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Die Wacholderteufel (eBook)

Ostfrieslandkrimi | Ein Juist-Krimi
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
256 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-45501-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
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Wencke Tydmers ist schwanger. Und statt sich in ihrer Kur im Teutoburger Wald auszuruhen, ermittelt sie auf eigene Faust, nachdem ihre neue Bekannte Nina mitten in der Nacht in der Nähe der sagenumwobenen Externsteine verschwunden ist. Ninas Sohn Mattis hat keine Ahnung, wo sie sein könnte. Als Wencke Todesdrohungen erhält, weiß sie, dass sie auf einer heißen Spur ist. «Sandra Lüpkes ist ein spannender Roman gelungen, der mit ungeahnten Wendungen überrascht.» (Siegener Zeitung) «Spannende Unterhaltung mit stimmigem Lokalkolorit.» (Bielefelder)

Sandra Lüpkes wurde 1971 in Göttingen geboren und lebte viele Jahre auf der Nordseeinsel Juist. Sie ist Autorin zahlreicher Romane, Sachbücher, Erzählungen und Drehbücher. Heute wohnt sie gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Kehrer in Berlin.

Sandra Lüpkes wurde 1971 in Göttingen geboren und lebte viele Jahre auf der Nordseeinsel Juist. Sie ist Autorin zahlreicher Romane, Sachbücher, Erzählungen und Drehbücher. Heute wohnt sie gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen Kehrer in Berlin.

1


«Ein Euro fünfzig», sagte der Wärter im kleinen Kabuff, das im Vergleich zu dem beeindruckend großen Felsmassiv der graugrünen Externsteine aussah wie ein Modellhäuschen.

«Am liebsten passend», er rückte beim Sprechen ein Stückchen weiter nach vorn und hielt seinen Mund näher an die ovale Öffnung der Glasscheibe, damit die junge Frau ihn besser verstehen konnte. «Ein Preis für Hin- und Rückweg!», fügte er hinzu und grinste. Es war einer seiner Lieblingsscherze.

Die junge Frau hatte das Geld schon abgezählt in der Hand gehalten. Sie legte die Münzen langsam auf die Durchreiche und hielt noch kurz die Hand darauf, damit sie nicht allzu laut klimperten.

Er riss von der Rolle eine der länglichen grün-weißen Eintrittskarten ab. «Vorsichtig, mein Fräulein, die Stufen könnten etwas glatt sein. Bei dem Nebelwetter legt sich die Feuchtigkeit wie Schmierseife auf die Steine, das kann ich Ihnen aber sagen. Halten Sie sich gut fest. Ist anstrengend genug, der Aufstieg.»

Sie nickte nur und wandte sich ab.

Sie wirkt nicht wie eine typische Touristin, die neugierig die Umgebung erforschen will, dachte der Wärter. Er überlegte, ob er seinen Kollegen, die heute hinten im Wald arbeiteten, Bescheid geben sollte. Irgendetwas kam ihm merkwürdig vor. Die Frau war so schweigsam, sie hatte nicht ein winziges bisschen gelächelt, noch nicht einmal freundlichkeitshalber über seinen abgedroschenen Spruch.

Er war noch nicht lange dabei. Seit achtzehn Monaten gehörte er dem Arbeitstrupp des Forstamtes Horn an, meistens machte er das Kassenhäuschen an den Externsteinen. Nahm den Touristen ein bisschen Kleingeld für den Eintritt ab, damit sie sich diesen riesigen Steinhaufen von allen Seiten, vor allem von oben anschauen konnten. Er händigte ihnen auch für fünfzig Cent die Infobroschüre aus, in der in Englisch, Französisch und Deutsch geschrieben stand, dass diese Felsformationen ungefähr siebzig Millionen Jahre alt waren und seit jeher die Menschen fasziniert und inspiriert hatten. Er wies die Besucher auf das Kreuzabnahmerelief neben dem Eingang zur Grotte hin und zeigte ihnen den Weg zum Grabfelsen, der etwas abseits der Steine ein Stück weiter unten am Ufer des kleinen Sees lag. Die Anlage rund um die Felsen glich einem Park, eine große Rasenfläche breitete sich auf der Seite, an der auch das Wärterhäuschen stand, aus. Im Sommer standen hier jede Menge Parkbänke zum Ausruhen, und Blumenbeete zierten das beliebteste Ausflugsziel im Teutoburger Wald. Das Rundherum der Externsteine mit Spiegelbild im daneben liegenden, künstlichen See war irgendwann einmal von einem Landschaftskünstler perfektioniert worden. So etwas gefiel den Touristen eben.

Das Horner Forstamt war dafür zuständig, dieses Fleckchen Erde in Ordnung zu halten. Da er gern mit Mensch und Natur zu tun hatte, war er froh um diesen Job.

Aber in diesen letzten achtzehn Monaten war auch noch nichts passiert, zum Glück, dachte er. Doch er erinnerte sich: Seine Kollegen hatten mal gesagt, sie könnten diese gefährdeten Typen auf den ersten Blick erkennen. Man würde das spüren.

Er blickte der Frau hinterher. Sie schaute sich nicht großartig um, sondern ging beinahe geschäftig auf den Hauptfelsen zu. Sie trug einen grauen Wollmantel und eine gestrickte Mütze. Sonst sah sie irgendwie nackt aus. Es dauerte jedoch eine Weile, bis der Wärter dahinter kam, warum. Erst als sie schon die seitliche Treppe erklommen hatte, erkannte er es: Sie trug keine Tasche bei sich. Keinen Fotoapparat, keinen Rucksack, kein Garnichts. In seinem Kopf schrillte eine Alarmglocke, und er griff zum Funkgerät. Vor Nervosität verwechselte er die Knöpfe und drückte zuerst drei- bis viermal nur die Ruftaste. Seine Finger wurden feucht und zitterten. Endlich bemerkte er sein Versehen und fand den richtigen Schalter. «Horst hier. Ich sitze an der Kasse. Ich glaube, ich hab grad ’nen Flieger.»

«Was?», fragte eine Stimme.

«Scheiße, hier ist ’ne junge Frau. Die geht bei der Eins rauf. Mit der stimmt was nicht.»

Eine Zeit lang schwieg es in der Leitung. Dann meldete sich der Kollege hörbar aufgeregt: «Wie weit ist sie schon?»

Der Wärter schaute in Richtung Felsen, der am nächsten beim See lag und den sie die «Eins» nannten. Die jahrhundertealten Stufen waren schmal und wesentlich höher als die Treppenstiegen der heutigen Zeit. Die Besucher hatten stets zu kämpfen, um die Aussichtsplattformen zu erreichen. Nicht wenige machten mehrmals Rast und hielten sich am Geländer fest. Doch die Frau stieg hinauf, als wäre zwischenzeitlich eine Rolltreppe eingebaut worden. «Sie ist fast oben!», keuchte er in den Hörer. «Soll ich hinterher?»

«Nee, bloß nicht. Bleib erst mal, wo du bist. Sonst erschreckst du sie noch, das ist nicht gut!» Es rauschte kurz aus dem Funkgerät. Dann meldete sich der Kollege wieder. «Hat sie Drogen genommen?»

«Woher soll ich das wissen? Ich habe ihr eine Karte verkauft und keine Blutprobe entnommen.»

«Mensch, mach nicht so blöde Witze. Du weißt genau, was ich meine. War die Tante irgendwie schwarz gekleidet, hatte sie eine Alkoholfahne, sah sie abgefuckt aus?»

«Nein, sie sah ganz normal aus. War nur ein bisschen merkwürdig. Und sie hatte keine Tasche dabei.»

«Keine Tasche?»

«Ja, sie hatte kein Portemonnaie dabei, sondern die Kohle schon passend in der Hand gehabt. Sie hat auch keine Fotos gemacht oder sich die Gegend angeschaut. Sie ist einfach nur auf den Felsen zu und dann … O Scheiße, jetzt ist sie oben … Mann, Mann, Mann, was soll ich jetzt tun?»

«Wir sind schon unterwegs, Horst. Bleib cool. Vielleicht irrst du dich ja auch. Stell dich unten hin und zeig ihr, dass du sie beobachtest. Das hält viele davon ab zu springen.»

Toll, dachte Horst, warum muss mir das passieren. Seine Knie waren weich wie Butter, als er sich aus dem engen Häuschen schob. Das feuchte Wetter der letzten Tage hatte den Boden aufgeweicht, und sein Schuh versank ein Stück in der lehmigen Erde. Als er weiterging, schmatzten seine festen Sohlen bei jedem Schritt. Er blickte nach oben. Der Hauptfelsen war ein richtig klobiges Ding. Breit und sicher dreißig Meter hoch ragte er in den grauen Wolkenteppich, und ganz oben stand eine Frau, die sich allem Anschein nach gleich in die Tiefe stürzen wollte.

Neulich hatte einer der Kollegen bei der Frühstückspause noch so eine dämliche Bemerkung gemacht. Dass es bald mal wieder an der Zeit wäre, hatte er gesagt und dabei in seine Wurststulle gebissen. Dass sich mindestens alle zwei Jahre jemand dort umbringen würde. Oder versehentlich stürzte, weil die unerlaubte Kletterpartie in die Hose gegangen war. Manchmal glaubten auch welche, die zu viele Tabletten genommen hatten, sie könnten fliegen. Deswegen nannten sie diese Kandidaten auch «Flieger». Es gab sogar so etwas wie eine Regel hier an den Externsteinen. Die versehentlichen Todesstürze geschahen in Richtung Wärterhäuschen, die Selbstmörder hingegen sprangen an der Seeseite. Erfahrungswerte, hatte der Kollege behauptet. Aber sie hatten nicht darüber gesprochen, was denn nun zu tun sei, wenn man da so jemanden stehen hatte, egal an welcher Seite, der am Wärterhäuschen doch lieber nur ein «One-way-Ticket» gelöst hätte.

Es nieselte leicht. Als der Wärter nach oben schaute, legte er sich die Hand schützend vor die Stirn. Er konnte nur den grauen Mantel sehen, der Wollstoff wehte leicht hin und her. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und blickte Richtung See. Vielleicht genoss sie ja wirklich nur die Aussicht auf die fast glatte Wasseroberfläche, in der sich der Nebel und die Bäume des anderen Ufers spiegelten.

«Wie lang braucht ihr denn noch?», flüsterte der Wärter ins Funkgerät. Er wusste, die anderen waren ein ganzes Stück in den Wald gegangen. Sie waren dabei, Bäume auszusuchen und zu markieren, damit in der nächsten Woche die Jungs mit den Sägen antanzen konnten. Noch vor Weihnachten sollten die Stämme ins Lager gebracht und verkauft oder im nächsten Frühjahr als Begrenzungszäune zusammengebaut werden. Die Kollegen hatten also richtig viel zu tun. Wer hätte denn auch ahnen können, dass es ausgerechnet heute wichtig war, sich nicht zu weit zu entfernen?

Endlich meldete sich die Stimme. «Dauert noch zwei, drei Minuten.»

«Das ist zu lang. Ich geh jetzt hoch!»

«Kannst du was sehen?»

Er rutschte nochmal einen Schritt rückwärts durch den Matsch. Als er den Kopf in den Nacken legte, erkannte er, dass die Frau sich inzwischen am Geländer zu schaffen machte. Der Sicherheitszaun war nicht allzu hoch, bestand jedoch aus leicht spitzen Metallstreben, die ein bequemes Hinüberklettern erschwerten. «Ich glaube, die will gerade über das Gitter steigen.»

«Dann los. Aber sei bloß leise!», kam das Kommando.

Er nahm die ersten Stufen zu hastig. Die Erde unter den Schuhen ließ ihn nach wenigen Schritten vom Stein abgleiten, und er stieß sich das Schienbein. Doch es gelang ihm, den entsprechenden Fluch zu unterdrücken. Ein Schmerzensschrei – und sei er auch noch so kurz – hätte die Selbstmordkandidatin auf ihn aufmerksam gemacht. Bereits auf dem ersten Absatz ging sein Atem schwer. Diese verflucht hohen Stufen gingen an die Substanz. Nachdem er kurz nach Luft geschnappt hatte, griff er kräftig nach dem Geländer und zog sich hoch. Wie viele Stufen waren es noch? Er hörte das Funkgerät flüstern, doch er beachtete es nicht. Die Jungs sollten sich lieber beeilen, statt in der Gegend herumzufunken. Kurz drehte er sich um. Normalerweise müssten sie von hier oben aus schon zu erkennen sein. Sie waren im Waldstück auf der anderen Seite der großen Wiese, die Bäume standen am Rand...

Erscheint lt. Verlag 2.1.2012
Reihe/Serie Wencke Tydmers ermittelt
Wencke Tydmers ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bad Meinberg • Extern Steine • juist-krimi • Krimi • Krimi Juist • Kriminalromane • Krimi Nordrhein Westfalen • Krimis und Thriller • Kur • Nordseekrimi • Nordsee Romane • NRW Krimi • Schwangerschaft • Selbstmord • Teutoburger Wald • Todesdrohungen • Wencke Tydmers
ISBN-10 3-644-45501-5 / 3644455015
ISBN-13 978-3-644-45501-6 / 9783644455016
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