Schatten des Wahns (eBook)

Stachelmanns dritter Fall
eBook Download: EPUB
2009 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30007-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schatten des Wahns -  Christian von Ditfurth
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Stachelmanns dritter Fall: Die Dinge sind anders, als sie scheinen. Ganz anders. Zwei Jahre mussten die Fans von Josef Maria Stachelmann auf seinen neuen Fall warten. Schon zweimal war der Hamburger Historiker zum unfreiwilligen Ermittler geworden. Diesmal wird Stachelmann zurückgeworfen auf die eigene Geschichte und auf einen Mord in einer Thingstätte, die dereinst Joseph Goebbels eingeweiht hatte. Nach Mitternacht klingelt die Oberkommissarin Carmen Hebel an der Haustür. Sie bringt Stachelmann eine schreckliche Nachricht: Ossi ist tot. Oskar Winter war ihr Kollege und Stachelmanns Freund gewesen. Er wurde tot an seinem Schreibtisch gefunden, sein Kopf lag auf einem Aktenordner, darin Flugblätter, Zeitungsausrisse und Protokolle aus den Siebzigerjahren, als Ossi und Stachelmann in Heidelberg studiert und an die Revolution geglaubt hatten. Alle Indizien sprechen für Freitod, der Staatsanwalt stellt die Ermittlungen ein. Doch Stachelmann zweifelt. Ossi hätte sich nicht umgebracht, und wenn doch, dann nicht mit Gift. Die Akte auf Ossis Schreibtisch ist eine Spur. Statt mit Anne in Urlaub zu fahren, reist er zurück in die eigene Vergangenheit. Er findet heraus, dass Ossi kurz vor seinem Tod in Heidelberg gewesen war, offenbar um ein Verbrechen aufzuklären, das fast dreißig Jahre zurückliegt: den Thingstättenmord. Wurde Ossi umgebracht, weil er den Tätern zu nah gekommen war? Haben die Thingstättenmörder ein zweites Mal zugeschlagen? Wollen sie nun auch Stachelmann töten? Bevor er den Fall lösen kann, muss er Spuren bis nach Italien folgen, denn Tote sind nicht tot, und kaum einer sagt die Wahrheit. Im dritten Band seiner Stachelmann-Reihe zeigt sich Christian v. Ditfurth erneut als Meister des anspruchsvollen Kriminalromans. In der Presse heißt es: »Dieser unfreiwillige Ermittler und sein Autor gehören zum Besten, was die deutsche Krimilandschaft derzeit zu bieten hat«.

Christian v. Ditfurth, Jahrgang 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor bei Lübeck. Er hat zuletzt die viel beachteten Romane 'Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus' (1999), 'Der 21. Juli' (2001), 'Der Consul '(2003), 'Das Luxemburg-Komplott' (2005) sowie die Stachelmann-Krimis 'Mann ohne Makel' (2002, KiWi 826, 2004), 'Mit Blindheit geschlagen' (2004, KiWi 924, 2006), 'Schatten des Wahns' (2006, KiWi 1008, 2007) und 'Lüge eines Lebens' (2007, KiWi 1060, 2008) veröffentlicht. Das Hörbuch erscheint im Frühjahr 2009 bei Audiomedia.

Christian v. Ditfurth, Jahrgang 1953, ist Historiker und lebt als freier Autor bei Lübeck. Er hat zuletzt die viel beachteten Romane "Die Mauer steht am Rhein. Deutschland nach dem Sieg des Sozialismus" (1999), "Der 21. Juli" (2001), "Der Consul "(2003), "Das Luxemburg-Komplott" (2005) sowie die Stachelmann-Krimis "Mann ohne Makel" (2002, KiWi 826, 2004), "Mit Blindheit geschlagen" (2004, KiWi 924, 2006), "Schatten des Wahns" (2006, KiWi 1008, 2007) und "Lüge eines Lebens" (2007, KiWi 1060, 2008) veröffentlicht. Das Hörbuch erscheint im Frühjahr 2009 bei Audiomedia.

2


Es war die Erleuchtung. Sie blendete ihn, doch bescherte sie ihm ein Glücksgefühl, wie er es nie zuvor erlebt hatte. Endlich kam sie. Sie wollte ihm irgendetwas sagen, etwas Wichtiges. Gewiss, dass er bald den Durchbruch erleben würde, dass nur wenige Schritte fehlten dazu. Ein bisschen musste er sich noch anstrengen, aber es war schon fast alles fertig. Die Erleuchtung rückte ihm näher und gleißte immer heller. Dann spürte er sie, sie war warm, schön warm. Dann wurde sie heiß. Sie kam noch dichter heran. Nun schmerzte sie, er kreuzte die Arme vor seinem Gesicht. Brandblasen wuchsen auf seinen Händen und Armen. Gleich würde die Erleuchtung ihm die Hände wegbrennen, dann die Arme, dann den Kopf. Die Schmerzen waren höllisch.

Er schrie vor Angst und Schmerz. Dann schlug er die Augen auf. Vorsichtig starrte er in die Dunkelheit. Bald sah er Umrisse des Schranks, daneben das alte Bücherregal, in dem sie Bücher aufbewahrte, die er längst zum Altpapiercontainer getragen hätte. Sie hustete, ohne aufzuwachen. Er sah nur den Schattenriss ihres Gesichts im Dämmerlicht, das die Straßenlaterne warf. Sie atmete langsam und gleichmäßig. Er mühte sich, den Schmerz im Rücken zu besänftigen, indem er seinen Körper vorsichtig hin- und herschob auf der Matratze. Es half wenig, er stand auf.

Er tastete sich zur Tür, trat auf etwas Hartes, einen Bleistift vielleicht, und stöhnte auf. Als er im Flur stand und die Schlafzimmertür geschlossen hatte, drehte er das Licht an. Er setzte sich aufs Klo, pinkelte, wusch und trocknete sich die Hände. Dann ging er in die Küche. Die Uhr zeigte halb vier. Er goss sich ein Glas mit Wasser ein und trank es aus. Er setzte sich an den Tisch, blätterte im Hamburger Abendblatt, eine Gerichtsreportage, da fiel ihm Ines ein. Der Prozess war vorbei, er würde sie nie wieder sehen. Er dachte an die Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, die Erinnerung reizte ihn. Er schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie Ines aussah. Aber die Konturen verschwammen. Dann blätterte er weiter, ohne recht zu verstehen, was er überflog.

Die Küchentür öffnete sich. Anne blieb im Türrahmen stehen: »Was ist? Schmerzen?«

»Ja, auch.«

»Auch?«

»Mich hat die Erleuchtung geweckt«, sagte Stachelmann.

Sie starrte ihn ungläubig an. »Aber sonst geht es dir gut?« Sie trat in die Küche und schloss die Tür. »Wir wecken noch Felix.« Sie gähnte. »Und wie sieht die aus, die Erleuchtung?«

»Hell natürlich, sie blendet. Und sie verbrennt einem erst Hände und Arme, dann den Rest.«

Sie ließ ihre Augen über seine Hände und Arme wandern und schüttelte den Kopf. »Und dir geht es wirklich gut, bis auf die Schmerzen?«

Er nickte. »Warum bist du aufgewacht?«

Sie stellte sich hinter einen Küchenstuhl und stützte die Hände auf dessen Lehne. »Ich habe einen Mist geträumt.«

Er schaute ihr fragend in die Augen.

»Na ja, dass du schon wieder den Detektiv spielst, und diesmal geht es schief.« Sie lachte müde.

Er grinste sie an. »Nein, zweimal reicht. Wirklich. Beim ersten Mal war ich zu neugierig, mein Fehler. Beim zweiten Mal hatte ich keine Wahl. Und damit hat es sich.«

Sie setzte sich auf den Stuhl, stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn in die Hände. »Hast du denn auch über die andere Sache nachgedacht?«

»Die andere Sache? Ach so. Ja, natürlich.«

»Und was ist das Ergebnis?«

»Es gibt keines, noch nicht.«

»Du machst es uns schwer, Josef, immer so schwer. Warum nur?«

»Ich nehme es ernst, das ist was anderes. Komm, geh schlafen, solche Nachtdiskussionen bringen uns nicht weiter.«

»Die am Tag aber auch nicht.« Sie stand auf und schaute ihn zärtlich an. »Versuch doch auch zu schlafen. Sonst bist du morgen, nee, heute wieder so zerschlagen.«

»Mal sehen, nachher.«

Sie verließ die Küche und schloss die Tür. Er starrte auf die Tür, als könnte er hindurchsehen. Ihr Streit, wann hatte er begonnen? Und um was ging es eigentlich? War Streit überhaupt das richtige Wort? Seit Wochen lief es so, und es zerrte an beider Nerven.

Dann fuhr er zusammen, als hätte ein Blitz ihn getroffen. Es war die Klingel. Einmal, zweimal, dreimal schrillte sie durch die Wohnung. Da sprang er auf, der Stuhl fiel nach hinten um und schlug laut auf den Linoleumboden. Als er die Küchentür aufriss, hörte er Felix weinen.

Anne kam aus dem Schlafzimmer. »Das kann nur ein Besoffener sein, verdammt.« Sie verschwand in Felix’ Zimmer. Stachelmann fragte zornig in die Gegensprechanlage: »Sind Sie verrückt?«

»Polizei«, sagte eine leise Frauenstimme. »Machen Sie auf, bitte.«

Die Stimme berührte etwas in ihm. Er hatte sie schon einmal gehört, irgendwann. Stachelmann drückte auf den Knopf, der die Haustür öffnete. Dann eilte er ins Badezimmer, zog sich den Bademantel an, trat zurück in den Flur und wartete. Die Schritte auf der Treppe näherten sich rasch. Es waren leise, schnelle Schritte. Dann sah er sie. Natürlich, er kannte sie. Das war doch Ossis Kollegin. Wie hieß sie nochmal? Sie war klein und hatte kurze schwarze Haare. Sie ähnelt Anne, dachte Stachelmann, nicht nur der Haare wegen. Etwas zierlicher. Sie hatte rote Augen, als wäre sie erkältet. Oder als hätte sie geweint.

»Entschuldigung«, sagte sie. »Es ist früh.« Ihre Augen sagten: Ich kann nicht anders.

Stachelmann führte sie in die Küche, füllte Kaffeepulver in einen Filter und Wasser in die Maschine, dann schaltete er die Kaffeemaschine ein. Die Polizistin setzte sich auf einen Stuhl und nestelte an ihrem Pullover, den sie unter dem Anorak trug. Warum ist sie gekommen? Bestimmt nicht wegen mir oder Anne. Sie war fertig mit den Nerven und würde etwas sagen, wenn sie es für richtig hielt. Wenn seiner Mutter etwas passiert war? Ein Verbrechen? Aber sie will doch zu Anne, woher sollte sie wissen, dass du hier bist? Es beruhigte ihn ein wenig. Aber wenn Annes Mutter etwas geschehen war? Furchtbar, wo sich doch der Vater schon erschossen hatte, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Er spürte, wie die Ungewissheit ihn zu quälen begann. Er stellte drei Kaffeebecher sowie Zucker und Milch auf den Tisch. Die Polizistin schien es nicht zu bemerken. Sie nestelte am Ausschnitt des Pullovers und starrte auf die Tischplatte. Dann schluckte sie zweimal und sagte: »Wir kennen uns.«

Stachelmann nickte. Er setzte sich ihr gegenüber.

Dann sagte sie: »Ossi ist tot. Heute Nacht.«

Er schaute sie streng an, als vermutete er einen geschmacklosen Scherz. Dann fiel ihm ein: »Sie sind Frau Nebel.«

»Hebel«, sagte sie. »Carmen Hebel. Nennen Sie mich Carmen, das hat Ossi auch getan.«

Ossi war tot. »Tot?«

Sie nickte. Eine Träne lief vom Auge über den Wangenknochen und den Mundwinkel bis zum Kinn, dort blieb sie hängen.

Stachelmann starrte die Träne an. Er hörte Felix schreien.

»Als wir einmal hier vorbeigefahren sind, hat Ossi mir erzählt, dass Sie manchmal bei Ihrer Freundin wohnen. Er hat ein bisschen geschwärmt von Ihrer Freundin, hatte sogar ihren Namen in sein Adressbuch geschrieben. Und einmal haben wir Sie hier vorbeigebracht, Sie haben es gewiss vergessen.« Er hatte es nicht vergessen.

Die Kaffeemaschine spotzte leise, dann zischte und fauchte sie.

Er wollte fragen, wie es geschehen war, spürte aber, es war besser, sie erzählen zu lassen, auch wenn seine Ungeduld ihn plagte.

Anne trat ein, Felix schrie nicht mehr. Sie stellte sich hinter Stachelmann und legte ihre Hände auf seine Schultern. Sie fragte nicht, sondern schaute Carmen an.

Aber die sah es nicht, hatte offenbar nicht einmal bemerkt, dass Anne in die Küche gekommen war. Carmen starrte aus feuchten Augen immer nur auf die Tischplatte. »Er sitzt da an seinem Schreibtisch … sein Kopf auf der Schreibtischplatte … auf einem Stapel Papier, einer Art Akte, in der er vor seinem Tod vielleicht gelesen hat.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, er ist jetzt in der Rechtsmedizin, und sie haben ihn vielleicht schon aufgeschnitten.« Sie schüttelte wieder den Kopf. Dann sagte sie noch leiser: »Und wenn er sich umgebracht hat? Warum? Und wenn ihn jemand ermordet hat? Warum? Ich verstehe es nicht.«

Stachelmann spürte, wie Annes Hände seine Schultern fester drückten. Carmens Gesicht hob sich, sie schaute Anne an aus nassen Augen. Die drehte sich weg zur Kaffeemaschine, zog die Kanne heraus und goss ein in die drei Becher auf dem Tisch. Dann setzte sie sich an den Tisch, rührte in ihrem Becher, obwohl sie weder Zucker noch Sahne hineingegeben hatte. Der Löffel kratzte am Becherrand, Stachelmann schaute kurz hin, ärgerte sich einen Augenblick, aber dann war es ihm egal.

»Ich habe ihn gefunden«, sagte Carmen. »So gegen Mitternacht oder kurz danach. Ich kam aus dem Präsidium …« Sie trank einen Schluck Kaffee. »Wir waren befreundet.« Sie trank hastig mehrere Schlucke. »Es war eigentlich schön, aber auch nicht leicht. Und da gab es dieses Problem, das er vor aller Welt versteckt hat.«

»Welches Problem?«, fragte Anne sanft.

»Alkohol«, erwiderte Carmen. »Ich hab versucht, ihn davon abzubringen. Manchmal hab ich geglaubt, es sei geglückt. Aber dann habe ich wieder eine Flasche gefunden. Wissen Sie, er hat sie versteckt, wenn er wusste, dass ich kam. Zwei- oder dreimal in der Woche. Zusammenziehen wollte ich nicht mit ihm.« Es klang, als machte sie sich einen Vorwurf. Als hätte sie seinen Tod verhindern können, wenn sie mit ihm zusammengezogen wäre.

Stachelmann versank noch tiefer in sich. Er musste nichts sagen oder fragen. Anne würde es tun, und er würde zuhören und nachdenken....

Erscheint lt. Verlag 21.9.2009
Reihe/Serie Stachelmann ermittelt
Stachelmann ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 3. Fall • Belletristik • Christian von Ditfurth • Heidelberg • Historiker • Josef Maria Stachelmann • Kiepenheuer & Witsch • Krimi-Reihe • Mörder-Suche • Spannung • Thingstätte • Verbrechen • Vergangenheit
ISBN-10 3-462-30007-5 / 3462300075
ISBN-13 978-3-462-30007-9 / 9783462300079
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