Fokus Intersektionalität (eBook)
259 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-92555-4 (ISBN)
In diesem Band wird der Ansatz vorgestellt und in transdisziplinäre und transnationale Analyseperspektiven wie Diskurstheorie, Biographieforschung, Wissenssoziologie, Rahmenanalyse und Sozialstrukturanalyse eingesetzt, ergänzt um kritische Interventionen zu Problemen und Grenzen dieses Konzepts.
Mit Beiträgen von Mechtild Bereswill, Kimberlé Crenshaw, Kathy Davis, Jeff Hearn, Gudrun-Axeli Knapp, Kira Kosnick, Gail Lewis, Helma Lutz, Nina Lykke, Myra Marx Ferree, Anke Neuber, Ann Phoenix, Paula Irene Villa, Nira Yuval Davis, und Dubravka Zarkov.
Dr. Helma Lutz ist Professorin für Frauen- und Geschlechterforschung an der Goethe Universität Frankfurt am Main.
Maria Teresa Herrera Vivar ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse der Goethe Universität Frankfurt am Main.
Linda Supik ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse der Goethe Universität Frankfurt am Main.
Dr. Helma Lutz ist Professorin für Frauen- und Geschlechterforschung an der Goethe Universität Frankfurt am Main.Maria Teresa Herrera Vivar ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse der Goethe Universität Frankfurt am Main.Linda Supik ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Gesellschafts- und Politikanalyse der Goethe Universität Frankfurt am Main.
Inhalt 6
Danksagung 8
Fokus Intersektionalität – eine Einleitung 9
Gründungsnarrative 9
Stand der Debatten 13
Von der Frauenund Geschlechterforschung zur feministischen Intersektionalitätsforschung ? 16
Let’s talk about race 19
Die Beiträge dieses Bandes 22
Literatur 25
I. Die transatlantische Reise von Intersektionalität – Geogra en und Räume der Debatte 31
Die Intersektion von „Rasse“ und Geschlecht demarginalisieren: Eine Schwarze feministische Kritik am Antidiskriminierungsrecht, 32
Der Bezugsrahmen der Antidiskriminierung 34
Die Erfahrung von Intersektionalität und die Reaktion der Rechtssprechung 34
Intersektionalität in der Rechtsprechung 38
Feminismus und Schwarze Frauen: „Sind wir denn keine Frauen?“ 40
Wann und wo ich eintrete: Die Integration von Sexismus in Schwarze Befreiungspolitiken 45
Die Erweiterung feministischer Theorie und antirassistischer Politik durch Intersektionalität 51
Literatur 52
Intersektionalität als „Buzzword“ 54
Das „fundamentale Anliegen“ 56
Der überraschende Perspektivwechsel 58
GeneralistInnen und SpezialistInnen 60
Mehrdeutigkeit und Unvollständigkeit 62
Intersektionalität – eine Erfolgsgeschichte ? 63
Literatur 65
Die diskursiven Politiken feministischer Intersektionalität 68
Intersektionen, Systeme und Diskurse 69
Frameworks und „Rahmungsarbeit“ 70
Rahmenwerke 71
Intersektionelle Rahmung und institutionalisierte Diskurse über Rechte 74
Schlussfolgerungen 77
Literatur 79
II. Neue Forschungsfelder der Intersektionalität: Männlichkeiten und Heteronormativität 82
Marginalisierte Männlichkeit, Prekarisierung und die Ordnung der Geschlechter 83
Marginalisierte Männlichkeit – eine widersprüchliche Konstellation 86
Erschöpfung oder Beharrung männlicher Herrschaft ? Gesellschaftlicher Wandel und Wandel im Geschlechterverhältnis 88
Die ernsten Spiele des Wettbewerbs ? Die Reproduktion männlicher Herrschaft mit Hilfe hegemonialer Männlichkeit 91
Ausblick 93
Literatur 98
Vernachlässigte Intersektionalitäten in der Männerforschung: Alter(n), Virtualität, Transnationalität 103
Männerforschung und Intersektionalität 104
Hegemoniale Männlichkeit und die Hegemonie von Männern 106
Die Hegemonie von Männern und vernachlässigte Intersektionalitäten 108
Versäumnis 1: Alter(n), Behinderungen, ältere Männer, Verkörperlichung 110
Versäumnis 2: Virtualität, „virtuelle Männer“ 113
Versäumnis 3: Transnationalität, transnationale Männer 115
Schlussbemerkungen 117
Literatur 118
Enthüllungen und Unsichtbarkeiten: Medien, Männlichkeitskonzepte und Kriegsnarrative in intersektioneller Perspektive 122
Enthüllungen und Unsichtbarkeiten in den Medien: Die Bedeutungen von Gewalt 123
Zum Kontext in Kroatien: Krieg als Mittel der Nationalstaatsbildung 124
Zum Kontext in den USA: Kriege zur Verteidigung der Demokratie und der Zivilisation 125
Mediatisierte Bedeutungen: Der Körper des anderen Mannes und die Projekte des Selbst 127
Präsenz und Unsichtbarkeit in der Forschung: Analysekategorien und ihre Bedeutungen 132
Literatur 138
Sexualität und Migrationsforschung: Das Unsichtbare, das Oxymoronische und heteronormatives „Othering“ 142
(Un)Sichtbarkeiten 143
Codierungen von gleichgeschlechtlichem Begehren 147
Queering Migrationsforschung 149
Staatliche Interventionen 151
Intersektionen 156
Literatur 158
Psychosoziale Intersektionen: Zur Kontextualisierung von Lebenserzählungen Erwachsener aus ethnisch sichtbar differenten Haushal 161
Intersektionalität als Instrument für Mehrebenenanalyse 162
Die Studie 165
Intersektionelle und Mehrebenenanalyse von Brüchen [disjunctions] veränderlicher, situierter Identitäten 166
Die Verhandlung disjunktiver situativer Identitäten 167
Erste Begegnungen mit dem Rätsel disjunktiver Positionierung 170
Die Verhandlung geographischer Brüche in rassi zierten Machtbeziehungen 171
Die Imaginierung geschlechtsspezi scher/rassi zierter situierter Positionierung 173
Abschließende Überlegungen 174
Literatur 176
III. Intersektionalität vorantreiben: Potentiale, Grenzen und kritische Fragen 179
Jenseits der Dichotomie von Anerkennung und Umverteilung: Intersektionalität und soziale Schichtung 180
Intersektionalität 181
Das Dilemma „Anerkennung vs. Umverteilung“ 187
Schichtung und Klasse 189
Intersektionalität als Schichtungstheorie: Skizze eines Fazits 192
Literatur 194
Verkörperung ist immer mehr 197
Das Scheitern der Personen beim Versuch, Subjekt zu werden 198
Die Suche nach Kategorien – ein „Wille zum Wissen“ ? 204
Ein programmatischer Vorschlag: Scheitern als Struktur 206
Mimesis: Scheitern durch Tun auf dem Gipfel der Performativität 207
Anstelle einer Schlussfolgerung: Misstraut dem Hype 210
Literatur 213
„Intersectional Invisibility“: Anknüpfungen und Rückfragen an ein Konzept der Intersektionalitätsforschung 216
Formen der Entnennung: Intersektionelle Unsichtbarkeit – Über-Inklusion – Unter-Inklusion 217
Wer fällt auf – wer wird übersehen ? Vorund Nachteile intersektioneller Gruppenzugehörigkeit 218
Zwischenresümee: Desiderate und offene Fragen 219
Verstellte Einsichten – herrschaftsförmige Vermittlungen 223
Ausblick 231
Literatur 234
Postscriptum: Intersektionalität – Offenheit, interne Kontroversen und Komplexität als Ressourcen eines gemeinsamen Orientierung 237
Un/Sichtbarkeiten von Wechselbeziehungen 239
Strukturelle Privilegien und Intersektionalität 242
Komplexe Analyseperspektiven: Wechselbeziehungen sozialer Kategorien und Analyseebenen 244
Schluss 246
Literatur 247
Autorinnen und Autoren 249
Jenseits der Dichotomie von Anerkennung und Umverteilung: Intersektionalität und soziale Schichtung (S. 185-186)
Nira Yuval-Davis
Die „Politik der Anerkennung“ als Alternative und/oder Ergänzung zur sozialistischen „Politik der Umverteilung“ – um Nancy Frasers (2000) Begriffe zu verwenden – ist in den 1970er und 1980er Jahren immer wichtiger geworden. Grund dafür waren eine Vielzahl historischer, sozialer und politischer Entwicklungen – etwa der Niedergang der älteren sozialistischen Bewegung und der Zusammenbruch der Sowjetunion und all dessen, was diese in globaler Politik unterstützt hatte.
Insbesondere lag dies an der wichtigen Rolle, die identitätspolitische Bewegungen – in Bezug auf Geschlecht, „Rasse“, indigene Völker, Sexualität und Behinderung, um nur einige zu nennen, in immer mehr sozialen Feldern gespielt haben. Sozial- und Politiktheoretiker wie Charles Taylor (1992) und Michael Walzer (1992) haben argumentiert, dass das Bedürfnis nach Anerkennung eine der Triebkräfte hinter nationalistischen und anderen identitätsbezogenen (oder „subalternen“) politischen Bewegungen sei.
So behauptet Taylor (1992: 32), dass der Bedeutungszuwachs von „Anerkennungspolitik“ im öffentlichen Raum das Resultat zweier einander vermeintlich widersprechender Annahmen sei, die jede für sich immer wichtiger werden: Einerseits geht es um Menschenrechte und die Annahme, dass jeder das Recht auf eine universelle Würde und Anspruch auf den gleichen Respekt hat; andererseits um Individualisierung, wonach verschiedene Individuen und Gruppen jeweils verschiedene, einzigartige Identitäten besitzen.
Sozialistische Feministinnen wie Nancy Fraser (2000), Seyla Benhabib (2002) und andere haben diesen Argumenten zwar eine gewisse Gültigkeit zugestanden – bestehen aber zugleich darauf, dass nicht jeder Anspruch auf Anerkennung respektiert werden sollte. Sofern Identitätspolitik nicht von einer Politik der Umverteilung ergänzt werde, könne der emanzipatorische und progressive Charakter einer solchen Anerkennung verloren gehen.
Ohne die Bedeutung von Frasers Beitrag für eine feministische – und allgemein emanzipatorische – Politik in Frage zu stellen, argumentiere ich in diesem Beitrag, dass die Dichotomie von Anerkennungs- und Umverteilungspolitik zwar als heuristisches Instrument hilfreich ist, um einige Schwächen und Stärken von Identitätspolitik zu beleuchten, letztendlich potenziell jedoch irreführend ist. Weiter hin wird argumentiert, dass die Politik der Intersektionalität beide Seiten dieser Dichotomie aufnehmen und zugleich über sie hinausgehen kann.
Die Binarität von Anerkennung und Umverteilung fand in letzter Zeit auch Anerkennung als genuin feministischer Beitrag zur soziologischen Schichtungstheorie und führte dazu, Klasse neu zu denken (Crompton und Scott 2005). Aus denselben Gründen, aus denen ich in diesem Beitrag dafür plädiere, die Politiken der Anerkennung bzw. Umverteilung durch eine Politik der Intersektionalität zu ersetzen, oder besser gesagt, sie in ihr aufzuheben, plädiere ich auch dafür, Intersektionalität als den relevantesten aktuellen Beitrag der soziologischen Theorie zum Thema Klasse/ Schichtung anzuerkennen.
In diesem Sinne unterstützt dieser Essay die These von Leslie McCall (2005: 1771), dass Intersektionalität „der wichtigste theoretische Beitrag ist, den die Frauenforschung, gemeinsam mit verwandten Feldern, bisher geleistet hat“. Der folgende Abschnitt erörtert Intersektionalität zunächst allgemein und untersucht anschließend, wie sich das Konzept zu den Themen „Anerkennung“ und „Umverteilung“ verhält und welchen Beitrag es zu soziologischen Klassen-/ Schichtungstheorien leisten kann.
Erscheint lt. Verlag | 8.9.2010 |
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Reihe/Serie | Geschlecht und Gesellschaft |
Geschlecht und Gesellschaft | |
Zusatzinfo | 259 S. |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Naturwissenschaften | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Sozialwissenschaften ► Soziologie | |
Technik | |
Schlagworte | Diskurstheorie • Frauenforschung • Gender • Geschlechterforschung • Sozialstruktur • Soziologie • Ungleichheit |
ISBN-10 | 3-531-92555-5 / 3531925555 |
ISBN-13 | 978-3-531-92555-4 / 9783531925554 |
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