Gesichter des Mittelstands (eBook)
280 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-18086-0 (ISBN)
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber war bis zu seiner Emeritierung zusammen mit Prof. Dr. Utz Schäffer Direktor des Instituts für Controlling und Management an der WHU - Otto Beisheim School of Management, eines der führenden europäischen Forschungsinstitute in den Bereichen Unternehmenssteuerung und Controlling. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu erarbeiten und in der Praxis umzusetzen, ist ein zentrales Ziel und Markenzeichen seiner Arbeit. Der Autor ist vielfach ausgewiesener Controlling-Experte, Autor und Mitherausgeber der Zeitschrift Controlling und Management Review (CMR) sowie jahrelanger Vorsitzender des Kuratoriums des Internationalen Controller Vereins (ICV). Als Mitbegründer der Managementberatung CTcon sitzt er dem wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft vor.
Jürgen Weber Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber war bis zu seiner Emeritierung zusammen mit Prof. Dr. Utz Schäffer Direktor des Instituts für Controlling und Management an der WHU – Otto Beisheim School of Management, eines der führenden europäischen Forschungsinstitute in den Bereichen Unternehmenssteuerung und Controlling. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu erarbeiten und in der Praxis umzusetzen, ist ein zentrales Ziel und Markenzeichen seiner Arbeit. Der Autor ist vielfach ausgewiesener Controlling-Experte, Autor und Mitherausgeber der Zeitschrift Controlling und Management Review (CMR) sowie jahrelanger Vorsitzender des Kuratoriums des Internationalen Controller Vereins (ICV). Als Mitbegründer der Managementberatung CTcon sitzt er dem wissenschaftlichen Beirat der Gesellschaft vor.
Georg Böcking
Jahrgang 1964.
Seit 1997 Geschäftsführender Gesellschafter der Beinbrech GmbH & Co. KG.
6. Unternehmergeneration.
Können Sie mir bitte einen kurzen, stichwortartigen Überblick über Ihr Unternehmen und seine Entwicklung geben?
Das ist eine etwas längere Geschichte. Unser Unternehmen geht auf Johann Jacob Beinbrech zurück, der schon 1821 mit Holz und Baumaterialien gehandelt hat. Sein Sohn Friedrich übernahm 1853 das Holz- und Eisenwarengeschäft und führte das vergrößerte Unternehmen fort – bis über die Jahrhundertwende hinaus. Er übergab die Geschäfte an seinen Schwiegersohn Max Wenzel, der später die Geschicke der Firma Beinbrech seinem Schwiegersohn Gustav Böcking in die Hände legte. Dieser führte das Unternehmen durch die Inflation der 1930er-Jahre hindurch. Nach seinem Tod Anfang der 1940er-Jahre leitete seine Frau Ellen Böcking das Unternehmen. 1948 trat ihr Sohn Heinz-Werner Böcking, mein Vater, ins Unternehmen ein und baute es aus den Kriegstrümmern wieder auf. Damals wie heute waren Zimmerleute und Bauhandwerker unsere wichtigsten Kundengruppen. Seit den 1980er-Jahren haben wir ein Filialnetz von fünf Standorten aufgebaut. Wir beschäftigen heute über 300 Mitarbeiter und sind im regionalen Umfeld unserer Standorte überwiegend Marktführer. Wir beliefern Zimmereien und Holzbaubetriebe im weiten Umkreis von Bad Kreuznach – von der Eifel bis tief in den Süden der Bundesrepublik, nach Frankreich und in die Beneluxstaaten.
Ich selbst bin 1991 als Mitglied der Geschäftsführung ins Unternehmen eingetreten, 1997 Geschäftsführender Gesellschafter geworden und führe das Unternehmen seit den 2000er-Jahren.
Was waren die wichtigsten Stationen in Ihrer Karriere?
Nach dem Abitur habe ich eine Banklehre gemacht, weil mich das Bankgeschäft damals viel mehr interessiert hat als der Holz- und Baustoffhandel. An die Lehre hat sich ein BWL-Studium an der Fachhochschule in Mainz angeschlossen. Ich bin das vierte von fünf Kindern. Meine drei älteren Schwestern wären auch als Unternehmensnachfolgerinnen infrage gekommen, aber mein Vater hat sich mit mir schon sehr früh über Scheck- und Wechselgeschäfte unterhalten – und mit meinen Schwestern eben nicht. Es gab also schon eine deutliche elterliche Prägung. Ich habe noch einen jüngeren Bruder und mein Vater hat die Nachfolge immer bei uns beiden gesehen. Doch mein Bruder hat sich anders entschieden und so bin ich heute der einzige Unternehmensnachfolger aus meiner Familie.
Ich wusste aus den Gesprächen mit meinem Vater schon als Jugendlicher, wie das Geschäft grundsätzlich funktioniert, und habe die Branche während des Studiums und danach durch Praktika und Volontariate näher kennengelernt. Dabei hatte ich das Glück, an Unternehmer zu geraten, die mir Lust auf das Unternehmerdasein gemacht haben. Letztlich war es das, was mich dazu gebracht hat, es zumindest einmal zu probieren, obwohl mir die Commerzbank eine Stelle angeboten hatte.
Fiel Ihnen der Anfang leicht?
Nein, am Anfang hatte ich Schwierigkeiten, mich in diese Rolle hineinzufinden. Mein Vater hat mich ins kalte Wasser geworfen und einfach gesagt: »Mach!« Ich hatte anfangs keinen eigenen Arbeitsplatz. Mein Vater meinte: »Dann musst du dir eben einen Schreibtisch kaufen.« Das habe ich getan. So bin ich hier eingestiegen und habe dann immer das Glück gehabt, die richtigen Leute kennenzulernen – und vielleicht hat mir auch mein Bauchgefühl geholfen, mich an den richtigen Menschen zu orientieren. Mit 27 Jahren habe ich im Unternehmen begonnen, und das war einfach viel zu früh. Das habe ich schmerzlich lernen müssen. Dabei habe ich mir auch manche blutige Nase geholt. In der Personalführung haben mir Kompetenz und Erfahrung gefehlt. Deshalb habe ich mich schon früh dazu entschieden, die Unternehmensnachfolge bei meinen beiden Söhnen vor meinem 60. Geburtstag gar nicht erst zu thematisieren – und das habe ich bisher auch geschafft. Meine Söhne sollen erst einmal ihre eigenen Wege gehen. Das wollen beide auch. Gleichwohl habe ich beide am Unternehmen beteiligt und sie beschäftigen sich im Rahmen von Beiratssitzungen bereits seit ein paar Jahren mit den aktuellen Themen des Unternehmens. So wissen sie besser, wofür oder wogegen sie sich in den nächsten Jahren entscheiden müssen.
Gab es eine konkrete Aufgabenabgrenzung mit Ihrem Vater?
Ja, aber eher hemdsärmelig. Mein Vater war ein typischer Patriarch: »Kümmere dich mal um das Personal.« Fertig. Eine detaillierte Übergabe fand nicht statt. Wir hatten anfangs keine Personalstruktur und erst recht keine Personalabteilung. Ich habe dann die Einstellungen vorgenommen und mit der Personalarbeit begonnen.
Vermutlich war das ziemlich clever von Ihrem Vater. Sie hatten von Beginn an mit den Menschen zu tun, die im Unternehmen arbeiteten, und konnten zugleich die Auswahlentscheidung neuer Mitarbeiter beeinflussen.
Mein Vater war schon ein schlauer Fuchs. Er hat mich ins kalte Wasser geworfen und ich habe selbst sehen müssen, was ich aus dem mir gegebenen Rahmen mache. So hat er es übrigens auch mit vielen Mitarbeitern gehandhabt. Konkrete operative Vorgaben habe ich nicht erhalten. Ich bin einfach in seine Fußstapfen getreten. Dabei hat es immer wieder zwischen uns gekracht, weil er dann doch nicht so richtig loslassen wollte. Wir haben letztlich 17 Jahre miteinander gearbeitet – gefühlt mindestens zehn zu viel.
Wie alt war er, als er schließlich ausgestiegen ist?
Er war 78 Jahre alt. Aus meiner Sicht sollte man mit 65 Jahren aufhören und Platz für den Nachfolger machen, aus der Sonne gehen. Ich wünsche mir, dass ich später in Form eines Beirats weiter beratend mitwirken darf, und ich würde auch gerne mit Rat und Tat zur Seite stehen, aber eben nur, wenn ich gefragt werde.
Platz brauchen übrigens auch Führungskräfte im Unternehmen. Ich arbeite seit den 2000er-Jahren mit einem Fremdgeschäftsführer zusammen. Der erste hat mich sehr bei der Etablierung einer Struktur unterstützt, dann aber ein Eigenleben angefangen. Das habe ich nicht gut gefunden und mich deshalb von ihm getrennt. Mit seinem Nachfolger ist wieder Ruhe in das Unternehmen eingekehrt, er ist aber letztlich nicht aktiv genug gewesen, um das Geschäft weiter wachsen zu lassen. Der aktuelle Fremdgeschäftsführer ist seit fünf Jahren im Haus und ich bin sehr zufrieden mit ihm. Deswegen haben wir vereinbart, dass er auch unseren Generationenübergang begleitet. Er liegt altersmäßig genau zwischen meinen Söhnen und mir und hat die Aufgabe, sich so stark zu etablieren, dass er einen externen Nachfolger mit einarbeiten kann. Dabei sind wir auf einem guten Weg.
Passen Ihre Söhne und er gut zusammen?
Ja, die drei können gut miteinander. Mit dem Älteren gab es auch schon das erste gemeinsame kleine Projekt, und das hat gut funktioniert. Ich habe die Hoffnung, dass das auch in der Zukunft so sein wird.
Haben Sie so etwas wie eine wirtschaftliche Grundüberzeugung? Was treibt Sie?
Ich bin ein überzeugter Liberaler – ohne Parteibuch. Ein hoher Grad an Eigenverantwortung ist mir einfach wichtig. Ich habe es als Unternehmer am Ende selbst in der Hand und muss nichts auf andere schieben. Die Fehler bei anderen zu suchen, ist immer sehr einfach, aber ich habe doch eine Eigenverantwortung, die ich bei mir ganz deutlich spüre. Ich bin auch überzeugt davon, dass das Schaffen einer langfristigen Substanz viel sinnvoller ist als ein kurzfristiges Agieren. Das Kurzfristige nehme ich gerne einmal mit, aber eigentlich geht es immer um die langfristige Substanz.
Einer meiner Grundsätze lautet: Teile und wachse, auch wenn du dabei vertrauen musst und ein Risiko eingehst. Und schließlich ist mir die Liquiditätssituation wichtiger als der Gewinn. Den thesaurieren wir fast ausschließlich und das seit vielen Jahren. Das Vermögen der Familie – wie auch mein eigenes Vermögen – hängt in der Firma und nirgendwo anders. Das gehört zu meinen Grundüberzeugungen. Damit will ich nicht sagen »das Unternehmen zuerst«, das klingt zu heroisch, das bin ich gar nicht. Wichtig ist mir aber, dass alles gut funktioniert, und dem ordne ich schon vieles unter.
Welche Fähigkeiten waren für Ihren Erfolg ausschlaggebend?
Ich habe ein sehr großes Pflichtbewusstsein, das früher vielleicht noch etwas größer war als heute, weil ich gemerkt habe, wie hoch die damit verbundene Belastung ist. Außerdem bin ich zäh, habe also einen echten Durchhaltewillen, ja Ehrgeiz. Auch habe ich gelernt, mich selbst zu reflektieren, und ich denke, dass ich gut zuhören kann. In dieser Mischung von wesentlichen Fähigkeiten ist nichts Fachliches dabei. Holz oder Baustoffe könnte ich Ihnen nicht verkaufen. Mir reicht es, die Bausysteme und die Branche zu verstehen, für spezifische Fachkenntnisse sind andere zuständig. Mir ist es wichtiger, das Ganze zusammenzuhalten.
Handel ist ein Systemgeschäft, das in den Einzelteilen relativ einfach ist, bei dem es darum geht, die Teile zusammenzufügen.
Eine weitere Fähigkeit hätte ich beinahe vergessen: Sehr wichtig sind auch meine guten und freundschaftlichen Beziehungen zu großen Kunden. Darunter gibt es echte persönliche Freunde, nicht in dem Sinne, dass ich mein Privatleben mit ihnen teile, aber im Sinne einer engen persönlichen Verbindung.
Wie groß ist die Zahl Ihrer Schlüsselkunden?
Am Ende sind es zu viele. Wir sind sehr breit aufgestellt. Mit meinem größten Kunden mache ich etwas mehr als zwei Prozent meines Umsatzes, in guten Jahren vielleicht drei. Wahrscheinlich reden wir über etwa 50...
Erscheint lt. Verlag | 5.9.2024 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Apra • Böcking • Boltersdorf • Brohl • Eckel • Eckel Animal • Edmund Sorg • Eschenbach • EWM • Familienunternehmen • Gesicht • Gießerei Lößnitz • Grupp • hack • Hähn • HAHN Automation • Jankowsky • Jürgen Weber • Mittelstand • Mohr • Mühle • MuT Werner GmbH • Plastro Mayer • Rademacher-Anschütz • Reit • SK Laser • Sorg • Spedition Josef Wiechers • Szczenik-Oßing • Unternehmen • Weber • Weig • Wellpappe • Werkzeug Weber • Werner • Wiechers • Wirtschaft • Wolfcraft • Wolff |
ISBN-10 | 3-648-18086-X / 364818086X |
ISBN-13 | 978-3-648-18086-0 / 9783648180860 |
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