Die Akademie (eBook)

Stachelmanns sechster Fall
eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
448 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30344-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Akademie -  Christian von Ditfurth
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Einer unsichtbaren politischen Macht auf der Spur Er recherchiere über eine gigantische Verschwörung. Mehr wollte der Leipziger Historiker Heinz Rehmer seinem Ex-Kollegen Stachelmann beim Abendessen nicht erzählen. Am nächsten Morgen liegt seine Leiche im Berliner Bundesarchiv. Stachelmann lässt Rehmers Andeutung keine Ruhe: Hat sie etwas mit dem Mord zu tun? Akribisch prüft Stachelmann zusammen mit seinem Helfer Georgie die Akten, die Rehmer bestellt hatte. Doch die Mühe ist umsonst. Als Stachelmann schon aufgeben will, bedroht ihn ein Unbekannter mit einer Pistole. Dann verschwindet Georgie spurlos. Und die Polizei stößt in Leipzig auf einen Institutschef, der Rehmer so bald wie möglich loswerden wollte. Ein Verwirrspiel, in dem nichts zusammenpasst. Am Ende bleibt Stachelmann nur eine Chance: Rehmers Mörder zu finden, bevor er selbst dessen nächstes Opfer wird. Der sympathischste Versager unter den Detektiven wieder auf den Spuren deutscher Vergangenheit - für Krimifans, die sich auch für Politik und Geschichte interessieren.

Christian v. Ditfurth, Jahrgang 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor bei Lübeck. Er hat zuletzt die viel beachteten Romane 'Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus' (1999), 'Der 21. Juli' (2001), 'Der Consul '(2003), 'Das Luxemburg-Komplott' (2005) sowie die Stachelmann-Krimis 'Mann ohne Makel' (2002, KiWi 826, 2004), 'Mit Blindheit geschlagen' (2004, KiWi 924, 2006), 'Schatten des Wahns' (2006, KiWi 1008, 2007) und 'Lüge eines Lebens' (2007, KiWi 1060, 2008) veröffentlicht. Das Hörbuch erscheint im Frühjahr 2009 bei Audiomedia.

Christian v. Ditfurth, Jahrgang 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor bei Lübeck. Er hat zuletzt die viel beachteten Romane "Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" (1999), "Der 21. Juli" (2001), "Der Consul "(2003), "Das Luxemburg-Komplott" (2005) sowie die Stachelmann-Krimis "Mann ohne Makel" (2002, KiWi 826, 2004), "Mit Blindheit geschlagen" (2004, KiWi 924, 2006), "Schatten des Wahns" (2006, KiWi 1008, 2007) und "Lüge eines Lebens" (2007, KiWi 1060, 2008) veröffentlicht. Das Hörbuch erscheint im Frühjahr 2009 bei Audiomedia.

Inhaltsverzeichnis

2


»Hm, das war ja eine Schnarchnase«, brummte Georgie beim Frühstück im Haus Morgenland. »Eine große Verschwörung«, äffte er Rehmer nach. »Millionen, vielleicht Milliarden.«

Stachelmann senkte die Zeitung ein Stück und grinste Georgie über dem Rand an. Immerhin schien sich dessen Laune zu bessern. Er hob die Zeitung wieder und vertiefte sich in die Berliner Landespolitik, also in Fragen, die er ein paar Minuten nach der Lektüre vergessen haben würde. Er senkte die Zeitung wieder ein paar Zentimeter, sodass er Georgie gerade in den Blick bekam, der lustlos auf einem Schinkenbrötchen herumkaute. »Vielleicht ist da ja was dran?«

Georgie schüttelte nur den Kopf.

Der Abend war nicht prickelnd gewesen. Rehmer hatte rätselhafte Bemerkungen über sein großes Geheimnis geraunt, das Essen war gut, und natürlich hatten sie zu viel getrunken, was nach Stachelmanns Meinung allein an Rehmer lag, der einfach zu langweilig war, um einen auf bessere Ideen kommen zu lassen. Er war Dozent an der Leipziger Uni, widmete sich seit einigen Monaten aber nur noch seiner Verschwörung. Der Kollege erschien Stachelmann wie einer von diesen Spinnern, die glaubten, die CIA und womöglich der Mossad, denn Juden hatten ja immer die Finger drin, hätten die Twin Towers zerstört oder die zersetzte Heimatfront hätte dem Kaiser den sicheren Sieg im Ersten Weltkrieg geraubt. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn der Mann angefangen hätte, antisemitische Sprüche abzusondern, aber er hatte es nicht getan. Nicht einmal in Andeutungen, das musste Stachelmann zugeben. Er fragte sich, ob er nicht ungerecht war gegenüber Rehmer, weil er ihn nicht mochte, weil der, wie Stachelmann fand, herumfaselte, und das in einer Weise, die jedes Gespräch unmöglich machte. Ein Fanatiker war der Typ allemal. Und warum hatte er sich mit Stachelmann verabreden wollen?

Stachelmann faltete die Zeitung zusammen und legte sie auf den Tisch. Er trank seinen Tee aus, schaute Georgie streng an und sagte mit mahnendem Unterton: »Die Arbeit ruft. Ich geh noch mal aufs Zimmer und dann ins Archiv. Wenn du deine Mitwirkung für erforderlich hältst …«

»Jawoll, mein Führer!«

Georgie sprang auf und salutierte. Dann zog er ab in Richtung Treppe.

 

Draußen pfiff ein kalter Wind, der Himmel war blassblau, das Sonnenlicht fast weiß. Ein Mülllaster dröhnte vorbei und zog eine schwarze Dieselwolke hinter sich her. Auf dem Weg zum Archiv redeten sie kein Wort. Stachelmann schaute auf die Uhr, es war schon nach zehn, er würde gleich zum Kopierraum gehen. Er sagte Georgie, er solle schon mal die Akten im Lesesaal besorgen, er komme gleich nach. Sie gingen aber zunächst in den Aufenthaltsraum, wo sie ihre Jacken und Taschen in Spinden einschlossen, und Georgie besorgte sich am Automaten einen Kaffee, um zu zeigen, dass er selbst sinnvolle Vorschläge als illegitime Anweisungen missverstand und nicht daran dachte, ihnen sofort zu folgen. Wenn überhaupt. Stachelmann verließ den Aufenthaltsraum und ging im langen Flur nach rechts, um wenige Meter weiter links an einer Tür zu klopfen. Es rührte sich niemand im Kopierraum, und er klopfte kräftiger. Als er immer noch nichts hörte, öffnete er die Tür. Er stand ein paar Sekunden da, bis sein Hirn verstand, was die Augen sahen. Rehmer lag vor dem großen Scanner auf dem Boden, er hatte ein rotes Loch in der Stirn, und auf seinem weißen Hemd hatten sich zwei rote Flecken in der Herzgegend ausgeweitet. Rot und grau, Blut und Hirnmasse sickerten auf den Fußboden und umschlossen fast schon das Bein des Tisches.

***

»Sie verstehen das Problem nicht«, sagte er und klopfte mit den Fingerspitzen ungeduldig auf dem Tisch. »Es geht hier nicht um Kleinscheiß, um Verordnungen, nicht mal um Gesetze, es geht hier ums Ganze.« Er fügte fast pathetisch hinzu: »Um unser Land!«

»Natürlich, Herr Franticek, natürlich. Aber …«

»Nichts aber!« Moritz Franticek stand auf und zeigte sich in seiner Größe. Das machte er gern, weil er wusste, dass seine mächtige Gestalt andere beeindrucken konnte, zumal solche kleinwüchsigen Waschlappen wie diesen Bedenkenträger Schmidt. Horst Schmidt, die Inkarnation des feigen Bürokraten, der schon vor der Geburt an seine Pensionsansprüche dachte und dessen Urangst es war, diese zu verlieren. Der morgens ins Amt hastete und abends pünktlich nach Hause eilte, wo eine verhärmte Ehefrau nach einem Tag des nutzlosen Putzens und Verschönerns das ewig gleiche Abendbrot auf den Tisch stellte, ein Wurst- oder Käsebrot und eine Flasche Bier. Und wo Schmidt aus dem Büro den Langweilerkram erzählte, weil er die Wahrheit nicht erzählen durfte. Davor hätte er sowieso viel zu viel Angst gehabt. Manchmal erschien es Franticek, der Mann bestehe aus seiner Angst und sonst nichts, kein Fleisch, kein Blut. Er hasste diesen fliehenden Blick in den graugrünen Augen unter der hohen Stirn, diese Marotte, sich immer wieder an der Wange zu kratzen, wenn er sich nicht nervös schnäuzte. Um Himmels willen, welcher Irre hatte diesen Mann hierher versetzt und wer ihn befördert, sodass er nun Franticeks rechte Hand war, nicht durch Verdienst oder Erfahrung, sondern wegen der Tücken einer Beamtenlaufbahn?

Franticek fuhr mit der Hand durch seine widerspenstigen roten Locken, die hinter der Stirnglatze wuchsen. So tat er seine Verzweiflung kund über den Umstand, dass er mehr mit den Widrigkeiten im Amt kämpfen musste als mit den Feinden draußen. Von denen gab es viele, und er kannte sie alle in ihren wechselnden Verkleidungen und Namen. Er war ein alter Fahrensmann, dem niemand etwas vormachen konnte. Das glaubte er, und das wussten seine Vorgesetzten. Heute Abend würde er sich in eine Kneipe am Domplatz setzen, eine Zigarre rauchen und ein Kölsch trinken, vielleicht auch zwei, bevor er sich in seiner winzigen Zweizimmerwohnung in der Stolkgasse noch einen Weinbrand gönnte und früh schlafen ging. Wer früher schläft, ist länger wach.

***

Das Erste, das ihm einfiel, war: »Scheiße.« Er hatte Tote gesehen, und einmal hatte er einen Menschen erschossen. Stachelmann wusste, wie das war, aber der Tote vor seinen Augen ließ ihm trotzdem den Magen verkrampfen und Hitze aufsteigen. Er war auf einen Schlag schweißnass. Ihm wurde übel. Seine Hand war plötzlich vor seinen Augen, und die Hand zitterte. Vier, fünf Sekunden stand er starr, bis er endlich das Handy aus der Tasche holte und mehr instinktiv die 110 wählte. Er berichtete der Stimme am anderen Ende stotternd, dass er eine Leiche gefunden habe, im Bundesarchiv an der Finckensteinallee. Er solle warten, sagte die Stimme. Sie war kräftig und ruhig, aber das half Stachelmann jetzt auch nicht.

Er hörte, wie sich Schritte im Gang näherten, und ihn packte die verrückte Idee, der Mörder komme zurück. Aber es war nicht der Mörder, es war die Kopierfrau, die hinter ihm stehen blieb und nichts sagte, wo Stachelmann einen Schrei erwartet hatte.

»Ich habe die Polizei angerufen«, sagte er, aber es war nicht seine Stimme, er quetschte es mehr aus der Kehle. Er starrte immer noch auf Rehmers Leiche.

Esther antwortete nicht. Sie schlich weg.

Stachelmann drehte sich um und trat auf den Gang. Dann schloss er die Tür des Kopierraums und setzte sich daneben auf den Boden. Sofort schoss ihm der Schmerz in Rücken und Knie, und er quälte sich hoch. Eine innere Stimme sagte ihm, dass er sich nicht entfernen durfte von der Leiche. Er war dazu bestimmt, aufzupassen, dass niemand mehr diesen Anblick ertragen musste außer denen, die es von Berufs wegen taten. Er fürchtete die Reaktionen der anderen, ihre Hysterie, ihr Geschrei, ihr Weinen, sein Erschrecken würde nur wachsen, wenn andere Rehmer sahen. Er fand es grausam, dass ausgerechnet er die Leiche gefunden hatte, und noch grausamer, dass er hier warten musste, neben der Leiche, so empfand er es, obwohl eine Tür zwischen ihnen lag. Das ist nicht gerecht, dachte er, und das war es auch nicht. Ein merkwürdiger Gedanke, gab er sich zu.

Dann stand Georgie neben ihm, er hatte ihn nicht kommen sehen, obwohl er doch so hoffte, dass ihn endlich jemand aus dieser Lage befreite. Die Polizei, die Gerichtsmedizin, er kannte das alles. Wo blieben sie?

»Was ist los? Du bist so blass. Schmerzattacke?«

Stachelmann schüttelte den Kopf. »Eine Leiche.« Er deutete auf die Tür und hielt Georgie am Oberarm fest, als der zur Tür gehen wollte, um sie zu öffnen. »Glaub mir, du brauchst das nicht zu sehen.«

Georgie befreite sich mit einem Ruck, fast wütend, und öffnete die Tür. Stachelmann hatte den Bruchteil einer Sekunde gehofft, die Leiche liege nicht mehr da und er habe eine Halluzination gehabt. Aber sie lag da, Georgies Körper verdeckte nur einen Teil, und das Gemisch aus Hirnmasse und Blut hatte inzwischen das Tischbein eingeschlossen. Georgie würgte, behielt es aber in sich. Dann wandte er sich ab und schlug die Tür zu. Sie fiel ins Schloss, der Knall schoss durch den Gang. Stachelmann fuhr zusammen, aber der Schreck weckte ihn aus seiner Lethargie.

»Gestern haben wir mit ihm gesprochen, heute Vormittag ist er tot.«

Georgie war grün im Gesicht. »Das ist wie bei der … Mafia«, stotterte er. Und dann: »Das liegt an dir. Immer wenn ich mit dir unterwegs bin, gibt’s eine Leiche.« Er glotzte Stachelmann an, als wäre dieser der Sensenmann.

Stachelmann winkte ab. Er lehnte sich an die Wand gegenüber der Tür.

»Wo ist Esther?«, fragte Georgie.

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich da.« Er zeigte auf die Tür zur Damentoilette. Georgie lehnte sich neben Stachelmann an die Wand. Sie schwiegen....

Erscheint lt. Verlag 23.2.2011
Reihe/Serie Stachelmann ermittelt
Stachelmann ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 6. Fall • Berlin • Chritian von Ditfurth • Gesellschaft • Historiker • Josef Maria Stachelmann • Krimi-Reihe • Mord • Politik • Verschwörung
ISBN-10 3-462-30344-9 / 3462303449
ISBN-13 978-3-462-30344-5 / 9783462303445
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