Schwarzer Mond über Soho (eBook)

Roman
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2012 | 1. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-41316-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwarzer Mond über Soho -  Ben Aaronovitch
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Die Melodie des Todes Constable Peter Grant ist ein ganz normaler Londoner Bobby. Die Abteilung, in der er arbeitet, ist allerdings alles andere als normal: ihr Spezialgebiet ist - die Magie. Peters Vorgesetzter, Detective Inspector Thomas Nightingale, ist der letzte Magier Englands und Peter seit kurzem bei ihm in der Ausbildung. Was im Moment vor allem das Auswendiglernen von Lateinvokabeln bedeutet, die uralten Zaubersprüche wollen schließlich korrekt aufgesagt werden. Doch als Peter eines Nachts zu der Leiche eines Jazzmusikers gerufen wird, verliert das Lateinstudium auf einmal seine Dringlichkeit. Peter findet heraus, dass in den Jazzclubs in Soho, im Herzen Londons, plötzlich verdächtig viele Musiker eines unerwarteten Todes sterben. Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu ...

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter >Doctor Who<, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

Ben Aaronovitch wuchs in einer politisch engagierten, diskussionsfreudigen Familie in Nordlondon auf. Er hat Drehbücher für viele TV-Serien, darunter ›Doctor Who‹, geschrieben und als Buchhändler gearbeitet. Inzwischen widmet er sich ganz dem Schreiben. Er lebt nach wie vor in London. Seine Fantasy-Reihe um den Londoner Polizisten Peter Grant mit übersinnlichen Kräften eroberte die internationalen Bestsellerlisten im Sturm.

Es ist eine traurige Tatsache des modernen Lebens, dass man, wenn man lange genug fährt, früher oder später London hinter sich lassen muss. Wenn man die A12 nach Nordosten nimmt, landet man irgendwann in Colchester, der ersten römischen Hauptstadt Britanniens und ersten Stadt, die von dieser rothaarigen Kelten-Tusse aus Norfolk namens Boudicca niedergebrannt wurde. Das wusste ich, weil ich im Zuge meiner Lateinstudien die Annalen des Tacitus gelesen hatte. Der bringt überraschend viel Verständnis für die aufständischen Briten auf und übt vernichtende Kritik an den völlig unvorbereiteten römischen Generälen, die mehr an ihre Bequemlichkeit denn an das Nützliche dachten. Die klassisch gebildeten kinnlosen Schnösel, die in der britischen Armee das Sagen haben, scheinen daraus ihre Lehren gezogen zu haben – heute sitzen in Colchester die härtesten Hunde im ganzen Militär, die Fallschirmjäger. Ich hatte mich als Polizeianwärter oft genug am Samstagabend mit besoffenen Soldaten auf dem Leicester Square herumgeschlagen, um jetzt schön auf der Umgehungsstraße zu bleiben und die Stadt weiträumig zu meiden.

Hinter Colchester bog ich nach Süden ab und fand mit Hilfe der GPS-Funktion meines Handys erfolgreich auf die B1029, die das keilförmige Trockengebiet zwischen dem River Colne und dem Flag Creek der Länge nach durchschneidet. An ihrem Ende liegt Brightlingsea, das sich laut Lesley an der Küste breitmacht wie ein Haufen Müll, der von der Flut an den Strand geschwemmt wurde. Also, ich fand es gar nicht so schlimm. In London hatte es geregnet, aber seit Colchester hatte sich der Himmel aufgeklart, und die gepflegten viktorianischen Reihenhäuser, die sich bis hinunter ans Wasser zogen, strahlten in der Sonne.

Der Familiensitz der Mays war nicht schwer zu finden: ein pseudo-edwardianisches Klinker-Landhaus aus den Siebzigern, mit Hilfe von Kieselrauputz und alten Kutschenlaternen zu einem Idyll ungezügelter Spießigkeit herausgeputzt. Die Haustür wurde von einer von blauen Blüten überquellenden Blumenampel und einem Keramik-Hausnummernschild in Form einer Segelyacht flankiert. Ich hielt kurz inne und ließ den Blick über den Garten schweifen. Nicht weit von der verschnörkelten Vogeltränke hatten sich ein paar Gartenzwerge lässig in Pose gestellt. Ich holte tief Luft und klingelte.

Sofort erhob sich drinnen vielstimmiges weibliches Geschrei. Durch das Buntglasfensterchen in der Tür sah ich am Ende des Flurs ein paar verschwommene Gestalten hin und her eilen. Jemand kreischte: »Es ist dein Freund!«, worauf ein Psst und eine halblaute Ermahnung von jemand anderem folgten. Dann kam ein weißer Schatten näher, bis er das Fenster völlig ausfüllte. Ich trat einen Schritt zurück. Die Tür öffnete sich. Es war Henry May, Lesleys Vater.

Er war ziemlich groß, und das jahrelange Lastwagenfahren und Güterverladen hatten ihm breite Schultern und muskelbepackte Arme eingebracht. Die vielen Raststättenfrühstücke und die Abende am Stammtisch hatten um den Bauch herum einen nicht minder breiten Rettungsring hinterlassen. Er hatte ein kantiges Gesicht und die Stoppelfrisur eines Mannes, der kurzen Prozess mit seiner schwindenden Haarpracht gemacht hat. Seine Augen waren blau und hellwach. Die Augen hatte Lesley eindeutig von ihm geerbt.

Dank seiner sechs Töchter hatte er es im elterlichen Strengblicken zu höchster Vollendung gebracht, und ich musste den Impuls unterdrücken, zu fragen, ob Lesley zum Spielen rauskommen dürfe.

»Hallo, Peter«, sagte er.

»Mr. May«, sagte ich.

Er machte keine Anstalten, den Türrahmen freizugeben oder mich hereinzubitten. »Lesley kommt sofort.«

»Geht’s ihr gut?«, fragte ich. Es war eine dumme Frage, und ihr Dad vermied es, uns beide dadurch in Verlegenheit zu bringen, dass er versuchte, sie zu beantworten. Jetzt hörte ich jemanden die Treppe herunterkommen und machte mich auf alles gefasst.

Dr. Walid hatte erklärt, dass Nasenbein, Oberkiefer, Unterkiefer und Kinn erheblichen Schaden genommen hatten. Die darunter liegenden Muskeln und Sehnen waren zwar größtenteils erhalten geblieben, aber es war den Chirurgen in der Uniklinik nicht gelungen, viel von der Haut darüber zu retten. Man hatte ihr vorläufig eine prothetische Konstruktion eingesetzt, damit sie atmen und schlucken konnte, und es bestand die Chance einer teilweisen Gesichtstransplantation – falls sich eine passende Spenderin fand. Da das, was von Lesleys Kiefer noch übrig war, gegenwärtig von einem feinen Gewebe aus hypoallergenem Metall zusammengehalten wurde, kam Sprechen nicht in Frage. Dr. Walid hatte gesagt, sobald die Knochen wieder ausreichend zusammengewachsen seien, könne man versuchen, die zum Sprechen nötige Beweglichkeit wiederherzustellen. In meinen Ohren hörte sich das alles ziemlich vage an. Egal was Sie sehen, hatte er außerdem gesagt, schauen Sie es sich gründlich genug an, um sich daran zu gewöhnen – damit klarzukommen –, und dann tun Sie so, als wäre nichts geschehen.

»Da ist sie«, sagte Lesleys Dad und drehte sich zur Seite, und eine schlanke Gestalt quetschte sich an ihm vorbei. Sie trug ein blau-weiß gestreiftes Kapuzenshirt, dessen hochgezogene, fest zugeschnürte Kapuze Stirn und Kinn verdeckte. Um ihre untere Gesichtshälfte war ein farblich passender blau-weiß gemusterter Schal geschlungen, und ihre Augen waren hinter einer riesigen altmodischen Sonnenbrille verborgen, von der ich den Verdacht hatte, dass sie aus der Kiste mit aussortierten Klamotten ihrer Mum stammte. Auftragsgemäß schaute ich gründlich, aber es gab nichts zu sehen.

»Du hättest mich vorwarnen können, dass wir einen Raubüberfall vorhaben«, sagte ich. »Dann hätte ich meine Sturmhaube mitgebracht.«

Sie schenkte mir einen ungnädigen Blick – das erkannte ich an der Neigung ihres Kopfes und der Art, wie sie die Schultern hielt. In meiner Brust stockte es kurz, und ich holte tief Atem.

»Lust auf einen Spaziergang?«

Sie nickte ihrem Dad zu, ergriff meinen Arm und zog mich vom Haus weg.

Im Weggehen spürte ich die Augen ihres Vaters in meinem Rücken.

Abgesehen von den Yachtwerften und ein paar Touristen ist es in Brightlingsea selbst im Sommer ziemlich ruhig. Jetzt, zwei Wochen nach Ende der Sommerferien, war außer gelegentlich einem vorbeifahrenden Auto und dem Geschrei der Möwen kaum ein Geräusch zu hören. Ich schwieg, bis wir die Hauptstraße überquert hatten. Hier zog Lesley ihr Notizbuch Marke Polizei aus der Tasche, schlug die letzte Seite auf und zeigte sie mir.

Und, was treibst du so?, war mit schwarzem Kuli quer über die Seite geschrieben.

»Das willst du gar nicht wissen«, sagte ich.

Sie machte eine Geste, die besagte: Doch, will ich.

Also erzählte ich ihr von dem Typen, dem sein bestes Stück von einer Frau mit Zähnen in der Vagina abgebissen worden war (das schien sie zu amüsieren), und von den Gerüchten, dass das Verhalten von Detective Chief Inspector Seawoll bei der Covent-Garden-Randale von der Kommission für polizeiliches Fehlverhalten untersucht wurde (das amüsierte sie eindeutig nicht). Ich erzählte ihr nicht, dass Terrence Pottsley, der einzige weitere Überlebende des Zaubers, der ihr das Gesicht zerstört hatte, sich umgebracht hatte, sobald seine Familie mal kurz nicht hinsah.

Wir gingen nicht den kürzesten Weg zum Strand. Stattdessen führte Lesley mich hinten herum, durch die Oyster Tank Road und über einen grasbewachsenen Parkplatz, wo Reihen von Bootsanhängern mit Segeljollen darauf standen. Eine frische Brise vom Meer strich durchs Takelwerk und ließ die Metallteile bimmelnd wie Kuhglocken aneinanderschlagen. Hand in Hand schlängelten wir uns zwischen den Booten hindurch und erreichten schließlich die windgepeitschte betonierte Uferpromenade. Auf der Seeseite führten Zementstufen zum Strand hinunter, der von morschen Wellenbrechern in schmale Streifen geteilt wurde; auf der Landseite zog sich eine Reihe bunt gestrichener Strandhütten entlang. Die meisten waren fest verrammelt, aber eine Familie hatte es sich anscheinend in den Kopf gesetzt, den Sommer so lange auszureizen wie nur möglich. Die Eltern saßen im Schutz ihres Vordachs und tranken Tee, die Kinder kickten sich am Strand einen Fußball zu.

Zwischen der Strandhüttensiedlung und dem Freibad gab es ein Stück Wiese mit einem Unterstand. Hier ließen wir uns schließlich nieder. Der Unterstand stammte aus den dreißiger Jahren, als man das britische Klima noch realistisch gesehen hatte – er war aus Backsteinen gemauert und so stabil, dass er auch als Panzersperre hätte herhalten können. Auf der Bank an der Rückwand war man gut vor dem Wind geschützt. Die Innenwände zierte ein Wandbild von einem Strand mit blauem Himmel, weißen Wolken und roten Segeln. Irgendein Schwachkopf hatte »BMX« quer über den Himmel gesprüht, und auf einer Seitenwand, genau in Armhöhe einer gelangweilt auf der Bank hockenden Jugendlichen, prangten drei gekritzelte Namen: BROOKE T., EMILY B. und LESLEY M. Man brauchte kein Polizist zu sein, um zu erkennen, dass hier die Dorfjugend von Brightlingsea in dem schwierigen Alter zwischen Strafmündigkeit und legalem Alkoholkonsum abhing.

Lesley zog ein iPad-Imitat aus ihrer Handtasche, fuhr es hoch und tippte im Tastaturmodus etwas ein. Und das Ding fing an zu reden. Irgendwer in ihrer Familie musste sich mit Computern auskennen und hatte eine Sprachsoftware installiert. Es war die Standardausführung mit...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2012
Reihe/Serie Die Flüsse-von-London-Reihe (Peter Grant)
Übersetzer Christine Blum
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2. Fall • Alex Verus • benedict jacka • body and soul • Der Gefangene von London • der Gesichtslose • eBook • Fantasy • Fantasykrimi • Fantasyliteratur • Fantasy-Serie • Flussgötter • folly • Harry Dresden • Harry Potter für Erwachsene • Jazzmusiker • Jim Butcher • Kevin Hearne • Krimi • Kriminalroman • kulturpass • London • Metropolitan Police • PC Lesley May • Peter Grant • Schwarze Magie • Thomas Nightingale • Tinte und Siegel • Unterhaltung • Urban Fantasy • Urban-Fantasy-Serie • Zauberlehrling • Zauberwelten • zweiter Fall
ISBN-10 3-423-41316-6 / 3423413166
ISBN-13 978-3-423-41316-9 / 9783423413169
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