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Hundszeiten: Laura Gottbergs fünfter Fall (eBook)

Italien-Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
608 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-30551-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
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Heiße Nächte in den Isar-Auen Es ist Sommer in München. Kommissarin Laura Gottberg nutzt die Kühle der frühen Morgenstunden für lange Spaziergänge an der Isar. Dort lernt sie eines Morgens den jungen Obdachlosen Ralf kennen, der im Fußgängertunnel unter dem Friedensengel sein Lager aufgeschlagen hat. Ralf erweist sich bald als ein skurriler, aber durchaus sympathischer Gesprächspartner. Und so ist Laura starr vor Schreck, als sie zu einem Tatort an der Isar gerufen wird: Ein Obdachloser wurde brutal zu Tode geprügelt ... «Laura Gottbergs fünfter Fall ist so spannend wie die ersten vier. Man sollte nur vor dem Lesen eine Pizza bestellen, in dem Buch wird ständig italienisch gegessen!» (BZ) «Spannend von der ersten bis zu letzten Seite!» (Tina) «Unbedingt lesen!» (Neue Woche) «Ein Krimi als Liebeserklärung an die bayerische Metropole.» (Falter)

Bevor Felicitas Mayall sich ganz der Schriftstellerei widmete, arbeitete sie als Journalistin bei der 'Süddeutschen Zeitung'. Die Wahl-Münchnerin veröffentlichte unter ihrem Klarnamen Barbara Veit Kinder- und Sachbücher, bevor sie sich mit ihrer erfolgreichen Krimiserie um die Münchner Kommissarin Laura Gottberg in die Herzen vieler Leser schrieb. Bis zu ihrem Tod lebte die Mutter zweier Söhne mit ihrem australischen Ehemann am Chiemsee und reiste von dort oft nach Italien und Australien.

Bevor Felicitas Mayall sich ganz der Schriftstellerei widmete, arbeitete sie als Journalistin bei der "Süddeutschen Zeitung". Die Wahl-Münchnerin veröffentlichte unter ihrem Klarnamen Barbara Veit Kinder- und Sachbücher, bevor sie sich mit ihrer erfolgreichen Krimiserie um die Münchner Kommissarin Laura Gottberg in die Herzen vieler Leser schrieb. Bis zu ihrem Tod lebte die Mutter zweier Söhne mit ihrem australischen Ehemann am Chiemsee und reiste von dort oft nach Italien und Australien.

SIE GRÖLTEN WIEDER, unten auf den Kiesbänken bei der Museumsinsel. Inzwischen hatten sie diesen Isarstrand ziemlich für sich allein. Niemand wollte in ihrer Nähe feiern. Wo in früheren Nächten viele Feuer brannten, gab es jetzt nur noch ein großes.

Die andern hatten sich neue Sandbänke gesucht. Wie Nomadenlager zogen sich ihre Grillplätze am Fluss entlang. Jede Nacht hingen Rauchschwaden über der Isar, Trommeln erklangen, Gitarrenklänge. Es war, als erinnerten sich die Bewohner der großen Stadt im Sommer an das Leben ihrer Vorfahren. Nur mit den Leuten am großen Feuer wollten sie alle nichts zu tun haben.

Das hatte Ralf, der Steinmetz, genau beobachtet. Geduckt kauerte er im Schutz eines hohen Baumes an der Uferstraße und starrte zu denen am großen Feuer hinunter. Das Feuer loderte in dieser Nacht so hoch, dass der Turm des Deutschen Museums in flackerndes Licht getaucht wurde. Hartes Gelächter drang zu Ralf herauf, zu laut. Er mochte das Gelächter nicht, die Lieder nicht. Mochte die Kerle da unten nicht. Fast alles Männer, das hatte er gesehen, aber ein paar Frauen waren auch dabei.

Ralf kannte sich an der Isar aus. Der Fluss war sein Zuhause. Deshalb wusste er genau, was gefährlich war und was nicht. Er kannte die Lager der anderen Penner, die unter den Brücken lebten, in Zelten oder Höhlen weiter draußen am Hochufer. Man ließ sich in Ruhe. Solange keiner ins Revier des anderen vordrang. Ralf war ein Einzelgänger und daher besonders auf der Hut. Die Kerle da unten passten nicht ins Bild. Die waren ein anderes Kaliber, keine Kollegen. Solange sie nicht näher an seinen Unterschlupf herankamen, fühlte er sich halbwegs sicher. Er musste sie im Auge behalten. Das stand fest!

Für heute Abend hatte er genug gesehen. Ralf löste sich von seinem Baumstamm, im gleichen Augenblick erstarrte er, bekam Herzrasen, weiche Knie. Irgendwer hob ihn hoch, schüttelte ihn wie einen Hund. Harte Hände umfassten seinen Nacken, Eisenklammern. Dann die Stimme, dicht an seinem Ohr:

«Lass dich hier nie wieder blicken, dreckiger Schmarotzer! Solche wie du haben in dieser Stadt nichts zu suchen. Sag das deinen Kumpels. Wir werden hier aufräumen!»

Die Eisenklammer hob Ralf hoch und schleuderte ihn zu Boden. Er krümmte sich zusammen, wartete auf den Stiefeltritt, wagte kaum zu atmen, stellte sich tot. Nichts passierte. Er hatte Sand zwischen den Zähnen, und es roch nach Hundepisse. Endlich, nach mindestens fünf Minuten, drehte er sich ein bisschen und schaute sich um. Da war niemand, nur der Baumstamm. Ralf rappelte sich auf und rannte.

 

Es ist eine dieser Nächte, ganz einfach eine dieser Nächte, dachte Kriminalhauptkommissarin Laura Gottberg. Ich hätte vor zwei Stunden aufstehen sollen, mich auf den Balkon setzen, ein Glas Wasser trinken, meditieren, ein Buch lesen, irgendwas tun müssen, nur nicht im Bett bleiben und nachdenken. Stattdessen hatte sie sich von einer Seite auf die andere gewälzt, irgendwann sämtliche Eingeweide gespürt und alle schlechten Erinnerungen der bisher gelebten Jahre durchgestanden. Ihr Kopf schmerzte. Alles fühlte sich feucht an: ihr Haar, ihre Haut, das Laken. Schwer und stickig hing die Luft über ihrem Bett, über der Wohnung, dem Haus, der Stadt und vermutlich der gesamten Erde.

Seit beinahe zwei Monaten herrschte Gluthitze über München und ganz Mitteleuropa. Seit Wochen fielen die Menschen um wie Fliegen, sanken die Temperaturen auch nachts höchstens auf fünfundzwanzig Grad. Die Schlagzeilen der Zeitungen sprachen inzwischen von Endzeit und Apokalypse, weil Klimakatastrophe bereits zu abgedroschen klang.

Auf dem Rücken liegend, Arme und Beine von sich gestreckt, versuchte Laura sich selbst den Befehl zum Aufstehen zu geben. Lange Zeit widersetzten sich die Schaltstellen ihres Körpers, immer wieder versank sie in dämmrigen feuchtwarmen Nebeln und träumte sogar – vom Fallen, von diesem Frosch. Sie schreckte hoch, schaffte es endlich auf den Bettrand und saß aufrecht.

Sie wollte nicht von diesem Frosch träumen, hatte ihn schon fast vergessen, akzeptiert, dass es ihn gegeben hatte. Wirklich? Nein, nicht wirklich, denn ab und zu tauchte er auf wie ein verblasstes Schwarzweißfoto, irgendwo im Hinterkopf.

Erbsünde, dachte sie. Der Frosch ist für mich so was wie die Erbsünde. Sie strich das feuchte Haar aus ihrem Gesicht, stand taumelnd auf und knipste die Lampe auf ihrem Nachttisch an. Zehn vor vier. Sie zwang sich dazu, in die Küche zu gehen, spürte dem zarten Lufthauch nach, der von der weit offenen Balkontür zu ihr drang, und ließ an der Spüle Wasser über ihre Hände und Unterarme laufen. Lauwarme Brühe, die selbst nach ein paar Minuten kaum kälter wurde. Im Kühlschrank fand sie einen Krug mit eiskaltem Wasser, füllte damit ein Glas und trat auf den kleinen Balkon hinaus.

Eigentlich war es eine klare Nacht, aber sogar bei Dunkelheit blieb ein Rest des Hitzesmogs über der Stadt hängen und verschleierte die Sterne. Laura trank in kleinen Schlucken und ließ die kühle Flüssigkeit langsam durch ihre Kehle rinnen. Seltsamerweise bekam sie Gänsehaut davon.

Finsternis lag über dem Geviert der hohen Stadthäuser. Niemand außer Laura schien wach zu sein. Die Petunien in den Balkonkästen verströmten einen süßlichen Duft. Laura lehnte den nackten Rücken an die raue Hauswand. Wieso hatte sie von dem Frosch geträumt? Sie hatte bisher immer nur dann von ihm geträumt, wenn etwas in ihr gründlich aus dem Gleichgewicht geraten war. Froschalarm. Das letzte Mal, als sie sich von Ronald getrennt hatte, vor vier Jahren.

War denn etwas aus dem Gleichgewicht geraten? Abgesehen vom Klima? Lag es an diesem diffusen Gefühl von Bedrohung, das in der Stadt herrschte und von den Medien geschürt wurde? Rapider Anstieg der Todesrate, Kolibakterien in Schwimmbädern und Seen, drohende Epidemien von Gehirnhautentzündung bis Salmonellen, Trinkwassermangel, steigende Gewaltbereitschaft, Smog, Fahrverbote.

August in München. Eigentlich die beste Jahreszeit. Die halbe Bevölkerung machte Urlaub. Lauras Kinder, Luca und Sofia, waren seit einer Woche in England, machten Sprachferien mit Familienanschluss. Das hatte sie fast ein Monatsgehalt gekostet. Taschengeld spendierte zum Glück Lauras Vater Emilio. Von Ronald, ihrem Ex, gab es nur gute Ratschläge. Immerhin hatte er Luca und Sofia zum Flughafen gebracht, weil Laura sich nicht freinehmen konnte.

Sie hatte sich auf diese vier Wochen Freiheit gefreut, darauf, ihren eigenen Rhythmus leben zu können – abgesehen von der Arbeit natürlich.

Bisher lebte sie noch gar nichts.

Es war zu heiß, um irgendwas zu tun. Und sie wollte gar nichts tun. Nicht einmal fernsehen. An den letzten Abenden hatte sie sich dabei ertappt, dass sie stundenlang untätig herumsaß. Mit leerem Kopf. Es war nicht unangenehm, nur erstaunlich. Es schien, als hätte sie in all den geschäftigen Jahren, die hinter ihr lagen, ihren eigenen Rhythmus vergessen. Und nun wartete sie darauf, dass er sich wieder einstellte.

Sie ging in die Hocke, lehnte ihre Stirn an das kühle Balkongeländer und schaute zwischen den Gitterstäben hindurch. Eine sanfte Vorahnung der Morgendämmerung zeigte sich am Himmel. Wie lange hatte sie die Sonne nicht mehr aufgehen sehen, bewusst aufgehen sehen? Sie konnte sich nicht daran erinnern.

Plötzlich wusste Laura, was sie tun wollte. Am Fluss entlanggehen und die Sonne aufgehen sehen. Während sie sich anzog, dachte sie kurz daran, ihre Dienstwaffe einzustecken, nahm sie sogar in die Hand, legte sie aber wieder weg.

«Sonnenaufgang, kein Einsatz!», murmelte sie und lächelte über sich. Sie bürstete flüchtig ihre Haare, ohne dabei in den Spiegel zu schauen. Im Treppenhaus dachte sie wieder an den Frosch. Beinahe wäre sie gestolpert. Als drängte er sich vor.

«Gut», dachte sie, als sie auf die Straße trat. «Vielleicht willst du nochmal hören, dass es mir leidtut. Dass ich dich nie vergessen werde, dass ich mich schäme. Dass ich etwas begriffen habe, damals, und dass ich dir dafür danke, obwohl es dir nichts mehr hilft.»

Er war noch immer da. Ein fetter grüner Frosch, dem die Eingeweide aus dem Maul hingen. Und die anderen Kinder, verschwommene Gestalten, die stumm dastanden und ihn anstarrten. Das hatten sie nicht gewollt. Oder doch? Sie hatten ihm nur ein Haus bauen wollen. Eins aus Moos und Stöcken. Aber er wollte das Haus nicht, blieb einfach nicht sitzen, hüpfte immer wieder weg. Sie holten ihn zurück. Immer wieder. Setzten ihn gewaltsam in das Haus, warfen ihn endlich auf den Boden, immer und immer wieder. Er sollte sitzen bleiben!

Wie ein Rausch war es über sie gekommen. Plötzlich quollen die Eingeweide aus seinem Maul, und er blieb sitzen, der Frosch. Rührte sich nie wieder.

Wie alt war sie damals gewesen? Neun oder zehn? Egal. Auch sie hatte den Frosch einmal auf den Boden geschleudert.

Langsam folgte Laura der schmalen Straße, die zum Hochufer der Isar führte, fing irgendwann an zu laufen und erreichte keuchend die große Kreuzung vor der Philharmonie. Sie nahm die stickige Luft wahr, ihre Lungen brannten. Die täglichen Warnungen im Radio fielen ihr ein: Vermeiden Sie körperliche Anstrengung im Freien, die Ozonwerte überschreiten Tag und Nacht sämtliche Grenzwerte.

Der Frosch war noch immer da, obwohl sie sich alle Mühe gab, an andere Dinge zu denken. Trotz ihrer Jugend hatte sie damals begriffen, dass sie töten konnte. Sie alle hatten es begriffen, sich schweigend getrennt, sich nicht einmal mehr angesehen. Eine Weile waren sie sich aus dem Weg gegangen. Der Frosch wurde nie mehr erwähnt.

Laura überquerte die Kreuzung. Außer einem einsamen Fahrzeug der Straßenreinigung war kein einziger Wagen zu sehen....

Erscheint lt. Verlag 15.7.2011
Reihe/Serie Laura Gottberg ermittelt
Laura Gottberg ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aufklärung • Isar-Auen • Kriminalbeamtin • Kriminalfall • Laura Gottberg • Mord • München • Obdachlosigkeit
ISBN-10 3-644-30551-X / 364430551X
ISBN-13 978-3-644-30551-9 / 9783644305519
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