Mord im Bergwald (eBook)

Ein Alpen-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
224 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-95096-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord im Bergwald -  Nicola Förg
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Im Schutzwald des Wilden Karwendel wird die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Am nächsten Tag hat Kommissarin Irmi Mangold eine verstörende Begegnung: Der Zeitsoldat Peter Fichtl, der eine Vermisstenmeldung aufgeben will, gleicht dem Toten aufs Haar! Der Gefundene muss also sein Zwillingsbruder Pius sein. Wer hat den bei der Bauernschaft verhassten Landwirt aus Mittenwald umgebracht? Ein schwieriger Fall für die Garmischer Kommissarinnen Irmi Mangold und Kathi Reindl, die es auch privat nicht leicht haben: Irmi leidet unter ihrer Fernbeziehung, und Kathi hat eine Affäre mit dem verheirateten Nachbarn ...

Nicola Förg, Bestsellerautorin und Journalistin, hat mittlerweile dreiundzwanzig Kriminalromane verfasst, an zahlreichen Krimi-Anthologien mitgewirkt, einen Island- sowie einen Weihnachtsroman vorgelegt. »Hintertristerweiher«, ihr von der Presse vielfach gelobter Roman, ist 'eine feinsinnige Familiengeschichte, die über Generationen hinweg reicht und einen spannenden Bogen schlägt von den Wirren des Zweiten Weltkriegs bis zu den Wirrungen in der Jetztzeit.' (Münchner Merkur). Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt heute mit Familie sowie Ponys, Katzen und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech - mit Tieren, Wald und Landwirtschaft kennt sie sich aus. Sie bekam für ihre Bücher mehrere Preise für ihr Engagement rund um Tier- und Umweltschutz.

Nicola Förg, Bestsellerautorin und Journalistin, hat zwanzig Kriminalromane verfasst, an zahlreichen Krimi-Anthologien mitgewirkt, einen Island- sowie einen Weihnachtsroman vorgelegt. Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt heute mit Familie sowie Ponys, Katzen und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech – mit Tieren, Wald und Landwirtschaft kennt sie sich aus. Sie bekam für ihre Bücher mehrere Preise für ihr Engagement rund um Tier- und Umweltschutz.

1

Beruhigend kraulte Vitus Weingand die Mulidame Zilly am Hals. Unwirsch schüttelte sie den Kopf und erzeugte ein unnachahmliches Geräusch, als ihre langen Ohren zusammenflappten.

Auf dem Vorplatz der Alm stand in der Morgensonne markig-breitbeinig Bernd Orlowski und gestikulierte lautstark herum. Sein oberlehrerhafter Ton schien Zilly dazu zu veranlassen, erneut den Kopf zu schütteln. Es konnte natürlich auch an der langen Warterei liegen. Eigentlich hätten Vitus, Zilly und die Haflingerin schon längst ihren Spätsommerjob antreten sollen: die Schutzwaldsanierung. Das tierische Team von Vitus Weingand kam vor allem in Naturschutzgebieten zum Einsatz, weil seine Tragtiere keinen Lärm machten wie ein Hubschrauber, keine Kerosinemissionen freisetzten und das Wild nicht erschreckten. Zudem konnte man mit Tragtieren die Pflanzen sehr dosiert absetzen. Das erleichterte später die Arbeit für die Pflanzer vom Forstamt.

Doch dieses Jahr hatte man Vitus dazu verdonnert, auch noch menschliche Helfer einzubinden. Man hatte ihm eine Freiwilligentruppe aus Alpenvereinsmitgliedern aufgehalst, angeführt von Bernd Orlowski, dem Vorsitzenden irgendeiner DAV-Sektion. Gestern Nacht hatte es gegossen, als hätte Petrus eine apokalyptische Flutwelle geschickt. Die Sonne brach sich nun in den Wassertropfen, und die steilen Karwendelkare der Soierngruppe zeigten sich in ihren charakteristischen Grauschattierungen. Karwendelgrau war ein wankelmütiger Farbton: Bei Schlechtwetter fast schwarz, bei intensiver Sonneneinstrahlung im Sommer hingegen hatten die Berge eine fast metallische Nuance. Karwendelgrau – so wandelbar wie das schroffe Gebirge.

Es würde heiß werden, so viel war klar, und Vitus wartete ungeduldig. Er wollte am frühen Nachmittag fertig sein, und zwar vor der Gewitterfront, die so sicher kommen würde wie das Amen in der Kirche. Aber Orlowski schwafelte weiter. Ein echter Saupreiß der übelsten Sorte, wie Vitus fand. Im Grunde seines gutmütigen Herzens war Vitus nämlich sehr tolerant. Bei der Feuerwehr hatten sie einen Mainzer, der war leicht integrierbar gewesen, weil er länger am Stammtisch verweilte als alle anderen Dorfbewohner. Und im Trommlerzug machte einer aus Husum mit (oder war es Büsum? – jedenfalls so ein windgepeitschter Sandfurunkel, und der war auch gut zu haben. Redete nämlich wenig, der Krabbenpuler. Was ihn markant von Orlowski unterschied. Der redete immer und überall, erklärte den Einheimischen, wie sie die Landwirtschaft effizienter gestalten könnten, und erläuterte den Zimmerern, wie sie die Nägel einzuschlagen hätten. Wahrscheinlich hätte er dem Pfarrer am liebsten die Predigten geschrieben und dem Arzt die Rezepte ausgestellt.

Mit großer Gestik wies Orlowski in Richtung Fischbachkopf und dann zu den Pflanzen, die aufgereiht an der Hütte standen. »Meine Lieben! Dort hinauf tragen wir Buche, Kiefer und Mehlbeere. Die Mehlbeere ist eine biologische Beimischung, die an südexponierten trockenen Standorten den Humus verbessert. Der Prozentsatz der Nadelbäume soll aber überwiegen, weil wir vor allem im Winter auf die Schutzfunktion der Baumkronen angewiesen sind.«

Er schaute drein, als erwarte er Beifall für seine Rede. Eintausendfünfhundert Pflanzen sollten heute bergwärts wandern, zwei Drittel davon würden ohnehin die Tiere tragen, den Rest Orlowskis Karawane. Der DAV-Mann hatte einen Heilpraktiker mit Doppelnamen dabei – »wenn a Mo si scho ned beim Nama durchsetzt, dann schaugt's schlecht aus«, hatte Vitus Zilly ins Ohr geflüstert. Mit von der Partie waren eine Juristin a. D., die immerhin ganz patent wirkte, die dürre Inhaberin eines Naturkost-Bioladens und eine Grundschullehrerin, die ihre Schulferien wohl sinnvoll nutzen wollte. Sie war dermaßen aufgeregt und hektisch, dass sich Vitus besorgt fragte, ob die Kinder nicht alle mit schweren Persönlichkeitsstörungen aus deren Unterricht kommen mussten. Sie hatte erst mal Zilly angequiekt: »Ist die süüüß! Ich bin die Katja, du kleines Eselchen.«

Zilly war keineswegs »süüüß«, dachte Vitus, sondern ein Arbeitstier – und ein »Eselchen« war sie schon gar nicht. Zilly war ein Muli.

»Des is a Maultier oder Muli.« Vitus räusperte sich und bemühte sich um klares Hochdeutsch. Das Thema lag ihm nämlich am Herzen. »Von einem Maultier spricht man, wenn die Mutter ein Pferd und der Vater ein Esel ist. Seltener kommt der Maulesel vor: Mutter Esel, Vater Pferd. Die Anpaarung gelingt dort seltener, weil das Paarungsverhalten beim Esel anders ist als beim Pferd.«

»Aha«, meinte die Grundschullehrerin. »Aber im Gebirge sind diese Mulis besser als Pferde?«

»Ja, vui trittsicherer. Die gehn quasi auf dem Strich. Schon immer ham Mulis im Gebirge Transportaufgaben übernommen. Viele Almen wurden mit Maultieren beschickt. Mulis trugen das Gepäck, manchmal auch einen müden Wanderer oder hohe Herrschaften, die nicht zu Fuß gehen wollten. Und dabei sind sie sehr schlau – und sehr nachtragend.« Wieder kraulte er Zilly den Hals.

Katja quiekte noch ein »Wie süüüß«, woraufhin Zilly angewidert die Ohren anlegte und ganz kurz mit dem stahlharten kleinen Huf nach hinten kickte. Nur so zur Warnung, aber von da an galt sie der Lehrerin als »Monster«.

Betty ging das alles am dicken Haflingerhintern vorbei, sie fraß aus dem Heusack und würdigte die Truppe keines Blickes.

»Freunde!«, schmetterte Orlowski nun. »Wir beladen erst einmal die Packtaschen der Tiere, dann die eigenen Rucksäcke, und auf geht's!«

Ja, hoffentlich, dachte Vitus. Sie waren weit hinter dem Zeitplan, weil die Helfer natürlich nicht rechtzeitig aus ihren Zelten gekrabbelt waren, die sie um die Alm herum platziert hatten. Die Lehrerin weigerte sich mittlerweile, näher als zehn Meter an Zilly heranzutreten, weshalb der Heilpraktiker dem Maultier zugeteilt wurde.

»Ganz schön zerstochen, das arme Tier«, sagte er und betrachtete die Knubbel von Mücken- und Bremsenstichen.

»Ja, de san recht ekelhaft dies Johr«, brummte Vitus.

»Apis müssen Sie geben, Apis! D12 würde ich empfehlen. Sie kennen doch Globuli?«

Natürlich wusste Vitus, was Globuli waren, aber das würde er diesem Deppen nicht auf die Nase binden. Stattdessen zog er eine Sprühflasche heraus und überzog Zilly mit einer bestialisch stinkenden Tinktur.

»Pure Chemie!«, heulte der Heilpraktiker auf.

»Na, des is Tiroler Steinöl«, konterte Vitus, packte Zilly am Führstrick und pfiff. Betty ruckte mit dem Kopf und trottete hinterher.

Die Lehrerin wischte sich den Schweiß von der Stirn. Na, wenn die schon von dem bisschen Beladen so schwitzte, konnte das ja lustig werden in der Mittagssonne, dachte Vitus und räusperte sich.

»Mir ham zwoa Gebiet heit«, hob er an. »Links ummi am Fischbachkopf und Hohen Grasberg und rechts aui Richtung Soiernhaus und nachher aui zum Predigtstuhl.« Die Augen der Teilnehmer folgten seinen schnellen, angedeuteten Handbewegungen. »Fang mer glei amoi am Fischbachkopf o.«

Ohne ein weiteres Wort stapfte er los. Die Tiere gingen zügig, ein Tempo, bei dem die Orlowski-Truppe bald schon nicht mehr mithalten konnte. Nach etwa fünfzehn Minuten, bevor die wirklich steilen Kehren kommen würden, hielt Vitus an. Er ließ die Gruppe aufholen und gab brummig Auskunft, wo nun wer welche Menge an Pflanzen abzusetzen hätte. Die Bioladen-Lady und die Lehrerin wirkten jetzt schon derangiert, während der Heilpraktiker mit Orlowski über die Wirkung irgendeines Krauts stritt. Vitus runzelte die Stirn. Ihm war das alles zu laut. Sie setzten die ersten Pflanzen so ab, dass die Forstarbeiter sie später würden pflanzen können.

Dann ging es zurück zur Alm. Die Lehrerin rutschte auf dem kiesig-schottrigen Weg aus und polterte ein paar Meter den Hang hinunter. Vitus war in wenigen Schritten bei ihr. »Is wos passiert?« Sie schüttelte den Kopf und verdrückte ein paar Tränchen.

Es war ein Trauerspiel, Vitus verfluchte Gott und alle Heiligen. Während der Heilpraktiker der Lehrerin Arnika-Globuli eingab, kreuzten sich die Blicke von Vitus und der pensionierten Juristin. Ihr ironisches Grinsen gefiel ihm. Sie beluden erneut, und Vitus breitete seine Karte auf einem der Biertische aus.

»I glaub, mir teiln uns auf. Ihr geht's zum Lakaiensteig ummi. Wo ihr die Pflanzerl osetzn müssts, werds ihr selber sehn. Do stehn eh scho a paar Pflanzen.« Er blickte in die Runde und sah die Juristin an. »Du kimmscht mit mir, mir gehen aui auf den Grasberg mit de Viecher.«

»Gerne!« Sie hatte eine angenehme Stimme, fand Vitus.

War sowieso a Mordsweib, bestimmt schon sechzig, aber gut erhalten.

»Ich bin die Iris«, stellte sie sich mit einem sympathischen Lächeln vor.

»Vitus, aber des woaßt ja eh.«

Schweigend stiegen sie bergan. Vitus brauchte ihr nur wenig zu erklären: Iris hatte schnell kapiert, wo und wie die Pflanzen abzusetzen waren. Sie entfernte Betty einen Zweig aus dem Schweif, schnitt mit einem Taschenmesser einen Weg frei. Eine Frau, die mitdachte. Vitus entspannte sich etwas.

»Bischt eh guat z'Fuaß, oder?«, meinte Vitus auf dem Rückweg, kurz bevor sie die Hütte erreicht hatten.

»Geht so. I bin ursprünglich aus Scharnitz. Isch lang her.«

Mittlerweile waren sie beim dritten Turnus. Vitus plante nach der vierten Runde eine Mittagspause auf der Hütte. Er war versöhnt mit dem Tag, vor allem weil er Orlowski und die anderen die meiste Zeit nicht sehen und – weit wichtiger – nicht hören musste. Mit Iris hatte er knappe Sätze gewechselt. So wusste er, dass sie Staatsanwältin gewesen war. Erst in München, lange im Osten, dann wieder in München. Dass sie sich zur Ruhe gesetzt hatte und nun das Elternhaus in Scharnitz bewohnte. Und sie wusste von Vitus,...

Erscheint lt. Verlag 4.10.2010
Reihe/Serie Alpen-Krimis
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Allgäu • Allgäu-Krimi • Alpen • Alpenkrimi • Alpenvorland • Buch • Bücher • Dorfkrimi • Dorfleben • Irmi Mangold • Jürgen Seibold • Karwendel • Kluftinger • Krimi • Kriminalroman • Krimiserie • lustig • lustiger Krimi • Mittenwald • Mord • Provinz • Regiokrimi • spannend • Urlaubslektüre • Voralpenland
ISBN-10 3-492-95096-5 / 3492950965
ISBN-13 978-3-492-95096-1 / 9783492950961
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