Zeitgewinn und Selbstverlust (eBook)

Folgen und Grenzen der Beschleunigung
eBook Download: PDF
2009 | 1. Auflage
262 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-40744-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zeitgewinn und Selbstverlust -
Systemvoraussetzungen
31,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
In diesem Band beleuchten die Autorinnen und Autoren Folgen und Grenzen der Beschleunigung in der gegenwärtigen Moderne. Sie analysieren die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen von Zeitpraktiken und Zeitdiskursen sowie die Auswirkungen der Beschleunigung auf individuelle Entwicklungs- und Bildungsprozesse. Im Zentrum stehen die Wechselwirkungen zwischen der Makrologik sozialer Beschleunigung und der Mikrologik damit verbundener subjektiver Verarbeitungsweisen und Sinnkonstruktionen. Mit Beiträgen von Nicole Aubert, Hartmut Böhme, Werner Bohleber, Andreas Dörpinghaus, Benigna Gerisch, Vera King, Hans-Christoph Koller, Carmen Leccardi, Christine Morgenroth, Hartmut Rosa, Christa Rohde-Dachser und Helga Zeiher.

Vera King ist Soziologin und Professorin an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg. Benigna Gerisch, PD Dr. phil., ist Psychoanalytikerin sowie Psychotherapeutin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Therapiezentrum für Suizidgefährdete am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Vera King ist Soziologin und Professorin an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg. Benigna Gerisch, PD Dr. phil., ist Psychoanalytikerin sowie Psychotherapeutin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Therapiezentrum für Suizidgefährdete am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Inhalt 6
Zeitgewinn und Selbstverlust – Vera King und Benigna Gerisch 8
Zeitkulturen 20
Jedes Ding hat keine Zeit? Flexible Menschen in rasenden Verhältnissen – Hartmut Rosa 22
Umkämpfte Zeit – Folgen der Beschleunigung in Generationenbeziehungen – Vera King 41
Full Speed – Slow Down: Ambivalenzen der Moderne – Hartmut Böhme 64
Entgrenzte Arbeit – Entgrenzte Subjekte 86
Dringlichkeit und Selbstverlust in der Hypermoderne – Nicole Aubert 88
»…Und ich war der Fehler« – Über den Zusammenhang von Simultaneität, Entgrenzung und Sucht – Christine Morgenroth 102
Psyche, Soma, Endlichkeit 122
Körper-Zeiten: Zur Hochkonjunktur des Körpers als Folge der Beschleunigung – Benigna Gerisch 124
Fiktionen der Unsterblichkeit – Soziologische und psychoanalytische Perspektiven – Christa Rohde-Dachser 145
Bildung und Identitätsbildungin knapper Zeit 166
Bildung und Zeit: Über Zeitdispositive und Lebenszeitregime – Andreas Dörpinghaus 168
Zur Zeitstruktur biographischer Bildungsprozesse – Hans-Christoph Koller 184
Das Problem der Identität in der Spätmoderne – Psychoanalytische Perspektiven – Werner Bohleber 203
Beschleunigtes Aufwachsen 222
Kindheit zwischen Zukunftserwartungen und Leben in der Gegenwart – Helga Zeiher 224
Widersprüchliche Zeiten: Beschleunigung und Verlangsamung in Biographien junger Frauen und Männer – Carmen Leccardi 243
Autorinnen und Autoren 262

Jedes Ding hat keine Zeit? Flexible Menschen in rasenden Verhältnissen Hartmut Rosa 5. Präsenzzeit Die dritte Bedeutung der Vorstellung, dass alle Dinge 'ihre Zeit' haben, bezieht sich auf ihre jeweilige (individuelle oder kollektive) historische Aktualität, auf ihre 'Gebrauchszeit' oder 'Geltungsdauer'. So reden wir manchmal davon, dass ein bestimmter Sport- oder Musikstar 'seine Zeit' schon gehabt habe, das gilt aber auch für einen Modestil oder ein Automodell. Bezogen auf den Alltag lässt sich dies leicht an Gebrauchsgegenständen illustrieren. Während die Schreibmaschine, der Rechenschieber oder das Telefon mit Wählscheibe 'ihre Zeit' gewissermaßen kollektiv im 20. Jahrhundert hatten - sie ist inzwischen abgelaufen -, lässt sich das von je konkreten Gegenständen für den je spezifischen Alltag von Individuen sagen. Die Zeit meines roten Rollkragenpullis, meines Opel Kadett oder meiner blauen Kaffeetasse lässt sich jeweils recht genau definieren, sie ist inzwischen in allen drei Fällen abgelaufen. In lebenszeitlicher Perspektive lässt sich etwa meine Gelsenkirchener Zeit, meine Zeit mit Elsa, oder meine Zeit bei den Methodisten exakt bestimmen. Auch diese 'Dinge' hatten ihre feste Zeit in meinem Leben. Schließlich sind historische Epochen oft durch die Präsenz bestimmter Institutionen, Personen oder auch Stile geprägt. Der Wohlfahrtsstaat, das Wirtschaftswunder, die 68er, der Stummfilm: Sie alle hatten 'ihre Zeit' und 'färbten' dabei den Charakter ihrer jeweiligen Epoche. Lässt sich auch in diesem Sinne eine Erosion der 'Eigenzeit' beobachten? Ich meine Ja. Moderne Gesellschaften stehen, wie schon bemerkt, unter andauerndem Innovationsdruck; sie sind durch eine progressive Steigerung der sozialen und technischen Innovationsraten gekennzeichnet (vgl. Lübbe 1998). In der Spätmoderne, so meine ich, sind diese Innovationsraten in allen drei Zeithorizonten (Alltag, Leben, Epoche) so hoch geworden, dass die Dinge ihre Geltung verlieren, aus der Mode kommen oder verändert werden, bevor sie in Alltag, Leben oder Epoche 'historisch' bzw. lebenspraktisch anverwandelt werden konnten. Ihnen bleibt daher keine Zeit mehr, Alltag, Leben oder Epoche zu prägen. Wo ließe sich solches beobachten? Man muss nicht erst die extrem kurze 'Präsenzzeit' der neuen Medienstars bemühen, wie sie etwa bei 'Deutschland sucht den Superstar' generiert werden. Was Karl Marx als Tendenz für die Produktionsmittel - insbesondere für die Maschinen - beobachtete, gilt heute für die Mehrzahl der hergestellten Produkte: Ihre Zeit ist abgelaufen, bevor sie physisch zerschlissen sind. Kaum jemand trägt heute seine Kleider noch, bis sie wirklich und irreparabel zerrissen sind, sie kommen vorher aus der Mode. Das gilt a fortiori für Computer, Handys, Fotokameras, Radiorecorder etc. Werden Konsumprodukte alltagsuntauglich, bevor sie jemals 'richtig' zum Einsatz kamen, das heißt, werfen wir Kleider, Schuhe, Lebensmittel oder technische Geräte weg, ohne sie wirklich benutzt zu haben, lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass ihre Zeit abgelaufen sei, bevor sie anfing: Sie hatten 'ihre Zeit' nicht. Das mag in lebenszeitlicher Perspektive auch für Arbeitsstellen, Wohnorte oder Lebenspartnerschaften gelten, die aufgegeben wurden, bevor sie identitätsstiftend oder -prägend werden und damit lebenszeitliche Bedeutung gewinnen konnten. Und es gilt für soziale und politische Organisationen und Institutionen. In manchen gesellschaftlichen Feldern (etwa im Bereich der Jugendpflege, im Hochschulwesen oder auch im Bereich der permanenten Reorganisation von Konzernen) ändern sich Institutionen und Regelungen so schnell, dass sich keine Routinen mehr ausbilden können. Eindrucksvoll lässt sich dies derzeit bei dem Versuch beobachten, einerseits neue Studiengänge und andererseits neue Formen der elektronischen Hochschulverwaltung gleichzeitig einzuführen: Organisationsmuster und Praxisformen veralten und werden abgeschafft, ehe sie routinisiert werden können, 'ihre Zeit' fällt vielfach einem 'organisatorischen Kammerflimmern' zum Opfer. Ist indessen die Zeit von Stars, Produkten, Maschinen und Praxisformen zu kurz, um einen epochenprägenden Charakter dergestalt zu gewinnen, dass man sich bei ihrem Anblick auch kontextuell in eine bestimmte Zeit zurückversetzt fühlt, so taugen sie nicht einmal fürs Museum: Die Schellackplatte ist dort gut aufgehoben, die Floppy-Disk dagegen lässt sich kaum mehr musealisieren.

Erscheint lt. Verlag 5.10.2009
Co-Autor Nicole Aubert, Hartmut Böhme, Werner Bohleber, Andreas Dörpinghaus, Benigna Gerisch, Vera King, Hans-Christoph Koller, Carmen Leccardi, Christine Morgenroth, Christa Rohde-Dachser, Hartmut Rosa, Helga Zeiher
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Beschleunigung • Flexibilität • Generationen • Geschwindigkeit • Identität • Moderne • Subjekt • Zeit • Zeitmanagement • Zeitstruktur
ISBN-10 3-593-40744-2 / 3593407442
ISBN-13 978-3-593-40744-9 / 9783593407449
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 3,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Zusätzliches Feature: Online Lesen
Dieses eBook können Sie zusätzlich zum Download auch online im Webbrowser lesen.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die römische Villa als Chance für das Bauen heute

von Martin Düchs; Andreas Grüner; Christian Illies …

eBook Download (2023)
Springer VS (Verlag)
59,99
Über das Zusammenleben in einer gespaltenen Welt

von Farhan Samanani

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99