Goldbrokat (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2009 | 1. Auflage
608 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-02569-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Goldbrokat -  Andrea Schacht
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Die feinen Fäden des Schicksals: fantasievoll gesponnen und sorgsam verwoben! Farbenprächtiger historischer Lesestoff von Bestsellerautorin Andrea Schacht.
Der Eklat, den sie mit ihrem losen Mundwerk verursacht hat, ist zum Stadtgespräch geworden. Seither kann die aus verarmtem Adel stammende Ariane mit den Damen der gutbürgerlichen Gesellschaft nicht mehr rechnen, auch wenn sie mit Nadel und Faden die schönsten Seidengewänder kreiert. Doch sobald sie für das neue Revuetheater der Halbweltdame LouLou schneidert, werden ihre Kleider hochbegehrt, und ein Seidenlieferant liegt ihr bald überdies zu Füßen.
Aber kaum hat sich alles scheinbar zum Guten gewendet, holt ihre sorgsam verborgene Vergangenheit sie ein, und ein alter Todfeind versucht sie zu ruinieren. Um ihre Existenz zu retten, kann ihr nur noch eines helfen: kostbare Seide aus China!

Andrea Schacht (1956 - 2017) war lange Jahre als Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin tätig, hat dann jedoch ihren seit Jugendtagen gehegten Traum verwirklicht, Schriftstellerin zu werden. Ihre historischen Romane um die scharfzüngige Kölner Begine Almut Bossart gewannen auf Anhieb die Herzen von Lesern und Buchhändlern. Mit »Die elfte Jungfrau« kletterte Andrea Schacht erstmals auf die SPIEGEL-Bestsellerliste, die sie auch danach mit vielen weiteren Romanen eroberte.

Ein Wink mit dem Fächer
Das Wort ist ein Fächer!
Zwischen den Stäben
blicken ein Paar schöne Augen hervor.
Der Fächer ist nur ein lieblicher Flor …
 
Johann Wolfgang von Goethe
Tante Caro hatte große Ähnlichkeit mit einem aufgeplusterten Sperling. Ihr weit ausladendes braunes Seidenkleid umwogte mit unzähligen Volants ihre mollige kleine Gestalt. Flauschige braune Locken rahmten ihr rundes Gesicht ein, sie hatte ihre Frisur mit dem falschen Fifi ergänzt und mit einer wunderlichen Federkreation geschmückt. Wie bei besagtem Vögelchen huschten ihre dunklen Augen eilig hin und her, und ihr ständig gespitztes Mündchen – zu ihrer Jugendzeit galten kleine, herzförmige Lippen als begehrenswert – erinnerte an den Spatzenschnabel.
Als sie mich ausreichend auf gesellschaftstaugliches Aussehen hin gemustert hatte, nickte sie anerkennend.
»Das Kleid habe ich ja noch nie an dir gesehen, Ariane.Wirklich hübsch. Wie das Himmelblau deinen Augen schmeichelt. Die Herren werden zu seufzen haben.«
Ich ignorierte die Anspielung auf romantische Männerreaktionen und berichtigte sie mit einem Lächeln: »Du hast das Kleid sehr wohl schon mal gesehen,Tante Caro. Ich trug es vor neun Jahren zu meiner Hochzeit. Allerdings haben wir es …«
»Ach Kind, wie schrecklich.«
»Daran ist doch nichts Schreckliches. Madame Mira hatte den hervorragenden Einfall, über den Rock diese dunkelblaue Gaze zu drapieren, damit es nicht mehr gar so jungmädchenhaft wirkt.«
»Aber es muss dich doch unsagbar schmerzen, die Erinnerung an deinen Gatten selig.«
»Es ist ein Kleid, Tante Caro, mehr nicht. Warum sollte ich kostbaren Taft im Schrank den Motten überlassen, wenn er mir doch so gut steht?«
»Du bist so tapfer, Liebes. Dieses hübsche Perlenhalsband ist neu, nicht wahr? Aber du trägst gar nicht mehr die Perlen deiner lieben Mama.«
Die doppelreihige Schnur hatte für die Aufnahmegebühren der privaten Elementarschule herhalten müssen, das Samtband, das ich stattdessen trug, war mit Wachsperlen bestickt, die einer kritischen Prüfung auf Echtheit nie standhalten konnten. Mich störte dieser Umstand allerdings nicht.
»Ich finde dies passender«, beschied ich Tante Caro daher kurz, doch sie hatte einen ihrer Momente der Hellsichtigkeit und schluchzte auf: »Du hast sie verkauft. Lieber Gott, du hast deine Perlen verkauft. Ich habe uns alle ins Unglück gestürzt.«
»Wein doch nicht,Tante Caro. Du kannst nicht mit roten Augen zu Oppenheims kommen. Bedenke doch, wie sehr du dich um diese Einladung bemüht hast.«
Tapfer kam das Spitzentüchlein zum Einsatz, und mit bebender Stimme erklärte sie: »Aber Ariane, doch nur für dich!«
»Für mich?« Damit verblüffte sie mich. Ich dachte, ihr gesellschaftlicher Ehrgeiz, mit den Angehörigen der haute volée auf vertraulichem Fuß zu stehen, sei ihr stärkster Antrieb.
»Der junge Albert hat sich neulich für zwei Tänze hintereinander auf deiner Ballkarte eingetragen. Du musst ihm nur einen zarten Wink geben, Liebes. Ich vermute, er wäre sehr interessiert. Ach, was das für uns alle für eine glückliche Lösung wäre. Deine Kinder hätten wieder einen Vater, und du wärst aller Geldsorgen ledig. Diese Bankiers sollen ja wahre Krösusse sein.«
»Krösus würde sich geschmeichelt fühlen, mit Salomon Oppenheim verglichen zu werden«, murmelte ich und erkannte das hinterlistige Streben meiner Tante.
Jetzt kam sie auf mich zugeflattert und nahm meine Hände in die ihren. Sie musste ein wenig zu mir aufschauen, denn ich überragte sie um Kopfeshöhe. Eindringlich flehte sie: »Du versprichst mir doch, freundlich und zuvorkommend zu ihm zu sein, Ariane?«
»Ich werde es an Anstand und Höflichkeit nicht fehlen lassen, Tante.«
»Ein bisschen mehr Entgegenkommen könntest du zeigen, Liebes. Du behandelst die Herren manchmal so … so … so schroff. Das mögen sie gar nicht. Sie möchten von uns Damen doch bewundert werden. Und – vielleicht solltest du das Medaillon doch abnehmen.«
»Was?« Ich löste meine Hand aus der ihren und fuhr mir an das Dekolleté, wo der ovale goldene Anhänger warm in meiner Halsbeuge lag.
»Nun, ich weiß, wie schwer es dir fällt, dich davon zu trennen. Aber es könnte einem geneigten Herrn doch signalisieren, dass du noch ein wenig zu sehr an deinem Gatten selig hängst.«
»Das Medaillon bleibt, wo es ist,Tante Caro. Und nun lass uns endlich aufbrechen, damit wir uns nicht noch der Ungehörigkeit schuldig machen, zu spät zu dieser Soiree zu kommen.«
Dieser Hinweis dämmte ihren Wortschwall ein, und mit spatzenhaftem Wedeln und Flattern raffte sie ihre Shawls, Retikül, Tüchlein, Handschuhe und Fächer zusammen.
Der Weg von der Obermarspforte zum Platz am Domkloster war zwar nicht weit, aber unsere Abendgarderobe gestattete es selbstredend nicht, die zierlich beschuhten Füße zu nutzen. Eine Mietdroschke brachte uns zu dem prachtvollen Gebäude, wo uns diskrete Lakaien in den großen Salon führten. Simon Oppenheim, der zusammen mit seinem Bruder Abraham das höchst respektable und äußerst erfolgreiche Kölner Bankhaus leitete, führte ein aufwändiges Haus. Den gesamten Boden bedeckte ein roter Teppich, in dem man beinahe versank, im geschliffenen Kristallgehänge des prachtvollen Lüsters glitzerte das Licht. Die rosa Seidentapeten und weißen Stuckornamente, die roten Samtportieren, ein barock geformter Marmorkamin, zu den Portieren passende Polstermöbel und die in breiten vergoldeten Rahmen gefassten Porträts der Patriarchen hätten jeden anderen Raum erdrückt, doch die luftige Höhe und die schiere Größe dieses Zimmers machten die Üppigkeit beinahe erträglich.
Es waren bereits etliche Gäste versammelt, und wir begrüßten, stellten vor, plauderten, bis der angekündigte Programmteil begann. Sessel wurden gerückt, Stühle herbeigeschafft, Sofas für die Damen gerichtet. Dank der ausladenden Reifen unter unseren Röcken gelang es mir, Distanz zu meiner Nachbarin zu wahren. Helene von Schnorr zu Schrottenberg war nicht meine beste Freundin, wenngleich Tante Caro große Bewunderung für sie hegte. Eine Konversation wurde nun auch nicht mehr verlangt, denn das kleine Kammerorchester und eine aufstrebende junge Sängerin beglückten uns mit den Liedern des Herrn Schubert.
Je nun.
Ich hatte bereits einen langen Tag hinter mir, denn ich ließ es mir nicht nehmen, Laura und Philipp jeden Morgen zu wecken, mit ihnen zu frühstücken und sie zu ihrer Schule zu begleiten. Da wir wenig Personal hatten, widmete ich mich danach den fälligen Hausarbeiten, anschließend kümmerte ich mich um Madame Mira – oder, wenn man es anders sehen wollte – sie kümmerte sich um mich. Ich schloss also mit der Miene äußerster Verzückung die Augen und ließ meine Gedanken müßig wandern.
Vor sechs Jahren hatte mich Tante Caro aufgenommen und mir und meinen vaterlosen Kindern ein so komfortables Heim gegeben, wie ich es ihnen in der Form nicht hätte bieten können. Dafür war ich ihr dankbar, und diese Tatsache rief ich mir immer dann wieder in den Sinn zurück, wenn mir ihre oberflächliche und naivromantische Art an den Nerven zerrte.
Tante Caro war genau genommen meine Großtante, die jüngste Schwester meiner Großmutter mütterlicherseits. Sie hatte recht spät einen würdigen Professor der Philologie geheiratet, und nach ihren Worten war die Ehe glücklich, wenn auch kinderlos geblieben. Zu kurz war sie auch gewesen, denn schon nach sechs Jahren verstarb Dr. Ferdinand Elenz an einer nicht näher erläuterten Krankheit und hinterließ der trauernden Witwe ein auskömmliches Vermögen sowie das Haus an der Obermarspforte, in dem wir jetzt wohnten. Es hätte für uns alle ein sorgenfreies Leben sein können, wäre Tante Caro nicht ein so leichtgläubiges Huhn gewesen.Vor einigen Jahren wurde es modern, unter den Damen in den Salons auch über Geschäfte zu sprechen, weniger aus Sachverstand als vielmehr aus der Tatsache, dass viele Gatten mit den wie durch Zauberhand sich vermehrenden Fabriken schnelles Geld verdienten. Insbesondere Aktien bargen eine verführerische Magie. Und Tante Caro steckte sich an dem Investitionsfieber an. Sie beauftragte ihren Justiziar, Dr. Bratvogel, der ihr Vermögen verwaltete, den Großteil ihrer Gelder in diesen Papieren anzulegen. Der senile und beschränkte Trottel machte dann auch eine wahre Okkasion ausfindig und kaufte Stammaktien des Augsburger Unternehmers Franz Gustav Wolff. Stolz zeigte mir damals Tante Caro die geschmackvoll aufgemachten Papiere, die mit einem roten Lacksiegel versehen waren, das den Aktionär mit den Worten »Patienta vincit omnia«, Geduld besiegt alles – ein Wahlspruch, der nicht der meine ist – aufmunterte. Daher studierte ich die aufgedruckten Angaben gründlich. Die Aktie1 versprach die Teilnahme an der höchst wichtigen und nützlichen Erfindung des ersten sich selbst bewegenden Kraft-Maschinen-Wagens oder des Perpetuum mobile. Diese »Fahrmaschine« sollte ohne Brennmaterialien eine Leistung von sechzig Pferdestärken haben. Und die Leistung sollte bis auf zweitausend Pferdestärken gesteigert werden können.
 
1 Diese Aktie wurde tatsächlich 1847 herausgegeben und begründete den ersten belegten Aktienschwindel Deutschlands.
Diese horrenden Angaben machten mich stutzig. Ich bemühte Brockhaus’ Enzyklopädie, die Ferdinand selig uns hinterlassen hatte, und fand sehr schnell heraus, dass es sich bei dem Perpetuum mobile um eine technische Unmöglichkeit handelte. Mein...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2009
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 19.Jahrhundert • 19. Jahrhundert • 19. Jahrhundert, Deutschland, Köln • Abenteuer • China • Deutschland • eBooks • Gefühl • Geheimnis • Geschichte • Handel • Historische Romane • HistorischerRoman • Köln • Liebe • Reise • Roman • Schneiderin • Seide • Wirtschaft
ISBN-10 3-641-02569-9 / 3641025699
ISBN-13 978-3-641-02569-4 / 9783641025694
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