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Das Marmorne Paradies (eBook)

METRO 2033-Universum-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2011
Heyne (Verlag)
978-3-641-07907-9 (ISBN)
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Die gefährlichste Reise ihres Lebens
Ein furchtbarer Krieg hat die Erde in Schutt und Asche gelegt, die wenigen Überlebenden haben sich in den Schächten der Moskauer U-Bahn eine neue Existenz aufgebaut. Doch auch außerhalb der Stadt, im Keller einer Hochschule, kämpfen Menschen ums Überleben. Als diese Kolonie angegriffen wird, können sich der todkranke Sergej und sein Sohn Denis retten. Sie machen sich mit einer Karawane auf die gefährliche Reise zur Metro, durch verstrahltes Gebiet, das nur noch von Mutanten bevölkert zu sein scheint. Und einer ihrer Reisegefährten hat offenbar ganz eigene Pläne ...

Sergej Kusnezow, 1971 geboren, lebt und arbeitet in Moskau. Im Hauptberuf Bereichsleiter einer großen Industrieholding, schreibt er in seiner Freizeit fantastische Romane und ist Sprecher für Audiobücher. 2006 erschien seine erste Anti-Utopie 'Polygon'.

1


Dieses Mal verstieß die Karawane gegen die wichtigste Regel: niemals nachts einzutreffen. Als auf dieser Seite des hermetischen Tors an der zentralen Schleuse das vereinbarte Klopfen ertönte, das die Ankunft einer Karawane ankündigte, war der diensthabende Wachposten so überrascht, dass er das Geräusch nicht gleich einzuordnen wusste. Hier an der Schleuse gab es nirgendwo eine Uhr, aber der Mann verfügte über ein ausgeprägtes Zeitgefühl, dem zufolge es höchstens drei Uhr nachts sein konnte, weshalb es genaugenommen keinerlei Besucher geben durfte.

Das Klopfen wiederholte sich.

Der Wachhabende stieß seinen Partner in die Seite, der es sich auf einigen Kisten bequem gemacht hatte und mit ausgestreckten Beinen, eine Hand auf dem Gewehr, leicht pfeifend vor sich hin döste. Verschlafen öffnete er die Augen.

»Wir haben Gäste«, sagte der Erste.

»W-was für Gäste? Um diese Zeit?«, entgegnete sein Kollege verwundert, und im gleichen Moment vernahmen beide ein neues Klopfsignal, das ihnen bedeutete, dass sich ein Verletzter bei der Karawane befand.

»Lauf zum Kommandeur«, sagte der Erste. »Soll der den Befehl geben, dass wir sie reinlassen … Das ist eine außerordentliche Situation, da übernehmen wir doch nicht die Verantwortung … Mitten in der Nacht, und dann noch mit einem Verletzten. Wer weiß, was der für eine Seuche hier einschleppt!«

Wie als Antwort auf seine Worte erklangen von der anderen Seite Klopfzeichen, die besagten, dass keinerlei Gefahr für die Kolonie bestehe.

»Und wenn sie lügen?« Der erste Posten zögerte noch immer. »Lauf schon.«

Er selbst klopfte als Antwort: »Warten«.

Die Frage war schnell geklärt. Die Besuche der Karawanen waren wichtig für die Gemeinde, so dass der Kommandeur der Wache beschloss, die Gruppe trotz des Verletzten einzulassen. Für alle Fälle schickte er zusätzlich zwei bewaffnete Männer an den Posten, die die nächtlichen Besucher begleiten sollten, denn die Situation war tatsächlich außerordentlich. Aber er tat es mit schwerem Herzen: Die Männer der Kolonie waren hochgradig erschöpft. Sie schliefen wenig und zerrissen sich förmlich zwischen den verschiedenen Arbeitseinsätzen, sei es in den landwirtschaftlichen Nebenbetrieben, bei den Streifzügen an die Oberfläche oder beim Wachdienst am hermetischen Tor. Jetzt brachte er gleich zwei Männer um ihren dringend benötigten Schlaf.

Als Erstes wurde das äußere hermetische Tor geöffnet, und eine Gruppe von Menschen zwängte sich in den schmalen Schleusenkorridor. Die trübe Beleuchtung wurde eingeschaltet, und die beiden Wachposten studierten die Neuankömmlinge sorgfältig durch zwei verglaste Sichtfenster. Nachdem sie sich von der Ungefährlichkeit der Besucher überzeugt hatten, öffneten sie das innere Tor. Die beiden Wachposten hielten ihre Sturmgewehre vor sich und leuchteten den Neuankömmlingen mit Petroleumlampen den Weg. Einer nach dem anderen schoben sich die Männer in den Raum: zuerst der Anführer der Karawane, in einem teuren, hochwertigen Strahlenschutzanzug mit bequemem Helm und nagelneuer Atemschutzmaske. Die nachfolgenden Männer waren in einfachere Anzüge gekleidet. Fast alle trugen sie Säcke, Koffer oder Kanister bei sich. Drei schleppten eine Bahre mit einem großen Mann darauf, dessen Schutzanzug an mehreren Stellen zerrissen und blutgetränkt war.

Die Wachen führten die Männer über eine Treppe hinunter zur Administration. Im schummrigen Licht der Petroleumlampen schwammen ihre schwankenden Schatten über die Stufen, mal wuchsen sie, mal schrumpften sie und verschwanden ganz.

In dem Stockwerk, in dem sich die Administration befand, war es um diese Zeit – wie in allen anderen – still: Die Kolonie schlief. Die Gruppe gelangte zu einem langen Korridor, wo die Männer die Bahre abstellten. Alle Mitglieder der Karawane betraten nun den Raum für die chemische Reinigung. Hier wurden ihre Anzüge mit einem speziellen Pulver von der radioaktiven Strahlung an der Oberfläche gesäubert. Das Pulver war eine eigene Erfindung der Kolonisten. Ihre Chemiker hatten mehrere Jahre daran getüftelt, und nun erfreute sich das Mittel bei den Karawanen großer Nachfrage und brachte der Kolonie ordentliche Erträge.

Die Männer kehrten in den Korridor zurück. Ihr Anführer wandte sich an den dort wartenden Begleitoffizier: »Der Verletzte muss so schnell wie möglich in die Krankenabteilung. Er ist übel zugerichtet und macht es möglicherweise nicht mehr lange.«

Der Offizier zögerte kurz, dann erteilte er seinem Kollegen knapp einige Befehle. Die Gruppe teilte sich: Zwei der Ankömmlinge steuerten mit der Bahre und unter Begleitung einer Wache die Krankenabteilung an; die übrigen gingen den Korridor entlang zum Großen Saal. Dieser weitläufige Raum diente als Handels- und Umschlagplatz für alle Karawanen. Außerdem fanden hier die Sitzungen des Rates statt, ebenso wie die öffentlichen Versammlungen für alle Bewohner der Kolonie.

 

 

Sergej widerstrebte es zutiefst, seine Frau zu wecken, aber er hatte keine andere Wahl.

»Polina …« Vorsichtig strich er ihr über die Schulter. »Meine Liebe, wach auf …«

Polina stöhnte im Traum. Sie war erst zwei Stunden zuvor eingeschlafen, und mehr Schlaf würde sie heute wohl nicht mehr bekommen. So eine Gemeinheit.

»Sie brauchen deine Hilfe … Bitte …«

»Papa, was ist los? Warum weckst du Mama?« Sergej zuckte zusammen, als er die Stimme vernahm. Er wandte sich um und erblickte seinen Sohn. Denis stand zwei Schritte entfernt von ihrem Bett.

»Was soll das denn?!«, zischte Sergej leise und schüttelte drohend die Faust. »Ab mit dir ins Bett! Und dann noch barfuß auf dem kalten Boden! Morgen früh musst du in die Schule!«

Denis zog trotzig die Augenbrauen zusammen. Als Sergej erkannte, dass sein Sohn seine Frage wiederholen würde, sagte er noch gedämpfter als zuvor: »Nichts ist los. Es ist jemand krank geworden, und deshalb wird Mama im Krankenhaus gebraucht.«

Mit einem sachlichen Kopfnicken wandte sich sein Sohn um und ging langsam zu seinem Bett hinüber.

»Ich komme schon«, sagte Polina. »Ich habe nur gerade so schön geträumt. Von der Lenin-Bibliothek.«

Sergej blickte sie zärtlich an. An ihrem Gesicht war überhaupt nicht zu erkennen, dass sie eine Minute zuvor noch fest geschlafen hatte. Ihr Blick war klar, und eine feine Röte überzog ihre Wangen, wie bei einem Menschen, der schon längere Zeit auf den Beinen ist.

»Entschuldige«, sagte er. »Ich habe alles versucht, aber der Chirurg besteht darauf, dass du kommst. Er sagt, keiner kann das so gut wie du …«

»Es ist schön, wenn man geschätzt wird«, entgegnete seine Frau. »Wer ist krank?«

Sergej beugte sich zu ihr, damit Denis seine Worte nicht hören konnte. Der Junge war ebenso neugierig wie trotzig, aber was Sergej zu sagen hatte, war nicht für die Ohren eines Kindes bestimmt.

»Eine Karawane ist eingetroffen. Keine Ahnung, warum man sie mitten in der Nacht eingelassen hat. Jedenfalls haben sie einen Verletzten mitgebracht. Genaueres weiß ich nicht, aber anscheinend hat ihn oben ein Tier gerissen. Der Chirurg glaubt, dass irgendwas nicht in Ordnung ist mit ihm …«

Er sprach fast lautlos und blickte dabei prüfend zum Bett seines Sohnes hinüber. Der Junge lag ganz still und atmete gleichmäßig; vielleicht schlief er tatsächlich schon. Andererseits hätte Sergej nicht darauf wetten mögen, dass sein Sohn nicht gespannt ihr Gespräch belauschte.

Polina nickte, dann fragte sie ebenfalls flüsternd: »Gehst du auch hin?«

Sergej nickte. »Sie werden gleich mit den Verhandlungen anfangen …«

Die beiden machten sich eilig fertig, wobei sie darauf achteten, keinen Lärm zu machen. Der Tee in der alten, angeschlagenen Thermoskanne war noch warm, aber da die Zeit drängte, beschlossen sie, erst nach ihrer Rückkehr zu frühstücken.

Draußen vor ihrem Wohnabteil verabschiedeten sie sich. Polina bog um die Ecke und eilte die Treppen hinauf zur Tür der Krankenabteilung; Sergej lenkte seine Schritte über das Stockwerk zu einer entfernten Treppe, die direkt zum Großen Saal hinaufführte. Die Wohnetage lag dunkel und im Schlaf versunken da.

In dem geräumigen Großen Saal, der von Petroleumlampen spärlich erleuchtet wurde, war schon alles bereit für die übliche Prozedur des Handelns und Feilschens, die jeden Augenblick beginnen würde. Auf der einen Seite des großen ovalen Mahagonitisches – einst ein mit reichen Intarsien geschmücktes, sorgfältig gepflegtes Möbel, das jetzt voller Risse und Schrammen war – saßen die Vertreter des Gemeinderats. Sergej fiel auf, dass der Vorsitzende, Pjotr Saweljewitsch, fehlte. Genaugenommen war nichts Ungewöhnliches daran, dass man ihn nicht mitten in der Nacht geweckt hatte. Das Oberhaupt war bereits Ende siebzig und in letzter Zeit schwerfällig geworden. Er schlief schlecht und wachte noch schlechter wieder auf.

Sergej wusste, dass der Vorsitzende auch tagsüber immer seltener seine Wohnung verließ und das Alleinsein schätzte. Man flüsterte bereits, dass der Alte seine letzten Tage zähle. Auf seine Position hatten es drei Mitglieder des Gemeinderates abgesehen, die schon im Vorfeld heftig mit den Ellenbogen rangelten. Jeder von ihnen versuchte die Kolonisten mit plumpen Tricks auf seine Seite zu ziehen. Alle drei hatten bereits am Tisch Platz genommen. Rund um sie herum, auf Tisch und Boden, waren die verschiedenen Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel ausgebreitet, die in den Labors, Werkstätten und den Treibhäusern der Kolonie erzeugt wurden.

Auf der anderen Seite hatten sich vier Mitglieder der Karawane niedergelassen. In der Mitte saß ihr Anführer, der unter...

Erscheint lt. Verlag 16.12.2011
Übersetzer Anja Freckmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Metro-Universum: The Marble Paradise
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2033 • Bedrohung • Dystopie • Gefahr • Kolonie • Metro • Moskau • Mutanten • Postapokalypse • Reihe • Roman • Serie • Tunnel • U-Bahn
ISBN-10 3-641-07907-1 / 3641079071
ISBN-13 978-3-641-07907-9 / 9783641079079
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