Alle singen im Chor (eBook)

Maria Kallios erster Fall | Ein Finnland-Krimi
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2009 | 1. Auflage
240 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-40831-9 (ISBN)

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Alle singen im Chor -  Leena Lehtolainen
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Böse Menschen kennen keine Lieder Im flachen Uferwasser eines Sees wird eine Leiche gefunden: Ein Mann wurde ermordet. Als Maria Kallio die Ermittlungen übertragen werden, befindet sie sich in einer schwierigen Situation: Sie kennt Jukka Peltonen aus Studienzeiten gut - ebenso wie die anderen Männer und Frauen, die mit ihm das Wochenende auf dem Land verbrachten. Sie alle sind Mitglieder eines Chors, seit Jahren befreundet, in ihrer Hingabe zur Musik und in wechselnden Liebschaften einander verbunden. Und doch hat jemand aus dem Chor Jukka ermordet. Maria Kallio, die finnische Kommissarin, muss den Mörder im Freundeskreis entlarven. Maria Kallios erster Fall

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit. Gabriele Schrey-Vasara, geboren 1953 in Rheydt, studierte Geschichte, Romanistik und Finnougristik in Göttingen und lebt seit 1979 in Helsinki. 2008 erhielt sie den Staatlichen finnischen Übersetzerpreis.

Zwei


Um Kiel und Planken Gischtwellen branden

 

Kinnunen hatte sich immer noch nicht im Präsidium blicken lassen. Der Diensthabende hatte beim x-ten Anruf in Kinnunens Wohnung endlich dessen neue Freundin erreicht, die ihm erzählt hatte, mein Vorgesetzter säße beim vierten Bier auf der Terrasse des «Kappeli». Rane und ich beschlossen, ohne ihn anzufangen, damit wir die Leute nicht den ganzen Abend auf dem Präsidium behalten mussten.

Ich wollte mir die Chormitglieder in alphabetischer Reihenfolge vornehmen, da mir nichts Besseres einfiel. Rane sollte nur mitschreiben, denn er würde sowieso nicht mehr lange an dem Fall mitarbeiten. Er war in Gedanken schon beim Montag, an dem er ausschlafen und alle Mordfälle vergessen konnte. Immerhin würde er aber hören, was die Zeugen zu sagen hatten, und sein Urteil darüber abgeben können, bevor er in Urlaub ging. In den wenigen Monaten, die ich mit ihm zusammengearbeitet hatte, war mir klar geworden, dass Rane trotz seiner Vorurteile und seiner gelegentlichen Boshaftigkeit ein scharfsichtiger Beobachter war. Wahrscheinlich fuchste es ihn, einer fast zehn Jahre jüngeren Frau unterstellt zu sein.

Sirkku Halonen war als Erste an der Reihe. Sie wirkte sehr nervös, darum stellte ich ihr zuerst einfache Routinefragen, um sie zu beruhigen. Ich bin nicht mütterlich veranlagt, sanfter Umgang mit verletzlichen Menschen liegt mir nicht. Mit hartgesottenen Typen komme ich besser zurecht als mit zu Tode erschrockenen kleinen Mädchen, die ein böser Onkel belästigt hat. Timo Huttunen wollte unbedingt mitkommen, um seiner Freundin beizustehen, aber ich scheuchte ihn zurück auf den Gang.

Sirkku erzählte, sie hätte Jukka vor ungefähr drei Jahren kennen gelernt. Bevor sie in den Chor eingetreten war, hatte sie ihn ein paar Mal auf Feten getroffen, die Piia und ihr Mann veranstaltet hatten. Mit Timo Huttunen war sie seit etwa einem Jahr befreundet. Jukka war ihrer Meinung nach «ganz nett», und sie konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wer ihn umgebracht haben könnte.

«Das Wochenende hatte so schön angefangen … Ich hab einen Ferienjob in einem Kaufhaus in der Parfümerieabteilung, das ist wahnsinnig anstrengend. Ich hatte mich so auf die paar Tage gefreut!» Anscheinend trauerte Sirkku eher dem verpatzten Ausflug nach als ihrem toten Bekannten.

Anfangs glaubte ich, nichts Brauchbares aus ihr herausholen zu können. Ihren Worten nach war am Samstag nichts Besonderes vorgefallen. Sie hatten eine Weile gesungen, es hatte ganz gut geklappt, dann waren Antti und Jukka losgezogen, um die Sauna zu heizen, Jyri hatte Klavier gespielt, Timo und Sirkku hatten auf der Terrasse gesessen und Erdbeerwein getrunken, und Mirja und Tuulia hatten sich um das Essen gekümmert.

«Es war sehr lecker, Ratatouille oder so was. Tuulia kann echt gut kochen – obwohl sie für meinen Geschmack zu viel Knoblauch genommen hat. Dann sind Timo und ich eine Weile gerudert … Die anderen waren inzwischen in der Sauna. Wir wollten ungestört sein und sind erst reingegangen, als die anderen fertig waren. So gegen elf, glaub ich, sind wir dann ins Haus.»

Als das Liebespaar aus der Sauna kam, saßen die anderen im Erdgeschoss am Kamin. Alles war ruhig und friedlich.

«Wann seid ihr ins Bett? Vor oder nach Jukka?»

«Wir sind wohl als Erste gegangen. Timo und ich haben oben im großen Schlafzimmer geschlafen. Ich war in der Nacht einmal auf der Toilette, und zwar oben, draußen war ich nicht. Timo auch nicht, der hat die ganze Nacht geschlafen.»

Ich fragte mich, woher Sirkku das so genau wissen wollte, wenn sie selbst geschlafen hatte.

«Hat sich Jukka deiner Meinung nach tagsüber irgendwie anders verhalten als sonst?»

«Nein. Er war gut gelaunt. Bei der Probe hat er nicht mal die Nerven verloren, obwohl Piia dauernd gepatzt hat. Sie singt den zweiten Sopran und müsste bei Kuulas «Stromab treibet mein Boot» als Erste einsetzen, aber das wollte und wollte nicht klappen. Aber mit Piia hat … hatte Jukka viel Geduld …»

Sirkku schien anzudeuten, dass Piia nicht wegen ihrer Gesangskünste, sondern wegen anderer Verdienste in die Gruppe aufgenommen worden war.

«Na, zwischen Piia und Jukka lief bestimmt was, wo doch Peter, Piias Mann, fast ein halbes Jahr in Amerika ist, zum Regattasegeln. Schrecklich lange, nicht? Jukka hat sich gleich auf Piia gestürzt. Das hätte ich vielleicht jetzt nicht sagen sollen … Aber Piia wird das bestimmt selbst sagen, es ist ja auch nichts dabei. Dass sie zusammen ins Kino gehen und so. Aber zum Glück ist Peter noch auf der «Marlboro of Finland», so heißt nämlich sein Boot, denn er hätte immerhin einen Grund gehabt, Jukka umzubringen. Das heißt eigentlich keinen richtigen Grund, aber er ist ziemlich eifersüchtig …»

«An Frauen hat es Jukka wohl nicht gemangelt? Wie war es denn mit Jukka und dir, ist da auch mal was … gelaufen?» Ich erinnerte mich vage, dass Jaana bei unserem letzten Treffen ärgerlich gesagt hatte, Jukka hätte «überhaupt kein Niveau» mehr und würde neuerdings «alle möglichen kleinen Gören abschleppen».

«Ja, das war so ein Urlaubsflirt in Deutschland, nichts Ernstes.» Sirkku ließ sich durch meine direkte Frage nicht aus dem Konzept bringen. Sie hatte ihre Nervosität verloren und sprach inzwischen schon mit einem gewissen Stolz. «Jukka und Jaana hatten schon vorher Schluss gemacht, aber Jukka hat sich trotzdem geärgert, als Jaana anfing, mit diesem Franz zu flirten. Es war schön mit Jukka, und von Timo hatte ich damals ja noch keine Ahnung. Aber die Sache war gleich nach der Reise zu Ende, ich war ja damals noch mit Jari zusammen …»

«War Timo eifersüchtig auf Jukka?»

«Wegen der Sache in Deutschland? Glaub ich nicht, warum auch? Danach war ja nichts mehr zwischen uns. Ich würde Timo nie betrügen!»

Aber deinen damaligen Freund hast du sehr wohl betrogen, dachte ich belustigt. «Als du nachts auf der Toilette warst, hast du da irgendwen gesehen oder gehört?»

«Die Toilette ist ja gleich nebenan, da sieht man nicht viel, außerdem war ich halb im Schlaf und ein bisschen betrunken und bin gleich wieder eingeschlafen. Aber dass Tuulia unten schnarchte, hab ich schon gehört. Ich begreif nicht, wie Piia und Mirja bei dem Krach schlafen konnten. In Jukkas Bett hätte es Piia viel bequemer gehabt. Eingeladen war sie ja.» Sirkku sah plötzlich schuldbewusst drein. «Ich war nach der Sauna kurz oben, da haben sie sich scheinbar gerade gestritten. Jukka hat Piia gebeten, bei ihm zu schlafen, aber sie wollte nicht. Aber sonst hab ich wirklich nichts gehört.»

«Wovon bist du denn mitten in der Nacht wach geworden?»

«Na, ich musste eben aufs Klo!» Sie wurde nachdenklich. «Ich weiß nicht … Vielleicht hab ich ein Poltern gehört, aber ich bin mir nicht sicher. Ich muss meistens nachts aufs Klo, wenn ich abends spät noch was trinke.» Sie warf Rane einen Blick zu und wurde rot.

Kleinmädchengehabe mag ich nicht – womöglich nur, weil ich selber diese Kunst nicht beherrsche. Ich sagte Sirkku, ich würde mich Anfang der Woche noch einmal bei ihr melden, dann ließ ich sie gehen und bat sie, Timo Huttunen hereinzuschicken.

«Warum macht sie so einen Wind um Jukkas Techtelmechtel mit ihrer Schwester? Glaubt sie vielleicht, dass etwas dahinter steckt?», überlegte ich halblaut. «Auf jeden Fall muss die ‹Marlboro of Finland› … weißt du noch, Rane, was für ein Theater im Frühjahr um die Schleichwerbung gemacht wurde? Also wir sollten überprüfen, ob das Boot vielleicht gerade in irgendeinem Hafen liegt und ob dieser Peter Wahlroos, aus welchem Grund auch immer, zwischendurch nach Finnland geflogen ist. Halte ich allerdings für unwahrscheinlich. Aber wer weiß, vielleicht fließt in seinen Adern heißes Wikingerblut, und wenn seine Penelope nicht brav war, bringt er den Nebenbuhlern das Fürchten bei.»

Ich gab es auf, Mythen zu mischen, weil Huttunen hereinkam. Ein rachsüchtiger Ehemann, der in Segelschuhen durch den Schlick watete, das klang noch unglaubwürdiger als Sirkkus Vermutung, der Mörder könne nur ein Fremder sein, der zufällig vorbeigekommen war. Das hofften sie wohl alle.

Timo Huttunen sah aus, als hätte er die ganze Geschichte satt. Äußerlich wirkte er wie ein Naturbursche vom Land: blassblaue Augen, strohblondes Bürstenhaar, robuste Statur. Man hätte ihm auf den ersten Blick nicht zugetraut, dass er sich mit irgendetwas Künstlerischem befasste, am allerwenigsten mit klassischer Musik. Die nächste Überraschung kam, als er den Mund aufmachte, denn seine Sprechweise war ungemein geziert:

«Hoffentlich warst du nett zu Sirkku. Sie ist in der Tat zutiefst erschüttert ob des Vorfalls.»

Timo arbeitete in den Semesterferien in einer Verkaufsstelle für Landwirtschaftsmaschinen. Im Chor sang er seit drei Jahren. Sein Bericht über die Ereignisse des gestrigen Abends unterschied sich kaum von dem, was Sirkku gesagt hatte: essen, auf der Terrasse sitzen, Sex in der Sauna (an dieser Stelle errötete der Knabe voller Stolz, und ich war geneigt, ihn doch als Rustikalmacho einzustufen), Liebesgeflüster am Kamin. Timo hatte geschlafen wie ein Murmeltier, war auch nicht aufgewacht, als Sirkku auf die Toilette ging, er wusste also nicht, wie lange sie unterwegs gewesen war. Jedoch hatte er seine eigene Theorie, weshalb Jukka ermordet worden war.

«Ich habe persönlich nichts gegen Jukka, aber er hat es doch recht bunt getrieben. Es hat mir nicht gefallen, wie er mit Piia geflirtet hat, immerhin ist sie verheiratet. Antti mochte das auch nicht. Das hat er Jukka ja auch...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2009
Reihe/Serie Die Maria Kallio-Reihe
Maria Kallio ermittelt
Übersetzer Gabriele Schrey-Vasara
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte A.M. Ollikainen • Ermittlungen • finnische Literatur • Finnland • Finnland Krimi • Helsinki • Jan Costin Wagner • Kommissarin Maria Kallio • Krimi • Maria Kallio ermittelt • Mord • Ollikainen • Ostsee • Roman Finnland • Taavi Soininvaara • Team Helsinki
ISBN-10 3-644-40831-9 / 3644408319
ISBN-13 978-3-644-40831-9 / 9783644408319
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