Tod oder Reben (eBook)

Ein Wein-Krimi aus Südtirol
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
432 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-47471-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod oder Reben -  Michael Böckler
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Der Baron liebt Wein und hasst Morde. Baron Emilio von Ritzfeld-Hechenstein versteht etwas vom Rebensaft, schließlich wuchs er auf einem Weingut auf. Doch seit dem Bankrott des Vaters ist Emilio chronisch pleite - was er nicht zuletzt seiner Vorliebe für die schönen Dinge des Lebens verdankt: guter Wein und gutes Essen! Zum Glück hat Emilio nicht nur einen feinen Gaumen, sondern auch eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe: Sein Geld verdient er als Privatdetektiv. Als ihn eine alte Dame bittet, den vermeintlichen Unfalltod ihres Sohnes aufzuklären, überlegt Emilio nicht lange. Lässt sich der Fall doch mit einem Ausflug in eine der schönsten Weinregionen verbinden: Südtirol!

Michael Böckler hat sich als Krimiautor einen Namen gemacht. In seinen Romanen verknüpft er spannende Fälle mit touristischen und kulinarischen Informationen. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Wein. Er hat Kommunikationswissenschaft studiert und lebt in München. Südtirol kennt er seit seiner Kindheit, bereist die Region auch heute noch regelmäßig - und natürlich liebt er die Südtiroler Weine.

Michael Böckler hat sich als Krimiautor einen Namen gemacht. In seinen Romanen verknüpft er spannende Fälle mit touristischen und kulinarischen Informationen. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Wein. Er hat Kommunikationswissenschaft studiert und lebt in München. Südtirol kennt er seit seiner Kindheit, bereist die Region auch heute noch regelmäßig - und natürlich liebt er die Südtiroler Weine.

4


Emilios Laune hatte sich nicht wesentlich gebessert, als er am Nachmittag zum Hotel Bayerischer Hof schlenderte. Immerhin waren die Kopfschmerzen verflogen, das war ein unerwartetes Erfolgserlebnis an diesem trüben Tag. Frank hatte ihm das Versprechen abgenommen, sich nicht auf dem Alten Südfriedhof auf eine Parkbank zu setzen, was er oft tat, um dem hektischen und fröhlich-nervigen Treiben zu entfliehen. Er hatte ihm sein Wort gegeben, den Termin mit der alten Dame wirklich wahrzunehmen. Der Baron wählte den Weg über den Viktualienmarkt. Seinen schwarzen Gehstock, der auf Hochglanz poliert war und einen silbernen Knauf hatte, brachte er nur bei jedem dritten Schritt zum Einsatz. Er hätte auch ohne Stock gehen können, sehr gut sogar und erstaunlich ausdauernd, aber er hatte sich an das Requisit gewöhnt, und trotz seines leichten Hinkens fand er auf diese Weise einen ihm angenehmen Laufrhythmus. Obwohl es leicht nieselte, trug er eine dunkle Sonnenbrille, mit einem dicken Hornrahmen, der so altmodisch war, dass er schon wieder avantgardistisch wirkte. Die Sonnenbrille hatte bereits seinem verstorbenen Vater gehört. Ebenso die rahmengenähten Budapester, die mindestens dreißig Jahre alt waren. Er hielt die maßgefertigten Schuhe seines Vaters in Ehren. Emilio hatte sich vorgenommen, in diesem Leben keine Schuhe mehr zu kaufen – die Dutzend Klassiker seines Vaters mussten bis zu seinem letzten Gang halten.

Im Vorbeigehen ignorierte er an einem Obststand das Schild, dass man die feilgebotene Ware nicht anlangen dürfe, er nahm geistesabwesend eine Handvoll Bio-Erdbeeren aus einem Korb, schob die erste in den Mund und ging weiter. Einige Kunden sahen ihm ob dieser Dreistigkeit entgeistert hinterher. Die Marktfrau lächelte, sie kannte den «Wein-Baron» schon seit langem, sie mochte seine kauzige Art und verzieh ihm so einiges.

Emilio genoss die ungewaschenen Erdbeeren, das Grünzeug aß er mit, schließlich taten das auch die Ziegen. Er überquerte den Marienplatz, schob mit dem Gehstock einige Touristen zur Seite, die hinauf zum Glockenspiel am Rathaus starrten. Währenddessen versuchte er, sich an «Tante Theresa» zu erinnern. Sie entstammte einer alten Industriellenfamilie aus Wien, so viel wusste er noch. Ihre Freundschaft zu Emilios verstorbener Mutter ging wohl auf gemeinsame Jungmädchenzeiten in einem Schweizer Internat zurück. Theresa war bei Emilios Eltern ein- und ausgegangen, war bei allen Familienfeiern zugegen gewesen, hatte einfach zum Leben dazugehört. Auch hatten sie Theresa gelegentlich in ihrer Villa im Südtiroler Meran besucht. Daran konnte er sich noch gut erinnern – auch an den Vorhang, den er zu Weihnachten versehentlich angezündet hatte.

Emilio ging am Dom vorbei, durch eine Passage, schließlich erreichte er den Bayerischen Hof. Davor parkten Luxuslimousinen, einige Wichtigmenschen in Anzügen telefonierten mit ihren Handys. Emilio stöhnte. Aber er konnte nicht umdrehen, denn Versprechen pflegte er zu halten, auch wenn er sie leichtfertig gegeben hatte. Und vielleicht, so hoffte er, war es amüsant, die alte Freundin seiner Mutter wiederzusehen. Er hatte ein Faible für Realsatire.

Emilio betrat das Hotel, erinnerte sich, wo Theresa auf ihn warten wollte, ging aber erst auf die Toilette, um sich die Hände zu waschen und den Mund zu säubern. Er wollte ihr beim Handkuss Reste von Erdbeeren ersparen. Er entdeckte die alte Dame sofort, trotz ihres gewaltigen Strohhutes, sogar hinter dem roten Fächer, mit dem sie sich Luft zufächelte. Oder vielleicht gerade deshalb, sie war kaum zu übersehen. Auch Theresa hatte ihn entdeckt, sie klappte den Fächer zusammen und zeigte ein strahlendes Lächeln. Sie schien sich wirklich zu freuen, ihn wiederzusehen. Nun, dann war sein Kommen schon mal nicht gänzlich vergebens gewesen. Es war ihm bislang nur selten beschieden gewesen, alte Damen glücklich zu machen.

Die folgende Stunde unterhielten sie sich zunächst über Belanglosigkeiten, dann über vergangene Zeiten. Das Gespräch verlief relativ einseitig, denn Theresa erzählte ausführlich und mit Liebe zum Detail, wie sie Emilios Mutter kennengelernt hatte, von ihren gemeinsamen Jahren in der Schweiz, über Jungmädchenstreiche und erste, schüchterne Männerbekanntschaften. Emilio beschränkte sich weitgehend aufs Zuhören, die Geschichten gefielen ihm, sie brachten ihn dazu, an seine verstorbene Mutter zu denken. Warum tat er dies sonst so wenig?

Auf seine Frage und um das Thema zu wechseln, schilderte Theresa ihren Jahresablauf, der an feste Rituale geknüpft schien. Wie er wisse, habe sie ihren Hauptwohnsitz in Meran, dort verbringe sie die meisten Monate, aber sie liebe es, zu reisen. Allerdings versuche sie, sich nur innerhalb der Grenzen der alten Donaumonarchie zu bewegen. Südtirol sei ohnehin nur aufgrund höchst dubioser Ereignisse abhandengekommen. Schließlich habe das wunderschöne Land an Etsch, Passer und Eisack seit dem 14. Jahrhundert zum Habsburger Reich gehört. Dass es 1918 an Italien gefallen war, wurde von ihr konsequent ignoriert. An den Vertrag von Saint Germain dürfe sie gar nicht denken, davon bekäme sie Migräne.

Emilio zog es vor, ihr nicht zu widersprechen. Sein Einwand, dass sie mit München die historischen Grenzen der Donaumonarchie überschritten hätte, konterte sie mit dem Hinweis, dass sich König Ludwig II. gut mit der Sissi verstanden habe – außerdem sei sie hier, um sich mit Emilio zu treffen und mit ihm etwas zu besprechen.

Emilio musste grinsen. Die alte Dame hatte ziemlich abgefahrene Ansichten, aber im Kopf war sie hellwach, das musste man ihr lassen. Und sie schien endlich zum Grund ihres Treffens zu kommen. Aber auch das machte sie auf Umwegen. Theresa orderte einen Sekt. «Nein, keinen Champagner», rüffelte sie den Ober. Sie bevorzuge Riesling-Sekt. Von dem «französischen Sprudel», so ihre Erklärung, bekäme sie Sodbrennen. Und Prosecco sei vulgär.

Die Flasche wurde entkorkt. Gab es was zu feiern? Die alte Dame hob ihr Glas. «Ich möchte mit dir auf meinen Niki anstoßen», sagte sie feierlich, «er hätte heute Geburtstag, einen runden, seinen Fünfzigsten!» Nun war Emilio doch überrascht. Deshalb war er hier? Während er mit Theresa anstieß, rief er sich besagten Niki in Erinnerung. Richtig, das war Theresas Sohn gewesen, Nikolaus Steirowitz, ihr einziges Kind, er hatte ihn kaum gekannt. Niki war irgendwann ums Leben gekommen, daran erinnerte er sich. Sie stießen also gerade auf den Geburtstag ihres toten Sohnes an. Warum nicht?

Theresa sah Emilio an. «Niki, du weißt …»

«Natürlich, Niki, dein verstorbener Sohn», bestätigte er. «Ich habe ihn noch als jungen Mann in Erinnerung. Er wäre heute fünfzig geworden? Unvorstellbar, wie schnell die Zeit vergeht.» Fast genierte er sich für den blöden Satz, aber etwas anderes als diese Platitude war ihm spontan nicht eingefallen.

«Deshalb habe ich dich hergebeten», fuhr Theresa fort. «Ich danke dir, dass du gekommen bist.»

«Das ist doch selbstverständlich …»

«Nein, ist es nicht. Wäre ich nicht so penetrant gewesen», sie drohte ihm lächelnd mit dem Zeigefinger, «hättest du mir einen Korb gegeben, ich kenne dich.»

Er hob entschuldigend die Hände. «Vielleicht, aber jetzt bin ich hier.» Dabei dachte er, dass nicht Theresas Überzeugungskraft den Ausschlag gegeben hatte, sondern Frank und die normative Kraft des Faktischen – in Form ausstehender Mietzahlungen.

Theresa machte eine lange Pause, sie leerte das Glas, sah ihn forschend an, gab dem Ober ein Zeichen, nachzuschenken. Dann fuhr sie fort: «Nikis Tod ist genau zehn Jahre her», sie seufzte, «zehn Jahre, zwei Monate und vielleicht zwei Wochen, oder eine Woche, oder drei Wochen, plus minus einige Tage.» Theresa langte sich an den Kopf. «Das ist nicht zu fassen. Ich habe ihn geboren, aber ich weiß nicht, wann Niki gestorben ist, an welchem Tag ich auf den Friedhof gehen soll, um an seinem Grab eine Kerze zu entzünden.»

Emilio sah sie fragend an. Diesen Gesichtsausdruck beherrschte er, selbst wenn ihn eine Antwort nur wenig bis gar nicht interessierte.

«Du willst wissen, wie das sein kann?», fuhr sie fort.

«Ja, natürlich», bestätigte er, «leider weiß ich nicht, wie Niki ums Leben gekommen ist, tut mir leid.» Er ließ sich dazu hinreißen, ihre Hand zu nehmen und zu streicheln. Manchmal war er sich selbst ein Rätsel.

«Niki hat in Bozen gelebt», erklärte Theresa, «er war unverheiratet, hatte keine Kinder. Er hatte eine Vinothek, die lief sehr gut. Bei einer Bergtour ist er über eine hohe Felswand gestürzt. Wanderer haben seinen Leichnam erst einige Zeit später entdeckt. Der genaue Todeszeitpunkt ließ sich nicht mehr feststellen.»

Emilio hatte noch nie verstanden, warum Menschen freiwillig auf Berge stiegen, dabei ins Schwitzen gerieten und sich unkalkulierbaren Gefahren aussetzten. Mit diesem Unsinn hatten im 19. Jahrhundert die Engländer angefangen. Wäre Niki im Tal geblieben, wie jedes vernunftbegabte Wesen, wäre er noch am Leben. Nun ja, oder auch nicht, wer wusste das schon?

Emilio räusperte sich. «Ein Unfall?», hakte er nach. «War er bei der Bergtour alleine?»

«Du stellst die richtigen Fragen, deshalb wollte ich mit dir sprechen. Ein Unfall? So steht es im Bericht der Polizei. Dort steht auch, dass Niki die Wanderung alleine unternommen hat. Das hätten die Nachforschungen ergeben.»

«Macht man das? Geht man alleine auf den Berg?»

«Doch, warum nicht. Die Tour war nicht weiter gefährlich. Außerdem war Niki ziemlich leichtsinnig. Er hat schon als Kind die verrücktesten Sachen gemacht.»

«Dann war das...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2012
Reihe/Serie Baron Emilio von Ritzfeld-Hechenstein
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Baron Emilio von Ritzfeld-Hechenstein • Bozen • Italien • Krimi • Kulinarischer Krimi • Südtirol • Urlaub • Wein • Weingut
ISBN-10 3-644-47471-0 / 3644474710
ISBN-13 978-3-644-47471-0 / 9783644474710
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