Stalking (eBook)

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2005 | 1. Auflage
X, 222 Seiten
Springer-Verlag
978-3-540-30385-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Stalking -  Jens Hoffmann
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'Stalking' ist mittlerweile ein bekannter Fachbegriff, der synonym mit 'obsessiver Verfolgung' und 'obsessiver Belästigung' gebraucht wird. - Aber was genau ist 'Stalking'? Endlose Briefe, Telefonate und E-Mails, Auflauern und Verfolgen, Drohungen und Liebesbekundungen: Es gibt keine spezifische Verhaltensweise, die bei Stalking immer präsent ist - aber im Kern geht es immer um ein einseitiges Kontaktstreben: Einer will, dass der andere an ihn denkt, der andere möchte ihn aus dem Gedächtnis verbannen.

Hoffmann, der als der deutsche Stalking-Experte gilt, zeigt die unterschiedlichen Facetten von Stalking auf. Als theoretischer Hintergrund dienen psychologische Theorien der Bindungsforschung und Lerntheorie. Für Fachleute und Betroffene relevant sind die Analysen, wie gefährlich Stalking in extremen Ausprägungen werden kann und was dagegen getan werden kann.

Vorwort 6
Inhaltsverzeichnis 8
Formen, Auftreten, Verbreitung 10
Definitionen 10
Psychologische Ebenen 13
Verhaltensweisen 13
Motive 15
Stalking und psychische Krankheit 16
Verhältnis zwischen Stalkern und Opfern 17
Wissenschaftliche Erforschung 17
Verbreitung 19
Nimmt Stalking zu? 21
Soziale Konstruktion 24
Stalking als kulturelle Erzählung 24
Konstruktionen der Begrifflichkeit von Stalking 25
Genderaspekt 27
Mythen des Stalkings und ihre Auswirkungen 28
Künstler als Stalker 29
Stalking als Sujet von Film und Literatur 31
Medienberichte und Nachahmungstaten 32
Interkultureller Vergleich 35
Fallbeispiele und Untersuchungsergebnisse 35
Stalking als Folge interkultureller Fehlinterpretationen 38
Prominentenstalking 39
Stalkingtheorien 41
Relationale Modelle 42
Behaviorismus 45
Evolutionspsychologische Ansätze 45
Bindungstheorie 46
Objektbeziehungstheorien 49
Psychodynamische Theorien 52
Kohuts Narzissmustheorie 60
Der Fall Günter P. 70
Typologien von Stalkern 75
Unterschiede zwischen den Klassifikationssystemen 77
Allgemeine Modelle verschiedener Arbeitsgruppen 79
Spezielle Typologien von Prominentenstalkern 87
Prominentenstalking 98
Begriff des Prominenten 99
Unterscheidung zwischen Fan und Stalker 100
Bisherige Forschungsprojekte 102
Stalkingerfahrungen von Prominenten – empirische Studie aus Deutschland 106
Erotomanie 122
Historische Entwicklung des Erotomaniekonzepts 123
De Clérambaults Erotomaniemodell 126
Persönlichkeitsbild und Krankheitsverlauf 128
Moderne Klassifikation 128
Erklärungsmodelle 129
Biografisches Entwicklungsmodell 132
Geschlechterverteilung 133
Erotomanie und Gewalttätigkeit 134
Kritik und erweiterte Konzeptionen 136
Erotomanisches Prominentenstalking 138
Grenzen des Erotomaniekonzepts 140
Therapie von Stalkern 142
Diagnostischer Prozess 143
Behandlung psychischer Störungen 144
Unterschiedliche therapeutische Ansätze 147
Besonderheiten im therapeutischen Umgang mit Stalkern 149
Rückfallgefahr 151
Beispiel für einen Therapieplan 152
Therapeuten als Stalkingopfer 153
Auswirkungen von Stalking auf Betroffene 156
Psychische und soziale Folgen 158
Auswirkungen auf den Lebensstil 160
Körperliche Belastung 160
Vulnerabilität 161
Posttraumatische Belastungsstörung 161
Therapeutische Interventionen 162
Management 164
Ansatzpunkte verschiedener Berufsgruppen und Institutionen 164
Grundregeln für den Umgang mit Stalking 168
Individuelles Fallmanagement 170
Besonderheiten beim Prominentenstalking 173
Gewaltanwendung und Gewalterfahrung 175
Häufigkeit von Gewalt 176
Tödliche Gewalt 178
Ziele von Stalkinggewalt 180
Vorhersagefaktoren der Gewalt 182
Wirkmechanismen der Gewalt 184
Stalking als Fortsetzung häuslicher Gewalt 190
Definitionen 190
Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens 191
Formen 192
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Stalkern und häuslichen Gewalttätern 193
Praktisches Vorgehen 194
Vorgebliche Stalkingopfer (»Falsches-Opfer-Syndrom«) 195
Häufigkeit 195
Typologie 196
Mögliche Merkmale 198
Cyberstalking 200
Empirische Befunde 201
Besondere Qualitäten 201
Formen 204
Prävention 207
Literatur 209
Über den Autor 219
Sachverzeichnis 220

Auswirkungen von Stalking auf Betroffene (S. 149-150)

9.1 Psychische und soziale Folgen
9.2 Körperliche Belastung
9.3 Auswirkungen auf den Lebensstil
9.4 Posttraumatische Belastungsstörung
9.5 Vulnerabilität
9.6 Therapeutische Interventionen

Erst in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre wurden die Folgen der Viktimisierung durch Stalking zum Gegenstand wissenschaftlichen Interesses. Die wohl erste Untersuchung über die Auswirkungen von Stalking stammte aus Australien und erschien im Jahr 1997. Insgesamt 100 Betroffenen war ein ausführlicher Fragebogen vorgelegt worden. Die Ergebnisse der Studie waren erschreckend: Die Mehrzahl der Opfer litt unter Furcht und Panik sowie unter chronischen Schlafstörungen; auf die fortgesetzte Belästigung wurde oftmals mit sozialem Rückzug reagiert und die Betroffenen verließen etwa aus Angst seltener ihr Haus oder verloren Kontakte zu Freunden (Pathé u. Mullen 1997).

Da es sich hier offenbar um Opfer von schwereren Formen von Stalking handelte – die Teilnehmer der Befragung waren entweder bei einer psychiatrischen Beratung gewesen oder hatten sich hilfesuchend an die Autoren gewandt –, war zu vermuten, dass es im Allgemeinen nur vergleichsweise wenige Personen in der Bevölkerung gab, die einer solchen außerordentlichen Belastung durch fortgesetzten Psychoterror ausgesetzt waren.

Doch die Hoffnung trog, wie schon bald repräsentative Studien auf internationaler Ebene offenbarten. So ließ etwa das US-amerikanische Justizministerium bei 16.000 Bürgern eine Telefonumfrage durchführen (Tjaden u. Thoennes 1998b, 2000). Ein Drittel der weiblichen Betroffenen und ein Fünftel der männlichen gaben demzufolge an, sich aufgrund des Stalkings in psychotherapeutische Behandlung begeben zu haben. Ein Viertel aller Opfer berichtete von zeitweisen Ausfällen bei der Arbeit. In einer weiteren umfangreichen Studie wurde in Großbritannien eine Gruppe von nahezu 10.000 Bürgern untersucht (Budd u. Mattinson 2000). Dabei sagten 3 Viertel aller Stalkingopfer aus, dass der Vorfall ihnen Leid zugefügt oder sie aus dem Gleichgewicht gebracht habe, und 71% gaben an, dass die Belästigungen ihren Lebensstil verändert hätten, etwa dadurch, dass sie bestimmte Orte mieden, weniger ausgingen oder spezielle Maßnah- men für ihre persönliche Sicherheit ergriffen hätten. Ähnliche Zahlen fanden Purcell et al. (2000) in einer Zufallsstichprobe von 1844 australischen Bürgern. Knapp 2 Drittel der Betroffenen sprachen von einer Änderung in ihrem Lebensstil als Auswirkung des Stalkings, wie etwa zusätzliche Sicherungsmaßnahmen an der Wohnung oder die Variation täglicher Routinehandlungen, um Übergriffen seitens des Stalkers aus dem Weg zu gehen.

Doch nicht nur die Zielpersonen der grenzverletzenden Belästigungen sind betroffen, auch deren Umfeld leidet nicht selten unter dem Stalking. Man spricht in solchen Fällen von Sekundäropfern (Pathé 2002). Hier sind zunächst einmal Familienmitglieder zu nennen. Beispielsweise kann der Ehemann oder ein neuer Freund auch körperlich angegriffen werden, wenn der Stalker eine Beziehung mit dem Opfer anstrebte oder in der Vergangenheit gehabt hatte. Aber es ist zumeist vor allem die seelische Belastung, die dem Opfer nahestehenden Personen zu schaffen macht. Auch sie sind dem Psychoterror ausgesetzt, sie müssen mit ansehen, wie der von ihnen geliebte Mensch psychisch an den Rand gedrängt wird und erleben sich dabei selbst nicht selten als hilflos. Gerade der letzte Punkt kann auch das Selbstbild einiger männlicher Sekundäropfer erheblich belasten, erleben sie es doch manchmal als Demütigung oder Schwäche, die Partnerin nicht wirkungsvoll schützen zu können. Auch die Kinder des Opfers leiden regelmäßig unter der Situation.

Außer direkt bedroht zu werden oder Haustiere zu verlieren, erleben sie möglicherweise in einem beträchtlichem Ausmaß elterliche Angst, Depression und Handlungsunfähigkeit. Einige von ihnen sind Sachbeschädigungen, dem Eindringen in die Wohnung oder bizarreren Aktivitäten des Stalkers ausgesetzt, wie beispielsweise das Hinterlassen verstümmelter Tiere an der Haustür. (Pathé u. Mullen 2002, S. 9)

Man kann sich leicht vorstellen, dass solche Erlebnisse für ein Kind oftmals traumatische Qualitäten besitzen. – Eine weitere gefährdete Personengruppe für eine sekundäre Viktimisierung sind Menschen, die dem Opfer beistehen und es sichtbar unterstützen. Sie ziehen nicht selten den Zorn des Stalkers auf sich und werden zum Ziel beispielsweise von anonymen Telefonterror oder von Beschädigungen an ihrem Auto. Allgemein ist es für Stalkingopfer oft nicht leicht, ernstgenommen zu werden, männliche Betroffene haben hier manchmal sogar besondere Probleme. Gerade wenn diese Opfergruppe von einer Frau belästigt wird, reagieren Polizeibeamte nicht selten mit Spott und regen ironisch an, dass sich der Mann doch über die Zudringlichkeiten des anderen Geschlechts freuen sollte. Hall (1998) berichtete von einem Fall, in dem ein Stalkingopfer von seiner Exfreundin verfolgt wurde. Er versuchte auf juristischem Wege, ein Näherungs- und Kontaktverbot zu erwirken, doch der Richter sagte ihm, er solle sich doch lieber von der Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlen. Einige Wochen später wurde er von der Stalkerin ermordet. Tatsächlich kommt es immer wieder auch hierzulande vor, dass offizielle Stellen die Bedrohlichkeit weiblicher Verfolger verneinen oder sogar das Opfer ins Lächerliche ziehen. So gab in einem Fall, in dem der Autor konsultierend tätig war, eine Polizeibeamtin zu bedenken, dass es sich doch nur eine Frau handeln würde und die Angst des verfolgten Mannes wohl übertrieben sei. Die Stalkerin hatte ihn zuvor mit einem Messer attackiert, worauf er sich hilfesuchend an die Polizei gewendet hatte. Die Vorstellung, dass Stalkerinnen ungefährlicher sind, ist bedauerlicherweise weit verbreitet. Tatsächlich ist die Rate der Gewalttätigkeit bei weiblichen Stalkern ebenso hoch wie bei obsessiven Verfolgern männlichen Geschlechts (Purcell et al. 2001; Meloy u. Boyd 2003).

Erscheint lt. Verlag 19.12.2005
Zusatzinfo X, 222 S.
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Psychologie Persönlichkeitsstörungen
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Recht / Steuern Allgemeines / Lexika
Recht / Steuern Strafrecht
Schlagworte Bindung • Einfluss • Forensische Psychologie • Gedächtnis • Gewalt • Häusliche Gewalt • Lerntheorie • Obsessive Belästigung • Obsessive Verfolgung • Opfer • Stalker • Stalking • Syndrom • Täter-Opfer-Beziehung • Täter-Typologie
ISBN-10 3-540-30385-5 / 3540303855
ISBN-13 978-3-540-30385-5 / 9783540303855
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