Trouble (eBook)
463 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-04914-0 (ISBN)
Keine feste Adresse, kein Telefon, keine Vergangenheit. Seit er die Eliteeinheit bei der Army verlassen hat, führt Jack Reacher ein Leben, fast ohne Spuren zu hinterlassen. Doch eines Tages liegen 1.030 Dollar auf seinem Bankkonto, und Reacher weiß: Seine Vergangenheit hat ihn wieder. Als er auf den codierten Notruf reagiert und seine Exkollegin Frances Neagley kontaktiert, erfährt er von der brutalen Ermordung ihres einstigen Partners Calvin Franz, der erst gefoltert und dann aus einem Helikopter über der Wüste Nevadas abgeworfen wurde. Auf der Suche nach dem Rest des früheren Teams müssen sie feststellen, dass Calvin nicht das einzige Mordopfer war. Eiskalt vor Zorn rüstet Reacher zum Rachefeldzug.
Unversöhnlich, unerbittlich, unschlagbar: Jack Reacher, der einsamste und eigenwilligste Ermittler der amerikanischen Thrillerliteratur.
Lee Child wurde in den englischen Midlands geboren, studierte Jura und arbeitete dann zwanzig Jahre lang beim Fernsehen. 1995 kehrte er der TV-Welt und England den Rücken, zog in die USA und landete bereits mit seinem ersten Jack-Reacher-Thriller einen internationalen Bestseller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anthony Award, dem renommiertesten Preis für Spannungsliteratur.
2
Siebzehn Tage später war Jack Reacher in Portland, Oregon, und ziemlich abgebrannt. In Portland, weil er irgendwo sein musste und der Überlandbus, mit dem er zwei Tage zuvor unterwegs gewesen war, dort gehalten hatte. Ziemlich abgebrannt, weil er in einer Cop Bar eine stellvertretende Staatsanwältin namens Samantha kennengelernt und sie zweimal zum Abendessen eingeladen hatte, bevor er zwei Nächte bei ihr verbrachte. Jetzt war sie ins Büro gefahren, und er entfernte sich von ihrem Haus, war um neun Uhr morgens zum Busbahnhof in der Stadtmitte unterwegs: mit noch vom Duschen nassem Haar, befriedigt, entspannt, ohne bestimmtes Ziel, mit einem sehr dünnen Packen Geldscheine in der Tasche.
Die Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten Reachers Alltag in zweierlei Hinsicht verändert. Erstens hatte er jetzt neben seiner Klappzahnbürste einen Reisepass in der Tasche. In dieser neuen Ära erforderten zu viele Dinge – auch die meisten Reisemöglichkeiten – einen Lichtbildausweis. Reacher war jemand, der sich treiben ließ, aber kein Einsiedler, ruhelos, aber nicht gestört, und hatte deshalb würdevoll nachgegeben.
Und zweitens hatte er sein Verfahren für Barabhebungen geändert. Nach seinem Ausscheiden aus der Army hatte er viele Jahre lang bei Bedarf seine Bank in Virginia angerufen und sich mit Western Union telegrafisch Geld an seinen jeweiligen Aufenthaltsort schicken lassen. Neue Sorgen über die Finanzierungsmethoden von Terroristen hatten dieses Verfahren jedoch praktisch unmöglich gemacht. Also hatte Reacher sich eine Kontokarte ausstellen lassen. Er trug sie im Pass bei sich und hatte als PIN die Zahl 8197 gewählt. Er betrachtete sich als Mann mit sehr wenigen Talenten, aber allen möglichen Fähigkeiten, von denen die meisten physisch waren und mit seiner überdurchschnittlichen Größe und Stärke zusammenhingen; dazu gehörten auch die Gabe, dass er immer wusste, wie spät es gerade war, ohne auf die Uhr sehen zu müssen, und eine nicht unbedingt mit Intelligenz zusammenhängende Rechenbegabung. Daher die 8197. Ihm gefiel die 97, weil sie die größte zweistellige Primzahl war, und er liebte die 81, weil sie unter buchstäblich unendlich vielen Zahlen die absolut einzige war, deren Wurzel mit ihrer Quersumme übereinstimmte. Die Quadratwurzel aus 81 war neun, und acht und eins ergab ebenfalls neun. Keine andere nicht triviale Zahl im Kosmos besaß solch köstliche Symmetrie. Perfekt.
Seine Freude an Zahlenspielereien und sein tief sitzendes Misstrauen gegenüber Geldhäusern zwangen ihn dazu, jedes Mal seinen Kontostand zu kontrollieren, wenn er Geld abhob. Er dachte immer daran, die Auszahlungsgebühr abzuziehen und jedes Vierteljahr den kümmerlichen Guthabenzins der Bank zu addieren. Aber trotz seines Misstrauens war er nie abgezockt worden. Sein Guthaben entsprach jedes Mal genau seiner Berechnung. Er war bisher nie überrascht oder enttäuscht gewesen.
Bis zu diesem Morgen in Portland, an dem er überrascht, aber nicht gerade enttäuscht war. Weil sein Guthaben über tausend Dollar höher war als erwartet.
Exakt eintausenddreißig Dollar höher, als Reacher sich im Kopf ausgerechnet hatte. Offenbar ein Irrtum. Ein Fehler der Bank. Eine Überweisung auf ein falsches Konto. Ein Irrtum, der sich berichtigen ließ. Behalten würde er das Geld natürlich nicht können. Er war ein Optimist, aber kein Dummkopf. Er drückte auf einen weiteren Knopf und forderte damit einen sogenannten Minikontoauszug an. Aus einem Schlitz schlängelte sich ein dünner Papierstreifen. Schwa-cher grauer Druck zeigte die letzten fünf Kontobewegungen an. Drei davon waren Abhebungen an Geldautomaten, an die er sich gut erinnerte. Eine betraf die Guthabenzinsen der Bank. Ganz unten stand eine vor drei Tagen erfolgte Einzahlung über eintausenddreißig Dollar in bar. Nun hatte er’s schwarz auf weiß. Der Papierstreifen war zu schmal für eigene Soll- und Habenspalten, deshalb stand der Betrag in Klammern, die ihn als Gutschrift auswiesen: (1030,00).
Tausenddreißig Dollar.
1030.
Keine auf den ersten Blick interessante Zahl, aber Reacher starrte sie doch eine Minute lang an. Natürlich keine Primzahl. Keine gerade Zahl mit mehr als zwei Stellen konnte eine Primzahl sein. Wurzel? Etwas weniger als 10,1. Teiler? Nicht viele, aber 5 und 206 neben den auf der Hand liegenden 10 und 103 und den noch offensichtlicheren 2 und 515.
Also 1030.
Tausenddreißig.
Ein Irrtum.
Vielleicht.
Oder vielleicht auch keiner.
Reacher zog seine fünfzig Dollar aus dem Automaten, angelte Kleingeld aus der Tasche und machte sich auf die Suche nach einem Münztelefon.
Eine Telefonzelle fand er im Busbahnhof. Die Nummer seiner Bank wusste er auswendig. 9.40 Uhr im Westen, 12.40 Uhr im Osten. Mittagspause in Virginia, aber bestimmt war irgendjemand da.
Tatsächlich war jemand da. Keine Mitarbeiterin, mit der Reacher schon mal gesprochen hatte, aber eine Frau, die kompetent wirkte. Vielleicht eine leitende Angestellte, die nur über Mittag eingesprungen war. Sie nannte ihren Namen, den Reacher aber nicht verstand. Danach ratterte sie einen eingeübten Begrüßungstext herunter, der Reacher das Gefühl vermitteln sollte, ein geschätzter Kunde zu sein. Er ließ ihn über sich ergehen, dann erzählte er ihr von der Einzahlung. Sie war erstaunt, dass ein Kunde wegen eines Irrtums zu seinen Gunsten anrief.
»War vielleicht kein Irrtum«, sagte Reacher.
»Haben Sie die Einzahlung erwartet?«, fragte sie.
»Nein.«
»Zahlen Dritte häufig etwas auf Ihr Konto ein?«
»Nein.«
»Dann ist’s wahrscheinlich ein Irrtum, glauben Sie nicht?«
»Ich muss wissen, wer den Betrag eingezahlt hat.«
»Darf ich fragen, weshalb?«
»Das zu erklären würde lange dauern.«
»Ich müsste’s trotzdem wissen«, sagte die Frau. »Hier geht es um vertrauliche Informationen. Gewährt ein Irrtum der Bank einem Kunden Einblick in die finanziellen Verhältnisse eines anderen, könnte das ein Verstoß gegen alle möglichen Bestimmungen und Vorschriften und ethischen Grundsätze sein.«
»Die Einzahlung könnte eine Nachricht sein«, sagte Reacher.
»Eine Nachricht?«
»Aus der Vergangenheit.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich war früher mal bei der Militärpolizei«, erklärte Reacher. »Der Funkverkehr der Militärpolizei ist verschlüsselt. Braucht ein Militärpolizist dringend Unterstützung von Kollegen, gibt er über Funk den Code zehn-dreißig durch. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Nein, ehrlich gesagt nicht.«
Reacher sagte: »Kenne ich den Einzahler nicht, ist diese Sache ein tausenddreißig Dollar teurer Irrtum, denke ich. Kenne ich ihn jedoch, kann sie ein Hilferuf sein.«
»Das verstehe ich noch immer nicht.«
»Sehen Sie sich die Schreibweise an. Statt tausenddreißig Dollar könnte der Funkcode zehn-dreißig gemeint sein. Sehen Sie sich die geschriebene Zahl an.«
»Hätte diese Person Sie nicht einfach angerufen?«
»Ich habe kein Telefon.«
»Vielleicht eine E-Mail? Oder ein Telegramm. Oder sogar ein Brief?«
»Ich habe keine Adressen für solche Dinge.«
»Wie setzen wir uns dann mit Ihnen in Verbindung?«
»Überhaupt nicht.«
»Eine Einzahlung auf Ihr Konto wäre eine sehr merkwürdige Art der Verbindungsaufnahme.«
»Vielleicht die einzige Art.«
»Eine sehr schwierige Art. Jemand müsste Ihr Bankkonto ausfindig machen.«
»Genau das meine ich«, erwiderte Reacher. »Das könnte nur eine clevere, einfallsreiche Person schaffen. Und wenn eine clevere, einfallsreiche Person Hilfe braucht, ist irgendwo etwas Schlimmes passiert.«
»Das wäre auch ziemlich teuer. Es könnte jemanden über tausend Dollar kosten.«
»Genau. Diese Person müsste clever und einfallsreich und verzweifelt sein.«
Am anderen Ende herrschte Schweigen. Dann: »Können Sie nicht einfach eine Liste der infrage kommenden Leute aufstellen und sie nacheinander abtelefonieren?«
»Ich habe mit vielen cleveren Leuten zusammengearbeitet. Meistens liegt das schon sehr lange zurück. Ich würde Wochen brauchen, um alle aufzuspüren. Dann könnte’s schon zu spät sein. Und ich habe ohnehin kein Telefon.«
Wieder Stille. Bis auf das Klappern einer Tastatur.
Reacher sagte: »Sie sehen nach, stimmt’s?«
Die Frau antwortete: »Das dürfte ich eigentlich gar nicht.«
»Ich verpfeife Sie nicht.«
Erneut Schweigen. Das Klappern der Tastatur verstummte. Reacher wusste, dass sie den Namen auf ihrem Bildschirm vor sich hatte.
»Sagen Sie ihn mir«, verlangte er.
»Ich kann Ihnen den Namen nicht einfach sagen. Sie müssen mir schon ein bisschen helfen.«
»Wie?«
»Geben Sie mir Hinweise. Damit ich nicht einfach den Namen sagen muss.«
»Was für Hinweise?«
Sie fragte: »Nun, handelt es sich beispielsweise um einen Mann oder eine Frau?«
Reacher lächelte flüchtig. Die Antwort lag bereits in der Fragestellung. Es war eine Frau. Todsicher. Eine clevere, einfallsreiche Frau, die eine fantasievolle Querdenkerin war. Eine Frau, die von seinem fast zwanghaften Rechentrieb wusste.
»Lassen Sie mich raten«, sagte Reacher. »Die Einzahlung ist in Chicago erfolgt.«
»Ja, durch einen persönlichen Scheck auf eine Bank in Chicago.«
»Neagley«, sagte Reacher.
»Das ist der Name, den wir haben«, sagte die Frau. »Frances L....
Erscheint lt. Verlag | 25.10.2010 |
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Reihe/Serie | Die-Jack-Reacher-Romane |
Die-Jack-Reacher-Romane | |
Übersetzer | Wulf Bergner |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Bad Luck and Trouble (11 Reacher) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Schlagworte | Army • eBooks • Einzelgänger • Ex-Ermittler • Expartnerin • Gefahr • Jack Reacher • JackReacher • Mord • Rache • Reihe • Roman • Spannung • Thriller |
ISBN-10 | 3-641-04914-8 / 3641049148 |
ISBN-13 | 978-3-641-04914-0 / 9783641049140 |
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