Ein Wispern unter Baker Street (eBook)

Roman
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2013 | 1. Auflage
400 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-41832-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Wispern unter Baker Street -  Ben Aaronovitch
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Mord und Magie im Londoner Untergrund  Es ist ja nicht so, dass Peter Grant, Zauberer in Ausbildung und Police Constable, nichts für das Pauken von Lateinvokabeln übrighätte - bestimmt nicht! Aber es ist doch immer wieder schön, wenn zur Abwechslung auch mal reelle Polizeiarbeit gefragt ist. Ein Unbekannter wird im U-Bahn-Tunnel nahe der Station Baker Street tot aufgefunden - erstochen, und es deutet alles auf die Anwesenheit von Magie hin. Ein Fall für Peter! Der unbekannte Tote stellt sich als amerikanischer Kunststudent und Sohn eines US-Senators heraus und ehe man »internationale Verwicklungen« sagen kann, hat Peter bereits die FBI-Agentin Kimberley Reynolds mitsamt ihren felsenfesten religiösen Überzeugungen am Hals. Dabei gestalten sich seine Ermittlungen auch so schon gruselig genug, denn in vergessenen Flüssen und viktorianischen Abwasserkanälen hört er ein Wispern von alten Künsten und gequälten Geistern... 

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter >Doctor Who<, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter ›Doctor Who‹, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

1
Tufnell Park


Im Sommer hatte ich den Fehler begangen, meiner Mum zu erzählen, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiente. Nicht das mit der Polizei – das wusste sie natürlich, sie war ja bei meiner Abschlussfeier in Hendon dabei gewesen. Nein, ich meine, dass ich für die Abteilung der Metropolitan Police arbeitete, die fürs Übernatürliche zuständig ist. Meine Mum hatte sich das als »Hexenjäger« übersetzt – was Vorteile hatte, weil meine Mum, wie die meisten Westafrikaner, Hexenjäger für einen viel anständigeren Beruf hält als Polizist. In einem unvermuteten Anfall von mütterlichem Stolz ließ sie es sich nicht nehmen, sofort all ihren Freunden und Verwandten mein neues Arbeitsgebiet zu schildern – einem Personenkreis, der nach meiner Schätzung mindestens zwanzig Prozent der gegenwärtig in England lebenden Sierra Leoner Auslandsgemeinde umfasst. Darunter fielen auch Adam Kamara, der im selben Sozialwohnblock wohnte wie meine Mum, und seine dreizehnjährige Tochter Abigail. Welche am letzten Sonntag vor Weihnachten beschloss, dass ich mir mal dieses Gespenst anschauen sollte, das sie entdeckt hatte. Den Kontakt zu mir stellte sie her, indem sie meiner Mum so lange auf die Nerven fiel, bis diese nachgab und mich auf dem Handy anrief.

Ich war nicht gerade begeistert, denn der Sonntag ist einer der wenigen Tage, an denen ich morgens nicht am Schießstand trainieren muss, und meine Pläne hatten eigentlich daraus bestanden, gründlich auszuschlafen und mir später im Pub das Fußballspiel anzuschauen.

»Also, wo ist das Gespenst?«, fragte ich, als Abigail die Wohnungstür öffnete.

»Wieso seid ihr zu zweit?«, fragte Abigail. Sie war ein kleines dürres Mädchen gemischter Herkunft, deren helle Haut jetzt im Winter ziemlich fahl war.

»Das ist meine Kollegin Lesley May«, sagte ich.

Abigail starrte Lesley misstrauisch an. »Warum haben Sie ’ne Maske auf?«

»Weil mein Gesicht auseinandergefallen ist«, sagte Lesley.

Abigail überdachte das kurz und nickte dann. »Aha.«

»Also, wo ist es?«, wiederholte ich.

»Es ist ein Er«, sagte Abigail. »In der Schule.«

»Okay, gehen wir.«

»Was, jetzt? Es ist eiskalt!«

»Das haben wir schon gemerkt.« Es war ein trüber grauer Wintertag mit dieser Art fiesem kaltem Wind, der sich durch jede Ritze in der Kleidung bohrt. »Kommst du jetzt oder nicht?«

Sie zog die klassische Dreizehnjährigen-Protestschnute, aber ich war klar im Vorteil, da ich weder ihre Mutter noch ihr Lehrer war. Ich wollte nichts von ihr – ich wollte heim und Fußball schauen.

»Dann halt nicht«, sagte ich und drehte mich um.

»Hey, wartet«, rief sie. »Ich komme ja schon.«

Ich drehte mich wieder zu ihr um und bekam prompt die Tür vor der Nase zugeknallt.

»Sie hat uns nicht hereingebeten«, sagte Lesley.

»Nicht hereingebeten werden« ist eines der Kästchen auf dem »Verdächtiges Verhalten«-Bingozettel, den jeder Polizist im Kopf mit sich herumträgt, zusammen mit »Abnorm riesiger Hund« oder »Hat viel zu schnell ein Alibi zur Hand«. Wer am Ende in allen Kästchen ein Kreuz vorweisen kann, hat gute Aussichten auf einen Besuch in der nächsten Polizeistation – Unkosten werden übernommen.

»Es ist Sonntagmorgen«, sagte ich. »Wahrscheinlich liegt ihr Dad noch im Bett.«

Wir beschlossen, im Auto auf sie zu warten, und vertrieben uns die Zeit damit, die Provianttüten der Überwachungen des letzten Jahres zu sichten. Wir fanden eine unangebrochene Rolle Fruchtgummis, und Lesley hatte mir gerade befohlen, wegzuschauen, damit sie die Maske anheben und sich eines in den Mund stecken konnte, da tippte Abigail ans Fenster.

Wie ich hatte Abigail ihre Haare vom »falschen« Elternteil geerbt, aber während man sie mir, als ich ein Junge war, einfach superkurz abrasierte, wurde Abigail von ihrem Vater reihum zu allen verfügbaren Friseursalons, weiblichen Verwandten und eifrigen Nachbarinnen geschleppt, um das Problem unter Kontrolle zu bekommen. Von Anfang an hatte Abigail sich das Haar nur unter Heulen und Zähneklappern flechten, chemisch glätten oder mit Heizwicklern bearbeiten lassen, aber ihr Dad blieb bei seinem festen Vorsatz, dass sie ihn in der Öffentlichkeit nicht blamieren sollte. Die Sache nahm erst ein Ende, als Abigail mit elf erklärte, sie habe die Nummer des Kinder-Sorgentelefons im Handy gespeichert, und der Nächste, der ihr mit Haarverlängerungen, Glattmachern oder, Gott behüte, einem Bügeleisen zu nahe käme, werde sich vor dem Jugendamt verantworten müssen. Seither trug sie ihren wachsenden Afro in einer Art Kugel auf dem Hinterkopf. Da die nicht in die Kapuze ihrer pinkfarbenen Winterjacke passte, trug sie eine gigantische Rasta-Mütze, mit der sie aussah wie ein rassistisches Klischee aus den Siebzigern. Meine Mum hält Abigails Haare für ein öffentliches Ärgernis, aber immerhin schützte die Kopfbedeckung ihr Gesicht einwandfrei vor dem Nieselregen.

»Was ist mit dem Jaguar passiert?«, fragte Abigail, als ich ihr die hintere Tür aufmachte.

Mein Boss besitzt einen originalen Jaguar Mark 2 mit 3,8-Liter-Hubraum, der, weil ich ihn ein paarmal im Innenhof geparkt hatte, bereits Eingang ins Reich der örtlichen Sagen und Mythen gefunden hatte. Einen Oldtimer dieser Klasse findet selbst die Jugend des digitalen Zeitalters noch cool – der knallorange Ford Focus ST, in dem wir gekommen waren, galt hingegen nur als schlappe Assi-Karre, in einschlägigen Kreisen auch als Asbo bekannt.

»Der ist tabu«, sagte Lesley. »Bis Peter den Polizei-Fahrlehrgang gemacht hat.«

»Weil du neulich den Rettungswagen in der Themse versenkt hast?«, fragte Abigail.

»Ich hab ihn nicht in der Themse versenkt.« Ich lenkte den Asbo auf die Leighton Road und brachte die Rede schnell wieder auf das Gespenst. »Wo in der Schule spukt es denn?«

»Nicht in der Schule. Darunter. Wo die Bahnschienen sind.«

Die Schule, von der sie sprach, war die Gesamtschule Acland Burghley, in der schon zahllose Generationen von Bewohnern des Peckwater Estate geschmachtet hatten, einschließlich meiner Wenigkeit. Wobei »zahllos« nicht ganz stimmt, weil die Schule erst Ende der sechziger Jahre erbaut wurde – also sagen wir mal, vier. Maximal.

Die Schule lag ein Stück den Dartmouth Park Hill hinauf. Entworfen hatte sie offensichtlich ein glühender Bewunderer von Albert Speer – insbesondere von dessen festungstechnischen Monumentalwerken am Atlantikwall. Mit ihren drei Türmen und den dicken Betonwänden war die Schule bestens geeignet als Befestigungsanlage für die strategisch wichtige fünfstrahlige Kreuzung am Tufnell Park, denn von hier aus hätte man jede anstürmende Schwadron der Islingtoner leichten Infanterie mühelos von der Hauptstraße fegen können.

Ich parkte in der Ingestre Road, hinter dem Schulgelände, und wir gingen knirschend den Schotterweg entlang, der zur Fußgängerbrücke über die Eisenbahnlinie führt. Die Linie besteht aus zwei Doppelgleisen, von denen das hangabwärts gelegene Paar mindestens zwei Meter tiefer verläuft als das andere, so dass wir auf der alten Brücke erst mal zwei rutschige Treppenabschnitte überwinden mussten.

Vor uns lag die Betonplattform, die man über die Bahntrasse gebaut hatte, um darauf die Sportanlagen und den Spielplatz der Schule unterzubringen. Die beiden so entstandenen Unterführungen wirkten von der Fußgängerbrücke aus (ganz im Einklang mit der übrigen Architektur) wie die Eingänge zu zwei U-Boot-Bunkern.

Abigail deutete auf den linken Tunnel. »Da unten.«

»Du bist zu den Gleisen runtergeklettert?«, fragte Lesley streng.

»Ich war vorsichtig.«

Das beruhigte weder mich noch Lesley. Bahngleise sind tödlich. Jedes Jahr kommen etwa sechzig Leute zu Tode, weil sie leichtsinnig irgendwelche Bahngleise überqueren. Der einzige Lichtblick dabei ist, dass dafür die BTP – die British Transport Police – zuständig ist und nicht ich.

Ein anständig ausgebildeter Polizist muss, bevor er etwas so Idiotisches tut wie ein Eisenbahngleis zu betreten, geschwind eine Risikoanalyse durchführen. Das korrekte Vorgehen wäre gewesen, qualifizierte Unterstützung von der BTP anzufordern, die sodann – eventuell – das Gleis sperren würde, damit ich und Abigail, Verzeihung: Abigail und ich, in Ruhe auf Gespensterjagd gehen konnten.

Die BTP nicht anzufordern hatte den Nachteil, dass, falls Abigail etwas passierte, meine Karriere zu Ende wäre und, da ihr Vater zum alten Schlag westafrikanischer Patriarchen gehörte, mein Leben wahrscheinlich auch. Sie anzufordern hatte hingegen den Nachteil, dass ich ihnen würde erklären müssen, wonach wir suchten, und mich so zum Objekt allgemeiner Belustigung machen würde. Wie jeder junge Mann seit Anbeginn der Zeit zog ich die tödliche Gefahr der sicheren Blamage vor.

Lesley meinte, wir sollten wenigstens zuerst den Fahrplan konsultieren.

»Es ist Sonntag«, sagte Abigail. »Die machen heute den ganzen Tag Gleisarbeiten.«

»Woher weißt du das?«, wollte Lesley wissen.

»Ich hab nachgeschaut. Warum ist Ihr Gesicht auseinandergefallen?«

»Weil ich den Mund zu weit aufgerissen hab.«

»Wie kommen wir da runter?«, unterbrach ich schnell.

Auf dem billigen Baugrund beidseits der Bahnlinie standen Sozialwohnblocks. Hinter dem Fünfziger-Jahre-Hochhaus auf der Nordseite gab es ein kleines regendurchweichtes Rasenstück mit einem...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2013
Reihe/Serie Die Flüsse-von-London-Reihe (Peter Grant)
Übersetzer Christine Blum
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 3. Band • Alex Verus • benedict jacka • Bestseller • DCI Thomas Nightingale • Der Gefangene von London • der Gesichtslose • Dritter Band • eBook • Fantasy • Fantasykrimi • Fantasyliteratur • Fantasyserie • Flussgötter • folly • Harry Dresden • Harry Potter für Erwachsene • Jim Butcher • Kevin Hearne • Krimi • Kriminalroman • kulturpass • Lesley May • London • Londoner Kanalisation • Londoner U-Bahn • Metropolitan Police • PC Lesley May • Peter Grant • Schwarze Magie • The Tube • Thomas Nightingale • Tinte und Siegel • Unterhaltung • Urban Fantasy • Urban-Fantasy-Serie • Zauberlehrling
ISBN-10 3-423-41832-X / 342341832X
ISBN-13 978-3-423-41832-4 / 9783423418324
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