Die Aussteigerin. Autobiografie einer ehemaligen Rechtsextremistin (eBook)
217 Seiten
Acabus Verlag
978-3-86282-178-5 (ISBN)
Christine Hewicker wurde 1959 in Lüneburg geboren und geriet in den 70ern mit gerade einmal 14 Jahren in die Fänge westdeutscher neona-zistischer Kreise. Es folgten Verurteilungen wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung. Christine Hewicker rutschte immer mehr in den Rechtsextremismus ab, der den bewaffneten Kampf gegen die BRD zum Ziel hatte. Dann kam es zur Eskalation. Von Frankreich aus wurde eine Bank überfallen. Bei einem zweiten Versuch, dieselbe Bank auszu-rauben, kam es zum Schusswechsel mit der Polizei, bei dem zwei Ter-roristen ums Leben kamen und ein Polizist lebensgefährlich verletzt wurde. Nachdem Hewicker - 23-jährig - 1981 zusammen mit anderen von einer Antiterroreinheit in Belgien gefasst und nach Deutschland ausgeliefert wurde, folgten strenge Isolierhaft, Prozess und sechsjährige Gefängnisstrafe. In den Jahren danach machte die Autorin einen grund-legenden Gesinnungs¬wandel durch und distanzierte sich komplett vom Rechtsextremismus.
Christine Hewicker wurde 1959 in Lüneburg geboren und geriet in den 70ern mit gerade einmal 14 Jahren in die Fänge westdeutscher neona-zistischer Kreise. Es folgten Verurteilungen wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung. Christine Hewicker rutschte immer mehr in den Rechtsextremismus ab, der den bewaffneten Kampf gegen die BRD zum Ziel hatte. Dann kam es zur Eskalation. Von Frankreich aus wurde eine Bank überfallen. Bei einem zweiten Versuch, dieselbe Bank auszu-rauben, kam es zum Schusswechsel mit der Polizei, bei dem zwei Ter-roristen ums Leben kamen und ein Polizist lebensgefährlich verletzt wurde. Nachdem Hewicker - 23-jährig - 1981 zusammen mit anderen von einer Antiterroreinheit in Belgien gefasst und nach Deutschland ausgeliefert wurde, folgten strenge Isolierhaft, Prozess und sechsjährige Gefängnisstrafe. In den Jahren danach machte die Autorin einen grund-legenden Gesinnungs¬wandel durch und distanzierte sich komplett vom Rechtsextremismus.
Inhalt 4
DIE VERHAFTUNG 6
1. KAPITEL KINDHEIT UND JUGEND 8
2. KAPITEL RECHTSRADIKALE AKTIVITÄTEN 19
3. KAPITEL DER OBERSTAATSANWALT –DER RICHTER – DER PROZESS 66
4. KAPITEL LEBEN IM GEFÄNGNISUND LEBEN IN FREIHEIT 133
NACHWORT 208
SCHLUSSBEMERKUNG 210
DIE AUTORIN 215
Aus 1. KAPITEL: KINDHEIT UND JUGEND Meine Kindheit war aber eigentlich nur sehr selten mit Schatten versehen. Dass ich nach Schulschluss hin und wieder die schwer an Kinderlähmung erkrankte Giesela zu Hause besuchte, war für mich selbstverständlich. Giesela war schon über 20 Jahre alt und an den Rollstuhl gefesselt. Sie konnte kaum sprechen und auch kaum etwas mit den Händen ergreifen. Aber ich mochte sie und ihre Mutter sehr. Manchmal nahm ich meinen Bruder Lars mit zu ihr, und wir verbrachten so manche Zeit bei Giesela in ihrem Zimmer, während ihre Mutter uns mit Saft und Keksen versorgte. Manchmal las ich ihr aus Büchern oder Zeitungen vor oder erzählte ihr einfach nur aus der Schule oder von Freunden. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, ob sich Giesela vielleicht einsam und unglücklich fühlen könnte. Und für mich war sie keine Last, sondern eine Freundin. Ich war wohl gerade 14 Jahre alt, als ein ehemaliger Mitschüler meines ältesten Bruders aus Berlin in unser 2000-Seelen-Dorf in Niedersachsen zurückkehrte und dort die NPD publik machte. Eckhart war nach der Schulzeit für einige Jahre nach Berlin gegangen und kam mit seinen 21 Jahren in unser kleines Dorf zurück als überzeugter NPD-Mann. Meine Brüder ließen sich auch gleich in seinen Bann ziehen wie noch etliche weitere Jugendliche und auch ein paar ältere Leute aus unserem Ort. Von nun an beteiligten sich meine Brüder regelmäßig an den politischen Aktivitäten, und über dem ganzen Dorf lag ein gewisser Hauch rechtspolitischer Ideologie. Die Besatzer: Es war ein ganz normales Bild, wenn sich englische Soldaten in unserem Dorf aufhielten und während der Manöver auch die Grundstücke der Anwohner bevölkerten. Dann mussten die 'Belagerten' den Besatzern Strom und Wasser abtreten und wir Kinder sahen dem Treiben fasziniert zu. Außerhalb der Ortschaft war ein größerer Hügel aufgeschüttet: der 'Goldberg'. Auf der Spitze des Goldberges war ein Fahnenmast aufgestellt, auf den wir immer blickten, bevor wir im Wald 'Soldat' oder 'Verstecken' spielten. War die rote Fahne gehisst, durften wir den Wald nicht betreten, weil sich das Militär dort austobte und mit scharfer Munition schoss. Meine Brüder und ihre Freunde sammelten gerne bereits abgeschossene Munition im Wald, wenn die Fahne nicht gehisst war. In Manöverzeiten schossen die britischen Militärs direkt über unser Dorf, weshalb nicht selten aufgrund der Detonationen die Fensterscheiben in den Häusern barsten. Außerhalb der Ortschaft - und zu Manöverzeiten auch innerhalb des Dorfes - zerstörten britische Panzer, an denen mein Schulweg vorbeiführte, fast die gesamte Natur. Ganze Flächen wurden umgepflügt und als Kraterlandschaft hinterlassen. Dass heute noch eine sehr schöne Heidelandschaft die Gegend prägt, hat man nur dem unermüdlichen Einsatz der Anwohner zu verdanken, die immer wieder versuchten, das ursprüngliche Erscheinungsbild zu erhalten oder wiederherzustellen. Wenn ich mit meinen Brüdern zu Fuß die sechs Kilometer zur Schule ging, führte der Weg immer direkt durch das von Militärs besiedelte Gebiet. Die Soldaten kannten uns bereits und winkten uns nicht selten heran, um uns Schokolade und Kekse zu schenken. Die Männer verstanden kein Deutsch und wir Kinder verstanden kein Englisch, aber wir nahmen freudig die Geschenke an. Unser kleines, sehr idyllisch mitten in der Heide gelegenes Dorf hatte für die Jugend der 'wilden Siebziger' nicht viel zu bieten. So waren die neuen Geschehnisse, die die NPD mit sich brachte, bald zum Lebensinhalt mancher Teenager geworden. Die älteren Einwohner des Dorfes hatten an dem neuen Treiben auch nichts auszusetzen.
Erscheint lt. Verlag | 26.6.2012 |
---|---|
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | ANS • Ausstieg • Bewährung • Gefängnis • Gesinnung • Gewalt • Neonazi • NPD • Rechtsextremismus • Terrorismus • Wiedereingliederung |
ISBN-10 | 3-86282-178-1 / 3862821781 |
ISBN-13 | 978-3-86282-178-5 / 9783862821785 |
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