Venedig sehen und stehlen (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2011 | 2. Auflage
288 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40760-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Venedig sehen und stehlen -  Krischan Koch
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Campari, Calamari - und ein Kunstraub am Canal Grande Es ist Sommer in Venedig: Die Biennale und der nicht enden wollende Touristenstrom prägen das Stadtbild. Auch Harry Oldenburg stürzt sich ins venezianische Getümmel. Zusammen mit seiner amerikanischen Freundin Zoe will er das Guggenheim Museum um zwei wertvolle Exponate erleichtern und sie in seinen eigenen Kunsthandel in New York überführen. Doch in der flirrenden Hitze der Lagune geht so einiges schief: Harry findet sich erst in den Fängen, dann im Bett der verführerischen Künstlerin Franca wieder - und entdeckt zu seinem Entsetzen auch noch einen Toten in ihrem Atelier

Krischan Koch wurde 1953 in Hamburg geboren. Die für einen Autor üblichen Karrierestationen als Seefahrer, Rockmusiker und Kneipenwirt hat er sich geschenkt. Stattdessen macht er Kabarett und Kurzfilme und schreibt seit vielen Jahren Filmkritiken u.a. für die >DIE ZEIT< und den >Norddeutschen Rundfunk<. Koch lebt mit seiner Frau in Hamburg und auf der Nordseeinsel Amrum, wo er mit Blick aufs Watt seine Kriminalromane schreibt.

Krischan Koch wurde 1953 in Hamburg geboren. Die für einen Autor üblichen Karrierestationen als Seefahrer, Rockmusiker und Kneipenwirt hat er sich geschenkt. Stattdessen macht er Kabarett und Kurzfilme und schreibt seit vielen Jahren Filmkritiken u.a. für die ›DIE ZEIT‹ und den ›Norddeutschen Rundfunk‹. Koch lebt mit seiner Frau in Hamburg und auf der Nordseeinsel Amrum, wo er mit Blick aufs Watt seine Kriminalromane schreibt.

1


FONDAMENTA DELLA MISERICORDIA. Der auf die Hauswand gemalte Name flog an Harry Oldenburg vorüber, als er mit viel zu hoher Geschwindigkeit in den größeren Kanal einbog. Ganz knapp bekam er die Kurve. Von seinem Motorboot aus konnte er die Schrift gerade noch erkennen. Verflucht noch mal, war er etwa wieder an derselben Stelle?

Aus dem offenen Fenster des Eckhauses kam die heisere Stimme von Gianna Nannini. Jetzt fuhr er wieder unter der Inter-Mailand-Bettwäsche hindurch, die über dem Kanal zum Trocknen hing. Vor dem Restaurant etwas weiter hinten standen die Leute inzwischen unter den Sonnenschirmen und zeigten auf ihn. Dann kam die kleine Piazza mit der Bude in Sicht. Auf dem schmalen Kai liefen einige Leute wild gestikulierend auf und ab. Das waren die Besitzer des Bootes, das Harry gerade steuerte.

»Venite! Venite! Ecco Gambadigesso!«, rief der Mann in dem knallblauen Shirt der Azzurri mit der Rückennummer drei. Harry hatte ihn hier in den letzten Tagen mehrfach sitzen sehen.

Tatsächlich! Jetzt war sich Harry sicher: Er war schon wieder auf diesem idiotischen Rio della Misericordia gelandet.

Da tauchte hinter ihm erneut das schnittige Boot des italienischen Commissario auf. Harry drehte hektisch an dem Gasgriff des Außenborders. Die nagelnde Maschine verschluckte sich kurz mit einem nach Benzin stinkenden Puffen. Dann nahm der alte Kahn richtig Fahrt auf. Die Bugwelle hinter ihm schwappte über den Gehweg der Fondamenta, sodass das japanische Touristenpaar juchzend zur Seite hüpfen musste. Der Abstand zu dem schnieken Holzboot des Kommissars hatte sich trotzdem verringert.

 

Es war offensichtlich doch keine so gute Idee gewesen, sich von diesen Typen an der kleinen Piazza das Boot »auszuleihen«. Aber warum musste sein Besitzer auch unbedingt den Motor laufen lassen, nachdem er an den Fondamenta festgemacht hatte? Und Harry verließ langsam die Kraft. Der Assistent des Commissario, dieser kleine, aber schwergewichtige Ispettore in der blauen Uniform mit dem weißen Gürtel quer über der Brust und den roten Streifen an den Hosenbeinen, war ihm bei der Verfolgungsjagd durch die Gassen bedrohlich nahe gekommen. Das Gipsbein behinderte Harry einfach zu sehr und er war auf den vielen kleinen Treppen mächtig aus der Puste gekommen. Sollte der geniale Einfall mit dem Gehgips ihn jetzt womöglich Kopf und Kragen kosten?

Da tauchte plötzlich die kleine Piazza auf, die er in den letzten Tagen schon etliche Male überquert hatte. Neben einer Bude direkt am Kanal hatten immer dieselben Männer in Sportklamotten unter Sonnenschirmen gesessen, Sprizz getrunken und sich lautstark unterhalten. Und heute lag praktischerweise auch noch dieses Boot mit laufendem Motor am Kai. Harry musste einfach nur einsteigen. Die Typen reagierten erst, als Harry das Boot losmachte und ablegte. Da sprang der Mann in dem azurblauen Shirt mit der weißen Drei auf dem Rücken und dem Namen »Paolo Maldini« darunter aus seinem Gartenstuhl auf, ruderte wild mit den Armen und schrie Harry ein kehlig krächzendes »La barcaè mia, stronzo!« hinterher.

 

Bisher war eigentlich alles nach Plan gelaufen, zumindest sehr viel reibungsloser als bei Harry Oldenburgs erstem Kunstcoup, den er vor ein paar Jahren noch alleine und ziemlich chaotisch durchgezogen hatte. Den Diebstahl jetzt, in der Guggenheim-Foundation, hatte er gemeinsam mit seiner amerikanischen Freundin Zoe minutiös geplant. Und der Coup an sich hatte ja auch perfekt geklappt. Bis dann heute Morgen diese beiden Polizisten aufgekreuzt waren. Durch seine panikartige Flucht hatte sich Harry natürlich erst richtig verdächtig gemacht. Aber mit der italienischen Polizei wollte er auf keinen Fall etwas zu tun haben, und er wusste auch nicht, was dieser eitle Commissario Lompo im blauen Polohemd und sein rundlicher Ispettore mit dem kleinen Schnauzbart von ihm wollten. Er hatte eigentlich gar keine Zeit für solche Spielchen. Er müsste sich viel dringender um den Miró kümmern. Nicht dass der noch von den Ratten angefressen würde. Das wäre wirklich jammerschade.

Doch vor allem machte er sich die größten Sorgen um Zoe, insbesondere nach dem bedrohlichen Anruf von Franca. Was führte diese Schlange Francesca Zenga im Schilde? Wo steckte Zoe bloß? Sie war vorhin nur kurz losgegangen, um nach einer farmacia zu suchen. Er musste sie unbedingt warnen. Harry konnte keinen klaren Gedanken fassen. Und dann diese unglaubliche Hitze!

 

Eben hatte er das Keuchen des dicken Ispettore ganz dicht im Nacken gespürt. Den war er erstmal los. Doch jetzt schien auch der Motor des Bootes Schwierigkeiten zu machen. Er nagelte ungesund und nahm das Gas immer erst mit einiger Verzögerung an. Aber Harry steuerte das Boot geschickt durch die engen Nebenkanäle. Als er zum dritten Mal die Fondamenta della Misericordia passierte – dieses Mal in normalem Tempo –, schien er die Polizei endgültig abgehängt zu haben. Dafür bemerkte er den Hund, der auf einmal im Boot vor ihm stand. Er war von undefinierbarer Farbe und Rasse, irgendwo zwischen Riesenschnauzer und Collie, und musste wohl im vorderen Teil des Bootes gepennt haben. Jetzt stand er mit den Vorderpfoten auf der Reling und hielt genüsslich seine Schnauze in den Fahrtwind.

Harry fuhr an dem »Antica Mola« vorbei, dem Restaurant, wo er und Zoe in den letzten Tagen immer wieder risotto nero und vor allem sarde in saor gegessen hatten. Ein paar Deutsche saßen an einem der Tische draußen. Die anderen Mittagsgäste waren aus der Sonne nach drinnen geflüchtet. Zwei Männer in blauen Overalls trugen einen gigantisch großen venezianischen Spiegel mit einem wuchtigen goldenen Rahmen von den Ausmaßen eines Handballtores über eine Brücke.

Verzweifelt versuchte Harry sich zu orientieren. Er wohnte zwar schon seit fast einer Woche in Cannaregio, aber vom Wasser sah alles ganz anders aus. Die Straßennamen waren, wenn überhaupt, nur schwer zu lesen. Und statt der verschiedenfarbigen Häuserfassaden hatte Harry vom Boot aus vor allem die moos- und algenbewachsene Wasserkante auf dem maroden Mauerwerk im Blick.

Er reduzierte das Tempo und steuerte das Boot nach rechts in einen kleinen Seitenkanal. Hoch über ihm hingen schlapp schon wieder die beiden Garnituren schwarz-blau-gestreifte Inter-Mailand-Bettwäsche. Auf dem Wasser dümpelten eine halb verrottete Obstkiste und ein ausgedienter Gummihandschuh. Das Wasser roch faulig.

Er bog noch einmal rechts ab. Auf jeden Fall musste er von diesem Rio della Misericordia wegkommen. Wer weiß, ob die Typen von der Getränkebude inzwischen nicht schon ein anderes Boot organisiert hatten, um ihn zu verfolgen.

Ganz eng schob Harry sein Boot an einem anderen vorbei, auf dem ein kleiner Schaufelbagger montiert war, mit dem ein Mann Sand auf eine Schubkarre lud. Als er das Bauboot gerade passiert hatte, zuckte Harry zusammen.

Ein Stück weiter links, parallel zu sich im nächsten Kanal, sah er wieder das schnittige Holzboot des jungen Commissario. Harrys Puls schnellte augenblicklich in die Höhe. Er überlegte nicht lange und gab Gas. Der Motor hüstelte kurz und dann streckte das Boot seinen Bug aus dem Wasser. Der Hund wechselte schwanzwedelnd auf die andere Seite. Das Hämmern des Motors hallte von den Wänden der engen Kanalschlucht wider. Harry bog erneut in den Rio della Misericordia ein.

Im selben Moment drehte sich auch das schlanke Holzboot des Commissario in den größeren Kanal. Während Harry auf der Bank am Heck des Bootes neben dem Außenborder hockte, stand dieser eitle Fatzke von Kommissar in seinem blauen Polohemd mit hochgestelltem Kragen hinter einem richtigen Steuerrad. Seine Spiegelsonnenbrille blitzte in der Sonne. Harry drehte den Gasgriff bis zum Anschlag. Schon von Weitem sah er den Bootsbesitzer in dem Azzurri-Trikot aufgeregt schimpfend auf den Fondamenta entlangtigern.

»Porca miseria! Da ist er, der verdammte Idiot mit dem Gipsbein«, rief der Mann. Der zottelige Hund an Bord bellte freudig ein paar Mal.

Die gefärbte Blondine in dem orangefarbenen Trainingsanzug, die in der Bude den Sprizz ausschenkte, drohte ihm mit der Faust. »Gambadigesso! Wir kriegen dich.«

Der Ispettore stand immer noch keuchend daneben. Er hatte seine Mütze abgenommen und sah ihm traurig hinterher mit einem Gesichtsausdruck, als wollte er noch etwas sagen.

In einem Abstand von vielleicht fünfzig Metern pflügten die beiden Boote durch das brackige Wasser. Der Hund drehte sich kurz zu Harry um. Er guckte recht freundlich, als würden sie jeden Tag zusammen so über die Kanäle jagen.

Commissario Lompo war hartnäckiger, als Harry gedacht hatte. Jetzt wollte er es offensichtlich wissen. Wenn diese jungen Italiener in Venedig schon nicht Vespa fahren konnten, dann karriolten sie wenigstens in ihren Motorbooten durch die Kanäle, dachte er. Dieser Lackaffe mit seiner blöden Sonnenbrille, der nicht wie ein Beamter, sondern eher wie ein verzogener Playboy aussah, jagte ihn mit Feuereifer durch die engen Kanalschluchten.

Das japanische Paar hatte die Fotoapparate gezückt und die Restaurantgäste im »Antica Mola« hatten ihre Stühle zum Kanal gedreht. Die beiden Typen im Blaumann bogen mit ihrem antiken Riesenspiegel gerade Richtung Campo San Marziale ab, gleich um die Ecke, wo Harry und Zoe die letzten Tage gewohnt hatten. Harry sah sein Spiegelbild im Boot einmal durch den venezianischen Goldrahmen fahren. Und als er erneut bei Gianna Nannini vorbeikam, war das Boot des Kommissars auf einmal verschwunden.

Den Gasgriff auf der kleinsten Stellung, sodass der Motor gerade eben am Laufen gehalten wurde, tuckerte Harry eine Weile durch Seitenkanäle. Wie durch ein Wunder hatte...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2011
Reihe/Serie Harry Oldenburg
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aperol Sprizz • Belletristik • Biennale • Cosy Crime • Deutsche Krimis • eBook • Flucht übers Watt • Fredenbüll-Reihe • Friedhof der Krustentiere • Gisa Pauly • Guggenheim-Museum • Harry Oldenburg • Italien • Krimi • Krimi Neuerscheinung 2020 • Kunstbiennale • Kunstdieb Harry Oldenburg • Kunsthandel • Kunst-Krimi • Kunstraub • lustige Krimis • lustiger Krimi • Meer • New York • Peggy Guggenheim Collection • Regiokrimi • Satire • Serenissima • Sommer • Sommer in Venedig • Strandlektüre • Urlaubslektüre • Venedig • Venedig-Krimi • witzige krimis
ISBN-10 3-423-40760-3 / 3423407603
ISBN-13 978-3-423-40760-1 / 9783423407601
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