Mords Idylle (eBook)

Sechzehn Kurzgeschichten aus dem Landkreis Hildesheim
eBook Download: PDF | EPUB
2012 | 1. Auflage
346 Seiten
CW Niemeyer Buchverlage GmbH
978-3-8271-9623-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mords Idylle -  Sabine Hartmann
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Als die Kriminalpolizistin Lisa Grundberg sich nach Alfeld versetzen lässt, ahnt sie nicht, dass sie bereits nach wenigen Tagen nach dem Mörder einer jungen Frau suchen wird, die nach einer Vernissage tot im Treppenhaus des Fagus-Werkes gefunden wird. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Markus Heitkämper ermittelt sie in 16 Fällen im Landkreis Hildesheim. Sie bekommt es mit Brandstiftern zu tun, jagt einen Entführer oder sucht nach dem Mörder mit der Schlange. Als sie im Ratskeller in Lamspringe einen Toten in einem Branntweinfass finden, brauchen sie die Unterstützung eines Historikers, Fitz. Der hilft ihnen auch, mit einer Ansichtskarte einen Täter zu entlarven, der vor mehr als vierzig Jahren gemordet hat. Doch kaum ist dieser Fall gelöst, wartet der nächste auf sie: im Krötentunnel, an den Apenteichquellen oder in der Lönsgrotte - ein Mord heimtückischer als der andere.

Elze

IN DER FINIE


„Ein Schlagbaum ist für einen Fußgänger kein wirkliches Hindernis“, dachte Friedhelm Faßbinder, bückte sich und tauchte unter der Schranke hindurch. Er war erst ein kurzes Stück auf der asphaltierten Baustraße entlang gegangen, als rechts von ihm das Kalkabbaugebiet begann. Trotzdem folgte er der Straße noch ein paar hundert Meter hügelan. Er wollte zu der Stelle, an der der Bagger vor dem Beginn des Wochenendes aufgehört hatte, sich in die Erde zu fressen.

Der schlanke Mann ließ den Blick schweifen. Ganz oben auf dem Hügel schwankten einige Bäume im Wind. Ein Trecker mit Wagen kroch am Horizont über ein Feld. Bussarde kreisten. Abgesehen vom Wind, der kräftig über die Abbruchkanten pfiff, war es still hier.

Friedhelm fand die Stelle, die er gesucht hatte und kletterte eine schiefe Ebene hinunter. Kalkbrocken lösten sich unter seinen Füßen, und als er sich festklammerte, auch unter den Händen. Er rutschte ein Stückchen ab, plumpste unsanft auf den Boden. Auf einen Blick erkannte er um sich herum mehrere Fossilien im heruntergefallenen Gestein. Er wischte sich den Staub von den Knien und den Händen und nickte. Genauso hatte er es sich vorgestellt. In solch einem Fall lohnte sich die lange Anfahrt wenigstens.

Er steckte beide Daumen unter die Schulterriemen seines Rucksacks und schritt kräftig aus.

Als er das Ende der Grube erreicht hatte, ragte die Steilwand, die der Bagger in den Hügel gefressen hatte, gute fünfzehn Meter über ihm auf. Er legte den Rucksack auf einen flachen Stein, nahm Hammer und Meißel heraus und begann, direkt neben dem Bagger Kalksteinplatten aus der Wand herauszulösen. Der Steinhaufen neben seinem Rucksack wuchs schnell.

Nachdem er eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne getrunken und eine Scheibe Brot verzehrt hatte, beschloss Friedhelm, auf der anderen Seite des riesigen Baggers weiter zu suchen.

Die Sonne wärmte ihm den Rücken, und er genoss die Stille, nur unterbrochen vom gelegentlichen Krächzen der Krähen oder dem durchdringenden Schrei eines roten Milan, der hoch über der Finie kreiste.

Als er um den Bagger herumkam, flatterten ein paar Krähen von einer dunklen Masse auf. Sie protestierten laut krächzend. Zuerst glaubte Friedhelm Faßbender, dass ein Reh oder ein Wildschwein wohl über die Kante gerutscht und verendet sein musste. Dann erkannte er rote Stofffetzen und einen Stiefel. Mit einem Aufschrei verscheuchte er zwei Krähen, die wieder näher heran hüpfen wollten.

Er bemerkte einen Rucksack neben der Leiche. Ein Hammer lag direkt vor seinen Füßen. Der Tote lag auf dem Rücken. Friedhelm war sich sicher, es mit einem Mann zu tun zu haben, obwohl das Gesicht kaum noch als solches zu erkennen war.

Friedhelm schaute nur kurz hin, nahm aber doch die Blutflecken unter der Leiche und die unnatürlich verdrehten Beine wahr. Sein Blick schweifte nach oben. War der Mann auf der Abbruchkante entlanggegangen und abgerutscht?

Faßbender kramte das Handy aus der Brusttasche seines Hemdes und zögerte kurz, weil er nicht wusste, ob er 112 oder 110 wählen sollte.

Lisa Grundberg fuhr den Wagen vor die Schranke. Ihr Kollege Markus drückte sie hoch und ließ sie schulterzuckend wieder herunter, nachdem Lisa durchgefahren war. Der Sinn einer Schranke, die jeder beliebig öffnen konnte, erschloss sich ihm nicht.

Markus’ Blick wanderte über die Kraterlandschaft, die sich vor ihm fast bis zum Horizont erstreckte. „Mann, so riesig hätte ich mir das Abbaugebiet nicht vorgestellt.“

„Was suchen die hier?“ fragte Lisa.

„Muschelkalk! Jedes Jahr dürfen 250 000 Tonnen abgebaut werden, 45 Jahre lang.“ Er zeigte nach links. „Hinterher werden der Abraum und die Muttererde wieder aufgefüllt, und die Bauern können die Felder wie früher bestellen.“

„Sie liegen dann allerdings ein paar Meter tiefer.“

Markus sah sie überrascht an. „Es hat eine ziemlich rührige Bürgerinitiative zur Rettung der Finie gegeben. Die haben alles angeführt, was sich finden ließ, vom winzigen Feldhamsterbaby bis zur aktuellsten EU-Richtlinie. Ohne durchschlagenden Erfolg allerdings.“

Lisa sah sich prüfend um. „Ohne großen Erfolg oder völlig erfolglos?“

„Nee, ein paar Sachen konnten sie bewegen, ich meine, mich zu erinnern, dass die Zufahrtstraße verlegt werden musste und die Abbauzeiten und –mengen eingeschränkt wurden. Nagel mich nicht fest, aber ich glaube, die haben sich sogar an die Kanzlerin persönlich gewandt.“

Lisa sah sich prüfend um. „Aber hier wohnt doch keiner.“

„Wie man es nimmt. Luftlinie ist es gar nicht weit bis Wülfingen. Gleich hinter dem Hügel liegen Wittenburg, Alferde und Boitzum. Die LKWs und Bagger dröhnen ganz schön laut, und das den ganzen Tag lang. Außerdem ist da oben“, er wies mit dem Finger auf den bewaldeten Hügel, „ein großes Trinkwasserschutz- und Naherholungsgebiet mit Wanderwegen und einer unglaublichen Aussicht. Eine Stelle nennt man nicht umsonst den Drei-Burgenblick.“

„Hier gibt’s Burgen?“

Markus grinste. „Schau dich doch mal um. Da siehst du Schloss Marienburg, gehört unserem Prinzen aus Hannover mit der monegassischen Prinzessin …“

„Du willst mich auf den Arm nehmen.“

„Wie viel wiegst du noch mal genau?“

Lisa boxte ihm auf den Oberarm. „Das geht dich gar nichts an.“

Markus zog einen Schmollmund. „Frag ich eben deinen Fitnesstrainer, wenn ich ihn das nächste Mal beim Stammtisch treffe.“

„Untersteh dich. Meinst du, ich kann hier anhalten?“

Markus schaute aus dem Seitenfenster. „Sieht fest aus der Untergrund.“

Als Markus die Beine aus dem Wagen setzte, rutschte er aus. „Ziemlich matschig hier.“

Lisa lachte laut.

„Na ja, sagtest du nicht was von Trinkwasserschutzgebiet?“

Ein uniformierter Beamter drehte sich zu ihnen um und runzelte die Stirn. Markus nickte ihm freundlich zu. „Wir sind von der Kripo in Alfeld.“

Der Polizist sah zu Lisa hinüber und fragte: „Sie auch?“

Markus nickte und sagte dann: „Sie ist erst vor kurzem aus Hessen zu uns gekommen.“

Der Polizist schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, dass die Kollegen in Hessen sich alle so lauthals amüsieren, wenn sie an einen Leichenfundort kommen.“ Er schüttelte noch einmal den Kopf. „Benehmen ist heutzutage echt Glückssache.“

Lisa verdrehte die Augen. Sie gab Markus ein Zeichen, dass sie sich zurückhalten wollte. Währenddessen ging sie hinüber zu dem Fotografen und überließ Markus das Gespräch mit dem Polizisten vor Ort.

Der berichtete ihm in kurzen Worten, wer die Leiche gefunden hatte und was sie seither veranlasst hatten.

Markus Heitkämper wandte sich sofort an den Fossiliensammler Faßbender, doch der konnte ihm auch nichts Neues sagen und war heilfroh, als Markus ihn gehen ließ.

Heitkämper wollte gerade zu Lisa hinüberschlendern, als der Polizist, der soeben in sein Funkgerät gesprochen hatte, ihn am Ärmel festhielt. „Wir haben den Namen des Toten festgestellt. Es handelt sich um Karl Ermer, 49 Jahre, aus Northeim, seine Frau hat ihn gestern Abend vermisst gemeldet. Natürlich ist noch keine Fahndung herausgegangen, aber die Kollegen haben zumindest eine Aktennotiz angelegt.“

„Haben Sie schon mit der Frau sprechen können?“

„Wir nicht, allerdings haben die Northeimer gesagt, dass der Mann angeblich jedes Wochenende in verschiedenen Steinbrüchen nach Fossilien gesucht hat. Hier hat er nach Angaben seiner Ehefrau im Januar verhältnismäßig viele sehr gut erhaltene Einschlüsse gefunden und ist deswegen noch einmal hergefahren.“

„Ist er immer allein unterwegs gewesen?“

Der Polizist zuckte mit den Schultern. „Jedenfalls ist er wohl gestern Abend schon tot gewesen, als seine Frau bei den Kollegen aufgetaucht ist.“

„Wenn der Mann am Samstagnachmittag verunglückt ist, ist es schon fast ein Wunder, dass ihn am Wochenende überhaupt jemand gefunden hat.“

Als er Markus’ Stimme hörte, drehte Ralf Schuster sich um. Der Labortechniker der Alfelder Kriminalpolizei nickte seinem Kollegen freundlich zu. Er richtete sich auf, zog den Handschuh aus und reichte Markus die Hand. „Es tut mir leid, wenn ich dir den Tag verderbe, aber irgendetwas sagt mir, dass wir es in diesem Fall nicht mit einem Unglück zu tun haben. Ich kann dir natürlich noch keine exakten Belege dafür liefern, allerdings sieht es für mich so aus, als wäre die tödliche Verletzung am Hinterkopf nicht durch den Sturz entstanden.“

„Ein Mord?“ Markus sah sich um. „Hier?

„Vielleicht war’s auch Totschlag. Wer weiß, mit wem er sich an dieser Stelle getroffen hat oder treffen wollte.“

„Der Tote war nicht aus unserer Gegend.“

Ralf Schuster sah Markus stirnrunzelnd an. Dann sagte er: „Du hast doch sicherlich ebenfalls gehört, dass es hin und wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Bauern und Bürgerinitiative gekommen ist? Unter Umständen hat jemand etwas in den falschen Hals bekommen.“

„Das könnte natürlich sein. Aber das würde bedeuten, dass wir eine ganze Menge Leute befragen müssten.“

Ralf zeigte auf einen Landrover, der die Straße herunterkam. „Einer kommt schon mal freiwillig zu dir.“

„Wer ist das?“

„Der Inhaber der Kalkabbaufirma, Gustav Knösel 4.“

Nachdem er seinen Wagen abgestellt hatte, kam der Mann mit großen Schritten auf die Gruppe zu. Er war außer Atem, sein Gesicht war gerötet. Zornig fragte er: „Was ist hier los? Was haben Sie alle hier zu suchen?“

Markus hielt ihm seinen Ausweis hin und sagte betont ruhig: „Uns wurde...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2012
Reihe/Serie Hildesheim-Krimi
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alfeld • Apenteichquellen • Brandstiftung • Delligsen • Duingen • Elze • Entführung • Fagus-Werk • Freden • Gronau • Hildesheim • Hildesheim, Krimi, Mord, Idylle, Leinebergland kriminell, Delligsen, Gronau, Lamspringe, Sibbesse, Freden, Duingen, Elze, Alfeld, Kurzgeschichten, Lisa Grundberg, Fagus-Werk, Markus Heitkämper, Brandstiftung, Entführung, Ratskeller, Apenteichquellen • Idylle • Krimi • Kriminell • Kurzgeschichten • Lamspringe • Leinebergland • Lisa Grundberg • Markus Heitkämper • Mord • Ratskeller • Sibbesse
ISBN-10 3-8271-9623-X / 382719623X
ISBN-13 978-3-8271-9623-1 / 9783827196231
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