Auflage
126 Seiten
Haymon (Verlag)
978-3-7099-7614-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kein Platz für Idioten -  Felix Mitterer
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Ein berührendes Volksstück um einen Bauernburschen, der auf Grund seiner Behinderung von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen wird. 'Kein Platz für Idioten' wurde 1977 als das erste Theaterstück des Tiroler Dramatikers Felix Mitterer uraufgeführt, seither gab es 76 Inszenierungen mit ca. 1240 Aufführungen, wobei der Autor selbst über 200mal die Rolle der behinderten Hauptfigur in Innsbruck, Wien und auf Deutschland-Tournee spielte. Das Stück wurde quer durch den deutschsprachigen Raum in zahlreiche Mundarten übersetzt sowie auch mehrmals von Fernsehanstalten (ORF, RAI, SRG, NDR) aufgezeichnet. Siebzehn Jahre nach der Uraufführung gab es einen Fernsehfilm des ZDF (Regie Gedeon Kovacs), dessen Drehbuch in manchem vom Stück abweicht.

Felix Mitterer, geboren 1948 in Achenkirch/Tirol, lebt nach einigen Jahren in Irland heute in Niederösterreich. Seit 1978 erfolgreicher Theater- und Drehbuchautor. Die mehrteiligen Filme Verkaufte Heimat und Piefke-Saga sind seine bekanntesten, vielfach preisgekrönten Fernseharbeiten, Kein Platz für Idioten, Besuchszeit, Sibirien die am meisten aufgeführten Theaterstücke. Seit 1987 legt der Haymon Verlag Mitterers Stücke und Drehbücher im Druck vor. Zuletzt erschienen: Die Beichte. Theaterstück (2004; Prix Italia und ORF-Hörspiel des Jahres 2003), Stücke 4 (2007), Der Panther. Theaterstück (2007), das goldene dachl und seine rätselhafte inschrift. eine poetische annährung (Hrsg. 2012 gem. mit Lukas Morscher und Christian Ide Hintze). Bei HAYMONtb: Der Patriot. Ein-Mann-Stück (2009), die gesammelten vier Teile der Piefke-Saga. Komödie einer vergeblichen Zuneigung (2010), sowie Die Beichte (2011).

Felix Mitterer, geboren 1948 in Achenkirch/Tirol, lebt nach einigen Jahren in Irland heute in Niederösterreich. Seit 1978 erfolgreicher Theater- und Drehbuchautor. Die mehrteiligen Filme Verkaufte Heimat und Piefke-Saga sind seine bekanntesten, vielfach preisgekrönten Fernseharbeiten, Kein Platz für Idioten, Besuchszeit, Sibirien die am meisten aufgeführten Theaterstücke. Seit 1987 legt der Haymon Verlag Mitterers Stücke und Drehbücher im Druck vor. Zuletzt erschienen: Die Beichte. Theaterstück (2004; Prix Italia und ORF-Hörspiel des Jahres 2003), Stücke 4 (2007), Der Panther. Theaterstück (2007), das goldene dachl und seine rätselhafte inschrift. eine poetische annährung (Hrsg. 2012 gem. mit Lukas Morscher und Christian Ide Hintze). Bei HAYMONtb: Der Patriot. Ein-Mann-Stück (2009), die gesammelten vier Teile der Piefke-Saga. Komödie einer vergeblichen Zuneigung (2010), sowie Die Beichte (2011).

1. AKT


Sommer.

Bauernstube. Ein Fernsehapparat mit Videorecorder unter dem Herrgottswinkel, ein Spiegel links neben der Tür, ein Tisch in der Mitte. Fallenlassen eines Blechkübels auf dem Gang draußen, der Kübel rollt hörbar über den Boden, wird wieder aufgestellt. Wenig später öffnet sich langsam die Tür an der Rückwand und der Junge betritt die Stube. Er ist barfuß, trägt eine alte, weite, zu kurze Hose mit Hosenträgern, ein zu großes Hemd und eine abgenützte Clownmaske vor dem Gesicht. Der Junge bewegt sich sehr schwerfällig und verkrampft. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hat, bleibt er einen Moment stehen und schaut in Richtung Publikum. Dann will er ganz in den Raum hineingehen, sieht aber plötzlich den Spiegel neben der Tür und bleibt stehen. Langsam geht er auf den Spiegel zu, bis er mit der Nase der Maske fast daranstoßt. Auf einmal schiebt er die Maske über den Kopf zurück und betrachtet sein Gesicht im Spiegel. (Das Publikum darf sein Gesicht dabei nicht sehen, was leicht zu machen ist, da der Junge ja mit dem Rücken zum Publikum steht und sein Gesicht sich dicht vor dem Spiegel befindet.) Während der Junge sich anschaut, befinden sich seine Hände am Spiegelrahmen. Die Hände rutschen in einer resignierenden Bewegung langsam am Spiegelrahmen hinunter, der Junge zieht schnell wieder die Maske übers Gesicht und wendet sich mit einem leisen Wehlaut vom Spiegel ab. Er geht langsam zur Rampe vor, schaut kurz übers Publikum hinweg, erblickt dann den Fernsehapparat und geht auf ihn zu. Er bleibt vor ihm stehen, beugt sich unschlüssig vor, weicht etwas zurück, streckt plötzlich die Finger nach der Einschalttaste aus, zuckt wieder zurück, klopft nervös die Hände zusammen, schaut zum Fenster, geht schnell hinüber, blickt aus dem Fenster, geht wieder zum Fernsehapparat, fährt zögernd mit der Hand hin, schaltet dann schnell ein, weicht zurück und schaut. Bild und Ton kommen, es läuft ein Spiel- oder Zeichentrickfilm. Der Junge setzt sich auf den Boden und schaut zu, kommentiert die Handlung mit ein paar unartikulierten Lauten, bewegt die Arme dazu. Plötzlich erschrickt er, schaut zum Fenster, steht auf, geht schnell zum Fenster, blickt hinaus, geht wieder zum Fernseher, dreht dann den Ton des Fernsehers ab. Er tritt wieder zurück, kniet sich hin und schaut. Draußen öffnet sich die Haustür, Schritte sind zu hören.

STIMME DES ALTEN: Is wer dahoam?

Der Junge erschrickt furchtbar, läuft zum Fernseher, schaltet ihn aus, sucht in panischer Angst nach einem Versteck, kriecht unter den Tisch. Die Tür öffnet sich, der Alte schaut herein, kommt in den Raum, schließt die Tür, bleibt unschlüssig stehen. Er hat einen Vollbart oder auch nur einen Schnurrbart und trägt abgenutzte, dunkle Kleidung, wie sie auf dem Land getragen wird.

ALTER: Novo, wart i halt a Pfeifen lang.

Er geht langsam zum Fenster, schaut hinaus, holt Pfeife und Tabaksbeutel hervor, schaut während des Stopfens aus dem Fenster, zündet die Pfeife an, holt eine Taschenuhr heraus, schaut nach der Zeit.

ALTER: Wem alle beim Heuen sein, wahrscheinlich.

Der Junge kauert verängstigt und zusammengekrümmt unter dem Tisch, schaut immer wieder zum Alten. Der Alte geht langsam auf die rechte Seite des Tisches, setzt sich auf den Stuhl, streckt die Beine aus und berührt mit einem Fuß die linke Hand des Jungen, der erschreckt aufschreit und zurückweicht. Der Alte schaut überrascht unter den Tisch und lacht auf.

ALTER: Ja was is denn des? Ja wen hamma denn da, ha? Gibts denn des a?!

Der Junge ist ganz starr vor Angst.

ALTER: A Faschingskasperl unterm Tisch! Ha? Mitten im Sommer! - Was tuast denn da, ha?

Der Junge weicht weiter zurück.

ALTER: Ja, was is denn? Ha? Hast vielleicht Angst vor mir? Ha?

Der Junge reagiert nicht.

ALTER: Vor mir brauchst doch koa Angst ham, Mandl! Kennst mi doch, oder? I bin der Plattl-Hans, woaßt nimmer?

Der Junge wendet sein Gesicht ab.

ALTER: Geh, mir ham uns doch schon öfter gsehn! — Kannst di nimmer erinnern, ha?

Der Junge schaut den Alten an, dieser steht auf, geht ein wenig weg, schaut unter den Tisch.

ALTER: Ah, jetzt komm doch außa da! Bist doch koa Hundl, oder?

Der Junge blickt unter dem Tisch hervor.

ALTER: Aber geh, vor mir brauchst wirklich koa Angst ham, Wastl! (Zu sich:) Armer Bua!

Der Alte geht zum Tisch, kniet nieder, der Junge weicht zurück.

ALTER: Geh, komm doch außa da, Mandl! Gschieht dir ja nix!

Der Alte greift nach dem Arm des Jungen, dieser weicht mit einem leisen Aufschrei weiter zurück und wendet seinen Kopf ab.

ALTER: Armer Heiter! I woaß scho, wia s’ mit dir umgehn. I woaß scho. Is ja koa Wunder, daß d’ a Angst hast. — Aber jetzt komm, geh doch außa da!

Der Junge krümmt sich mit abgewendetem Kopf ganz ins Eck des Tisches, der Alte steht seufzend auf, setzt sich wieder. Er ist ratlos, schaut zum Jungen hinunter.

ALTER: Is dir die Larven nit z’hoaß, bei der Hitz, ha? Du muaßt ja ganz narrisch schwitzen drunter! — Sein s’ alle beim Heuen draußen, was? Und du tuast ’s Haus bewachen, gell?

Die Haustür öffnet sich, Schritte auf dem Gang, der Junge erschrickt, der Alte horcht, steht auf, geht zur Tür, öffnet sie.

ALTER: Griaß di, Bäuerin!

STIMME DER MÖLLINGER-BÄUERIN: Ah, der Plattl-Hans! Griaß di!

ALTER: I bin grad kommen, woaßt, war aber niemand da. Hab i ma denkt, wart i halt a bißl. Wär ja Mittag.

STIMME DER MÖLLINGER-BÄUERIN: Ja, woaßt, i hab ihnen ’s Essen außibracht. Uns pressierts. Mir müassen schaun, daß ma’s Heu einadabringen. Wart a bißl, i trag grad ’s Gschirr in die Kuchl. Setz di nieder derweil.

ALTER: Is guat. (Geht wieder zum Tisch, setzt sich, schaut zum Jungen hinunter, schüttelt den Kopf.) Mein Gott, Bua!

Die Möllinger-Bäuerin kommt herein, der Junge blickt nach ihren Beinen.

MÖLLINGER-BÄUERIN: Ah, ja. (Sie setzt sich an die Rückseite des Tisches, mit dem Gesicht zum Publikum, wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn, nimmt das Kopftuch ab.) Woaßt, jetzt derpack ma’s amal hint und vorn nimmer. Dauernd hats uns dreingregnet, die letzten Wochen! Schön langsam wär uns bald des Heu verfault auf die Schwedenreiter.

ALTER: (setzt sich näher zum Tisch, als ob er den Jungen schützen wollte) A grausigs Wetter war des, ja. Aber seit a paar Tag hoazts wieder owa, mei Liaber!

MÖLLINGER-BAUERIN: Ja. A so a diesige Hitzen is des, a schwere. I trau dem Wetter nit ganz! Werd bald wieder was kommen. Jetzt fehlt uns grad no a Hagel. Nacha is der Troad a hin!

ALTER: Jaja, es stimmt oanfach nimmer mit’n Wetter. Als wenn die Natur an Grant hätt!

MÖLLINGER-BÄUERIN: SO is es, ja. Hans, was is nacha? Hilfst uns?

ALTER: Freilich hilf i enk. Deswegen komm i ja her. Der Binder-Ernst hat ma’s heut Vormittag ausgrichtet, daß ihr mi brauchts.

MÖLLINGER-BÄUERIN: Guat, Hans. Zwoahundert, wia immer?

ALTER: Ja, guat.

MÖLLINGER-BAUERIN: Frische Eier gib i dir dann a mit. Und wenn ma a Sau stechen, nacha kriagst a Trumm Fleisch.

ALTER: Is scho recht.

MÖLLINGER-BAUERIN: So a zwoa Wochen tät ma di scho brauchen.

ALTER: Ja, guat. Versäumen tua i eh nix.

MÖLLINGER-BÄUERIN: Am gscheitesten is, du schlafst bei uns, weil um fünfe fangt der Bauer schon an mit’n Mähen.

ALTER: Guat.

MÖLLINGER-BAUERIN: Machts dir was aus, wenn du glei heut no anfangst?

ALTER: Nana, macht ma nix aus. I geh glei außi mit dir.

MÖLLINGER-BAUERIN: Na, du muaßt alloan gehn. I muaß jetzt dableiben. Wegen der Sau, woaßt. Die is heut soweit.

ALTER: Aha, gibts an Nachwuchs?

MÖLLINGER-BAUERIN: Ja. Is eh scho über die Zeit. A lästige Warterei.

Der Alte klopft die Pfeife am Aschenbecher aus.

ALTER: Guat dann. Wo sein’s denn?

MÖLLINGER-BAUERIN: Hinter der Kapellen, woaßt eh.

Der Alte steckt die Pfeife ein.

ALTER: Ah so, ja, woaß schon. Wer is’n aller draußen?

MÖLLINGER-BAUERIN: Der Bauer und die Schneiter-Kathl und der Bua von meiner Schwägerin. Die Kathl richtet ja nimmer viel aus, mit ihrm Alter. Aber verlangen tuat sie...

Erscheint lt. Verlag 28.5.2013
Verlagsort Innsbruck
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Ausgrenzung • Bauern • Behinderung • Dorfbewohner • Dorfleben • Drama • Faschismus • Lesedrama • Soziale Außenseiter • Theaterstück • Tirol • Volksstück
ISBN-10 3-7099-7614-6 / 3709976146
ISBN-13 978-3-7099-7614-2 / 9783709976142
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