Attic (eBook)
560 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-55577-4 (ISBN)
Douglas Preston wurde 1956 in Cambridge, Massachusetts, geboren. Er studierte in Kalifornien zunächst Naturwissenschaften und später Englische Literatur. Nach dem Examen startete er seine Karriere beim »American Museum of Natural History« in New York. Eines Nachts, als Preston seinen Freund Lincoln Child auf eine mitternächtliche Führung durchs Museum einlud, entstand dort die Idee zu ihrem ersten gemeinsamen Thriller, »Relic«, dem viele weitere internationale Bestseller folgten. Douglas Preston schreibt auch Solo-Bücher (»Der Codex«, »Der Canyon«, »Credo«, »Der Krater«). Außerdem arbeitet er als Journalist und schreibt für diverse Magazine. Zudem ist er Präsident der »Authors Guild«, der ältesten und größten Berufsorganisation für amerikanische Schriftsteller*innen. Er lebt an der Ostküste der USA.
Douglas Preston wurde 1956 in Cambridge, Massachusetts, geboren. Er studierte in Kalifornien zunächst Naturwissenschaften und später Englische Literatur. Nach dem Examen startete er seine Karriere beim »American Museum of Natural History« in New York. Eines Nachts, als Preston seinen Freund Lincoln Child auf eine mitternächtliche Führung durchs Museum einlud, entstand dort die Idee zu ihrem ersten gemeinsamen Thriller, »Relic«, dem viele weitere internationale Bestseller folgten. Douglas Preston schreibt auch Solo-Bücher (»Der Codex«, »Der Canyon«, »Credo«, »Der Krater«). Außerdem arbeitet er als Journalist und schreibt für diverse Magazine. Zudem ist er Präsident der »Authors Guild«, der ältesten und größten Berufsorganisation für amerikanische Schriftsteller*innen. Er lebt an der Ostküste der USA. Lincoln Child wurde 1957 in Westport, Connecticut, geboren. Nach seinem Studium der Englischen Literatur arbeitete er zunächst als Verlagslektor und später für einige Zeit als Programmierer und Systemanalytiker. Während der Recherchen zu einem Buch über das »American Museum of Natural History« in New York lernte er Douglas Preston kennen und entschloss sich nach dem Erscheinen des gemeinsam verfassten Thrillers »Relic«, Vollzeit-Schriftsteller zu werden. Child lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in New Jersey.
1
Snow testete seinen Lungenautomaten, überprüfte die beiden Flaschenventile und ließ die Hände über das Neopren seines Taucheranzugs gleiten. Alles war in Ordnung, genau wie vor sechzig Sekunden, als er seine Ausrüstung das letztemal durchgecheckt hatte.
»Gleich sind wir da«, meinte der Sergeant und drosselte die Geschwindigkeit des Bootes.
»Super«, ließ sich die sarkastische Stimme von Fernandez durch das Röhren der starken Dieselmotoren vernehmen. »Ich kann’s kaum erwarten.«
Nach Fernandez sagte niemand mehr ein Wort. Snow fiel auf, daß die Unterhaltung immer spärlicher wurde, je näher das Team dem Ziel seines Einsatzes kam.
Er warf einen Blick über die Schulter und sah, wie die Schraube des Bootes eine keilförmige Schaumspur im bräunlichen Wasser des Harlem River hinterließ, der an diesem warmen, dunstigen Augustmorgen breit und träge dahinfloß. Snow drehte den Kopf in Richtung Ufer und verzog das Gesicht, als ihn dabei das Gummimaterial seiner Kapuze am Hals kniff. Er sah hoch aufragende Wohngebäude ohne Fensterscheiben, geisterhafte Gerippe von Lagerhäusern und Fabriken und einen verlassenen Spielplatz. Nein, so ganz verlassen wohl doch nicht. Ein einsames Kind schwang auf einer rostigen Schaukel hin und her.
»He, Herr Tauchlehrer«, wandte sich Fernandez an Snow. »Hast du dir auch deine Trainingswindeln angezogen?«
Snow zupfte an den Fingern seiner Handschuhe herum und würdigte Fernandez keiner Antwort.
»Das letztemal, als wir einen Frischling mit auf so einen Einsatz genommen haben, hat er sich vor lauter Angst in den Anzug geschissen«, fuhr Fernandez fort. »Mein Gott, war das eine Sauerei! Er mußte die ganze Heimfahrt über am Heck sitzen, so sehr hat er gestunken. Und das war vor Liberty Island, wo das Wasser im Vergleich mit der Kloake praktisch ein Kinderplanschbecken ist.«
»Das reicht, Fernandez«, wies ihn der Sergeant ohne viel Strenge zurecht.
Snow wandte den Blick nicht vom Ufer. Kurz nachdem er vom normalen Streifendienst bei der New Yorker Polizei zur Taucherabteilung versetzt worden war, hatte er einen Fehler gemacht und seinen neuen Kollegen erzählt, daß er in der Karibik in einer Schule für Sporttaucher als Tauchlehrer gearbeitet hatte. Erst danach hatte er erfahren, daß die meisten seiner Kollegen vor ihrem Job bei der Polizei Berufstaucher gewesen waren und entweder Kabel verlegt oder Schweißarbeiten an Pipelines und Ölplattformen durchgeführt hatten. Für sie waren Tauchlehrer wie er verwöhnte, schlecht ausgebildete Weichlinge, die durchdrehten, sobald das Wasser mal nicht ganz klar und der Gewässerboden nicht makellos sauber war. Besonders Fernandez ließ ihn das immer wieder spüren.
Das Boot neigte sich nach Steuerbord, als es der Sergeant in einer scharfen Kurve näher ans Ufer heranbrachte. Mit stark gedrosselter Maschine ließ er es auf eine Reihe von direkt ans Wasser gebauten Häusern zutuckern. Auf einmal kam zwischen den kahlen nackten Betonmauern eine schmale, aus Ziegeln gemauerte Durchfahrt in Sicht. Geschickt steuerte der Sergeant das Boot hindurch in das Zwielicht dahinter. Sofort fiel Snow der unbeschreibliche Gestank auf, der aus dem von der Bootsschraube aufgewühlten Wasser stieg. Seine Augen fingen an zu tränen, und er mußte einen starken Hustenreiz unterdrücken. Fernandez, der ihn nicht aus den Augen ließ, kicherte zufrieden vor sich hin. Unter Fernandez’ noch nicht ganz geschlossenem Taucheranzug konnte Snow ein T-Shirt mit dem inoffiziellen Motto der New Yorker Polizeitaucher sehen: WIR WÜHLEN FÜR SIE IN DER SCHEISSE. Stimmt, dachte Snow, und diesmal lag in der Scheiße ein großes Paket Heroin, das ein Dealer in der Nacht zuvor nach einem Feuergefecht mit der Polizei von der Humboldt Eisenbahnbrücke geworfen hatte.
Langsam schob sich das Boot mit den Tauchern einen schmalen, an beiden Seiten von hohen Betonmauern begrenzten Kanal entlang. Im Schatten der Eisenbahnbrücke wartete bereits ein weiteres Polizeiboot, das mit ausgeschaltetem Motor sanft auf den Wellen schaukelte. An Bord des Bootes standen zwei Männer: der Bootsführer und ein Typ mit merklich gelichteten Haaren, der einen schlechtsitzenden Polyesteranzug trug und eine Zigarre im Mund hatte. Der Mann zog sich die Hose hoch, spuckte in weitem Bogen ins Wasser und hob eine Hand zum Gruß.
Der Sergeant nickte in Richtung auf das andere Boot. »Seht mal, wer da drüben ist.«
»Lieutenant D’Agosta«, erwiderte einer der Taucher am Bug. »Dann muß es ziemlich übel sein.«
»Es ist immer übel, wenn ein Polizist erschossen wird«, meinte der Sergeant.
Er schaltete den Motor aus und brachte das Boot längs an das andere heran. Lieutenant D’Agosta kam an Bord, um den Tauchern genauere Instruktionen zu geben, und Snow bemerkte, wie das Boot unter dem Gewicht des Mannes tiefer in den Fluß gedrückt wurde. Auf dem Rumpf des anderen Fahrzeugs, das dafür ein paar Zentimeter höher stieg, hinterließ das Wasser einen ölig-grünen Film.
»Guten Morgen«, sagte D’Agosta. Im Dämmerdunkel unterhalb der Brücke sah selbst der sonst so rotgesichtige Lieutenant noch wie ein bleicher Höhlenbewohner aus. »Wer hat hier das Kommando?«
»Ich, Sir«, erwiderte der Sergeant und befestigte einen Tiefenmesser an seinem Handgelenk. »Worum geht’s?«
»Die Festnahme gestern war ein Debakel«, informierte ihn D’Agosta. »Dabei war der Bursche wohl nichts weiter als ein Bote. Als er aber bemerkte, daß ihm die Jungs vom Drogendezernat auf den Fersen waren, da hat er das Heroin von der Brücke da oben ins Wasser geworfen und wie wild um sich geballert. Einen Polizisten hat er erschossen, bevor er selbst eine Kugel abbekam. Täter tot, Fall geklärt. Jetzt müssen wir nur noch das Rauschgift finden, dann können wir die ganze Scheiße zu den Akten legen.«
»Und für so was hetzt ihr uns in diese Brühe da?« seufzte der Sergeant.
D’Agosta schüttelte den Kopf. »Sollen wir etwa Heroin im Wert von sechshundert Riesen da unten herumliegen lassen?«
Snow sah sich um. Hinter den düsteren Brückenbogen konnte er ausgebrannte Häuser sehen, deren rußgeschwärzte Fenster wie leere Augenhöhlen herab auf den toten Fluß blickten. Zu dumm, daß der Drogenbote das Heroin ausgerechnet in den Humboldt Kill werfen mußte, dachte Snow. Nicht umsonst wurde das stinkende Gewässer in Anlehnung an das Entwässerungssystem im alten Rom auch die cloaca maxima genannt. Im Lauf der Jahrhunderte hatten sich hier tonnenweise Fäkalien, tote Tiere und Giftstoffe abgelagert. Hoch über den Tauchern rumpelte klappernd und kreischend eine U-Bahn über die Brücke. Das Boot unter Snows Füßen begann zu schwanken, und das dickflüssige Wasser waberte wie Gelatine, die gerade fest zu werden beginnt.
»Okay, Männer«, sagte der Sergeant. »Dann wollen wir mal hinein ins kühle Naß.«
Snow zog den Reißverschluß seines Anzugs hoch und unterdrückte seine Angst. Er wußte, daß er ein erstklassiger Taucher war. Schon als Jugendlicher hatte er zu Hause in Portsmouth mehrere Ertrinkende aus dem Picataqua River gerettet, und später, in der Karibik, hatte er Jagd auf Haie gemacht und in Tiefen über siebzig Metern Unterwasserarbeiten verrichtet. Trotzdem war ihm beim Gedanken an den bevorstehenden Tauchgang alles andere als wohl in seiner Haut.
Obwohl Snow noch nie im Humboldt Kill getaucht war, hatte er von seinen Kollegen schon viel darüber gehört. Von all den ekelhaften Gewässern, von denen es in New York wahrlich mehr als genug gab, war er das widerwärtigste. Der Humboldt Kill war übler als der Arthur Kill und das Hell Gate und sogar noch schlimmer als der Gowanus Canal. Früher einmal war der Humboldt Kill ein Nebenfluß des Hudson gewesen, der am Sugar Hill in Harlem vorbei und quer durch Manhattan geflossen war. Jetzt aber, nachdem er verbaut, vernachlässigt und als Abwasserkanal mißbraucht worden war, hatte sich der Humboldt Kill in ein stehendes, unglaublich verdrecktes Gewässer verwandelt, in das man im Laufe mehrerer Jahrhunderte alle nur erdenklichen Abfälle gekippt hatte.
Snow nahm seine Preßluftflaschen von dem Gestell aus rostfreiem Stahl in der Mitte des Bootes, ging damit ans Heck und schnallte sie sich auf den Rücken. Noch immer hatte er sich nicht so richtig an den schweren Trockentaucheranzug gewöhnt, dessen dickes Material seine Beweglichkeit empfindlich beeinträchtigte. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie der Sergeant auf ihn zukam. »Alles in Ordnung?« fragte er mit seiner tiefen, ruhigen Stimme.
»Ich glaube schon, Sir«, antwortete Snow. »Aber eine Frage hätte ich doch noch an Sie: Warum tragen wir heute eigentlich keine Stirnlampen?«
Der Sergeant sah ihn nur an und sagte nichts.
»Bei all den Häusern ringsum fällt doch kein Sonnenstrahl hier herunter«, meinte Snow. »Wenn wir im Wasser was sehen wollen, brauchen wir doch Lampen, oder nicht?«
Der Sergeant grinste. »Die können wir uns sparen. Sehen Sie, das Wasser der cloaca ist etwa vier Meter tief, aber darunter befinden sich noch mal drei bis fünf Meter Schlick. Sobald man ihn mit den Flossen aufwirbelt, kann man die Hand nicht mehr vor den Augen sehen. Aber der Schlick ist nicht das schlimmste, denn darunter kommen noch einmal zehn Meter breiiger, zäher Schlamm. In dem muß irgendwo das Heroin liegen. Dort unten sieht man nicht mit den Augen, sondern mit den Händen.«
Der Sergeant musterte Snow mit einem prüfenden Blick und zögerte einen Augenblick. »Hören Sie, Snow«, sagte er dann, »das hier ist etwas ganz anderes als unser Tauchtraining im Hudson. Ich habe Sie auf diesen Einsatz nur mitgenommen, weil Cooney und Schultz noch immer im Krankenhaus liegen.«
Snow nickte. Die beiden Taucher hatten sich eine...
Erscheint lt. Verlag | 2.10.2009 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Special Agent Pendergast |
Ein Fall für Special Agent Pendergast | |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agent Pendergast • Agent Pendergast Reihe • Aloysius Pedergast • amerikanische thriller • Dachboden des Teufels • Devil's Attic • enthauptete Skelette • geköpft • Hudson • Margo Green • Mordserie • Mystery Thriller • New York • Obdachlose • ohne Kopf • Pendergast 2 • Pendergast Reihe • Preston Child Pendergast Reihenfolge deutsch • Skelette • Special Agent Pendergast • Thriller Action • thriller reihe • Thriller und Psychothriller • Thriller USA • Tunnelsystem |
ISBN-10 | 3-426-55577-8 / 3426555778 |
ISBN-13 | 978-3-426-55577-4 / 9783426555774 |
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