Offen für alles und nicht ganz dicht (eBook)

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2011 | 1. Auflage
240 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-45611-2 (ISBN)
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«Kinder ja, aber bloß nicht jetzt. Zusammenwohnen gerne, aber bitte mit getrennten Schlafzimmern. Fünf-Gänge-Menü und Traumfigur. Grün wählen, schwarz leben...» Florian Schroeder geht hart ins Gericht mit sich und allen anderen, haut drauf, schüttelt den Kopf und kann die Welt nicht mehr verstehen. Mit viel Humor beschreibt er das Leben zwischen Facebook und Starbucks: «Wir sind unglaublich mobil, ungeheuer flexibel und unfassbar kreativ...» Liebevoll wirbt er um Verständnis, mit Geschichten, die das Leben der 30-Jährigen schreibt. Und der 40-Jährigen. Und der 50-Jährigen. Das Alter spielt keine Rolle. Es ist die Generation, die sich entschieden hat, sich nicht mehr entscheiden zu wollen. So kreist sie um sich selbst - mit Vollgas im Leerlauf. Aber mit viel Spaß dabei. «Der Wahnsinn einer ganzen Generation brillant analysiert. Coole Schreibe.» (Markus Lanz) «Genialer Beobachter. Witzig und pointiert. Lesenswert!» (Gaby Hauptmann) «Jung, klug, sexy. Und dabei ist der Mann noch nicht mal Physiker...» (Vince Ebert)

Florian Schroeder (Jahrgang 1979) hat Germanistik und Philosophie studiert. Schon zu Studienzeiten begann er seine Bühnenkarriere als Kabarettist und Parodist, sammelte Erfahrungen als Radio- und Fernsehmoderator und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Heute brilliert er mit seinen Bühnenprogrammen, im Juli 2017 steht er zusammen mit Ex-Finanzminister Peer Steinbrück für eine «Satireshow spezial - Florian Schroeder wählt... Peer Steinbrück» auf der Bühne. Ab Herbst 2017 ist er mit seinem neuen Programm «Ausnahmezustand» auf Tour. Er ist Gastgeber der «radioeins Satireshow» und der «hr-Satire Lounge» und moderiert die SWR Kabarettsendung «Spätschicht». Seit 2015 bloggt er für «Psychologie heute«. «Frauen. Fast eine Liebeserklärung» ist nach «Offen für alles und nicht ganz dicht» und «Hätte, hätte, Fahrradkette» sein drittes Buch im Rowohlt Verlag.

Florian Schroeder (Jahrgang 1979) hat Germanistik und Philosophie studiert. Schon zu Studienzeiten begann er seine Bühnenkarriere als Kabarettist und Parodist, sammelte Erfahrungen als Radio- und Fernsehmoderator und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Heute brilliert er mit seinen Bühnenprogrammen, im Juli 2017 steht er zusammen mit Ex-Finanzminister Peer Steinbrück für eine «Satireshow spezial – Florian Schroeder wählt… Peer Steinbrück» auf der Bühne. Ab Herbst 2017 ist er mit seinem neuen Programm «Ausnahmezustand» auf Tour. Er ist Gastgeber der «radioeins Satireshow» und der «hr-Satire Lounge» und moderiert die SWR Kabarettsendung «Spätschicht». Seit 2015 bloggt er für «Psychologie heute«. «Frauen. Fast eine Liebeserklärung» ist nach «Offen für alles und nicht ganz dicht» und «Hätte, hätte, Fahrradkette» sein drittes Buch im Rowohlt Verlag.

Jedes erste Date ist eine Premiere. Umso wichtiger ist es, alles richtig zu machen. Dazu gehört auch, dass ich mich darum kümmere, wie dieses erste Treffen abläuft. Ein bisschen kennen wir uns ja schon – aus der Ringvorlesung an der Uni zum Thema «Medien als Medien in den Medien» oder so. Auf jeden Fall drehten wir uns schnell im Kreis. Anne sitzt immer in der letzten Reihe, ich immer in der zweiten. Letztes Mal saß ich bei ihr hinten. Danach haben wir uns verabredet. Was also tun? Kino? Nein. Kino ist tabu. Stumpfsinnig nebeneinandersitzen und einen Film gucken, danach noch was trinken, und dann geht jeder zu sich nach Hause – nee, das kenne ich von früher. Wenn Frauen ins Kino wollen, dann wollen sie einen höchstens als guten Freund. Die Phase habe ich hinter mir, ausgiebig und mit allen Konsequenzen. Fünf Jahre lang, zwischen 14 und 19.

Ich habe den Liebeskummer von Mädchen aus meiner Klasse geheilt, in die ich selbst verliebt war. Geduldig habe ich ihnen Tipps gegeben. Das Erstaunliche war: Ich gab Tipps für bessere Beziehungen, obwohl ich selbst nie eine gehabt hatte. Beste Voraussetzungen für eine Coach-Karriere: Nie was zustande gebracht, aber anderen zeigen, wie man’s macht.

Am Anfang habe ich Sorge, dass auch Anne mich schon für die Rolle des besten Freundes vorgesehen hat: Ursprünglich hatte sie vorgeschlagen, wir könnten ja mal Käsekuchen essen gehen, nachmittags um 3. Ich dachte: Wie ist die denn drauf? Käsekuchen essen – das ist in etwa so erotisch wie Sex mit Socken. Ich lehne ab. Vorher würde ich eher noch ins Kino gehen.

Jetzt ist es an mir, den ultimativen Vorschlag zu machen. Anne sagt, sie sei offen für alles. Das klingt doch schon mal gut.

Also schlage ich vor, essen zu gehen. Da kann ich am Ende sehr männlich wirken, indem ich zahle. Von meinem Geld. Na ja, um genau zu sein, von Mamas Geld, aber das muss Anne ja nicht wissen.

Ein weiterer Vorteil: Das Eintreten der drei großen Gs ist beim Essengehen sehr wahrscheinlich: Genuss, Gespräch, Geknutsche.

Die Wahl des Restaurants war die zweite große Herausforderung. Ich hatte den Anspruch, eines zu finden, das alles bietet: gehoben, aber nicht schickimicki, edel, aber nicht schnieke, gemütlich, aber nicht eng. Alles auf einmal, aber von nichts zu viel. Das Ergebnis meiner Suche: nichts. Wahrscheinlich muss ich dieses ultimative Restaurant erst noch selbst eröffnen.

Ich bin in puncto Restaurantwahl ein gebranntes Kind: Meiner Kurzzeit-Ex-Freundin Nina konnte man es diesbezüglich nie recht machen. Entweder war das Restaurant zu klein, oder es war zu groß, zu eng oder zu plüschig, zu voll oder zu leer. Häufig checkten wir fünf Locations, bis sie endlich erlaubte, dass wir uns in einer niederließen.

Den Laden, den ich schließlich für Anne und mich wähle, heißt Godot und erfüllt fast alle Kriterien. Ich reserviere sogar einen Tisch. Das habe ich noch nie gemacht. Damit hätte ich mich ja festlegen müssen. Um Himmels willen! Eine Wahl, die eine andere ausschließt! Ich hoffe, das Date wirkt durch die Reservierung nicht allzu sehr durchgestylt, so, als hätte ich jeden Schritt geplant wie ein Drehbuch.

Godot klingt toll, irgendwie französisch. Und was französisch klingt, kann nur gut sein. Und schlau. Godot klingt wahnsinnig schlau. Wahrscheinlich stehen alte Bücher im Fenster, und überhaupt wird alles ein bisschen verratzt sein und doch chic. Godot – da denke ich an Pfeifenrauchen und Late Night Whisky trinken. Also nach allem, was ich noch nie gemacht habe. Aber es klingt danach, und das reicht doch.

Wir sind um 20 Uhr verabredet. Ich bin um 19.57 Uhr da. So pünktlich war ich noch nie. Leider ist Anne noch pünktlicher.

Ich finde, sie sieht verdammt gut aus. Sie ist geschminkt – aber so, dass man’s nicht sieht. Dieser Satz ist Blödsinn, denke ich, nachdem ich ihn gedacht habe. Entweder man sieht’s, oder sie ist nicht geschminkt. Beides wollen nur Leute wie ich, die Kneipen suchen, die groß und klein, eng und weit, stylish und gemütlich zugleich sind. Pflege und Schminke, ja, aber bitte so, dass man’s nicht sieht. Ich finde mich irgendwie anstrengend. Gut, dass Anne das nicht merkt. Ihre Haare trägt sie offen, ein gutes Zeichen – das habe ich jedenfalls in einem Buch über Körpersprache gelesen. Wenn sie jetzt noch den Kopf leicht schief legt und mit ihren Haaren spielt, ist der Abend so gut wie im Sack 

Ich bin ein bisschen stolz auf dieses Date. Anne ist eine von den Frauen, die mich früher nicht mit dem Arsch angeguckt hätten. Allerhöchstens hätte sie mich mit zusammengeknoteten Haaren im Zuhause-Schlabberlook empfangen, um sich bei mir auszuheulen und sich von mir Beziehungstipps geben zu lassen. Vielleicht hätten uns ihre Eltern auch Käsekuchen aufs Zimmer gebracht.

Anne hat keine Ahnung von Wein. Das freut mich, denn ich finde es ungeheuer männlich, den Wein auszusuchen. Zugegeben, ich habe auch keine Ahnung, kann aber ganz gut so tun, als ob. Ich wähle einen Merlot. Ein Merlot im Godot. Ob sie diese feinsinnige Anspielung versteht? Eigentlich kenne ich nur Merlot. Und Cabernet Sauvignon, aber das wäre mir jetzt sprachlich zu affig gewesen. Das ist was für Kaschmirschal-Träger, die mit der Kellnerin eine Diskussion darüber anfangen, ob der 2007er Jahrgang besser oder schlechter ist als der 2006er und warum sie hier nur den 2005er haben, der doch, wie man weiß, der allerschlechteste ist. Unschuldige Lehramtsstudentinnen, die nebenher bedienen, werden in ihrem Leben nie wieder Wein sehen können, ohne weinen zu müssen.

Anne hat einen Spinatsalat bestellt. Wahrscheinlich weil sie sowohl ihrer Waage als auch meiner Geldbörse nicht zur Last fallen will. Ich esse Tortellini in Gorgonzolasauce. Vorzügliches italienisches Essen bei einem französisch klingenden Restaurant, das ist mal Cross-over. Der Abend läuft gut. Wir unterhalten uns, und es entstehen kaum peinliche Pausen. Ich finde aber auch, dass ich ausgesprochen interessiert nachfrage. Das kann ich wahrscheinlich noch aus der Zeit, als ich Beziehungscoach war. Trotzdem liegt über allem die entscheidende Prise Flirt.

Relativ schnell kommt es zur ersten Prüfung des Abends: Wir reden über Beziehungen. Annes Bilanz fällt gleich dreifach bescheiden aus. Anzahl, Qualität und Dauer sind allesamt ausbaufähig, wie ein cooler Coach an dieser Stelle vermerken würde. Ich überlege kurz, ob ich meine Bilanz ein wenig frisieren – also nach unten korrigieren – soll. Es gilt schließlich die Faustregel: Weniger ist mehr. Je weniger Beziehungen, desto besser. Alles über drei Jahre macht einen guten Eindruck. Alles unter einem Jahr einen sehr schlechten. Viele kurze Beziehungen wirken schnell halodrimäßig, unzuverlässig, sprunghaft, unentschieden, draufgängerhaft und alles, was man sonst noch Schlechtes über einen Mann sagen kann.

Im Lauf der Zeit habe ich gemerkt: Am besten kommt bei Frauen immer noch eine Beziehung vom 16. bis zum 26. Lebensjahr. Mit Fernbeziehung, Zusammenwohnen, Verlobung und dem ganzen Hokuspokus. In der Zehn-Jahres-Beziehung steckt alles: Romantik, Ausdauer, Verlässlichkeit, Kampfbereitschaft im Hinblick auf den immer gleichen Gegner, Toleranz und Leidensfähigkeit.

Wer andauernd Kaffee ohne Koffein und Milch ohne Fett bestellt, braucht wohl auch ein Leben ohne Abenteuer. Ich habe mir vorgenommen, bei der Aufarbeitung der Liebesvergangenheit immer drei lange Beziehungen gehabt zu haben. Bei Nina hat das nur halb hingehauen. Ich habe damals den Fehler gemacht, zu behaupten, dass jede einzelne sieben Jahre gedauert hat. Das hätte bedeutet, dass ich mit vier Jahren meine erste Freundin gehabt hätte. Ich habe den Abend dann notdürftig gerettet mit der Ausrede, ich habe eine angeborene Rechenschwäche.

Heute geht alles glatt – auch mathematisch.

Dennoch merke ich, wie Anne innerlich ihre Checkliste abarbeitet. Raucher ja/​nein, treu ja/​nein, selbständig und fürsorglich, Vater und Lover. Ich spüre eine gewisse Erwartungshaltung.

Plötzlich erinnert sie mich an Nina. Nina war die einzige ältere Frau in meinem Leben. Ich war 25, sie 29. Also gefährlich nahe an der gefürchteten 30er-Grenze.

Männer und Frauen um die 30 sind die Mensch gewordene Hölle auf Erden: Sie bauen nur Mist: Reihenendhäuser und spießige Familien. Sie hören Uhren ticken, zeugen ohne Not ein Kind, schließen Bausparverträge ab, oder melden sich bei PARSHIP an. Jetzt muss was Großes passieren, sagen sie sich.

Anne ist da wesentlich cooler. Anne weiß vor allem, was sie nicht will. Zum Beispiel eine Beziehung. Schnell sind wir uns einig, dass wir eine Beziehung weder wollen noch brauchen. Das hindert Anne aber nicht, in den nächsten Minuten zu fragen, ob ich mir irgendwann mal vorstellen könnte, Kinder zu haben. Natürlich! So, wie ich mir auch vorstellen kann, irgendwann mal nach Papua Neuguinea auszuwandern oder auf einem Bauernhof in Brandenburg zu leben. Welche Antwort erwarten Frauen auf diese Frage? Ich sage also ganz unverbindlich: «Och, irgendwann mal vielleicht bestimmt.» Damit mache ich wohl nichts falsch. Ich verspreche nichts, schließe aber auch nichts aus.

Als es ans Bezahlen geht, zücke ich souverän meine EC-Karte. Ich finde, mit Karte zahlen kommt so professionell, wie Merlot mit langgezogenem O zu bestellen.

Wir ziehen weiter in eine Bar. Ich setze mich jetzt neben Anne. Es geht jetzt darum, unaufdringlichen, aber doch spürbaren Körperkontakt aufzubauen. Eine Phase höchster Konzentration steht bevor. Ich werde im Angesicht der vorgerückten Stunde etwas müde, darf mir aber nichts anmerken lassen. Es...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2011
Illustrationen Frank Eidel
Zusatzinfo 2-farb., zahlr. Fotos
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Gesellschaft • Humor • Konsum
ISBN-10 3-644-45611-9 / 3644456119
ISBN-13 978-3-644-45611-2 / 9783644456112
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