Die Idee des lebendigen Gottes (eBook)

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2012 | 1. Auflage
249 Seiten
Echter Verlag
978-3-429-06029-9 (ISBN)

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Die Idee des lebendigen Gottes -  Ralph Poirel
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Franz Xaver Dieringer (1811-1876) war fast drei Jahrzehnte Professor für Dogmatik an der Bonner Katholisch-Theologischen Fakultät. Er galt als enger Vertrauter des Kölner Kardinals Johannes Geissel und deshalb als Parteigänger der 'Ultramontanen'. Dennoch votierte er gegen die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit. Nach Beendigung des Ersten Vatikanum unterwarf sich Dieringer im Unterschied zu fast allen seiner Bonner Kollegen der Forderung nach Anerkennung des neuen Dogmas, gab zugleich aber seine Professur in Bonn auf und wurde einfacher Pfarrer. Die vorliegende Arbeit erhebt das theologische Profil dieser einflussreichen Gestalt des 19. Jahrhunderts. Stark geprägt vom Denken der Tübinger Schule, besonders von Johann Sebastian von Drey und Franz Anton Staudenmaier, überwindet Dieringer die vorgestanzten Bahnen der Neuscholastik. Seine Offenbarungstheologie darf als ebenso wegweisend gelten wie seine Verhältnisbestimmung von Schrift, Tradition und kirchlichem Lehramt.

Ralph Poirel (geb. 1975), studierte Theologie und Philosophie in Bonn und Berkeley. Seit 2004 Afrika-Referent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und Geschäftsführer der Unterkommission für Missionsfragen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Ralph Poirel (geb. 1975), studierte Theologie und Philosophie in Bonn und Berkeley. Seit 2004 Afrika-Referent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und Geschäftsführer der Unterkommission für Missionsfragen. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.

2. Das theologische Profil Franz Xaver Dieringers


In Dieringers Hauptwerken, zu denen ich neben seiner Dogmatik, den Laienkatechismus sowie die Polemik und Dialektik1 zähle, findet sich keine explizite Definition von Offenbarung. Man sucht vergebens nach einer dogmatischen Abhandlung, die genau erfasst, was Offenbarung ist. Dies scheint umso erstaunlicher, als alle drei Werke davon handeln, wie Offenbarung geschieht, woran man sie erkennen kann und anderen Detailfragen mehr.2 Der eigenen Methode der positiven Theologie folgend steht natürlich die Offenbarung als solche im Mittelpunkt des theologischen Werkes von Franz Xaver Dieringer. Immer wieder finden sich in den Hauptwerken Dieringers somit Versatzstücke und Teildefinitionen dessen, was Offenbarung ist3, eine klare, systematische Definition des Begriffs im Sinne einer ausführlichen Theorie der Offenbarung wird jedoch nicht geboten. Vielmehr wird der Offenbarungsbegriff im Zusammenhang anderer Frage- und Problemstellungen behandelt. Dies soll im Folgenden anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden.

2.1 Was ist Offenbarung? – das Offenbarungsverständnis F. X. Dieringers


In der „Polemik der göttlichen Thaten“ findet sich bei der Abhandlung des notwendigen Zusammenhangs von Wunder und Offenbarung ein knapper Hinweis auf das Wesen von Offenbarung. Dort heißt es eher beiläufig: „Ist nämlich überhaupt eine Offenbarung, so ist damit notwendig die göttliche Tat; denn das ist das Wesen der Offenbarung, dass sie selbst göttliche That ist,“4. Dieringer fährt fort mit der Ergänzung, dass die Offenbarung Handeln Gottes in der Welt ist mit dem Zweck, „die Menschen des wahren Lebens theilhaftig zu machen“5. In anderen Zusammenhängen wird Offenbarung von Dieringer auch allgemeiner als Gottes Erlösungshandeln beschrieben6 oder als ein Einheit stiftendes Handeln Gottes, das die Verbindung zwischen Gott und Mensch vertiefen und restaurieren soll.7

Die Offenbarung eröffnet dem Menschen den tieferen Sinn des eigenen Lebens, ermöglicht ihm, die „vollendete Gottesgemeinschaft“8 zu erreichen, indem sie ihm zeigt, durch welche Mittel er seine Bestimmung vollziehen und seine Gottebenbildlichkeit realisieren kann. Insofern ist es der Offenbarung innewohnend die „Prämissen zu einer oder mehreren practischen Folgerungen (…) für den religiös-sittlichen Wandel“9 zu vermitteln. Denn die Verwirklichung der Bestimmung des Menschen vollzieht sich im menschlichen Tun, im konkreten Handeln in der Welt. Zudem folgt nach Dieringer aus der Erkenntnis der Wahrheit unweigerlich ein neuer Lebenswandel, weil sie den ganzen Menschen erfasst.10 So ist denn auch Zweck der Offenbarung die „göttliche Wahrheit zu enthüllen“, dem Menschen dadurch Erlösung zuteil werden zu lassen und schließlich die Menschheit in der Kirche zu sammeln, wo ihr durch die fortwährende Vermittlung der geoffenbarten Wahrheit und Gnade ein „aus Gott gebornes Leben“ eröffnet wird.11

Es zeigen sich somit in den unterschiedlichen Werken Dieringers ein vielfältiger Gebrauch des Offenbarungsbegriffs und eine weit reichende Bedeutung desselben für Dieringers Theologie, wie es schon die Einleitung zum theologischen Konzept Dieringers verdeutlichte.12 Dennoch fehlt in den Hauptwerken eine Definition des Offenbarungsbegriffs. Dabei fällt auf, dass Dieringer den Offenbarungsbegriff insgesamt so kohärent und konsequent ver- und anwendet, wie dies nur geschieht, wenn der eigentliche Begriff bzw. die Definition vorausgesetzt wird. So schreibt Dieringer zu Beginn der Dogmatik denn auch: „Den Offenbarungsbegriff setzen wir hierorts als bekannt voraus.“13 und verweist ferner zu Beginn der Polemik in einer Fußnote auf eine Rezension von ihm zu Franz Anton Staudenmaiers „Geist der göttlichen Offenbarung“ (Gießen 1837) aus dem Jahr 1838.14 Das Jahr der Veröffentlichung der Rezension ist insofern interessant, als dass es sich bei diesem Artikel im Mainzer „Katholik“15 um einen der ersten wissenschaftlich-theologischen Aufsätze Dieringers handelt. Zu dieser Zeit wirkt er als Repetent am Priesterseminar in Freiburg, an dessen Katholisch-Theologische Fakultät Staudenmaier erst im Jahr 1837 als Professor der Dogmatik berufen worden war. Mit seinem Aufsatz „Ueber die Offenbarung“ stellt sich Dieringer erstmals in einer theologischen Publikation in die Reihe der Theologen, die eine positive Theologie vertreten. Für die Suche nach der Definition von Offenbarung bzw. nach einem „Offenbarungsbegriff“16 bietet uns dieser Aufsatz eine Zusammenstellung des Offenbarungsverständnisses Dieringers, wie wir es in seinen späteren Werken in dieser Dichte und Entfaltung eben nicht mehr finden.

2.1.1 Die Theorie der Offenbarung in „Ueber die Offenbarung“

Gleich zu Beginn der Rezension wird deutlich, dass Dieringer auch in seiner Offenbarungstheorie dem bereits erwähnten Konzept der positiven Theologie folgt und eine Offenbarungstheorie ablehnt, die gleichsam losgelöst von der historisch geschehenen „positiven“ Offenbarung einen abstrakten Begriff von Offenbarung entwickeln will.17 Nicht der Mensch und seine subjektive Vernunft bestimmen den Begriff der Offenbarung, sondern die objektive Offenbarung selbst bestimmt ihren Begriff.18 Das Offenbarungshandeln Gottes ist dessen freie Tat. Gottes Handeln ist daher vor aller Offenbarung immer das Unvorherdenkbare, da es absolut frei und somit nicht notwendig ist. „Was Gott wirken wollte, noch wirkt, und fürderhin wirken will, beruht auf keiner Nothwendigkeit des Gedankens, sondern auf der Freiheit des göttlichen Rathschlusses.“19 Dies ist der logische Grund, warum man Gottes Offenbarungshandeln nicht auf einen menschlichen (Vor-)Begriff bringen kann.

Menschliches Reden über Gottes Offenbarung ist nach Dieringer nur da sinnvoll, wo es selbst bereits offenbarungsbegründet ist. „Ob irgend eine Lehre göttlich sey, kann in letzter Instanz nur durch das Zeugnis Gottes ermittelt werden: der tadellose Wandel des angeblichen Gottesgesandten, das Einleuchtende und Trostreiche seiner Doctrin, ihre Angemessenheit zur sittlichen Veredlung des Menschen u. s. w. sind durchaus nur von secundärer Beweiskraft und können nur Wahrscheinlichkeit, aber keine Gewissheit begruenden.“20 Nur solche offenbarungstheologische Rede, die auf Gottes freier Selbstpreisgabe gründet, kann Aussagen über das Wesen Gottes und über dessen (künftiges) Handeln machen.21 Dies aber bedeutet, dass alle Theorie der Offenbarung stets von der positiven Offenbarung bestimmt wird und es eigentlich keine echte Offenbarungstheorie ohne vorherige Offenbarungspraxis geben kann.22 Dieringer spricht von einem „Zirkel“, dem sich zahlreiche Theologen unterzogen haben, indem sie „subjective Kriterien einer Offenbarung“ aufstellen, um schließlich zugestehen zu müssen, dass sie diese doch aus der „gegebenen Offenbarung“ abgeleitet haben.23 Dieringer kritisiert daher alle theologischen Ansätze, die zunächst ein rein philosophisches Offenbarungsverständnis entwickeln wollen, das den Begriff von Offenbarung gleichsam losgelöst vom faktischen Offenbarungsgeschehen zu verstehen versucht. Christliche Theologie kann hinter das Offenbarungshandeln Gottes nicht zurück.24 Eine Theorie der Offenbarung muss daher von diesen Fakten her deduktiv vorgehen und nicht vom reinen Gedankenspiel und - sei es noch so vernünftig - abstrahieren.25 Dieringer sieht insbesondere durch den Einfluss von Immanuel Kant und dessen Denkformen die gerade beschriebene Tendenz als eine virulente Fehlentwicklung in der katholischen Theologie hervorgerufen.26 Ausdrücklich stellt er sich gegen eine Theologie, die „eine Construction a priori“27 ist und stellt dieser das Konzept einer Theologie a posteriori entgegen, die nur ein Reflex auf die objektive Offenbarung ist.28 Erstaunlich modern klingen dabei einige Abhandlungen in der erst 1841 erschienen Polemik zur „unbefangenen Menschenvernunft“29, wenn Dieringer diese aufgrund ihrer Prägung durch die „Denk- und Vorstellungsweisen der alten Welt“ bestimmt sieht und sie gerade deshalb nicht als unabhängige Instanz akzeptiert, die gleichsam losgelöst von allem über den Dingen steht. Dieringers Vernunftkritik rührt somit auch von der Erkenntnis her, dass es keine Vernunft ohne Kontext gibt bzw. alles Denken immer in der Vorstellungswelt der Zeit eingebunden ist.30

Im Anschluss an diese sehr grundsätzliche Überlegung muss Dieringer in seinem Aufsatz „Ueber die Offenbarung“ allerdings erkennen, dass eine ausführliche Theorie der Offenbarung in der positiven Theologie erst noch entwickelt werden muss. In Franz Anton Staudenmaier erkennt er den ersten Denker einer solchen Theorie, deren Ansatz er teilt, allerdings nicht zu einer eigenen Theorie ausbaut.31 Er greift in der Folge auf Staudenmaiers Schriften zurück32 und entwickelt aus diesen den weiteren Begriff der Offenbarung nach Form und Inhalt.33 Es wird im weiteren noch zu erheben sein, ob es sich hierbei schlicht...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2012
Reihe/Serie Bonner dogmatische Studien
Verlagsort Würzburg
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Bonner Katholisch-Theologischen Fakultät • Dogmatik • Franz Xaver Dieringer • Idee • Idee; lebendigen Gottes; Poirel; Franz Xaver Dieringer; Dogmatik; Bonner Katholisch-Theologischen Fakultät; Johannes Geissel; Ultramontanen; Unfehlbarkeit; Vatikanum • Johannes Geissel • lebendigen Gottes • Poirel • Ultramontanen • Unfehlbarkeit • Vatikanum
ISBN-10 3-429-06029-X / 342906029X
ISBN-13 978-3-429-06029-9 / 9783429060299
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