Kühlfach zu vermieten (eBook)

Roman

(Autor)

Jutta Profijt (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
304 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40574-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kühlfach zu vermieten -  Jutta Profijt
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Neues vom Dream-Team am Seziertisch Eine Hitzewelle rollt über Köln. Die Leute sterben wie die Fliegen und die Stadt weiß nicht mehr, wohin mit den Leichen. Da hat der profitgierige neue Leiter des Rechtsmedizinischen Instituts eine folgenschwere Idee: Er will Kühlfächer an Bestattungsunternehmen vermieten. Ab sofort hält das Chaos Einzug in die sonst so geordnete Welt von Rechtsmediziner Dr. Martin Gänsewein: Unbefugte gehen am RMI ein und aus, Leichen oder Teile von ihnen verschwinden und dubiose Obduktionsbefunde bei anonymen Toten häufen sich. Daher beauftragt Martin den prollig-nervigen Geist Pascha, der Sache auf den Grund zu gehen. Das passt dem gerade gar nicht, wo er doch auf Liebespfaden wandelt ... 

Jutta Profijt wurde gegen Ende des Babybooms in eine weitgehend konfliktfreie Familie hineingeboren. Nach einer kurzen Flucht ins Ausland kehrte sie ins Rheinland zurück und arbeitete im  Projektmanagement. Heute schreibt sie sehr erfolgreich Bücher und lebt mit ihrem Mann und diversen Kleintieren auf dem Land.

Jutta Profijt wurde gegen Ende des Babybooms in eine weitgehend konfliktfreie Familie hineingeboren. Nach einer kurzen Flucht ins Ausland kehrte sie ins Rheinland zurück und arbeitete im  Projektmanagement. Heute schreibt sie sehr erfolgreich Bücher und lebt mit ihrem Mann und diversen Kleintieren auf dem Land.

ZWEI


Viereinhalb Stunden später schnupperte Birgit an Martins Kleidung, rümpfte die Nase und runzelte die Stirn.

»Du riechst total nach Kneipe«, sagte sie. »Warst du nach dem Dienst letzte Nacht noch einen trinken?«

Sowohl ihre Tonlage als auch ihr Gesichtsausdruck verrieten deutlich, dass selbst sie diese Vorstellung für ungefähr so wahrscheinlich hielt wie die Vermutung, Martin sei nachts von Außerirdischen entführt und in eine galaktische Lusthölle verschleppt worden.

Martin wurde blass. »Äh …« Er räusperte sich. Eines seiner selbst gemachten Probleme war die Sache mit den Notlügen. Martin konnte überhaupt nicht lügen. Wenn er Birgit nun endlich die ganze Wahrheit über mich erzählen würde, bräuchte er sich auch nicht dauernd irgendeinen Schwachsinn auszudenken. Aber da er es vorzog, mich zu verschweigen, landete er ständig in Situationen, in denen er wie ein Regenwurm auf der Scherenklinge herumzappelte.

»Oder haben die Kollegen nach der Schicht wieder zusammengestanden und geraucht?«, fragte Birgit.

Martin nickte, sowohl erleichtert als auch möglichst unverbindlich, und sah auf die Uhr. »Also dann …«

Sie verließen gleichzeitig das Haus, Birgit stieg in ihr genial-geiles BMW-Cabrio mit den roten Ledersitzen und Martin in seine Ente. Es wird Ihnen nicht schwerfallen zu raten, welchem Gefährt ich den Vorzug gab.

Bis zur Bank begleitete ich Birgit in ihrem heißen Geschoss, aber da ich nicht den ganzen Tag über den Banker-Gelköpfen herumglitschen wollte, drehte ich vor der protzigen Glasfassade wieder ab und düste zu Martin in die Rechtsmedizin.

 

Das Institut für Rechtsmedizin in Köln hat für ungefähr neunzig Leichen regulär Platz. Pro Kühlfach ist also eine Leiche vorgesehen. Jeder hat sein Einzelzimmerchen, egal, wie groß er oder sie ist. Auch wenn die Leiche nur noch aus einem Häufchen Asche besteht, wie nach einem Brand oder einem Blitzschlag.

Im Fall einer ganz großen Katastrophe, also zum Beispiel eines Chemieunfalls, einer Seuche oder eines Bombenangriffs auf den Kölner Dom am Heiligen Abend, könnte das Institut ein paar hundert Tote unterbringen. Dafür würde der gesamte Kellerbereich, in dem die Kühlfächer sich befinden, auf die erforderlichen vier bis sechs Grad Celsius gekühlt. In diesem Fall würden die Leichen stapelweise überall im Weg herumliegen. Also zum Beispiel auch da, wo Martin und Katrin gerade empört vor einem zersplitterten Sarg standen.

»Verdammt noch eins, jetzt habe ich aber wirklich die Faxen dicke«, rief Katrin, als ich dazukam. Ihr Gesicht war hochrot und aus ihren Augen schossen Blitze auf den Sarg, der drei Kühlfächer versperrte. Ich konnte ihre Aufregung verstehen. Wo kämen wir hin, wenn jede Leiche einen eigenen Sarg-Parkplatz beanspruchen wollte?

»Dieses Institut ist das reinste Irrenhaus, seit der Chef weg ist.«

»Aber wir haben doch einen neuen …«, wandte Martin vorsichtig ein.

»Das Sparschwein ist ein Idiot, kein Chef«, brüllte Katrin. »Er hat keine Ahnung von der Rechtsmedizin, er hat noch nicht einmal Interesse daran. Das Einzige, was er kann, ist sparen.«

Katrins Lautstärke hatte inzwischen die Präparatoren, die in ihrem Extra-Kellergemach hinter dem Sektionssaal arbeiteten, zur Stelle gerufen. Sie sahen ungläubig zwischen Katrin und dem kaputten Sarg hin und her.

»Sogar den Strom für die Kaffeemaschinen und Wasserkocher in den Teeküchen müssen wir ab sofort selbst zahlen. Da hängen jetzt überall Messgeräte dran, und am Monatsende werden die Kosten auf die Mitarbeiter umgelegt.«

»Na ja, das ist vielleicht sogar korrekt, immerhin …«, begann Martin, aber ein feuriger Blick aus Katrins Augen brachte ihn zum Schweigen.

»Überstunden werden ebenfalls nicht mehr bezahlt.«

Jetzt wurden auch Martin und die Assistenten blass.

»Die musst du abfeiern.«

»Das hat ja noch nie funktioniert«, entgegnete ein Assi entrüstet. »Und wenn die Leute bei der Hitze weiter sterben wie die Hirnzellen im Vollrausch, sehe ich für die nächsten Monate echt schwarz.«

Katrin zuckte nur die Schultern und presste die Lippen zusammen.

Wo eben noch offene Wut geherrscht hatte, verbreitete sich nun eine düstere Endzeitstimmung.

»Okay, zurück zum Thema«, sagte Martin nach einer Weile des kollektiven Schweigens. »Was ist das für ein Sarg, wo kommt er her und wie werden wir ihn wieder los?«

Der Sarg war nur noch ein Trümmerhaufen. Eine ganze Seite war eingedrückt, das Holz gesplittert, wodurch der Deckel nicht mehr auf das Unterteil passte. Wie gute deutsche Eiche sah das nicht aus.

»Wer hat denn die Papiere heute Morgen …«, begann Martin, und Katrin explodierte gleich wieder wie ein Feuerwerkskörper mit kurzer Lunte.

»Ich, verdammt noch mal. Jedenfalls stand in den Papieren nirgendwo etwas von einem Sarg«, herrschte sie ihn an.

Beide schwiegen betroffen.

»Entschuldige«, sagte Katrin. »Meine Nerven liegen echt blank. Ich habe wegen der Hitze seit Wochen nicht richtig geschlafen, und dann das Chaos im Institut … Abgesehen davon habe ich einfach keine Zeit für diesen ganzen Verwaltungskram. Das ist doch der Job vom Sparschwein.«

Martin ist ein versöhnlicher Mensch, und er legte Katrin sofort die Hand auf den Arm. »Schon okay. Entschuldige meine blöde Frage. Ich glaube, das Chaos hier geht uns allen auf die Nerven.«

Katrin nickte. Dankbar, wie mir schien.

Ist ja ganz nett dieses ganze Du-ich-versteh-dich-doch-Gefasel, aber ich hatte handfeste Informationen zu bieten.

»Ich weiß, wo der Sarg …«, begann ich, aber Martin schob meinen Einwand gedanklich weg.

»Dafür, dass über Nacht ein Sarg auftaucht, wird wohl kaum das Sparschwein verantwortlich sein.«

Sein Versuch, Katrin mit dieser Äußerung zu beschwichtigen, ging natürlich voll nach hinten los.

»Stimmt«, giftete sie. »Wir haben unsere Rufbereitschaft, machen Überstunden, sind ständig im Dienst, und der Lackaffe kommt und geht, wie er will, und ist nie erreichbar.«

»Martin«, rief ich, »ich habe den Sarg diese Nacht …«

»Sicher weiß die Polizei etwas über den Sarg«, schlug Martin vor. »Ich könnte ja mal …«

»Bitte«, gab Katrin zurück. »Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du das übernehmen würdest.«

Martin nahm sein Handy aus der Tasche, ging ein paar Schritte zur Seite, drückte ein bisschen auf den Tasten herum und dachte: »Also, was ist mit dem Sarg?«

Ich brauchte einen Moment, bis ich riffelte, dass er dieses Handy-Theater nur inszeniert hatte, um eine glaubwürdige Ausrede für sein demnächst sprunghaft angestiegenes Wissen zu haben, und war erst mal baff. So viel schauspielerisches Talent hatte ich ihm gar nicht zugetraut.

»Ja, Gänsewein hier«, murmelte er in sein Handy, auf dessen Display die Menüfunktionen blinkten. »Ich habe da mal eine Frage.«

In dem Moment klingelte sein Handy.

Martin ließ das Ding fast fallen, starrte entsetzt auf das Display und drehte sich hektisch zu Katrin um, die aber gar nichts mitbekommen hatte, weil im selben Moment der Presslufthammer wieder losdröhnte. Martin drückte den Anruf weg und stürmte nach draußen.

»Also, was ist nun mit dem Sarg?«, fragte er mich.

»Ich habe mich nach unserem Geburtstagsausflug in eine Blaulichtschaukel gehängt und dem Bullenfunk gelauscht«, begann ich.

Martin wurde ungeduldig.

»Da kam dieser Ruf: Unfall mit Toten.«

Martin nickte. Er wusste, dass ich immer gern zur Stelle war, wo Leute sterben, weil ich immer wieder hoffte, eine Seele zu finden, die mir ein bisschen Gesellschaft leistete.

»Die Bullen hin und ich mit.«

»Nun red nicht die ganze Zeit drumherum, sondern sag mir, was es mit dem Sarg auf sich hat«, drängelte Martin. »Ein Lkw war in einen Leichenwagen geknallt. Sarg gesplittert, Leiche lernt fliegen, Lkw- und Leichenfahrer unter Schock.«

»Und dann?«, fragte Martin ungeduldig.

Mann, hatte der es heute eilig. Seit dem Umzug war wirklich nur noch Panik im Institut. Zum Kotzen.

»Die Bullen konnten den Bestatter nicht erreichen. Der Leichenfahrer zitterte und sabberte hirnlos sein Lätzchen voll und wurde von den Sanis weggeräumt. Die Bullen standen mitten in der Nacht auf einer Kreuzung mit ihrem Schredder-Sarg und einer Leiche im guten Anzug und wussten nicht, wohin damit. Bis einer auf die Idee kam, den ganzen Kram hier abzuladen.«

Martin schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Dann ging er wieder rein und erzählte Katrin und der Sektionsassistentin, was er herausgefunden hatte.

Die beiden Schnecken sahen sich entgeistert an.

»Und jetzt?«, fragte Katrin.

»Keine Ahnung.«

 

Natürlich fand die Obduktion, für die er ursprünglich ins Institut gekommen war, trotzdem statt, denn was die Arbeit angeht, ist Martin präzise und erstaunlich zielstrebig. Dann war noch eine sogenannte Hitzetote aus einem Altenheim dran, die aber offenbar verdurstet war, und danach mussten Martin und Katrin die angenehme Kellerkühle des Sektionstraktes gegen die Backofenhitze im Büro tauschen. Dafür war es dort wenigstens ruhig.

 

»Sag mal, Pascha«, dachte Martin später, als er an seinem Schreibtisch Berichte in seinen Computer quatschte. Bei diesem Tonfall weiß ich genau, dass höchste Vorsicht geboten ist. »Möchtest du Katrin nicht vielleicht einen Gefallen tun?«

Aha, Katrin soll ich also einen Gefallen tun. Martin ist ja wirklich nicht doof, erwähnte ich das schon? Er ist zwar eigentlich völlig...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2010
Reihe/Serie Pascha & Martin Gänsewein
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Achtsam morden • Autoknacker • Band 3 • Belletristik • Bones • Der Tatortreiniger • Deutschsprachige Krimis • Die Knochenjägerin • eBook • Ermittler • Ermittlungen • Forensik • Geist • Geist Pascha • Gerichtsmedizin • günstige ebooks • günstige krimis • Hans Rath • Hitzewelle • Jetzt ist Sense • Karsten Dusse • Köln • Krimi • Krimi Deutschland • krimi köln • Krischan Koch • Leichen • Martin Gänsewein • Martin Gänsewein • Michael Tsokos • Organhandel • Pathologe • preiswerte ebooks • Rechtsmedizin • Regionalkrimi Köln • Russenmafia • Sommerhitze • Spannung • Spannungsroman
ISBN-10 3-423-40574-0 / 3423405740
ISBN-13 978-3-423-40574-4 / 9783423405744
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