Der Sarg (eBook)

Psychothriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-401077-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Sarg -  Arno Strobel
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»Sie konnte nicht einordnen, was diese Schwärze zu bedeuten hatte. Aber sie war überall. Und es gab keinen Ausweg.« Köln wird durch eine Reihe fürchterlicher Verbrechen erschüttert. Jemand entführt mehrere Frauen und begräbt sie bei lebendigem Leib. Der Täter spielt der Polizei Hinweise zu, doch wenn ein Grab gefunden wird, ist die Frau darin bereits tot. Erstickt. Zur gleichen Zeit hat Eva, eine erfolgreiche Geschäftsfrau Mitte 30, einen immer wiederkehrenden Traum. Sie wacht in einem Sarg auf. Gefangen, hilflos, panisch. Sie weiß nicht, wie sie in den Sarg hineingekommen ist, und später nicht mehr, wie sie ihn wieder verlassen hat. Doch irgendwann ist es vorbei, sie ist frei, liegt in ihrem Bett. Und bemerkt die Blutergüsse und Kratzspuren an Händen, Armen und Beinen ...

Arno Strobel liebt Grenzerfahrungen und teilt sie gern mit seinen Leserinnen und Lesern. Deshalb sind seine Thriller wie spannende Entdeckungsreisen zu den dunklen Winkeln der menschlichen Seele und machen auch vor den größten Urängsten nicht Halt. Seine Themen spürt er dabei meist im Alltag auf und erst, wenn ihn eine Idee nicht mehr loslässt und er den Hintergründen sofort mit Hilfe seines Netzwerks aus Experten auf den Grund gehen will, weiß er, dass der Grundstein für seinen nächsten Roman gelegt ist. Alle seine bisherigen Thriller waren Bestseller. Arno Strobel lebt als freier Autor in der Nähe von Trier.

Arno Strobel liebt Grenzerfahrungen und teilt sie gern mit seinen Leserinnen und Lesern. Deshalb sind seine Thriller wie spannende Entdeckungsreisen zu den dunklen Winkeln der menschlichen Seele und machen auch vor den größten Urängsten nicht Halt. Seine Themen spürt er dabei meist im Alltag auf und erst, wenn ihn eine Idee nicht mehr loslässt und er den Hintergründen sofort mit Hilfe seines Netzwerks aus Experten auf den Grund gehen will, weiß er, dass der Grundstein für seinen nächsten Roman gelegt ist. Alle seine bisherigen Thriller waren Bestseller. Arno Strobel lebt als freier Autor in der Nähe von Trier.

1


Eva erwachte in vollkommener Dunkelheit.

Ihr träges Bewusstsein tastete sich vor, versuchte sich zu orientieren. Sie konnte nicht einordnen, was diese Schwärze zu bedeuten hatte. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie vielleicht die Augen noch gar nicht geöffnet hatte, und blinzelte zwei-, dreimal, doch die schwarze Wand blieb undurchdringbar.

In ihrem Schlafzimmer gab es einige Stellen, an denen sich ihr Blick festhalten konnte, wenn sie nachts aufwachte. Das grün schimmernde Display des Radioweckers oder der schwache Lichtschimmer, der sich durch das Fenster drückte wie durch ein engmaschiges Sieb, um sich dann als leicht phosphoreszierender Staub auf die Konturen ihrer Kommode zu legen. Sie waren wichtig, diese Punkte. Sie waren beruhigend. Sie fehlten.

Oder waren sie da, und sie konnte sie nicht sehen, weil etwas mit ihren Augen nicht stimmte? Ihr Atem beschleunigte sich, in kurzen, schnaufenden Zügen sog sie die Luft durch den geöffneten Mund ein. Stickige Luft. Warme, verbrauchte Luft.

Mit einem Ruck wollte sie sich aufrichten, doch die Bewegung wurde jäh gestoppt, als ihre Stirn mit einem dumpfen Knall aufschlug und ihr Kopf ins Kissen zurückfiel. Benommen registrierte sie den Schmerz, doch nur für einen Augenblick, dann erfasste sie Panik und fegte alle anderen Empfindungen beiseite.

Hektisch wollte sie die Arme anheben, zur Seite drücken – sie stieß gegen Wände. Sie versuchte die Knie anzuziehen, aber es gelang ihr nicht. Sie strampelte mit den Füßen, doch nach wenigen Zentimetern wurden die Bewegungen mit einem dumpfen Ton gestoppt. Sie war eingeschlossen. Immer schneller wand sich ihr Körper in dem engen Gefängnis, immer panischer wurde sie in dem Drang, sich bewegen, sich aus der schwarzen Enge befreien zu müssen. Sie begann zu schreien, zu weinen, sie trommelte mit den Fäusten gegen die Decke, immer und immer wieder … und lag schließlich still.

Ihr Brustkorb hob und senkte sich im Sekundentakt, jedes Ausatmen wurde von einem wimmernden Geräusch begleitet. Sie hörte sich selbst zu, während ihr Verstand auf der Suche nach einer Erklärung in der Leere herumstocherte, die in ihrem Kopf herrschte. Minutenlang, bis sich schließlich eine Schleuse öffnete und ihr Bewusstsein mit einem ganzen Schwall Gedanken flutete. Sie musste es schaffen, diese Gedanken aufzugreifen, die Panik zu unterdrücken. Sie musste nachdenken. Gott, sie war eingeschlossen. Angst … Nachdenken … Jetzt.

Um sie herum war nach allen Seiten nur wenige Zentimeter Platz. Die Luft roch verbraucht, schmeckte alt. Ihre Schläge gegen die Wände und die Decke ihres Gefängnisses waren durch etwas abgedämpft worden, ihr Kopf lag auf etwas Weichem, einem Kissen.

Diese Schwärze machte sie wahnsinnig.

Vorsichtig hob sie eine Hand, ließ die Fingerspitzen tastend über das Material der Wand gleiten, drückte dabei immer wieder ungewollt fest dagegen, weil ihr Körper ihr nicht gehorchen wollte, von zittrigen Schüben geschüttelt wurde. Das Material fühlte sich glatt an, wie Satin. Oder Seide. Auch die Decke über ihr war mit dem gleichen Material ausgekleidet. Wie … wie … Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, immer schneller. Sie hielt den Atem an. Wie in einem Sarg.

Sie atmete nicht, dachte nicht, rührte sich nicht. Stille. Grabesstille.

»Nein«, flüsterte sie. »O Gott, bitte nicht. Nicht das. Bitte.« Ein Sarg. Sie lag in einem Sarg.

»NEIIIN!«, schrie sie, so laut sie konnte. Es tat ihr in den Ohren weh. Sie musste husten, ihr Körper krampfte sich derart zusammen, dass ihr Kopf wieder gegen den Deckel knallte. Sie wand sich, versuchte sich umzudrehen, noch immer hustend, schaffte es nicht. Sie verschluckte sich, drohte zu ersticken. Einem epileptischen Anfall gleich zuckten ihre Gliedmaßen unkontrolliert, knallten in einem unregelmäßigen Stakkato gegen die Wände und den Deckel. Sie verlor in ihrer panischen Raserei komplett die Orientierung, wand sich und schlug mit aller Kraft nach allen Seiten.

Irgendwann hörte sie auf, sie hatte keine Kraft mehr. Im Bruchteil einer Sekunde erschlaffte sie, als hätte man einen Stecker gezogen, und lag mit verdrehten Gliedmaßen da, das Gesicht schräg nach unten. Sie atmete in das kalte, glatte Kissen, hörte dem Rauschen zu, mit dem das Blut durch ihre Adern schoss. Sie weinte.

Wie war sie nur hierhin gekommen? Hatte man sie für tot gehalten? Warum? War sie scheintot gewesen? Wann? Sie hatte mal gelesen, dass es immer wieder Fälle gab, bei denen man in Gräbern seltsam verkrümmte Skelette fand. Särge, deren Deckel von innen mit bloßen Fingernägeln zerkratzt worden waren. Hatte man sie etwa auch lebendig begraben? Lagen über ihr mehr als eineinhalb Meter Erde? Nein, nein, das konnte doch nicht … das … Sie musste hier raus, sofort. »Nein!« Sie kreischte förmlich. »NEIN!« Sie mobilisierte all ihre Kräfte, drehte sich auf den Rücken, begann mit beiden Fäusten in die Schwärze hinein wie besessen gegen den Deckel über sich zu hämmern. Sie schrie so laut, dass sie das Gefühl hatte, ihre Lunge müsste platzen. Es war ihr egal, nur raus, nur raus, weiter hämmern, schreien, schreien. Plötzlich kippte sie nach hinten weg, sie …

 

Sie öffnete die Augen und kniff sie sofort wieder zusammen. Die gleißende Helligkeit schmerzte. Aber warum? Wo kam diese Helligkeit plötzlich her? Das dumpfe Gefühl der Angst hatte sie noch immer fest im Griff. Vorsichtig hob sie die Lider, ein kleines Stück nur. Die Kommode, der Schrank, das Fenster … diese Helligkeit … sie war so wundervoll. Aber wie war das möglich? Gerade noch … der Sarg … begraben … ein Traum.

Sie hatte einen fürchterlichen Traum gehabt. Nur einen Traum.

Eva war derart erleichtert, dass sie kurz auflachte. Sie lag in ihrem Bett, sie lag wirklich in ihrem Bett, und alles war gut. Mehr noch, alles war phantastisch. Sie kuschelte sich tief in ihre Bettdecke, zog die Knie an und drückte einen Bettzipfel gegen ihre Wange. Da lag sie nun, eine siebenunddreißigjährige Frau, Inhaberin der Rossbach Maschinenbaubetriebe, zusammengerollt wie ein Baby, und war überglücklich, dass sie sich nicht lebendig begraben in einem Sarg befand, sondern nach einem bösen Albtraum zu Hause in ihrem Bett. Dass es ihr gutging. Besser sogar als sonst oft beim Aufwachen.

Ihr Blick fiel auf den Radiowecker. Zehn vor neun, so lange hatte sie ewig nicht mehr geschlafen. Sie würde jetzt aufstehen und sich einen Kaffee machen. Mit einem Ruck schlug sie die Bettdecke zurück und hielt im nächsten Moment inne. Ihr Arm schmerzte, und nicht nur der. Ihr ganzer Körper tat ihr weh, besonders die Hände. Wieso merkte sie das erst jetzt? War die Erleichterung gerade beim Erwachen so groß gewesen, dass sie alles andere überdeckt hatte? Aber … wo kamen diese Schmerzen her?

Vorsichtig richtete Eva sich auf und schob die Decke ganz zurück. Dabei fuhr ihr erneut ein stechender Schmerz in ihr Handgelenk und den Ellbogen. Sie drehte den rechten Arm und entdeckte rötliche Flecken, die sich über die Handkante bis hin zu den Fingerknochen zogen. Sie drehte den Arm ein Stück weiter. Der Ellbogen war ebenfalls gerötet. Der linke Arm sah nicht besser aus, und auch das linke Knie war rot. Sie bewegte die Füße. Die Fußgelenke schmerzten, und sogar die Zehen taten weh.

Wo hatte sie diese Verletzungen her? Hatte sie die schon am Abend gehabt, als sie ins Bett gegangen war? Aber wann war sie überhaupt ins Bett gegangen? Und wie? Sie konnte sich nicht erinnern. Wieder einmal. Aber dieses Mal war es anders, so hatte sie es noch nie erlebt. Dieser furchtbare Traum … Eva stand auf, zog ihren Morgenmantel von der Stuhllehne vor der Kommode und stieß einen Schmerzenslaut aus, als sie die Schulter nach hinten drückte und den Arm hob, um in den seidenen Ärmel schlüpfen zu können. Der ganze Körper tat ihr weh.

Langsam ging sie in die Küche und machte sich einen Kaffee. Mit der Tasse in der Hand stellte sie sich vor das Küchenfenster und starrte nach draußen. Es war neblig an diesem Morgen. Vereinzelt stachen die nackten Äste der Bäume kalt glänzend aus dem Grau hervor wie skelettierte Finger, die nach ihr greifen wollten. Die abgeworfenen Blätter bildeten großflächige, faulende Teppiche rund um die Stämme. Ihr Garten, der im Sommer mit seiner tausendfachen Farbenpracht ihre Sinne streichelte, in dem sie sich in jeder freien Minute aufhielt, kam ihr fremd vor, abweisend und feindlich.

Eva war verwirrt, es fiel ihr schwer, einen halbwegs klaren Gedanken zu fassen. Sie konnte sich an jede Einzelheit dieses Traums erinnern, er war ihr so real erschienen, dass sie noch immer die Ausläufer der Panik spürte. Und doch – es konnte nur ein Traum gewesen sein. Schließlich war sie in ihrem Bett wach geworden und nicht in einem Sarg, fast zwei Meter unter der Erde.

Und die Verletzungen?

Eva stellte die Kaffeetasse auf der Arbeitsplatte ab und betrachtete wieder die roten Stellen an ihren Händen. Es gab dafür nur eine Erklärung: Sie war wieder geschlafwandelt und hatte sich dabei verletzt.

Es passierte ihr relativ häufig, dass sie sich irgendwo wiederfand und nicht mehr wusste, wie sie dorthin gekommen war. Manchmal geschah das sogar am helllichten Tag. Dann war sie in einem Café oder in der Fußgängerzone, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, was sie dort wollte. Als Jugendliche hatte sie aus Scham mit niemandem darüber gesprochen. Später dann, als erwachsene Frau, hatte sie sich ihrem Hausarzt anvertraut, der ihr autogenes...

Erscheint lt. Verlag 17.1.2013
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Angst • Ersticken • Köln • lebendig begraben • Mord • Panik • Sarg • You Are Wanted
ISBN-10 3-10-401077-3 / 3104010773
ISBN-13 978-3-10-401077-9 / 9783104010779
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