Das Gebot der Rache (eBook)

Thriller

(Autor)

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2013 | 1. Auflage
304 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-09742-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Gebot der Rache -  John Niven
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Die kalte Hand des Bösen
Die meisten Menschen können ihre Rachefantasien kontrollieren. Aber es gibt einige, bei denen die Gier nach Rache grenzenlos ist. Einen solchen Fall erzählt John Niven in »Das Gebot der Rache«. Mit seinem neuen aufsehenerregenden Roman beweist der Kultautor seine Meisterschaft auch im Bereich des schonungslosen Thrillers und nimmt den Leser mit auf eine Reise, die er nie wieder vergessen wird.

Donald Miller führt ein Leben, von dem man nur träumen kann. Mit seiner wohlhabenden Frau Sammy und seinem kleinen Sohn Walt bewohnt er ein luxuriöses Anwesen in der kanadischen Provinz. Donald kennt keine Geldsorgen, er liebt seine Familie, er ist umgeben von netten Leuten. Doch mit einem Schlag zerbricht diese heile Welt ... Als er seinen abgeschlachteten Hund findet, ahnt Donald, dass etwas in sein Leben getreten ist, das ihn für immer zeichnen wird. Seine bösen Vorahnungen werden schnell zur bitteren Wahrheit. Während eines Schneesturms wird Sammy entführt. Kurz darauf findet man ihren brutal zugerichteten Leichnam. Mit der Präzision eines Uhrwerks zieht sich eine namenlose Bedrohung um Donald zusammen: Er gerät zusammen mit seinem Sohn in die Gewalt eines Feindes, der scheinbar jede Menschlichkeit hinter sich gelassen hat ...

John Niven, geboren 1966 in Schottland, spielte in den 80er-Jahren Gitarre bei der Indieband »The Wishing Stones« und arbeitete nach dem Studium der Literatur als A&R-Manager einer Plattenfirma, bevor er sich 2002 dem Schreiben zuwandte. 2006 erschien sein erstes Buch »Music from Big Pink«. 2008 landete er mit dem Roman »Kill Your Friends« einen internationalen Bestseller, der auch fürs Kino verfilmt wurde. Es folgten zahlreiche weitere Romane, darunter Kultklassiker wie »Coma« oder »Gott bewahre«. Neben Romanen schreibt John Niven Drehbücher. Er wohnt in der Nähe von London.

5

»Verdammt schöner Tag, was?«, sagte Officer Robertson, während wir zu der Stelle gingen, an der ich den Hund gefunden hatte. Er hatte darum gebeten, sie sich erst einmal ansehen zu dürfen.

»Allerdings.« Selbst nach so langer Zeit war ich immer wieder überrascht, wie amerikanisch respektive kanadisch ich inzwischen klang. Auch wenn ich immer noch einen Akzent hatte. Mein rollendes »R« war ein Überbleibsel meines ehemals breiten Ayrshire-Dialekts, der immer dann besonders deutlich durchklang, wenn ich aufgeregt war oder mich ärgerte. Ich hatte versucht, ihn mir abzugewöhnen, sogar ziemlich erbittert, aber es war zwecklos. Er weigerte sich einfach zu verschwinden.

Robertson war jung, Anfang zwanzig, gerade mal halb so alt wie ich. Unter seiner Mütze leuchtete buschiges, ingwerfarbenes Haar, an seinem Gürtel schaukelten Schlagstock, Taschenlampe, Handschellen und Pistole, als er über den zugeschneiten Pfad stapfte. Er war nach nur zwanzig Minuten hier gewesen. Vermutlich gab es auf der Polizeiwache von Alarbus gerade nicht viel zu tun. Ich stellte mir vor, wie die vier oder fünf Beamten, die dort arbeiteten, sich darum rissen, den Anruf entgegenzunehmen, hier rauszufahren und etwas Abwechslung in ihren Tag zu bringen. Alarbus ist ein wohlhabender Vorort von Regina, ein Haustiermord zählt dort vermutlich zu den spannenderen Ereignissen. Ich hatte die Wartezeit genutzt, um die Hälfte meiner DVD-Besprechung zu schreiben. (»Dieser vor Spezialeffekten nur so strotzende Blockbuster ist ein Nervenkitzel für die ganze Familie.« Keine besonders große Lüge, Walt …)

»Also«, sagte ich, als wir über die Anhöhe kamen. »Genau dort habe ich ihn gefunden.«

Im Schnee war immer noch der Abdruck von Herbys Körper zu sehen. Ein rosafarbener Blutfleck.

»In Ordnung.« Robertson schob sich die Mütze aus der verschwitzten Stirn. Die Hände in die Hüften gestemmt, blickte er sich um, schätzte die Entfernung zur Baumgrenze ab. »Ziemlich nah am Wald. Gut möglich, dass Ihre Vermutung richtig ist und es ein Wolf war. Könnte aber auch sein«, er blickte über seine Schulter zur Bushaltestelle, »dass er von einem Auto angefahren wurde und sich bis hierher geschleppt hat. Dann wären die meisten Verletzungen wohl post mortem. Vögel, Ratten und was es hier sonst so gibt.«

»Wirklich?« Ich dachte an Herbys toten Körper, an den klaffenden Schlitz in seinem Bauch.

»Durchaus vorstellbar.«

»Kommt es häufig vor, dass Wölfe so etwas tun?«

»Hin und wieder. Allerdings eher im Sommer. Um diese Jahreszeit bleiben sie eigentlich in den Bergen. Nördlich von hier haben sie mal jemanden getötet, so vor drei oder vier Jahren. Einen Jäger. Oben, Richtung Saskatoon. Aber so was passiert … nun ja, ausgesprochen selten.« Robertson ging in die Hocke. Offenbar war da etwas, das er sich genauer ansehen wollte. Er nahm ein Taschenmesser aus seiner Gürteltasche, bohrte damit im Schnee herum und hielt plötzlich eine von Herbys Nieren in die Höhe.

»O Gott«, stöhnte ich.

»Schrecklich«, sagte er, erhob sich und ließ die Niere zurück in den Schnee fallen. »Ich schätze, wir werfen besser mal einen Blick auf den Kadaver, was?«

»Er liegt im Poolhaus. Möchten Sie einen Kaffee, Officer?«

»Ein Kaffee wäre klasse.«

Wir machten uns auf den beschwerlichen Rückweg durch den Schnee. »Ich muss schon sagen«, erklärte Robertson, »Sie haben es wirklich verdammt nett hier, Mr. Miller. Wirklich verdammt nett.«

»Danke.«

»Und Ihre Frau ist die Herausgeberin des Advertiser

»Das ist richtig.«

»Womit Sam Myers Ihr Schwiegervater wäre?«

»Jep.«

Robertson pfiff leise durch die Zähne, was zugleich Bewunderung wie auch ein unausgesprochenes »Sie armes Schwein« auszudrücken schien.

»Jep«, sagte ich noch einmal, und wir beide lachten.

Der gute alte Sam. Wahrscheinlich der einzige Mann, der die Eier besaß, seine Tochter nach sich zu benennen. Es gab nicht viele Menschen in der Gegend, die noch nie von Sam Myers gehört hatten.

Mein Schwiegervater war ein Selfmademan, wie er im Buche steht. Ein echter Held der Arbeit. Bettelarm geboren, machte er in den späten Siebzigern seine erste Million im Baugewerbe. Mit seinem Kapital wurde draußen vor der Stadt die erste Shopping-Mall von Regina gebaut. Dann noch eine. Etwa zehn Jahre später, als das Stadtzentrum fast vollständig brachlag, weil sämtliche Einzelhändler Sams Geld in die Außenbezirke gefolgt waren, kaufte er in der Innenstadt günstige Immobilien auf, die er sanierte und in Eigentumswohnungen verwandelte … so wie unser Apartment im Warehouse District. Er verdiente sich dumm und dämlich. Er investierte auch in die lokalen Medien, und Ende der Achtziger kaufte er den Advertiser – gerade als seine Tochter ihr Journalismus-Studium abschloss.

Anfangs wollte Sammy nicht für ihren alten Herrn arbeiten. Sie verließ die Stadt und verdiente sich ihre ersten Meriten als Kriminalreporterin für den Calgary Star. Sie war gut. Aber am Ende ließ sie sich von ihrem Vater beknien, der ihr dafür Unsummen bot und die einmalige Chance, mit gerade mal dreißig Jahren Herausgeberin zu werden. Sammy nahm die Herausforderung an, und zum Erstaunen diverser skeptischer Redakteure und Ressortleiter war sie ausgesprochen erfolgreich in ihrem Job. In nur fünf Jahren steigerte sie die Auflage um zwanzig Prozent und verhalf der Zeitung aus den Achtzigern in die Hightech-Ära der Neunziger – nicht ohne auf dem Weg dorthin kräftig zu heuern und zu feuern.

Ich lernte Sammy 1998 auf dem College in Regina kennen, wo ich mich für einen Aufbaustudiengang in Journalismus eingeschrieben hatte. Damals lebte ich seit etwa fünf Jahren in Kanada und war gerade von Toronto hier raus nach Saskatchewan gezogen. Sammy dozierte eines Tages vor meinem Kurs, und obwohl sie nur wenige Jahre älter war als ich, wirkte sie unglaublich erfahren und selbstsicher. Sie besaß das Auftreten einer waschechten Journalistin – von jemandem, der das lebte, was ich anstrebte. Sie sprach über die alltäglichen Anforderungen beim Schreiben für eine Lokalzeitung, die Rolle der Redakteure und des Herausgebers und über das, was eine gute Story ausmacht. Sie machte ihre Sache wirklich gut, war witzig und konnte über sich selbst lachen. Nach ihrem Vortrag gab es bei Kaffee und Kuchen die Möglichkeit, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Ich ergriff die Gelegenheit, um sie verlegen zu fragen, ob ich ihr ein paar Artikel von mir schicken dürfte. (Monate später erzählte sie mir im Bett, dass sie mich sofort mochte, weil ich so unaufdringlich gewesen sei und mich nicht – wie so viele andere Studenten, die sie getroffen hatte – für eine Reinkarnation von Tom Wolfe zu halten schien.) Sie gab mir ihre E-Mail-Adresse und war ausgesprochen geduldig mit meinem überambitionierten, mit Adjektiven überladenen Geschreibsel. Schnell fügten wir unseren Mails kleine Witze hinzu, gaben uns Lese-Empfehlungen oder fragten den anderen nach seiner Meinung zu Filmen oder Büchern. Schon bald bedurfte es keiner Arbeitsproben oder Anmerkungen mehr im Anhang als Vorwand, uns zu schreiben, und sie beauftragte mich mit ersten Buch-, DVD- und Plattenkritiken.

Wir küssten uns zum ersten Mal in der Bar gegenüber der Redaktion.

Und dann kam der Abend, an dem ich ihre Eltern traf. »Wow«, staunte ich, als wir in Sammys Auto die Zufahrt hinauffuhren, die sich wie eine gefühlte Ewigkeit hinzog. Lakeview, das Zuhause der Familie Myers, war ein Vierzehn-Schlafzimmer-Anwesen im edwardianischen Stil, versteckt hinter einem Ulmenhain. Solche Ausmaße kannte ich bis dahin nur von Hotels oder College-Gebäuden. »Lass dich nicht einschüchtern«, ermutigte mich Sammy mit einem Kuss auf die Wange, als sie an der Tür klingelte.

Das war leichter gesagt als getan. Zu viert speisten wir in einem eichengetäfelten Esszimmer am Ende eines Tisches, an dem locker noch zehn weitere Personen Platz gehabt hätten. Ein Hausmädchen trug die verschiedenen Gänge auf, und ich bemühte mich, trotz der flackernden Kerzen, der Kristallgläser und des schweren Porzellans entspannt und weltmännisch zu erscheinen.

Doch Sammys Vater war die Liebenswürdigkeit in Person – während des Essens und auch später, als wir in seinem Arbeitszimmer mit einer Karaffe Single Malt am Kamin saßen. Mit den Worten »Ein Schotte dürfte das zu schätzen wissen« reichte er mir einen Tumbler, der gut und gerne zwei Pfund wog und in dem ich mir die Hände hätte waschen können. Er stellte einige dezente Fragen zu meinem Werdegang sowie zu meiner Familie in Schottland, erkundigte sich, was mich nach Toronto und schließlich nach Saskatchewan geführt hätte, und bat mich, mit meinen neunundzwanzig Jahren, sogar um eine Einschätzung bezüglich eines Radiosenders, den er zu kaufen erwog. Er wirkte umgänglich und gastfreundlich. Unser Gespräch schien nicht im Geringsten das zu sein, was es eigentlich war: ein Verhör.

Erst sehr viel später sollte ich begreifen, dass der gute alte Sam das, was ich ihm an jenem Abend anvertraut hatte, nutzte, um sich umfassend über meine Vorgeschichte zu informieren. Und zwar so umfassend, wie man sich über die Vorgeschichte von Donald R. Miller überhaupt informieren konnte.

Was zugegeben nicht...

Erscheint lt. Verlag 21.1.2013
Übersetzer Stephan Glietsch
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Cold Hands
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte eBooks • Gott bewahre • Irvine Welsh • Kanada • Krimi • Kultautor • Psychothriller • Psychothriller, Gott bewahre, Rache, Irvine Welsh, Kultautor, Kanada, Schotte, Thriller, Krimi, Schnee • Rache • Schnee • Schotte • Schottland • Thriller • Tod
ISBN-10 3-641-09742-8 / 3641097428
ISBN-13 978-3-641-09742-4 / 9783641097424
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