Apophatik als Lösungsformel für den interreligiösen Dialog? (eBook)

Das Konzept der negativen Theologie in den pluralistischen Religionstheorien von John Hick und Perry Schmidt-Leukel
eBook Download: PDF
2012 | 1. Auflage
409 Seiten
Echter Verlag
978-3-429-04670-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Apophatik als Lösungsformel für den interreligiösen Dialog? -  Ulrich Felder
Systemvoraussetzungen
42,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
In der Diskussion um den interreligiösen Dialog leistet auch die pluralistische Religionstheorie ihren Beitrag. Sie versucht den Nachweis zu erbringen, dass die großen Weltreligionen allesamt gleichberechtigte Heilswege zu Gott darstellen. In dieser gegenwärtig äußerst populären Theorie nimmt das Konzept der Unerkennbarkeit Gottes ein (Apophatik / negative Theologie) eine Schlüsselrolle ein: Weil Gott unerkennbar ist, kann keine Weltreligion für sich beanspruchen, dass sie der einzige Heilsweg zu Gott ist. Besonders die beiden breit rezipierten Theorieversionen von John Hick und Perry Schmidt-Leukel bauen auf dem Grundmoment der Unerkennbarkeit Gottes auf. In beiden Theorien fungiert die apophatische Theologie als Basisprämisse. Die Arbeit von Ulrich Felder weist jedoch nach, dass das Konzept der apophatischen (negativen) Theologie in den pluralistischen Religionstheorien von John Hick und Perry Schmidt-Leukel verkürzt rezipiert wird und damit als Basisprämisse nicht haltbar ist.

Ulrich felder, geboren 1980, studierte von 2004 bis 2008 an der Universität Fribourg i. Üe. und Luzern katholische Theologie und Philosophie. Im Jahr 2011 wurde er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. promoviert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt der Themenbereich Theologie der Religionen, der interreligiöse Dialog sowie die pluralistische Religionstheologie.

Ulrich felder, geboren 1980, studierte von 2004 bis 2008 an der Universität Fribourg i. Üe. und Luzern katholische Theologie und Philosophie. Im Jahr 2011 wurde er an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. promoviert. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt der Themenbereich Theologie der Religionen, der interreligiöse Dialog sowie die pluralistische Religionstheologie.

1. Thematik


1.1 Kapitelübersicht


Die vorliegende Untersuchung befasst sich – wie es der Titel schon ausdrückt – mit der apophatischen Theologie und dem interreligiösen Dialog. Präziser ausgedrückt untersucht die Studie das Konzept der negativen Theologie in den pluralistischen Religionstheorien von John Hick und Perry Schmidt-Leukel. Der Titel macht deutlich, dass die Untersuchung im Brennpunkt von zwei aktuellen und breit diskutierten Themenkomplexen steht: auf der einen Seite die negative (apophatische) Theologie und auf der anderen Seite die pluralistische Religionstheorie. Dieser erste (hinführende) Teil der Arbeit dient dazu, diesen doppelten Theoriebezug zu beleuchten und daraus die These und Fragestellung der Untersuchung herzuleiten. Dazu wird in einem ersten Schritt die Aktualität beider Themenkomplexe aufgezeigt, womit gleichzeitig eine Situierung der Thematik in die gegenwärtige theologische Diskussion vorgenommen wird. Da es sich um eine Hinführung zur Thematik handelt, bleiben die Ausführungen in jeglicher Hinsicht holzschnittartig und können nur bedingt vertieft werden. In einem zweiten Schritt wird die in dieser Untersuchung vertretene These kurz umrissen und in den Raum gestellt. Eine bessere Verständlichkeit der nachfolgenden Teile der Arbeit soll so sichergestellt werden. In einem dritten Schritt stehen methodisch-hermeneutische Fragen im Zentrum der Betrachtung. Es ist das Ziel dieses ersten Teils, in die Thematik der Studie einzuführen, den Problemhorizont der Arbeit zu beleuchten und so auf die eigentliche Untersuchung hinzuführen.

1.2 Die pluralistische Religionstheorie


Der erste Theoriebezug dieser Untersuchung bildet die pluralistische Religionstheorie.1 Grundlegend für die pluralistische Religionstheorie ist die Erfahrung einer pluralen, globalisierten (religiösen) Welt. Ausgehend von diesem ganz praktischen, alltäglichen Befund ist für die pluralistische Religionstheorie die Einsicht leitend, dass eine „Neubestimmung des religiösen Selbstverständnisses im Kontext der religiösen Globalisierung“2 verlangt wird.3 Im Wesentlichen lassen sich drei Punkte der neueren Entwicklung nennen, welche zu dieser Einschätzung geführt haben. Zum einen hat das Wissen der Menschen über die Religionen stark zugenommen. Zum anderen hat die Globalisierung zu einer regen Reisetätigkeit geführt. Darüber hinaus hat auch die Migration zu einem Austausch der Religionen geführt.4

Obwohl die pluralistische Religionstheorie eine in sich divergierende religionstheologische Strömung darstellt, konvergieren die unterschiedlichen Entwürfe im Grundanliegen, „hinsichtlich heilshafter Transzendenzerkenntnis religiöse Vielfalt mit Gleichwertigkeit zu verbinden“5. Es geht der pluralistischen Religionstheorie um die Gleichwertigkeit der Religionen trotz ihrer Verschiedenheit.6 Die pluralistische Religionstheorie postuliert dabei, dass es eine Vielfalt von Offenbarungen gibt, welche heilshafte Transzendenzerkenntnis vermitteln.7 Die pluralistische Religionstheorie macht folglich mit dem Gedanken ernst, „dass es wahre Religion in pluraler Gestalt geben kann und tatsächlich gibt“8. Damit verschwinden die traditionellen Geltungsdifferenzen zwischen den Religionen. Die daraus resultierenden Folgen für eine christliche Religionstheologie liegen auf der Hand: Nicht mehr das Christentum steht im Mittelpunkt, sondern Gott bildet das Zentrum der Religionsgeschichte – ein Paradigmenwechsel, welcher in seiner Tragweite mit der „Kopernikanischen Wende“9 in der Astronomie vergleichbar ist. Die pluralistische Religionstheorie versteht sich denn auch als die Überwindung der beiden religionstheologischen Positionen des Exklusivismus und Inklusivismus, welche beide an immanenten Schwächen leiden.10 Dieser kurze Abriss macht deutlich, dass sich hauptsächlich zwei Ausgangspunkte der pluralistischen Religionstheorie ausmachen lassen: Ein erster Ausgangspunkt der pluralistischen Religionstheorie ist somit die ganz praktische Erfahrung der religiösen Vielfalt; einen zweiten Ausgangspunkt bilden offene Sachfragen im Rahmen der Religionstheologie, welche zur Ausarbeitung der pluralistischen Position geführt haben.

Die Aktualität der pluralistischen Religionstheorie ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass in diesem theologischen Modell die Herausforderung der Vielfalt bzw. der Pluralismus der Religionen für die christliche Religion und deren Absolutheitsanspruch ernst genommen wird. Neben Paul Tillich11 und Ernst Troeltsch12 ist vor allem John Hick zu nennen, welcher die Herausforderung des religiösen Pluralismus der Gegenwart konstruktiv aufgenommen hat und in einem systematischen Entwurf verarbeitet hat. Er kann somit gewissermaßen als „Gründer“13 der pluralistischen Religionstheorie gelten. Grob gesprochen besteht seine „pluralistische Hypothese“ darin, dass sich hinter den konkreten nachaxialen Religionen eine einheitliche, unerkennbare Transzendenzgrundlage befindet, welche den Religionen gemein ist und die sich in den einzelnen Religionen als religiöse Erfahrung manifestiert.14 Dieser Grundgedanke wird von weiteren Theologen aufgegriffen; so auch von Perry Schmidt-Leukel, welcher als Hauptvertreter der pluralistischen Religionstheorie im deutschsprachigen Raum gesehen werden kann.15

1.3 Die negative Theologie


Der zweite Theoriebezug dieser Untersuchung bildet die negative Theologie.16 Genauso wie nicht von der pluralistischen Religionstheorie gesprochen werden kann, gibt es auch nicht die negative Theologie. Wohl noch ausgeprägter als die pluralistische Religionstheorie ist die Lehre der negativen Theologie in sich vielfältig und divergent, d.h. unter dem Begriff der „negativen Theologie“ lassen sich unterschiedliche theologische Konzepte subsumieren. Entsprechend schwierig zu beantworten ist deshalb die Frage, was eigentlich negative Theologie sei. Denn es ist bereits fraglich, worum es der negativen Theologie überhaupt geht. Geht es der negativen Theologie darum, „Gottes Abwesenheit aufzudecken“17 oder umgekehrt vielmehr darum, „Gottes Gegenwart als die ‚Präsenz einer Abwesenheit‘“18 zu sehen? Ist negative Theologie einfach „ein theologischer Hochseilakt“19, welcher „sich auf der Basis einer unaufhebbaren Spannung zwischen Positivität und Normativität abspielt“20? Versteckt sich hinter der negativen Theologie „Widerstand und Protest“21? Diese Fragen müssen an dieser Stelle zunächst offen gelassen werden; eine Begriffsdefinition folgt noch in dieser Untersuchung.

Zentral ist auch die Frage nach den Gründen der Aktualität negativer Theologie, denn es ist unübersehbar, dass gerade in der modernen, gegenwärtigen Zeit die negative Theologie eine besondere Aufmerksamkeit genießt.22 Es stellt sich die Frage, weshalb gerade heute die negative Theologie eine besondere Aktualität besitzt. Ist es letztlich der Zeitgeist, welcher negative Theologie populär macht? Das heißt konkreter: Sind es einfach die „Zeiten sowie Perioden geistiger Erschlaffung“23, welche „der ‚negativen Theologie‘ ihre Sympathien schenken, während erkenntnisfrohe, von intellektuellem Optimismus durchwehte Geister […] danach streben, das Unfassbare doch irgendwie begrifflich fassbar zu machen.“24? Ist die negative Theologie als „Lückenbüßer für rationale Reflexion“25 bzw. als eine „hypertrophe oder dekadente Spekulation am Ende des Denkens“26 gerade heute von Bedeutung? Oder ist nicht vielmehr das Gegenteil der Fall, dass der Begriff der negativen Theologie „für eine entscheidende, auch und gerade in neuzeitlichen Verhältnissen unaufgebbare Sache der systematischen Theologie“27 steht? Tangiert die negative Theologie nicht vielmehr „den innersten Kern der Theologie“28? Auch diese Fragen müssen zunächst offen gelassen werden. Klar ist, dass generell ein Erwachen des Interesses an der negativen Theologie feststellbar ist: „In einer Zeit, in der Gott ferngerückt scheint, der Glaube an Gott schwierig geworden ist, und viele Menschen sich insbesondere mit dem sehr konkreten Gottesbild des christlichen Glaubens schwer tun, gewinnt die zurückhaltende Sprache negativer Theologie an Plausibilität.“29

Die Frage nach der Aktualität der negativen Theologie tangiert auch die Frage nach dem „Ort“ der negativen Theologie: Wo kommt negative Theologie heute vor? Klar ist, dass negative Theologie in der Moderne auf vielfältige Weise rezipiert wird, wobei die Gründe für die Rezeption stets unterschiedlich...

Erscheint lt. Verlag 2.11.2012
Reihe/Serie Bonner dogmatische Studien
Verlagsort Würzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Apophatik • interreligiöser Dialog • John Hick • Perry Schmidt-Leukel • Theologie
ISBN-10 3-429-04670-X / 342904670X
ISBN-13 978-3-429-04670-5 / 9783429046705
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 2,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Jeffrey Geoghegan; Michael Homan

eBook Download (2020)
Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA
12,99
Ein didaktisch-methodischer Leitfaden für die Planung einer …

von Sarah Delling; Ulrich Riegel

eBook Download (2022)
Kohlhammer Verlag
22,99