Immer geradeaus (eBook)

Zu Fuß durch Europas Osten
eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
303 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-0050-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Immer geradeaus - Landolf Scherzer
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Geplant war eine Fahrt per Traktor und Wohnwagen durch sieben osteuropäische Länder, aber bereits vor Ungarn gab der Trecker auf. So musste Landolf Scherzer mit seiner alten Kraxe loslaufen, immer geradeaus, von Grenze zu Grenze. Was enttäuschend begann, erwies sich als Glücksfall, denn wie hätte er sonst so viele Begegnungen am Wegrand haben können: ungarische Flurwächter, kroatische Friedhofspfleger, rumänische Fußballtrainer, gastfreundliche Roma und all die Grenzgänger aus dem Heer derer, die der Arbeit hinterherziehen. Ihn erwarteten merkwürdige Beispiele der Globalisierung, osteuropäisches Improvisationstalent, absurde EU-Projekte, neueste Technik neben primitivsten Bedingungen. Hass auf den Nachbarn lernte er kennen, Geschäftstüchtigkeit wie Großherzigkeit - und nicht zuletzt seine eigenen Grenzen.

Landolf Scherzer, 1941 in Dresden geboren, lebt als freier Schriftsteller in Thüringen. Er wurde durch Reportagen wie 'Der Erste', 'Der Zweite' und 'Der Letzte' bekannt.

Im Aufbau Taschenbuch sind ebenfalls seine Bücher 'Der Grenzgänger', 'Immer geradeaus. Zu Fuß durch Europas Osten', 'Urlaub für rote Engel. Reportagen', 'Fänger & Gefangene. 2386 Stunden vor Labrador und anderswo', 'Madame Zhou und der Fahrradfriseur. Auf den Spuren des chinesischen Wunders', 'Stürzt die Götter vom Olymp. Das andere Griechenland', 'Der Rote. Macht und Ohnmacht des Regierens' und 'Buenos días, Kuba. Reise durch ein Land im Umbruch' lieferbar.  Zuletzt erschien bei Aufbau 'Weltraum der Provinzen. Ein Reporterleben' (zusammen mit Hans-Dieter Schütt).

Inhalt 6
Ein Dank und eine notwendige Vorbemerkung 9
Von einer 5000 Kilometer langen Traktorfahrt, die endete, bevor sie begonnen hatte, einem transportablen Antizecken-WC und einer Béla-Bartók-Wette um zehn Flaschen »Egri Bikavér« 10
Von ungarischen Frauen, die »Peter-seine« heißen, Hakenkreuzen an einem verlassenen Stellwerk und einer Nacht auf dem Fußboden der katholischen Kirche in Beremend 26
Vom Sheriff Nr. 0037, der an der kroatischen Grenze Maisdiebe verfolgt, der Spur der toten Hunde und einem Vulkanisierer, der hofft, dass die EU in Kroatien keine besseren Straßen bauen lässt 45
Von meiner Flucht vor den Ratten im Weinkeller, einem arbeitslosen Kroaten, der in seiner Wohnstube auf Ferrari Rennen in São Paulo fährt, und einer alten Serbin, die mich vor einer »betrügerischen, schlechten Frau« bewahrt 68
Von einem Zimmer mit Blick auf freischaffende Prostituierte, von Serben, die Kroaten vor Serben be-schützen, und genetisch veränderten Sonnenblumen, deren Köpfe zu groß geraten sind 83
Von einem deutschen »O Tannenbaum …«-Gesang im serbischen Sommer, einem Überfall vor dem Friedhof in Oreškovica und einem Glückskauf in einer kleinen Apotheke von Backa Topola 102
Von einem Tag, als keine Regentropfen, sondern Bomben vom Himmel fielen, meiner Fahrt mit einem schwarzen Schwein durch Tornjoš und einem serbischen Schachgroßmeister, der für Bayern spielt 122
Von serbischen Eltern, die zwei ungarische Kinder vor dem Waisenhaus bewahrten, einer großflächigen Vojvodina-Wahlwerbung im Maisfeld und einem Donauschwaben, der Reifen verbrennt und das Eis vom Himmel schießt 141
Von einer Dame, die ich besser mit Handkuss begrüßt hätte, einer Schauspielerin, die Liebeslieder sang, als die NATO-Bomben in Kikinda detonierten, und ei-nem Protokoll über die Leiden von Unschuldigen 162
Hildas Aufzeichnungen 180
Von meinem Versuch, illegal über die serbisch-rumäni-sche Grenze zu laufen, einem Zigeuner in Srpska Crnja, der sich über Pornografie in Deutschland empört, und einer schweißnassen roten Abschiedsfahne 187
Von einem Kleintransporter aus Gera, der ohne Kennzeichen in Jimbolia verrostet, einem rumänischen König, der wegen seiner Mätresse ins Exil ging, und dem Großvater von »Lady Di«, der Adventist ist 202
Von der Versuchung, in einem alten Renault bis nach Timi+oara zu fahren, einer Frau, die in achtundzwanzig Jahren dreizehn Kinder geboren hat, und meiner »Aufnahme« in das Kloster der Salvatorianer 227
Von einem General, der erst die Erschießung der Demonstranten in Timi+oara und danach die des Ehepaares Ceau+escu vorbereitet hat, einem künftigen Patre, der meint, dass der liebe Gott die schönen Mädchen für alle geschaffen hat, und einem rumänischen Geheimdienstler, der nur für Geld erzählt 245
Von der Museumsleiterin in Lenaus Geburtshaus, die Nikolaus Lenau nicht mag, einem banatschwäbischen Rumänen, der seinem Bruder Speck und Tomaten nach Deutschland bringt, und einem neuen Bürgermeister in Graba™, der auch mit Hilfe eines Fußballtrainers die »Altkommunisten« besiegt hat 262
Von einem Gedenkstein für die 52 HELDEN auf dem Friedhof von Gottlob, dem Apfelpflücker Pavel Konstantin Kolling, der nicht begreifen will, dass kleine Äpfel in der EU keine Äpfel mehr sind, und meiner ersten Fahrt mit einer Draisine 277
Von einem Monteur aus Sânnicolau Mare, der 1991 die »Erfurter Brauerei abgebaut und nach Timi+oara gebracht hat«, meinem verzweifelten Versuch, die Béla-Bartók-Wein-Wette zu gewinnen, und »Herzi«, der 1982 als Hundezüchter nach Deutschland floh und heute wieder in Rumänien leben will 289

Von meiner Flucht vor den Ratten im Weinkeller, einem arbeitslosen Kroaten, der in seiner Wohnstube auf Ferrari Rennen in São Paulo fährt, und einer alten Serbin, die mich vor einer »betrügerischen, schlechten Frau« bewahrt (S. 67-68)


Hinter Vinogradi steigt die Straße – zum erstenmal auf der Tour – leicht an. Ich laufe zu den Weinfeldern hinauf. Oben angekommen, schaue ich auf das Land unter mir und setze mich neben die Weinstöcke. Ein Traktor, der eine Chemiewolke über dem Weinberg zerstäubt, fährt so dicht an mir vorbei, dass ich sofort wieder aufstehe und, nun wahrscheinlich resistent gegen alle möglichen Blatt- und Traubenpilze, weiterlaufe.

Noch vor dem Abend erreiche ich Zmajevac, das auf Ungarisch Vörösmart heißt. An der Hauptstraße steht kroatisch »Ulica Maršala Tito« und ungarisch »Tito Marsall utca«. Ein Reklameschild kündigt an, dass es im Ort ein ungarisches Fischrestaurant und auch eine Pension gibt.

Fisch und Wein und Ausschlafen!
Vor dem Restaurant wird auf einer Tafel die berühmte Fischsuppe Halászlé für umgerechnet 1,50 Euro angeboten. Aber der Wirt hat kein Zimmer für mich. Ausgerechnet heute Nacht sei er ausgebucht. Eine Delegation aus der ungarischen Zigarettenfabrik Pécs hat alle Zimmer belegt.

Ich sage, dass ich auch in einem Nebengelass oder einem Lagerraum schlafen kann. Doch der Wirt schüttelt den Kopf. Ziellos laufe ich durch das ungarisch-kroatische Dorf und finde an der Hauptstraße ein Schild, das den Weg zu den »Weinhäusern « weist. Rechts und links von einem schmalen steilen Pfad stehen kleine, spitzdächige, fensterlose Weinhäuser mit zweiflügligen Toren. In einem zerfallenen Weinhaus steht das Tor offen. Ich gehe hinein. Der lange Raum endet in einem tunnelartig in den Berghang getriebenen und ausgemauerten Weinkeller. Er ist leer. Ich werde mich heute Abend wohl nicht betrinken können.

Vor einem der Tore schürt ein Mann in hellblauem Shirt und dunkelblauer Trainingshose ein offenes Feuer. Darüber hängt ein Kessel, in dem der Mann – die Frau bringt nur ab und an neue Zutaten – Pörkölt mit dicken Bohnen und Kartoffeln kocht. Neben ihm sitzt ein graubärtiger Mann, der einen roten Stoffhut trägt, auf einer hölzernen Fußbank und trinkt Wein. Als er mich sieht, steht er auf, holt ein neues Glas, winkt mir einladend zu und sagt nicht auf Kroatisch »zivjeli«, sondern ungarisch »Egészségedre«.

Der Mann am Feuer rührt das Pörkölt noch einmal um, dann begrüßt er mich. »Károly Martin – zu einer Hälfte Ungar, zur anderen ein Deutscher. Also sag Karl zu mir.«
Darauf trinken wir das zweite Glas.
Nach dem dritten gemeinsamen Glas setze ich mich, um ihre Geschichte aufzuschreiben, vor dem Weinhaus auf die Erde. Karl Martin gibt mir auch eine Fußbank und sagt: »Sitz wie ein Mensch!«

Er hat als Vierzehnjähriger in Deutschland mit einem Beruf gleich drei Berufe erlernt, doch als er nach Jugoslawien zurückgekehrt war, besaß er keinen einzigen mehr.

Erscheint lt. Verlag 12.10.2010
Zusatzinfo Mit 50 Fotos
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Geisteswissenschaften Geschichte
Schlagworte Kroatien • Osteuropa • Reiserlebnisse • Rumänien • Serbien • Ungarn • Wandern
ISBN-10 3-8412-0050-8 / 3841200508
ISBN-13 978-3-8412-0050-1 / 9783841200501
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