Und morgen in das kühle Grab (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
368 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-10074-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und morgen in das kühle Grab -  MARY HIGGINS CLARK
Systemvoraussetzungen
8,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein Spannungsroman der Extraklasse: Das spurlose Verschwinden von Nicholas Spencer, Leiter eines bedeutenden pharmazeutischen Forschungslabors, stellt die Welt vor ein Rätsel. Kurz darauf wird überraschend enthüllt, dass Spencer die Firma um Millionen betrogen hatte. Die Journalistin Marcia DeCarlo wagt sich bei ihren Recherchen zu weit vor - und begibt sich damit in Lebensgefahr.

Mary Higgins Clark (1927-2020), geboren in New York, lebte und arbeitete in Saddle River, New Jersey. Sie zählt zu den erfolgreichsten Thrillerautoren weltweit. Ihre große Stärke waren ausgefeilte und raffinierte Plots und die stimmige Psychologie ihrer Heldinnen. Mit ihren Büchern führte Mary Higgins Clark regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten an. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den begehrten Edgar Award. Zuletzt bei Heyne erschienen: »Denn du gehörst mir«.

2


WÄHREND DER VIERZIG MINUTEN Fahrt zum St. Ann’s Hospital hatte ich den CBS-Sender eingeschaltet, um eventuell weitere Nachrichten über den Brand mitzubekommen. Den Berichten zufolge war Lynn Spencer gegen elf Uhr abends zu ihrem Haus in Bedford gefahren. Die Hausangestellten, ein Ehepaar, Manuel und Rosa Gomez, wohnten in einem eigenen Häuschen auf dem Gelände, ein Stück entfernt vom Hauptgebäude. Offenbar hatten sie an diesem Abend Lynn nicht erwartet und wussten nicht, dass sie dort war.

Was hatte Lynn dazu bewogen, gestern Abend nach Bedford zu fahren, fragte ich mich, nachdem ich beschlossen hatte, mich auf den Cross Bronx Expressway zu wagen, die schnellste Möglichkeit, um vom Osten Manhattans nach Westchester County zu gelangen, falls es keinen Unfall gibt, der den ganzen Verkehr aufhält. Das Problem besteht bloß darin, dass ein Unfall mit Stau der Normalfall ist, weshalb der Cross Bronx auch als die schlimmste Schnellstraße des Landes gilt.

Die Wohnung der Spencers in New York befindet sich an der Fifth Avenue, in der Nähe des Gebäudes, in dem Jackie Kennedy gelebt hatte. Ich musste an meine achtzig Quadratmeter Wohnfläche denken und an die fünfundzwanzigtausend Dollar, die ich verloren hatte, das Geld, das als Kapitaleinlage für eine Eigentumswohnung gedacht war. Ich musste an den Mann gestern in der Versammlung denken, dessen Kind todkrank war und der sein Haus verlieren würde, weil er in Gen-stone investiert hatte. Ich fragte mich, ob Lynn auch nur die leiseste Spur von Schuldgefühl empfunden hatte, als sie nach der Versammlung in dieses opulente Apartment zurückgekehrt war. Ich fragte mich, ob es das war, worüber sie mit mir sprechen wollte.

Der April war wieder ganz April geworden. Auf dem Weg zu der Garage drei Blocks weiter, in der mein Auto abgestellt war, sog ich die Luft tief ein und erfreute mich des Daseins. Die Sonne schien, und der Himmel war von einem tiefen Blau. Die wenigen Wolken sahen aus wie duftige weiße Kissen, die dort oben träge vorbeitrieben, als seien sie erst im Nachhinein hinzugefügt worden. Genau auf diese Art würde sie die Kissen verteilen, wenn sie ein Zimmer dekorierte, hatte mir einmal Eve erklärt, eine Innenarchitektin, mit der ich befreundet bin. Die Verteilung der Kissen müsse beiläufig wirken, wie später hinzugefügt, wenn alles andere schon an seinem Platz ist.

Das Thermometer auf dem Armaturenbrett zeigte siebzehn Grad an. Es wäre ein großartiger Tag für eine Fahrt aufs Land gewesen, wenn ich nicht schon einen Grund für eine Fahrt gehabt hätte. Dennoch war ich neugierig. Ich befand mich auf dem Weg zu meiner Stiefschwester, die für mich eine Fremde war und die aus einem mir unbekannten Grund ausgerechnet nach mir verlangt hatte, als sie ins Krankenhaus eingeliefert worden war, und nicht nach einer ihrer prominenten Freundinnen.

Tatsächlich brauchte ich für den Cross Bronx nur etwa eine Viertelstunde, fast ein Rekord, und danach wandte ich mich nach Norden auf den Hutchinson River Parkway. Der Nachrichtensprecher meldete die neuesten Details von der Sache mit Lynn. Um drei Uhr fünfzehn sei der Feueralarm auf dem Anwesen in Bedford ausgelöst worden. Als die Feuerwehr ein paar Minuten später eingetroffen sei, habe bereits das gesamte Treppenhaus in Flammen gestanden. Rosa Gomez habe ihnen versichert, dass sich niemand im Innern befinde. Glücklicherweise habe einer der Feuerwehrleute den Fiat in der Garage als den Wagen erkannt, den Lynn immer fuhr, und Rosa gefragt, wie lange er schon dort stehe. Auf ihre entsetzte Reaktion hin hätten die Männer eine Leiter geholt, das Schlafzimmerfenster eingeschlagen und seien eingestiegen. Dort hätten sie die benommene und desorientierte Lynn gefunden, die hilflos im dichten Rauch nach einem Ausweg gesucht habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sie bereits eine große Menge Rauch eingeatmet. Sie habe Verbrennungen zweiten Grades an den Füßen erlitten, wegen der großen Hitze am Fußboden, sowie an den Händen, weil sie sich auf der Suche nach der Tür an den Wänden vorwärts getastet habe. Einer Meldung des Krankenhauses zufolge habe sich ihr Zustand inzwischen gebessert und werde jetzt als stabil bezeichnet.

In einer vorausgehenden Meldung war berichtet worden, dass das Feuer absichtlich gelegt worden sei. Jemand habe Benzin auf das Vordach gegossen, welches sich über die gesamte Länge des Erdgeschosses erstrecke. Nachdem es angezündet worden sei, habe sich eine Feuerwolke gebildet, die innerhalb von Sekunden das gesamte Erdgeschoss in Flammen habe aufgehen lassen.

Wer sollte ihr Haus anzünden?, fragte ich mich. Wusste oder ahnte irgendjemand, dass Lynn dort war? Sofort musste ich an die Aktionärsversammlung denken. Vor mir sah ich das Bild jenes Mannes, der sie angeschrien hatte. Er hatte unter anderem auch das Haus in Bedford erwähnt. Sicher würde die Polizei ihm einen Besuch abstatten, wenn sie davon hörte.

 

Lynn war in einem kleinen Raum in einer gesonderten Abteilung des St. Ann’s Hospital untergebracht. Sauerstoffschläuche steckten in ihren Nasenlöchern, und ihre Arme waren dick verbunden. Ihre Gesichtsfarbe dagegen war nicht annähernd so blass wie gestern, als ich sie auf der Aktionärsversammlung gesehen hatte. Mir fiel ein, irgendwo gelesen zu haben, dass bei einer Rauchvergiftung die Haut einen rötlich-violetten Schimmer bekommen kann.

Ihr blondes Haar war zurückgekämmt und sah mitgenommen, ja sogar etwas zottelig aus. Vermutlich hatte man ihr in der Notaufnahme einen Teil der Haare abschneiden müssen. Ihre Hände waren, mit Ausnahme der Fingerspitzen, verbunden. Ich schämte mich, weil ich mich einen Moment lang fragte, ob der Solitär, den sie bei der Versammlung an ihrem Finger zur Schau gestellt hatte, in dem ausgebrannten Haus zurückgeblieben war.

Ihre Augen waren geschlossen, und ich war mir nicht sicher, ob sie nicht schlief. Ich warf einen fragenden Blick auf die Krankenschwester, die mich zu ihr geführt hatte. »Vor einer Minute war sie noch wach«, sagte sie ruhig. »Reden Sie nur mit ihr.«

»Lynn«, sagte ich unsicher.

Sie öffnete die Augen. »Carley.« Sie versuchte ein Lächeln. »Danke, dass du gekommen bist.«

Ich nickte. Ich bin normalerweise nicht auf den Mund gefallen, aber ich wusste einfach nicht, was ich ihr sagen sollte. Ich war aufrichtig dankbar, dass sie keine schweren Verbrennungen erlitten hatte oder am Rauch erstickt war, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum ich die Rolle der nächsten Verwandten spielen sollte. Ich war mir zu hundert Prozent sicher, dass Lynn Hamilton Spencer genauso wenig für mich übrig hatte wie ich für sie.

»Carley …« Ihre Stimme zitterte, sie bemerkte es und schloss die Lippen. »Carley«, begann sie von neuem, diesmal in ruhigerem Ton, »ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass Nick Geld von der Firma genommen hat. Ich kann es immer noch nicht fassen. Ich weiß überhaupt nichts über den geschäftlichen Teil seines Lebens. Carley, das Haus in Bedford und die Wohnung in New York hatte er schon, als wir geheiratet haben.«

Ihre Lippen waren aufgesprungen und trocken. Sie hob ihre rechte Hand. Ich begriff, dass sie versuchte, das Wasserglas zu erreichen, ich nahm es und hielt es ihr vor die Lippen. Die Schwester war aus dem Zimmer gegangen, als Lynn die Augen geöffnet hatte. Ich war mir nicht sicher, ob ich auf den Knopf drücken sollte, um das Rückenteil höher zu stellen. Stattdessen legte ich meinen Arm um ihre Schultern und stützte sie, während sie am Wasser nippte.

Sie trank nur wenig, dann lehnte sie sich zurück und schloss die Augen, als ob die kurze Anstrengung sie erschöpft habe. In diesem Augenblick empfand ich ein Quäntchen echtes Mitleid für sie. Sie machte den Eindruck, verwundet und gebrochen zu sein. Die exquisit angezogene und frisierte Lynn, die ich in Boca Raton kennen gelernt hatte, war Lichtjahre entfernt von dieser verletzbaren Frau, die fremde Hilfe benötigte, um ein paar Tropfen Wasser zu trinken.

Als ich sie wieder auf das Kissen bettete, liefen Tränen über ihre Wangen. »Carley«, sagte sie mit müder und schwacher Stimme, »ich habe alles verloren. Nick ist tot. Man hat mich gebeten, meinen Job bei der PR-Firma aufzugeben. Ich habe Nick einer Menge neuer Kunden vorgestellt. Über die Hälfte davon hat große Summen in das Unternehmen investiert. Das Gleiche gilt für Southhampton und den dortigen Club. Leute, die meine Freunde waren, sind voller Wut auf mich, weil ich sie mit Nick bekannt gemacht habe und sie ungeheuer viel Geld verloren haben.«

Ich musste an Sam denken, der Nick als einen mit allen Wassern gewaschenen Verkäufer beschrieben hatte.

»Die Anwälte der Aktieninhaber werden Anzeige gegen mich erstatten.« In ihrer Erregung hatte Lynn immer schneller gesprochen. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm, stöhnte auf und biss sich auf die Lippen. Selbst diese leichte Berührung war für ihre verbrannte Handfläche offensichtlich sehr schmerzhaft. »Ich habe etwas Geld auf meinem persönlichen Bankkonto«, sagte sie, »und das ist alles. Bald werde ich kein Heim mehr haben. Einen Job habe ich auch nicht mehr. Carley, ich brauche deine Hilfe.«

Wie sollte ausgerechnet ich ihr helfen können?, fragte ich mich. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und blickte sie daher stumm an.

»Wenn Nick das Geld wirklich gestohlen hat, dann besteht meine einzige Chance darin, die Leute davon zu überzeugen, dass ich ebenfalls ein unschuldiges Opfer bin. Carley, es ist die Rede davon, dass Anklage gegen mich erhoben werden soll. Bitte sorge du dafür, dass das nicht geschieht. Die Leute respektieren dich. Sie werden auf dich hören. Überzeuge sie davon, dass ich nichts mit dem Betrug zu tun hatte.«

»Glaubst du, dass Nick tot ist?«...

Erscheint lt. Verlag 29.11.2012
Übersetzer Andreas Gressmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The second time around
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Betrug • eBooks • Impfstoff • Pharmaunternehmen • Recherche • Roman • Spannung • Thriller • Verschwinden • Verwirrspiel
ISBN-10 3-641-10074-7 / 3641100747
ISBN-13 978-3-641-10074-2 / 9783641100742
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 635 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
14,99
Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson

von Hallgrímur Helgason

eBook Download (2011)
Tropen (Verlag)
9,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49