Die Abschussliste (eBook)

Ein Jack-Reacher-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2010 | 1. Auflage
480 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-03815-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Abschussliste -  Lee Child
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Stark, hart, actionreich. Vorsicht: Suchtgefahr!
Silvester 89/90: Statt Neujahrswünschen erhält Jack Reacher die Meldung, dass ein ranghoher General tot aufgefunden wurde. Bei seinen Ermittlungen wird Reacher bald klar: Nach dem Ende des Kalten Krieges haben sich die Machtkämpfe verlagert - nun finden sie innerhalb der Army statt. Und er nähert sich dem Machtzentrum ...

Ein besonderer Leckerbissen für alle Jack-Reacher-Fans!

Lee Child wurde in den englischen Midlands geboren, studierte Jura und arbeitete dann zwanzig Jahre lang beim Fernsehen. 1995 kehrte er der TV-Welt und England den Rücken, zog in die USA und landete bereits mit seinem ersten Jack-Reacher-Thriller einen internationalen Bestseller. Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Anthony Award, dem renommiertesten Preis für Spannungsliteratur.

1
So schlimm wie ein Herzanfall, vielleicht war das Ken Kramers letzter Gedanke – wie eine abschließende Panikexplosion in seinem Gehirn, als er zu atmen aufhörte und im Abgrund versank. Er verhielt sich auf jede nur denkbare Weise falsch, das wusste er. Er war an einem Ort, an dem er nicht hätte sein sollen, war mit jemandem zusammen, mit dem er nicht hätte zusammen sein dürfen, und hatte etwas bei sich, das er an einem sichereren Platz hätte aufbewahren müssen. Aber er kam damit durch. Er spielte und gewann. Er hatte das Spiel im Griff. Vermutlich lächelte er. Bis das plötzliche dumpfe Hämmern tief in seiner Brust ihn austrickste. Damit war alles auf den Kopf gestellt. Sein Erfolg verwandelte sich augenblicklich in eine Katastrophe. Er hatte keine Zeit mehr, irgendwas in Ordnung zu bringen.
Niemand weiß, was man bei einem tödlichen Herzanfall empfindet. Es gibt keine Überlebenden, die ihn uns schildern könnten. Ärzte sprechen von Nekrose und Blutpfropfen, von Sauerstoffmangel und blockierten Arterien. Sie sagen schnelles Kammerflimmern oder aber überhaupt nichts voraus. Sie benutzen Fachausdrücke wie Infarktbildung und Fibrillation, aber diese Begriffe bedeuten uns nichts. Man fällt einfach tot um, sollten sie sagen. Genau das tat Ken Kramer jedenfalls. Er fiel einfach tot um, und er nahm seine Geheimnisse mit sich, und die Probleme, die er hinterließ, hätten auch mich beinahe das Leben gekostet.
 
Ich war in einem Dienstzimmer allein, das nicht mir gehörte. An der Wand hing eine Uhr. Sie hatte keinen Sekundenzeiger, bloß einen Stunden- und einen Minutenzeiger. Sie lief elektrisch. Sie tickte nicht. Sie war ebenso still wie der ganze Raum. Ich beobachtete gespannt den Minutenzeiger. Er bewegte sich nicht.
Ich wartete.
Er bewegte sich. Er sprang sechs Striche weiter. Seine Bewegung war mechanisch, gedämpft und präzise. Er machte diesen einen Sprung, zitterte leicht und kam zum Stehen.
Eine Minute.
Eine vorbei, bleibt noch eine.
Noch sechzig Sekunden.
Ich starrte weiter die Uhr an. Die Zeiger blieben lange, lange unbeweglich. Dann sprang der Minutenzeiger nochmals. Wieder sechs Striche, eine weitere Minute, senkrecht nach oben zu Mitternacht, und aus 1989 war 1990 geworden.
Ich schob meinen Stuhl zurück, stand vom Schreibtisch auf. Das Telefon klingelte. Ich vermutete, jemand rufe an, um mir ein gutes neues Jahr zu wünschen. Aber das stimmte nicht. Am Telefon meldete sich ein ziviler Polizeibeamter, der mich wissen ließ, dass in einem Motel dreißig Meilen vom Stützpunkt entfernt ein toter Soldat lag.
»Ich brauche den Offizier vom Dienst der Militärpolizei«, sagte er.
Ich setzte mich wieder an den Schreibtisch.
»Am Apparat«, sagte ich.
»Wir haben einen von Ihren – tot.«
»Einen von meinen?«
»Einen Soldaten«, antwortete er.
»Wo?«
»Motel in der Stadt.«
»Wodurch tot?«, fragte ich.
»Herzanfall, schätze ich«, sagte der Mann.
Ich schwieg einen Moment, blätterte den dienstlich gelieferten Kalender auf dem Schreibtisch vom 31. Dezember auf den 1. Januar um.
»Nichts Verdächtiges?«, erkundigte ich mich.
»Ich sehe nichts.«
»Haben Sie schon Herztote gesehen?«
»Jede Menge.«
»Okay«, sagte ich. »Rufen Sie die Standortkommandantur an.«
Ich gab ihm die Nummer.
»Gutes neues Jahr«, sagte ich.
»Sie brauchen nicht rauszukommen?«, fragte er.
»Nein«, erwiderte ich und legte auf. Ich brauchte nicht hinauszufahren. Die U.S. Army ist eine große Einrichtung, etwas größer als Detroit, etwas kleiner als Dallas und ebenso unsentimental wie diese beiden Städte. Ihre gegenwärtige Iststärke beträgt neunhundertdreißigtausend Männer und Frauen, die für den Durchschnitt der amerikanischen Bevölkerung weitgehend repräsentativ sind. In den USA beträgt die Sterblichkeit je hunderttausend Einwohner etwa achthundertfünfundsechzig Personen pro Jahr, und in Friedenszeiten sterben Soldaten nicht häufiger oder seltener als gewöhnliche Bürger. Insgesamt sind sie jünger und in besserer körperlicher Verfassung als der Durchschnitt der Bevölkerung, aber sie rauchen und trinken mehr, essen ungesünder, haben mehr Stress und tun in der Ausbildung alle möglichen gefährlichen Dinge. Deshalb entspricht ihre Lebenserwartung ungefähr dem Durchschnitt. Sie sterben ebenso häufig wie andere Leute. Rechnet man die Sterblichkeit mit der gegenwärtigen Iststärke hoch, kommt man für jeden einzelnen Tag des Jahres auf zweiundzwanzig tote Soldaten: Unfälle, Selbstmorde, Herzinfarkt, Krebs, Gehirnschlag, Lungenleiden, Leberversagen, Nierenversagen. Wie die Todesfälle in Detroit oder Dallas. Also brauchte ich nicht hinauszufahren. Ich bin ein Cop, kein Leichenbeschauer.
Der Minutenzeiger bewegte sich wieder. Er sprang vor, zitterte ein wenig und kam zum Stehen. Drei Minuten nach Mitternacht. Das Telefon klingelte erneut. Diesmal wollte mir jemand ein gutes neues Jahr wünschen: die Sergeantin draußen im Vorzimmer.
»Gutes neues Jahr«, sagte sie.
»Gleichfalls«, sagte ich. »Sie konnten nicht aufstehen und den Kopf zur Tür reinstecken?«
»Sie konnten Ihren nicht zur Tür rausstrecken?«
»Ich war am Telefon.«
»Wer hat angerufen?«
»Niemand«, sagte ich. »Nur irgendein GI, der’s nicht bis ins neue Jahrzehnt geschafft hat.«
»Wollen Sie einen Kaffee?«
»Klar«, sagte ich. »Warum nicht?«
Ich legte wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt war ich über sechs Jahre bei der Army, und der Kaffee, den es dort gab, war mit einer der Gründe, weshalb ich gern dabeiblieb. Er war der beste der Welt, keine Frage. Dasselbe galt für die Sergeanten. Die Sergeantin in meinem Vorzimmer stammte aus Nordgeorgia, irgendwo aus den Bergen. Ich kannte sie seit zwei Tagen. Sie wohnte außerhalb des Stützpunkts in einer Wohnwagensiedlung und hatte einen kleinen Jungen, der noch ein Baby war. Ich wusste alles über ihn. Einen Ehemann schien es nicht zu geben. Sie bestand nur aus Haut und Knochen und war zäh wie Büffelleder, aber sie mochte mich, denn sie brachte mir Kaffee. Mögen sie einen nicht, bekommt man keinen. Stattdessen fallen sie einem in den Rücken. Die Tür öffnete sich, und sie betrat mit zwei Kaffeebechern – einen für sie, einen für mich – den Raum.
»Gutes neues Jahr«, wiederholte ich.
Sie stellte beide Becher auf meinen Schreibtisch.
»Wird’s denn gut?«, wollte sie wissen.
»Sehe nichts, was dagegen spricht«, entgegnete ich.
»Die Berliner Mauer ist praktisch gefallen. Das haben sie im Fernsehen gezeigt. Dort drüben findet eine Riesenparty statt.«
»Freut mich, dass irgendwo gefeiert wird.«
»Massenhaft Menschen. Ein Volksauflauf. Alle haben gesungen und getanzt.«
»Ich hab keine Nachrichten gesehen.«
»Das war schon vor sechs Stunden. Wegen desZeitunterschieds.«
»Wahrscheinlich feiern sie noch immer.«
»Sie hatten Vorschlaghämmer.«
»Die dürfen sie haben. Ihre Hälfte ist eine freie Stadt. Wir haben fünfundvierzig Jahre dafür gesorgt, dass sie das bleibt.«
»Wenn’s so weitergeht, haben wir bald keinen Feind mehr.«
Ich kostete den Kaffee. Heiß, schwarz, der beste Kaffee der Welt.
»Wir haben gesiegt«, sagte ich. »Ist das nicht eigentlich eine gute Sache?«
»Nicht wenn man auf Onkel Sams Gehaltsscheck angewiesen ist.«
Sie trug wie ich einen Kampfanzug mit dem Standard-Tarnmuster »Waldland«. Ihre Ärmel waren ordentlich aufgerollt. Ihre MP-Armbinde saß genau waagerecht. Ich vermutete, dass sie von hinten unsichtbar mit einer Sicherheitsnadel befestigt war. Ihre Stiefel glänzten.
»Haben Sie einen Wüstentarnanzug?«, fragte ich sie.
»Bin nie in der Wüste gewesen«, antwortete sie.
»Sie haben das Muster geändert. Jetzt hat es große braune Flecken. Fünf Jahre Forschungsarbeit. Bei der Infanterie heißen sie Schokoladenchips. Das neue Muster taugt nichts. Sie werden wieder das vorige einführen müssen. Aber es wird weitere fünf Jahre dauern, bis sie das kapieren.«
»Und?«
»Brauchen sie fünf Jahre, um ein Tarnmuster zu ändern, hat Ihr Junge sein Collegestudium abgeschlossen, bevor sie darauf kommen, die Streitkräfte zu verringern. Machen Sie sich also deswegen keine Sorgen.«
»Okay«, sagte sie, ohne mir zu glauben. »Finden Sie, dass er das Zeug fürs College hat?«
»Ich hab ihn nie gesehen.«
Sie schwieg.
»Die Army hasst Veränderungen«, sagte ich. »Und wir werden immer Feinde haben.«
Das Telefon klingelte wieder. Sie beugte sich nach vorn und nahm an meiner Stelle ab. Hörte eine Weile zu und hielt mir dann den Hörer hin.
»Oberst Garber, Sir«, sagte sie. »Er ist in Washington.«
Sie nahm ihren Kaffeebecher und ging hinaus. Oberst Garber war mein Boss, ein netter Kerl, aber dass er am Neujahrstag acht Minuten nach Mitternacht anrief, nur um Smalltalk zu machen, konnte ich mir nicht vorstellen. Das war nicht sein Stil. Manche Vorgesetzten machen das. Sie tun an hohen Feiertagen scheißfreundlich, als wären sie tatsächlich nur einer der Jungs. Aber Leon Garber wäre es nicht im Traum eingefallen, so etwas bei irgendjemandem zu versuchen – am allerwenigsten bei mir. Selbst wenn er gewusst hätte, dass ich am Telefon sein würde.
»Reacher«, meldete ich...

Erscheint lt. Verlag 4.3.2010
Reihe/Serie Die-Jack-Reacher-Romane
Übersetzer Wulf Bergner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Enemy (08 Reacher)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte action • Army • eBooks • einsamerWolf • Einzelgänger • Jack Reacher • JackReacher • KalterKrieg • Komplott • Militärpolizei • Mord • Politik • Reihe • Roman • Spannung • Thriller • USA • Verbrechen • Verrat • Verschwörung
ISBN-10 3-641-03815-4 / 3641038154
ISBN-13 978-3-641-03815-1 / 9783641038151
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