Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta. -  Christian Stelter

Gewaltanwendung unter und neben der UN-Charta. (eBook)

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2010 | 1. Auflage
320 Seiten
Duncker & Humblot GmbH (Verlag)
978-3-428-52547-8 (ISBN)
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Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta ist eine seit dem Inkrafttreten der UN-Charta unveränderte Kernnorm dieses Vertrags. Jedoch hat sich die Art, auf welche Staaten und staatsähnliche Akteure gewaltsame Auseinandersetzungen durchführen, in der Zwischenzeit stark verändert. Die sogenannte intelligente Kriegsführung hat die konventionelle in weiten Bereichen abgelöst. Daneben gab es Veränderungen in anderen Bereichen des Völkerrechts, die gleichfalls Auswirkungen auf das Gewaltverbot haben können, so z. B. bei Menschenrechtsverträgen. Unter diesen Gesichtspunkten untersucht Christian Stelter das Gewaltverbot. Er geht dabei u. a. der Frage nach, ob das Gewaltverbot nach wie vor Geltung beanspruchen kann, welche »modernen« Maßnahmen unter das Verbot fallen und inwieweit nichtstaatliche Akteure an das Gewaltverbot gebunden sind. Mit Blick auf die Rechtfertigungsgründe untersucht er, wie diese angesichts der Veränderungen auszulegen sind. In dieser Hinsicht werden z. B. präemptive Maßnahmen der Staaten und die Möglichkeiten des UN-Sicherheitsrats in den Blick genommen. Ausgehend von dem gewonnenen Bild des derzeitigen Umfangs des Gewaltverbots geht der Autor sodann der Frage nach, ob das ius contra bellum in Anbetracht der zuvor gewonnenen Erkenntnisse vor einem Wandel steht. Bestehende Regelungsdefizite machen eine partielle Reform notwendig. Diese ist in Anbetracht der bestehenden Revisionsmöglichkeiten und Kräfteverhältnisse in den Vereinten Nationen nicht zu erwarten. Die zukünftige Entwicklung des Gewaltverbots ist daher ungewiß.

Vorwort 6
Inhaltsübersicht 8
Inhaltsverzeichnis 10
Abkürzungsverzeichnis 15
A. Einleitung: Untersuchungsgegenstand und Gang der Darstellung 18
B. Ein Wandel der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten als Anlaß für eine kritische Bestandsaufnahme des bestehenden völkerrechtlichen Systems zur Regelung der Gewaltanwendung 20
I. Bereiche, die einem Wandel in tatsächlicher Hinsicht oder einer veränderten Wahrnehmung unterlegen sind 20
1. Veränderte Wahrnehmung in bezug auf Verletzungen des Gewaltverbots nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 20
2. Terrorismus als strukturelle Problemlage 22
3. Veränderte Möglichkeiten des Angriffs und der Verteidigung als instrumentelle Problemlagen 26
a) Infrastrukturelle Gegebenheiten (Luftverkehr, Seewege) 26
b) Veränderungen auf dem Datenverarbeitungs- und Telekommunikationssektor 26
(1) Durch moderne Technologie bewirkte Veränderungen auf dem öffentlichen und privaten Sektor 27
(2) Informationsoperationen 28
(a) Informationsoperationen als moderne Problemlage 28
(b) Logische Bomben 31
(c) Sniffer 32
(d) Denial of Service-Angriffe 32
(e) Computerviren und -würmer 32
(f) Video morphing 33
(g) Informationsblockade 33
(h) IP-Spoofing 33
(i) Tatsächliche Zwischenfälle im Bereich der Informationsoperationen 34
c) Zunahme der Effizienz, Verfügbarkeit und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen 36
II. Bereiche mit rechtlichem Wandel 38
1. Wirtschaftsvölkerrecht 38
2. Internationaler Menschenrechtsschutz 39
a) Entwicklung des internationalen Menschenrechtsschutzes 40
b) Schutz des Individuums durch völkerrechtliche Basisschutzregeln 41
c) Weitergehende völkerrechtliche Verträge zum Menschenrechtsschutz 43
(1) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) 43
(2) Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwirtR) 45
(3) Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) 46
(a) Gewährleistete Rechte 47
(b) Zusatzprotokolle zur Europäischen Menschenrechtskonvention 47
(c) Durchsetzung der Konventionsrechte 48
(4) Weitere internationale Abkommen 49
(a) Amerikanische Konvention über Menschenrechte 49
(b) Afrikanische Charta der Menschenrechte und Rechte der Völker 50
d) Verstärkung der Wirkkraft der Menschenrechte als generelle Entwicklungslinie 50
C. Gewaltanwendung unter oder neben der Charta – eine Bestandsaufnahme 52
I. Das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 52
1. Inhalt des Begriffs der Gewalt 52
a) Ausgangspunkt: Wortlaut des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 52
b) Art der Auslegung der UN-Charta 54
c) Gewalt im Sinne von Art. 2 Abs. 4 UN-Charta: Ein weites Begriffsverständnis mit sachlicher Einschränkung 61
d) Ausübung wirtschaftlichen und politischen Drucks 62
e) Gewaltanwendung ohne direkten Angriff mit Truppen 63
f) Der Sonderbereich der sog. Informationsoperationen 66
(1) Wortlaut 67
(2) Systematik 68
(3) Teleologische Auslegung 71
(a) Berücksichtigungsfähigkeit der Folgen der Operation 73
(b) Weitergehende Auslegung anhand einzelner Entscheidungskriterien 76
(c) Zwischenergebnis: Informationsoperationen de lege lata unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 79
(4) Staatenpraxis 79
(a) Convention on Cybercrime 80
(b) Council Framework Decision on attacks against information systems 80
(c) Weitere internationale Praxis 81
(d) Zwischenergebnis bezüglich der Staatenpraxis 81
(5) Auslegungsergebnis 81
(6) Nichtvergleichbarkeit mit wirtschaftlichem und politischem Druck als Lackmustest für die Einordnung von Informationsoperationen 82
g) Gesamtbetrachtung zum Gewaltbegriff de lege lata 83
2. Fortgeltung des Gewaltverbots als zwingendes geschriebenes Recht 85
a) Untersuchung des rechtlichen Fortbestands des Gewaltverbots 86
(1) Gang der Darstellung 86
(2) Fragliches Außerkrafttreten des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta 87
(a) Desuetudo 89
(aa) Nichtanwendung oder Verletzung einer vertraglichen Norm 91
(bb) Zurechenbarkeit zu einem Staat 94
(cc) Überzeugung von der Rechtmäßigkeit des Vorgehens bei den betroffenen Parteien 94
(dd) Kein Außerkrafttreten des Art. 2 Abs. 4 UN-Charta aufgrund von desuetudo 97
(b) Abänderndes Gewohnheitsrecht 98
(c) Unklarheit und Unbestimmtheit der Norm 100
(d) Clausula rebus sic stantibus 102
b) Zwischenergebnis: Fortbestand des Gewaltverbots 107
3. Regelungsbereich: Anwendung und Androhung von Gewalt 108
4. Einschränkungen des Gewaltverbots auf Tatbestandsebene 111
5. Gewohnheitsrechtliche Geltung des Gewaltverbots 114
a) Bedeutung des Gewohnheitsrechts neben der Charta-Bestimmung 114
b) Gewaltverbot als Teil des Völkergewohnheitsrechts 115
6. Adressaten des Gewaltverbots 121
a) Zur Einhaltung verpflichtete Völkerrechtssubjekte 121
(1) Staaten 121
(2) De-Facto-Regime 122
(3) Internationale Organisationen 128
(4) Individuen 132
b) Durch das Gewaltverbot geschützte Subjekte 133
7. Gewaltverbot als ius cogens 136
II. Resolutionen nach Kapitel VII als Rechtfertigungsgrund 140
1. Die ursprüngliche Konzeption: Konzentration von erlaubten gewaltsamen Maßnahmen beim UN-Sicherheitsrat 140
a) Die Sonderabkommen nach Art. 43 UN-Charta als Ausgangspunkt der ursprünglichen Konzeption 142
b) Das Nichtzustandekommen der Sonderabkommen 143
2. Ermächtigung einzelner Staaten oder von Staatengruppen auf der Basis von Kapitel VII der UN-Charta 145
a) Voraussetzungen der Ermächtigung 146
(1) Praktische Bedeutung der Merkmale der Art. 39ff. UN-Charta 146
(2) Angriffshandlung 150
(3) Bruch des Friedens 152
(4) Bedrohung des Friedens 154
b) Befugnis des UN-Sicherheitsrats zur Ermächtigung 158
c) Anforderungen an die ermächtigenden Resolutionen 164
(1) Art der Ermächtigung 164
(2) Zeitliche Geltung 171
(3) Verhältnismäßigkeit der ermächtigenden Resolutionen 173
d) Rahmenbedingungen der Gewaltausübung bei vorliegender Ermächtigung 175
e) Resolutionspraxis 178
III. Die (sonstigen) Einschränkungen des Gewaltverbots 185
1. Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta 185
a) Das „naturgegebene“ Selbstverteidigungsrecht 186
b) Das Verhältnis des Art. 51 UN-Charta zum gewohnheitsrechtlichen Selbstverteidigungsrecht 188
c) Begriff des bewaffneten Angriffs im Sinne von Art. 51 UN-Charta 193
(1) Begriffsbestimmung 193
(a) Unterscheidung zwischen Gewaltanwendung und bewaffnetem Angriff 196
(b) Bedeutung des bewaffneten Angriffs 198
(c) Bedeutung der UN-Generalversammlungs-Resolution 3314 für die Auslegung des Begriffs 201
(d) Gewaltsame Maßnahmen gegen Staatsangehörige und Einrichtungen auf fremdem Staatsgebiet 204
(e) Zusammenfassung und Stellungnahme zu Maßnahmen unterhalb des bewaffneten Angriffs 209
(f) Schwere Menschenrechtsverletzungen als bewaffneter Angriff 211
(g) Informationsoperationen als bewaffnete Angriffe 212
(2) Urheber des bewaffneten Angriffs 215
(a) Staaten 216
(b) De-facto-Regime 216
(c) Maßnahmen durch Private, insbesondere durch internationale Terrororganisationen 217
d) Gegenwärtigkeit des bewaffneten Angriffs 227
(1) Mögliche zeitliche Konstellationen 228
(a) Selbstverteidigungsmaßnahmen als Reaktion auf einen bewaffneten Angriff 228
(b) Interzeptive Selbstverteidigung 228
(c) Präventive Selbstverteidigung 229
(d) Präemptive Selbstverteidigung 230
(e) Maßnahmen nach Abschluß eines bewaffneten Angriffs 231
(2) Bestehen des Gegenwärtigkeitserfordernisses im Rahmen des Art. 51 UN-Charta 231
(a) Das ‚Scheitern‘ des UN-Sicherheitsrats als möglicher Rechtsgrund für eine weite Auslegung des Art. 51 UN-Charta 233
(b) Die veränderte Bedeutung des internationalen Terrorismus und die Verfügbarkeit von Massenvernichtungswaffen als Gründe für eine weite Interpretation 236
(3) Präventive und präemptive Selbstverteidigung nach Völkergewohnheitsrecht 241
(a) Präventives völkergewohnheitsrechtliches Selbstverteidigungsrecht 241
(b) Präemptive Selbstverteidigung 246
e) Rechtsfolgen bei Eingreifen des Selbstverteidigungsrechts nach Art. 51 UN-Charta 256
(1) Notifikationspflicht 256
(2) Maßnahmen nur vorläufiger Natur als Grundprinzip 258
(3) Feststellung einer Selbstverteidigungssituation durch den UN-Sicherheitsrat 260
(4) Individuelle und kollektive Selbstverteidigung 261
(5) Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes 263
(a) Erforderlichkeit 265
(b) Angemessenheit 266
2. Die humanitäre Intervention 268
a) Keine Grundlage in der UN-Charta 269
b) Die humanitäre Intervention im Völkergewohnheitsrecht 269
3. Notstand 281
4. Rettung eigener Staatsangehöriger im Ausland 283
IV. Folgen einer Verletzung des Gewaltverbots 285
D. Ius ad bellum vor einem Wandel? 288
I. Festgestellte Regelungsdefizite 288
II. Reformmöglichkeiten im Bereich des Gewaltverbots 292
1. Reform von Kapitel VII der UN-Charta inklusive der Beschlußfassung 294
2. Erweiterung des Selbstverteidigungsrechts und Schaffung neuer geschriebener Rechtfertigungsgründe 296
3. Ansätze auf der Basis der geltenden UN-Charta 299
4. Schaffung ergänzender multilateraler Regelungsinstrumente 301
III. Ausblick 302
Literaturverzeichnis 304
Sachregister 319

Erscheint lt. Verlag 22.9.2010
Reihe/Serie Schriften zum Völkerrecht
Zusatzinfo 320 S.
Sprache deutsch
Themenwelt Recht / Steuern EU / Internationales Recht
Schlagworte Gewaltverbot • Präemption • Völkerrechtliches Selbstverteidigungsrecht
ISBN-10 3-428-52547-7 / 3428525477
ISBN-13 978-3-428-52547-8 / 9783428525478
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