Die Gewissensfrage in Psychoanalyse und Analytischer Psychologie (eBook)
227 Seiten
frommann-holzboog Verlag e.K.
978-3-7728-3016-7 (ISBN)
Inhalt 6
Vorwort 10
Vorbemerkung 14
Einleitung 16
A Freud und seine Nachfolger Das Gewissenskonzept in der Psychoanalyse 20
1. Sigmund Freud: Das Überich 22
2. Heinz Hartmann: Psychoanalyse 34
3. Heinz Hartmann und Rudolph Loewenstein: Das Überich 38
4. Edith Jacobson: Stufen der Überichentwicklung 40
5. Annie Reich: Überich und Ichideal 44
6. Roy Schafer: Das Überich ist nicht nur streng 46
7. Joseph und Anne-Marie Sandler: Das unterstützende Überich 49
8. Robert Emde: Das Kind 51
9. Melanie Klein: Archaische Ursprünge des Überichs 53
10. Donald W. Winnicott: Besorgnis 60
11. Roger Money-Kyrle: Selbsterkenntnis und Freiheit 62
12. John Steiner: Die Schuld des Ödipus 65
13. Eric Rayner: Gerechtigkeit 70
14. André Green: Das Böse 73
15. Daniel Lagache: Ichideal und Idealich 77
16. Janine Chasseguet-Smirgel: Das Ichideal 80
17. Otto F. Kernberg: Überich-Pathologien und die Funktion des Überichs in Paarbeziehungen und in Gruppen 84
18. Exkurs: Objektbeziehungen – Entstehung und Bedeutung 90
B C.G. Jung und seine Nachfolger Das Gewissenskonzept in der Analytischen Psychologie 94
1. C.G. Jung: Das Gewissen 96
2. Moraltheorien von Jungs Nachfolgern 122
2.1 Erich Neumann: Ethik 122
2.2 Murray Stein: Solare und Lunare Moral 127
2.3 John Beebe: Integrität 132
2.4 Andrew Samuels: Zwei Arten von Moral 136
C Das Überich in literarischen Beispielen 142
1. Eugene O’Neill: Der Eismann kommt 144
2. Hugo von Hofmannsthal: Der Schwierige 150
3. Henrik Ibsen: Ein Volksfeind 160
4. Thomas Bernhard: Vor dem Ruhestand 167
D Reflexionen – ein Vergleich 176
1. Das angeborene Gewissen 178
2. Die kindliche Gewissensentwicklung 179
3. Die Bedeutung der Objektbeziehungen für das Gewissen 180
4. Konvention und Moral – gibt es zweierlei Moralsysteme? 181
5. Das Konzept des Unbewußten 185
6. Romantik und Religiosität 188
7. Prophetentum 191
8. Die Suche nach dem Selbst 194
9. Konflikttheorie 196
10. Schuldgefühle 199
11. Politische Implikationen 200
12. Ziele der Psychotherapie 202
13. Abschließende Gedanken: Aufbruch oder Rückkehr – Verantwortung oder Erlösung 207
Literatur 211
Namenregister 223
Sachregister 225
D Reflexionen – ein Vergleich (S. 175-177)
Die Ethik ist eine Art Fahrordnung für den Verkehr unter den Menschen.
Brief Freuds an O. Pfister
Die Analytische Psychologie unterscheidet sich im Hinblick auf die Moral- und Gewissenstheorie deutlich von der Psychoanalyse. Ich werde die Unterschiede unter folgenden Aspekten darstellen und diskutieren: 1. Das angeborene Gewissen, 2. Die kindliche Gewissensentwicklung, 3. Die Bedeutung der Objektbeziehungen für das Gewissen, 4. Konvention und Moral – gibt es zweierlei Moralsysteme?, 5. Das Konzept des Unbewußten, 6. Romantik und Religiosität, 7. Prophetentum, 8. Die Suche nach dem Selbst, 9. Konflikttheorie, 10. Schuldgefühle, 11. Politische Implikationen, 12. Ziele der Psychotherapie. Wie schon gesagt, stand die Frage nach dem Gewissen nicht so sehr im Mittelpunkt der Theorie der Analytischen Psychologie, wohingegen die Psychoanalyse dieses Thema immer wieder neu aktualisiert hat, nicht zuletzt, weil es sowohl von theoretischem Interesse ist als auch ein wichtiges klinisches Kriterium für Diagnose, Prognose und Behandlung darstellt.
1. Das angeborene Gewissen
Nach allem, was Jung und seine Nachfolger über das Gewissen geschrieben haben, wird ersichtlich, daß Gewissen und Moral von ihnen als angeboren angesehen werden, genauso wie der Trieb zur Selbst-Synthese, den Jung als Individuation beschrieben hat. Es wird nicht in Betracht gezogen, daß nur die Fähigkeit, ein moralisches Bewußtsein zu entwickeln, angeboren ist.
Dies hängt einerseits mit der Archetypentheorie zusammen, die angeborene Verhaltensmuster voraussetzt, aber auch mit der Tatsache, daß Jung generell die kindliche Entwicklung in seine Theorien nicht miteinbezogen und die Freudsche Theorie als »reduktiv« verworfen hat. Es wird übersehen, daß das in der Kindheit »erlernte« Gewissen mit der Zeit durch eigene Ideale, Wertmaßstäbe und Idealisierungen bewunderter 178 Personen heranreift, wodurch eine eigene individuelle Gewissensfunktion entsteht.
Daraus ergibt sich, daß die analytischen Psychologen, um den Unterschied zwischen primitiver und reifer Moral zu erklären, zwei verschiedene Moralsysteme annehmen müssen, ein angeborenes und ein angelerntes, wobei sie ersteres der reifen und letzteres der primitiven Moral zuordnen.
2. Die kindliche Gewissensentwicklung
Die heutigen Analytischen Psychologen haben, Jung darin nachfolgend, die komplizierten Entwicklungsstadien, die das Kind bei der Entstehung des Gewissens durchläuft, nicht im Blickfeld. Viele Kritiker haben das Fehlen der kindlichen Entwicklung in Jungs Werk beanstandet: »Jung ist anscheinend blind für die fast übermenschlichen Anstrengungen, die das Kind aufbringen muß, um zu einem Kompromiß zu kommen zwischen den zwingenden Mächten seiner primitiven Triebe und der wachsenden Härte der Realität«, schreibt Glover (Glover 1950, p. 67, Übersetzung AR. Siehe auch Winnicott 1964, P. Stern 1977, Homans 1979, Satinover 1986, Smith 1996, McLynn 1996 u. a.).
Im heutigen psychologischen und psychoanalytischen Verständnis dagegen entsteht das Überich, das eine Objektbeziehungs-Struktur ist, im Dialog des Individuums mit äußeren Objekten und später mit inneren Objektrepräsentanzen (siehe auch den Exkurs »Objektbeziehungen«). Die moderne Objektbeziehungstheorie umfaßt sowohl die Art, wie Individuen sich zu anderen verhalten (interpersonal), als auch das intrapsychische Beziehungssystem. Die ersten internalisierten Beziehungen bilden dementsprechend Teile des kindlichen primitiven Überichs.
In der analytischen Behandlung werden internalisierte Objektbeziehungen in der Übertragung / Gegenübertragung zusammen mit den dazugehörigen Affekten reaktiviert, und zwar jeweils mit einer Selbstrepräsentanz und der dazugehörigen Objektrepräsentanz. Durch diese Wiederholung im therapeutischen Setting können primitive Objektbeziehungen und deren Abwehr exploriert und bewußt gemacht werden.
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2006 |
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Reihe/Serie | Jahrbuch der Psychoanalyse. Beihefte |
Vorwort | Friedrich W Eickhoff |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie ► Psychoanalyse / Tiefenpsychologie |
Schlagworte | Freud, Sigmund • Gewissen • Jung, Carl G. • Objektbeziehung • Psychoanalyse • Tiefenpsychologie • Traumdeutung |
ISBN-10 | 3-7728-3016-1 / 3772830161 |
ISBN-13 | 978-3-7728-3016-7 / 9783772830167 |
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