Das Parsifal-Mosaik (eBook)

Roman

(Autor)

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2012
Heyne (Verlag)
978-3-641-08197-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Parsifal-Mosaik - Robert Ludlum
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Michael Havelocks Leben als Geheimagent ist ein unablässiger Kampf ums Überleben. Sein Spezialgebiet: Spionage und Überläufer. Doch dann verliebt er sich in die schöne Jenna und steht vor einer folgenschweren Entscheidung.

Robert Ludlum erreichte mit seinen Romanen, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, weltweit eine Auflage von über 300 Millionen Exemplaren. Robert Ludlum verstarb im März 2001. Sein Werk wird von handverlesenen Thriller-Autoren in seinem Geiste fortgeführt.

1


Kaltes Mondlicht strömte vom dunklen Nachthimmel, spiegelte sich in der Brandung und brach sich dort, wo einzelne Wellen gegen die Felsen der Küste anrannten und weiße Gischt aufschäumte. Der Strandstreifen zwischen den hoch aufragenden Felsen der Costa Brava war der Hinrichtungsort. Es mußte sein. Mochte Gott diese gottverdammte Welt verdammen. Es mußte sein.

Jetzt konnte er sie sehen. Und sie hören durch die Geräusche der See und der tosenden Brandung hindurch. Sie rannte und schrie hysterisch.

»Pro boha žiwého! Proč! Coto děláš! Přestaň! Proč! Proč!«

Das Mondlicht fiel auf ihr blondes Haar. Der Strahl einer Taschenlampe, fünfzig Meter hinter ihr, fing ihre Umrisse ein. Sie stürzte; der Abstand wurde kleiner, und das Stakkato einer Maschinenpistole drängte sich abrupt in die Dissonanzen der Nacht. Kugeln ließen den Sand und das wild wachsende Gras rings um sie explodieren. In ein paar Sekunden würde sie tot sein.

Und mit ihr seine Liebe.

Vom hohen Hügel schweifte ihr Blick über die Moldau, wo Boote stromaufwärts und -abwärts das Wasser durchpflügten. Über den Fabriken kräuselte Rauch empor, verteilte sich am hellen Nachmittagshimmel und verdeckte die Berge in der Ferne, und Michael beobachtete den verschleierten Horizont und wartete darauf, daß Wind aufkommen und den Rauch wegblasen würde, so daß er die Berge wieder sehen konnte. Sein Kopf lag auf Jennas Schoß, mit den ausgestreckten Beinen berührte er den Weidenkorb, den sie mit belegten Broten und gekühltem Wein gefüllt hatte. Sie saß im Gras, den Rücken an die glatte Rinde einer Birke gelehnt, und strich über sein Haar. Ihre Finger umkreisten sein Gesicht, zogen sanft seine Lippen und seine Wangenknochen nach.

»Mikhail, mein Liebster, ich habe gerade nachgedacht. Weder deine Tweedjacketts noch die dunklen Hosen, auch nicht dein gepflegtes Englisch, das du dir auf einer sehr exklusiven Universität zugelegt haben mußt, können darüber hinwegtäuschen, daß Michael Havelock als Mikhail Havliček in Lidice geboren worden ist.«

»Das eine ist eine Art Uniform, und das andere lernt man irgendwie, um seine Haut zu retten.« Er lächelte und berührte ihre Hand. »Außerdem liegt dieser Universitätsbesuch weit zurück.«

»So vieles geschah vor langer Zeit! Direkt dort unten.«

»Vorbei.«

»Du warst dabei, mein armer Liebling.«

»Das ist Vergangenheit. Ich habe überlebt.«

»Viele aber nicht.«

»Vergessen wir’s.«

Die blonde Frau erhob sich, drehte sich im Sand, taumelte nach rechts und wich für ein paar Sekunden dem Lichtstrahl aus. Sie strebte geduckt auf den Feldweg oberhalb des Strands zu, hielt sich in der Finsternis, wobei sie das hohe Gras als Deckung nutzte.

Es wird ihr nicht helfen, dachte der große Mann im schwarzen Pullover auf seinem Posten zwischen zwei Bäumen oberhalb der Straße. In wenigen Augenblicken würde die von Panik erfüllte Frau tot sein. Er hatte schon einmal auf sie hinuntergeblickt, das war noch gar nicht lange her. Damals hatte keine Panik sie erfüllt, sondern Leidenschaft.

Langsam, vorsichtig zog er den Vorhang in dem dunklen Bürozimmer zurück, den Rücken gegen die Wand gepreßt, und bewegte sein Gesicht zentimeterweise auf das Fenster zu. Er konnte sie unten sehen, wie sie über den hellerleuchteten Hof ging, konnte hören, wie ihre hohen Absätze auf dem Kopfsteinpflaster klickten und zwischen den Gebäuden, die den Hof umgaben, ein martialisches Echo erzeugten. Die Posten standen reglos im Schatten. In ihren Uniformen von sowjetischem Schnitt wirkten sie wie starre Marionetten. Köpfe drehten sich, verrieten billigende Blicke, die auf die langbeinige Gestalt gerichtet waren, die mit geradezu provozierendem Selbstvertrauen auf das eiserne Tor inmitten des Zauns zuging, der den Häuserkomplex umschloß, in dem Prags Geheimpolizei ihr Hauptquartier hatte. Die Gedanken hinter den Blicken waren klar: Das war nicht nur eine Sekretärin, die Überstunden machte, das war eine privilegierte »Kurva«, die sich die ganze Nacht durch von einem Kommissar auf seiner Couch diktieren ließ.

Natsztrzency chlopak!

Aber auch andere beobachteten sie, ebenfalls hinter verdunkelten Fenstern. Nur ein winziges Stocken in ihrem selbstbewußten Schritt, ein einziger Augenblick des Zögerns, und jemand würde zu einem Telefonhörer greifen und der Torwache Anweisung geben, sie festzuhalten. Natürlich galt es, den Kommissaren alles Peinliche zu ersparen, aber nicht, wenn ein Verdacht berechtigt schien.

Es gab kein Zögern, kein Stocken. Sie stand es durch . . . schaffte es! Sie hatten es geschafft! Plötzlich spürte er einen hohlen Schmerz in der Brust; er wußte, was es war: Furcht, nackte, quälende Furcht. Und während er sie beobachtete, wanderten seine Gedanken zurück zu einer Stadt, die in Schutt und Asche lag, zu den schrecklichen Geräuschen einer Massenhinrichtung. Lidice. Und da war ein Kind — eines von vielen Kindern —, das über aufwallenden, grauen, rauchenden Schutt huschte, Botschaften überbrachte und die Taschen voller Sprengstoff hatte. Ein einziges Zögern, ein einziges Stocken . . . Vergangenheit.

Sie erreichte das Tor. Ein beflissener Posten gestattete sich ein feistes Grinsen. Sie war betörend. Herrgott, wie er sie liebte!

Jetzt hatte sie die Straßenböschung erreicht, und ihre Beine und Arme arbeiteten wie wild, gruben sich in den Sand und den Schmutz. Aber es gab kein Entrinnen. Sie mußte sich aufrichten, um weiterzurennen, und konnte sich nicht mehr hinter der Böschung verbergen. Man würde sie sehen, der Lichtstrahl würde sie erfassen, und dann würde schnell das Ende kommen.

Während er die fliehende Frau mit seinem Blick verfolgte, unterdrückte er seine Gefühle und den Schmerz in seiner Brust. Er mußte so reagieren. Sein Beruf zwang ihn dazu. Er hatte die Wahrheit erfahren: Ihr Erscheinen an diesem Strand an der Costa Brava bestätigte ihre Schuld und ihre Verbrechen. Die von Panik erfüllte Frau dort unten war eine Killerin, eine Agentin der berüchtigten Voennaja Kontra Rozvedka, jener brutalen Abteilung des sowjetischen KGB, der überall den Terrorismus schürte — das war die unwiderrufliche Wahrheit. Er hatte alles gesehen, hatte von Madrid aus mit Washington gesprochen. Das Rendezvous in jener Nacht war von Moskau befohlen worden; dabei sollte die VKR-Außenagentin Jenna Karras einer Untergruppe der Rote Armee Fraktion Deutschlands, die sich kurz RAF nannte, einen Mordplan übermitteln. Das war die Wahrheit.

Doch diese Wahrheit machte ihn nicht frei. Vielmehrzwang sie ihn zu einer unvermeidlichen Konsequenz. Jene, die Verrat übten und Makler des Todes waren, mußten sterben. Gleichgültig, um wen es sich handelte . . . Michael Havelock hatte seine Entscheidung getroffen, und auch die war unwiderruflich. Die letzte Phase des Plans, der die Frau in die tödliche Falle locken sollte, hatte er selbst vorbereitet. . . Er hatte mitgeholfen, die Frau zu töten, die ihm eine kurze Zeit mehr Glück gegeben hatte als irgendein anderer Mensch auf der Erde. Doch zuzulassen, daß sie weiterlebte, würde den Tod Hunderter, vielleicht Tausender bedeuten. Unwiderruflich.

Was Moskau nämlich nicht wußte, war, daß das CIA die VKR-Codes geknackt hatte. Er selbst hatte den letzten Funkspruch an ein Boot abgesetzt, das eine halbe Meile vor der Küste der Costa Brava ankerte. KGB-Bestätigung. Offizierkontakt durch US-Abwehr gefährdet. Pläne falsch. Eliminieren. Die Codes gehörten zu den sichersten, die es gab. Sie würden die Eliminierung garantieren.

Jetzt richtete sie sich auf, und ihr schlanker Körper wurde hinter der Böschung sichtbar. Nun mußte es geschehen. Er liebte die Frau, die gleich sterben würde. Auch das war gewiß. Dieses Gefühl ruhte irgendwo tief in ihrem Bewußtsein. Sie waren einander in den Armen gelegen und hatten von einem gemeinsamen Leben gesprochen, von Kindern, die noch nicht geboren waren, die sie sich aber wünschten, vom Frieden und vom tiefen Wohlbehagen, wenn sie spürten, eins zu sein . . . Daran hatte er einmal geglaubt, aber es sollte nicht sein.

Die Wahrheit.

Sie lagen im Bett. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust. Ihr weiches blondes Haar fiel über ihr Gesicht. Er wischte es zur Seite, hob die Strähnen auf, die ihre Augen verbargen, und lachte. »Du versteckst dich«, sagte er.

»Es scheint, daß wir uns immer verstecken«, erwiderte sie und lächelte traurig. »Nur dann nicht, wenn wir absichtlich von Leuten gesehen werden wollen. Alles ist Berechnung, Mikhail, alles ist reglementiert. Mir kommt es so vor, als lebten wir in einem beweglichen Gefängnis.«

»Das ist noch nicht lange so, und es wird auch nicht für immer sein.«

»Wahrscheinlich nicht. Eines Tages werden sie feststellen, daß sie uns nicht länger brauchen und womöglich gar nicht mehr haben wollen. Werden sie uns dann gehenlassen, was meinst du? Oder werden wir verschwinden?«

»Washington ist nicht Prag, auch nicht Moskau. Wir werden unser...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2012
Übersetzer Heinz Nagel
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Parsifal Mosaic
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte action • Agententhriller • eBooks • Geheimagent • Liebe • Politthriller • Roman • Spannung • Spion • Spionage • Thriller • Überläufer
ISBN-10 3-641-08197-1 / 3641081971
ISBN-13 978-3-641-08197-3 / 9783641081973
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