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Krieg um die Erinnerung (eBook)

Kroatische Vergangenheitspolitik zwischen Revisionismus und europäischen Standards
eBook Download: PDF
2010 | 1. Auflage
422 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-40974-0 (ISBN)
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45,99 inkl. MwSt
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Seit dem Zerfall Jugoslawiens tobt in den Nachfolgestaaten ein 'Krieg um die Erinnerung'. Ljiljana Radonic untersucht erstmals den Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust in Kroatien seit 1990. Sie weist nach, dass nach dem Revisionismus der 1990er-Jahre eine Annäherung an europäische 'Erinnerungsstandards' erfolgte, die jedoch nicht nur positiv zu beurteilen ist. Damit ist Kroatien ein Beispiel für die 'gespaltene' Erinnerung in Ost- und Westeuropa.

Ljiljana Radonic verfasst ihre Habilitation über den 'Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen' an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.

Ljiljana Radonic verfasst ihre Habilitation über den "Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen" an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und lehrt am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien.

Inhalt 6
Danksagung 8
Vorwort 10
1. Einleitung 14
1.1. Fragestellung und Gliederung 14
1.2. Theoretische Zugänge und Begriffsklärung 25
1.3. Methodologische Vorüberlegungen 36
1.4. Die historisch-diachrone Analyse kroatischer Vergangenheitsdiskurse 45
2. Europäischer Kontext: Post-sozialistische Geschichtsdeutungen und die Europäisierung des Holocaust 54
2.1. Von Entschädigungsfragen zur symbolischen Erinnerung 58
2.2. Enthistorisierung der Holocaust-Erinnerung 61
2.3. Identitätsstiftung und politische Instrumentalisierung 67
2.4. Holocaust vs. Gulag – Konkurrierende Erinnerungen in »West« und »Ost«? 71
2.5. Resümee: Transnationale Praktiken statt eines europäischen Geschichtskanons 76
3. Geschichtlicher Überblick: Der Zweite Weltkrieg (1941–1945) 79
3.1. Der »Unabhängige Staat Kroatien« – Die NDH 79
3.1.1. Die Ideologie der Ustascha-Bewegung 80
3.1.2. Die NDH und der Widerstand gegen den Massenmord 82
3.1.3. Der Bürgerkrieg 83
3.2. Vom Boykott zur Vernichtung: Shoa und Genozid in Kroatien 87
3.2.1. Rechtliche Grundlage der Verfolgung 88
3.2.2. Deportation, erste Todeslager und die Rolle der Italiener 90
3.2.3. Der Lagerkomplex Jasenovac 93
3.2.4. Jüdinnen und Juden bei den PartisanInnen 96
3.3. Bleiburg und der »Kreuzweg« 99
4. Jugoslawien: Vom »supra-nationalen« Gründungsmythos zum nationalistischen Kampf um die Erinnerung (1945–1990) 105
4.1. Rechtliche und justizielle Vergangenheitspolitik 105
4.2. Eckpunkte des antifaschistischen Vergangenheitsnarratives 109
4.3. Institutionen des konkurrierenden Erinnerns 119
4.4. Schulbücher: letzte Residuen der »Brüderlichkeit und Einheit« 125
4.5. Der vergangenheitspolitische Diskurs 1985–1990 128
5. Die Tu?man-Ära: »Nationale Versöhnung« zwischen Jasenovac und Bleiburg (1990–1999) 136
5.1. Defizite in demokratischen Kernbereichen 136
5.2. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik 154
5.3. Der vergangenheitspolitische Diskurs im Detail: Die Gleichsetzung von Jasenovac und Bleiburg 168
5.3.1. Jasenovac als »nationale Versöhnungsstätte« 168
5.3.2. Exkurs: Der Prozess gegen Dinko Šaki? (1998–1999) 215
5.3.3. Bleiburg: »Die größte Tragödie des kroatischen Volkes« 230
6. Nach den Wendewahlen: Annäherung an europäische Standards unter sozialdemokratischer Führung (2000–2003) 267
6.1. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik 267
6.2. Der vergangenheitspolitische Diskurs ohne manichäische Feindzuschreibungen 271
6.2.1. Jasenovac: Abrechnung mit revisionistischen Zuschreibungen 271
6.2.2. Bleiburg: Kein »serbischer Ausrottungsversuch« mehr 290
7. Die europäische Integration und eine »neue« HDZ (2003–2008) 319
7.1. Justizielle und symbolische Vergangenheitspolitik 319
7.2. Der Europa-kompatible vergangenheitspolitische Diskurs 322
7.2.1. Jasenovac: Kontinuität nach dem Wahlsieg der HDZ? 322
7.2.2. Die neue Jasenovac-Ausstellung und die »Europäisierung des Holocaust« 349
7.2.3. Bleiburg: »schuldige« und »unschuldige« Opfer 365
8. Ergebnisse 385
9. Literatur 405
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 422

5. Die Tuđman-Ära: »Nationale Versöhnung« zwischen Jasenovac und Bleiburg (1990–1999) (S. 135-136)

Zur Kontextualisierung der anschließenden Analyse der Vergangenheitspolitik wird hier zunächst die politische Entwicklung Kroatiens seit dem Wahlsieg von Präsident Tuđman bei den ersten freien Wahlen im Frühjahr 1990 dargestellt. Danach wird der Umgang mit der Vergangenheit auf der justiziellen, symbolischen und vor allem diskursiven Ebene untersucht, was Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen Demokratieentwicklung und Vergangenheitspolitik erlauben soll.

Wie schon im Theorieteil dargelegt, ist davon auszugehen, dass der Fokus auf gesetzliche Maßnahmen und Symbolpolitik, wie etwa Straßenumbenennungen sowie die Errichtung und Entfernung von Denkmälern, ohne Einbeziehung des diskursiven Wandels der Vergangenheitspolitik die Gefahr von Fehlschlüssen birgt. Dies kann insbesondere im Exkurs über den »Fall Šakić«, das Gerichtsverfahren gegen einen ehemaligen Kommandanten des KZ Jasenovac, verdeutlicht werden, wo der justizielle Aspekt, die Verurteilung Šakićs zur Höchststrafe, dem verschwörungstheoretischen und antisemitischen Diskurs in jener Phase gegenübergestellt wird.

5.1. Defizite in demokratischen Kernbereichen


Wie sich die Vergangenheitspolitik eines Landes gestaltet, hängt zweifelsohne mit dem jeweiligen politischen System zusammen. Jeder Umgang mit der Geschichte ist zwar instrumentell in dem Sinne, dass die vergangenen Ereignisse gegenwärtigen Bedürfnissen entsprechend erinnert und vergessen, betont oder tabuisiert werden. Dennoch unterscheidet sich der Umgang mit der Geschichte in einem demokratischen Land von jenem in einer Diktatur – vor allem in der Durchsetzung hegemonialer Deutungen, in der Befestigung von Tabus und der Reaktion, wenn diese gebrochen werden. Deshalb erscheint es logisch, dass der Zusammenbruch des Sozialismus in allen betroffenen Staaten auch mit einer neuen Geschichts- und Vergangenheitspolitik einherging.

Da jedoch ferner davon auszugehen ist, dass auch das unabhängige Kroatien in den neunziger Jahren erhebliche Demokratiedefizite aufwies, wird im Folgenden die politische Entwicklung des Landes unter besonderer Berücksichtigung der für die anschließende Diskursanalyse relevanten Situation der Medien untersucht. Die vorhandene Sekundärliteratur legt dabei die Annahme nahe, dass in Bezug auf die Demokratisierung erst nach Tuđmans Tod und der Abwahl der HDZ im Jahr 2000 entscheidende Fortschritte erzielt wurden.

Die Herausforderungen, denen sich Kroatien zu stellen hatte, waren in vielen Punkten typisch für postkommunistische Staaten. Eine Besonderheit ist jedoch auch im Verhältnis zu anderen Staatsbildungen durch Sezession483 die gleichzeitige Herausforderung durch Demokratisierung und Staatsbildung einerseits und Krieg484 andererseits. Unter TransformationsforscherInnen besteht Einigkeit darüber, dass Krieg und demokratische Veränderungen nicht zusammengehen. Laut Schmitter muss die Festlegung einer nationalen Identität und territorialer Grenzen der demokratischen Entwicklung vorangehen. Kroatien hingegen war der erste postsozialistische Staat, der international anerkannt wurde, ohne dass er bis 1995 die Kontrollgewalt über seine Grenzen und sein Territorium besaß.

Erscheint lt. Verlag 13.9.2010
Reihe/Serie Campus Forschung
Campus Forschung
Zusatzinfo 18 Abbildungen, 4 Tabellen
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Vergleichende Politikwissenschaften
Schlagworte Bleiburg • Erinnerungsdiskurs • EU-Beitritt • Gedächtniskultur • Holocaust • Jasenovac • Kroatien • Novi • Partisanen • Revisionismus • Vergangenheitspolitik • Vjesnik • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-593-40974-7 / 3593409747
ISBN-13 978-3-593-40974-0 / 9783593409740
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